Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Aug. 2014 - 2 ARs 273/14

07.08.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 A R s 2 7 3 / 1 4
2 A R 1 6 4 / 1 4
vom
7. August 2014
in der Strafvollstreckungssache
gegen
wegen Unterschlagung u.a.
Verteidiger: Rechtsanwalt
Az.: 41 Js 11334/05 R 850 VRs Staatsanwaltschaft Konstanz
Az.: 12 StVK 595/10 - 12 BWL 106/11 Landgericht Freiburg
Az.: 12 StVK 2283/14 Landgericht Tübingen
Az.: 5 AR allg 214/14 Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 7. August 2014 gemäß § 14 StPO beschlossen:
Zuständig für die Entscheidung über den Widerruf der mit Beschluss des Landgerichts Freiburg - Strafvollstreckungskammer - vom 14. Juni 2011 bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg.

Gründe:

1
1. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg hatte mit Beschluss vom 14. Juni 2011 die Vollstreckung einer Reststrafe für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt. In der Folgezeit wurde der Verurteilte am 18. Juli 2013 in anderer Sache zur Strafvollstreckung zunächst in das Justizkrankenhaus Hohenasperg aufgenommen und befindet sich seit dem 10. Februar 2014 in der zum Bezirk der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen gehörenden Justizvollzugsanstalt Rottenburg.
2
Mit Beschluss vom 7. November 2013 hatte die Vollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg antragsgemäß die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen. Auf die Beschwerde des Verurteilten hat das Oberlandesgericht Karlsruhe am 20. Mai 2014 den Bewährungswiderruf aufgehoben mit der Begründung , das Landgericht Freiburg sei nach Aufnahme des Verurteilten in eine im Bezirk des Landgerichts Tübingen gelegenen Vollzugseinrichtung örtlich nicht mehr zuständig gewesen; eine Vorbefassung hinsichtlich des später erfolgten Bewährungswiderrufs habe es nicht gegeben. Das Landgericht Tübingen hat die Übernahme abgelehnt.
3
2. Zuständig ist gemäß § 462a Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg. Diese war mit der Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung schon vor Verlegung des Verurteilten in eine Vollzugseinrichtung im Landgerichtsbezirk Tübingen „mit der Sache befasst“.
4
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit ausgeführt :
5
„Eine Befassung im Sinne des § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO liegt nicht erst dann vor, wenn die betreffende Strafvollstreckungskammer tatsächlich tätig wird, sondern bereits dann, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die eine Entscheidung - hier einen Widerruf - unter Umständen erforderlich machen (BGHSt 30, 189; BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 2 ARs 441/10; KKStPO -Appl, 7. Aufl. § 462a Rn. 17). Solche Tatsachen wurden bereits vor Beginn der neuerlichen Strafhaft des Verurteilten am 18. Juli 2013 aktenkundig, also zu einem Zeitpunkt, als die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg noch im Rahmen ihrer Fortwirkungszuständigkeit (§ 462a Abs. 1 Satz 2 StPO) örtlich zuständig war. Am 18. Februar 2013 wurde zum Bewährungsheft die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hechingen vom 22. Januar 2013 nach Nr. 13 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen mitgeteilt…, in der dem Verurteilten eine versuchte Erpressung zum Nachteil seiner früheren Lebensgefährtin zur Last gelegt wurde. Diese Anklage gab Anlass, die Frage des Bewährungswiderrufs von Amts wegen zu prüfen. Die damit vorliegende Befassung der Strafvollstreckungskammer Freiburg mit dem Bewährungswiderruf blieb bestehen, auch nachdem der Verurteilte in die zum Bezirk der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen gehörende Justizvollzugsanstalt Rottenburg aufgenommen wurde (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 462a Rn. 13).“
6
Dem schließt sich der Senat an.
Appl Schmitt Eschelbach Ott Zeng

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 462a Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer und des erstinstanzlichen Gerichts


(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte z

Strafprozeßordnung - StPO | § 14 Zuständigkeitsbestimmung durch das gemeinschaftliche obere Gericht


Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

Referenzen

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.