Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2001 - 2 ARs 325/01

bei uns veröffentlicht am12.12.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 325/01
2 AR 190/01
vom
12. Dezember 2001
in der Strafvollzugssache
betreffend
Az.: 33 StVollz 704/01 Landgericht Aachen
Az.: StVK 150/96 (14) Landgericht Regensburg mit Sitz in Straubing
Az.: StVK 601/2001 Landgericht Würzburg
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
gemäß § 120 Abs. 1 StVollzG, § 14 StPO am 12. Dezember 2001

beschlossen:
Zuständig für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen.

Gründe:

Der Antragsteller war Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Mit Schreiben vom 4. April 2001 beantragte er, die JVA zu verpflichten , ihm zu gestatten, sein Eigengeld, welches ihm zum Monatseinkauf genehmigt wurde, ansparen zu dürfen. Vor Entscheidung über diesen Antrag wurde er in die JVA Würzburg und von dort in die JVA Aachen verlegt, weil er als Zeuge vor dem Tribunal in Den Haag aussagen sollte. Die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg hat die Sache auf Antrag des Strafgefangenen an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen verwiesen. Diese hat sich für unzuständig erklärt, weil nur eine vorübergehende Überstellung vorliege und die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Aachen ist zuständig.
Gemäß § 110 StVollzG hat eine Entscheidung nach § 109 StVollzG die Strafvollstreckungskammer zu treffen, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugs-
anstalt ihren Sitz hat. Das ist grundsätzlich die Vollzugsanstalt, in der der Strafgefangene seinen tatsächlichen Aufenthalt hat; ein Anstaltswechsel bewirkt deshalb in der Regel den Übergang der Zuständigkeit auf diejenige Strafvollstreckungskammer , zu deren Bezirk die Vollzugsanstalt gehört, in die der Strafgefangene gebracht wird. Auszunehmen von diesem Grundsatz sind lediglich vorübergehende Verschubungen (vgl. für § 462 a Abs.1 Satz 1 StPO: BGH NStZ 1989, 548; vgl. auch BGH NStZ 1999, 158; BGHSt 36, 33 ff.).
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Der Strafgefangene wurde auf nicht absehbare, längere Zeit verlegt. Die Verlegung erstreckt sich zwischenzeitlich schon über drei Monate. Ob er überhaupt nach Bayern und in welche Anstalt er zurückverlegt wird, ist offen. Angesichts dieser Sachlage liegt keine nur vorübergehende Verschubung vor, der Grundsatz der “Vollzugsnähe” (vgl. Schuler in Schwind/Böhm StVollzG 3. Aufl.
Rdn. 1; Callies/Müller-Dietz StVollzG 6. Aufl. Rdn. 1 und 2 jeweils zu § 110) gebietet es deshalb, daû die Vollzugsanstalt, in der der Strafgefangene seinen tatsächlichen Aufenthalt hat, über den gestellten Antrag befindet.
Jähnke Detter Bode Otten Elf

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2001 - 2 ARs 325/01 zitiert 6 §§.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 109 Antrag auf gerichtliche Entscheidung


(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 120 Entsprechende Anwendung anderer Vorschriften


(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entspr

Strafprozeßordnung - StPO | § 14 Zuständigkeitsbestimmung durch das gemeinschaftliche obere Gericht


Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 110 Zuständigkeit


Über den Antrag entscheidet die Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat.

Referenzen

(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Im Übrigen sind die Vorschriften der Strafprozessordnung und die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

(2) Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

Über den Antrag entscheidet die Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.