Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2009 - 2 StR 301/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision führt zur Aufhebung der Maßregelanordnung ; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Die Anordnung der Maßregel gemäß § 64 StGB gegen den therapieunwilligen Angeklagten hat das Landgericht auf die Erwägung gestützt, dass "derzeit nicht festzustellen ist, dass eine derartige Maßnahme von vornherein aussichtslos erscheint (§ 64 Abs. 2 StGB)." Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass eine entsprechende Therapie im Jahre 2003 "als gescheitert angesehen werden muss" (UA S. 28).
- 3
- Diese Auslegung des § 64 a.F. StGB hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1994 für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 91, 1 ff.). Der Bundesgerichtshof hat seither in einer großen Vielzahl von Entscheidungen immer wieder darauf hingewiesen, dass das Abstellen auf ein Merkmal des Fehlens von "Aussichtslosigkeit" rechtsfehlerhaft ist und § 64 Abs. 1 a.F. StGB in verfassungskonformer Auslegung stattdessen die Feststellung einer konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel voraussetzte. Durch das am 20. Juli 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 16. Juli 2007 (BGBl. I 1327) ist § 64 StGB entsprechend geändert worden und trägt dem Erfordernis einer konkreten Erfolgsaussicht nun auch im Wortlaut der Vorschrift ausdrücklich Rechnung (§ 64 Satz 2 StGB). Es ist daher nicht verständlich, wenn Tatgerichte entgegen dem Gesetzeswortlaut noch immer an einer Auslegung des § 64 StGB festhalten, die der seit 15 Jahren ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspricht.
- 4
- Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs und insoweit zur Zurückverweisung. Der Senat kann ausschließen, dass sich der Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf die Bemessung der Freiheitsstrafe ausgewirkt hat. Fischer Roggenbuck Appl Cierniak Schmitt
moreResultsText
Annotations
(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.
(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(1) Ist die Revision verspätet eingelegt oder sind die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 vorgeschriebenen Form angebracht worden, so hat das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die Entscheidung des Revisionsgerichts antragen. In diesem Falle sind die Akten an das Revisionsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. Die Vorschrift des § 35a gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.