Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - 2 StR 296/11

published on 17/08/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - 2 StR 296/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 296/11
vom
17. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Urkundenfälschung u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. August 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 22. Februar 2011 wird
a) die Verurteilung im Fall II.3 wegen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen aufgehoben;
b) der Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass der Angeklagte unter Freisprechung im Übrigen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und der Urkundenfälschung in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig ist,
c) der Strafausspruch im Fall II.3 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis , Urkundenfälschung und Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Verurteilung wegen Verschaffens eines falschen amtlichen Ausweises gemäß § 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB in Fall II.3 der Urteilsgründe hält rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte hatte den gefälschten französischen Reisepass im Fall II.2 bei der dortigen Verkehrskontrolle am 7. Juni 2009 vorgezeigt und damit eine - bisher nicht abgeurteilte - Urkundenfälschung durch Gebrauchen einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 StGB begangen. Hinter dieser Straftat aber tritt § 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB, der durch die weitere Verwahrung des Ausweises in der Wohnung des Angeklagten erfüllt ist, im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl. § 276 Rn. 8). Dies hat den Wegfall der Verurteilung im Fall II.3 zur Folge und führt zur Ergänzung des Schuldspruchs im Fall II.2, in dem eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung in zwei tateinheitlichen Fällen zu erfolgen hat. § 265 StPO steht nicht entgegen. Der geständige Angeklagte hätte sich nicht anders als geschehen verteidigen können.
3
2. Die Änderung des Schuldspruchs zieht den Wegfall des Strafausspruchs im Fall II.3 nach sich und führt auch - ungeachtet des Umstands, dass auch bei den verbleibenden Einzelstrafen von sechs und zehn Monaten die denkbar niedrigste Gesamtstrafe 11 Monate Freiheitsstrafe beträgt, auf die erkannt ist - zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Denn die Kammer hat fehlerhaft der erledigten Verurteilung des Amtsgerichts Rheinbach vom 8. Oktober 2008 in der Fassung des Berufungsurteils des Landgerichts Bonn vom 2. Februar 2009 Zäsurwirkung beigelegt und die danach erfolgte Verurteilung des Amtsgerichts Bonn vom 16. Juli 2009 zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten zur Bewährung wegen einer am 30. Januar 2009 begangenen Tat bei ihrer Gesamtstrafenbildung nicht einbezogen. Einer erledigten Verurteilung aber kommt in keinem Fall eine Zäsurwirkung zu (vgl. Fischer aaO, § 55 Rn. 10). Dies gilt auch dann, wenn es fehlerhaft unterlassen worden ist, eine Strafe in eine solche Verurteilung einzubeziehen, und diese noch nicht erledigt ist. Das Landgericht wird deshalb die Strafe aus der Verurteilung des Amtsgerichts Bonn vom 16. Juli 2009 bei der Gesamtstrafenbildung einzubeziehen und neu über die Strafaussetzung zur Bewährung zu befinden haben.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer einen unechten oder verfälschten amtlichen Ausweis oder einen amtlichen Ausweis, der eine falsche Beurkundung der in den §§ 271 und 348 bezeichneten Art enthält,

1.
einzuführen oder auszuführen unternimmt oder
2.
in der Absicht, dessen Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Wer einen unechten oder verfälschten amtlichen Ausweis oder einen amtlichen Ausweis, der eine falsche Beurkundung der in den §§ 271 und 348 bezeichneten Art enthält,

1.
einzuführen oder auszuführen unternimmt oder
2.
in der Absicht, dessen Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.