Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2006 - 2 ARs 232/06

bei uns veröffentlicht am21.07.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 232/06
2 AR 139/06
vom
21. Juli 2006
in der Bewährungssache
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
Az.: 5 StVK 84/06 I Landgericht Ellwangen
Az.: 64 Js 6266/01 Staatsanwaltschaft Freiburg
Az.: 26 Ds 64 Js 6266/01 Amtsgericht Freiburg
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 21. Juli 2006 beschlossen:
Für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen , die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 10. Mai 2001 (26 Ds 64 Js 6266/01 - AK 258/01) beziehen, ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Ellwangen zuständig.

Gründe:

1
Der Generalbundesanwalt hat ausgeführt:
2
"Die Verurteilte wurde am 10.5.2001 durch das Amtsgericht Freiburg wegen Verstoßes gegen das BtMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt , welche zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach der Übertragung der nachträglichen Entscheidungen auf das Gericht des Wohnorts widerrief das Amtsgericht Villingen-Schwenningen am 6.5.2002 die gewährte Strafaussetzung aufgrund fortdauernder Verstöße gegen die erteilten Auflagen. Vom 18.9.2002 bis 20.11.2002 verbüßte die Verurteilte 2/3 der Strafe in der JVA Schwäbisch Gmünd. Die nunmehr zuständige Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Ellwangen setzte mit Entscheidung vom 19.11.2002 die weitere Strafvollstreckung zur Bewährung aus. Aufgrund zweier weiterer einschlägiger Verurteilungen durch das AG Villingen-Schwenningen (Entscheidungen vom 23.9.2003 und 5.2.2004) widerrief die Strafvollstreckungskammer sodann mit Beschluss vom 30.4.2004 die gewährte Strafrestaussetzung zur Bewährung.
3
Mindestens seit Februar 2004 befand sich die Verurteilte allerdings aufgrund der vorgenannten Verurteilungen (die durch das Amtsgericht VillingenSchwenningen vom 16.6.2004 zu einer nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren zusammengeführt wurden) bereits wieder in anderer Sache in Strafhaft in der JVA Schwäbisch-Gmünd.
4
Ohne dass deshalb eine weitere Strafvollstreckung aufgrund der Ausgangsverurteilung durch das Amtsgericht Freiburg erfolgt wäre (insoweit war lediglich Anschlusshaft notiert), erging am 15.12.2004 mit Zustimmung des Amtsgerichts Freiburg eine Zurückstellungsentscheidung gemäß § 35 BtMG durch die Staatsanwaltschaft Freiburg. Nach erfolgreichem Abschluss der stationären Therapie der Verurteilten wurde der noch nicht vollstreckte Strafrest mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 20.12.2005 gemäß § 36 BtMG zur Bewährung ausgesetzt.
5
Vor diesem Hintergrund hat das Amtsgericht Freiburg (OLG-Bezirk Karlsruhe ) die Bewährungsaufsicht durch Beschluss vom 3. Februar 2006 an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Ellwangen (OLG-Bezirk Stuttgart) abgegeben. Dieses hat die Übernahme durch Beschluss vom 14. Februar 2006 abgelehnt. Das Amtsgericht hat die Sache dem Bundesgerichtshof mit dem Antrag vorgelegt, das zuständige Gericht zu bestimmen.
6
Zuständig für die Bewährungsüberwachung und nachträglichen Entscheidungen ist das Landgericht Ellwangen - Strafvollstreckungskammer.
7
§ 462 a Absatz 1 StPO trifft eine allgemeine Zuständigkeitsbestimmung für diejenigen Fälle, in denen eine Freiheitsstrafe vollzogen wird oder wurde. Aus § 462 a Absatz 1 Satz 2 StPO ergibt sich bei gleich bleibenden Umständen deshalb ein Vorrang der Strafvollstreckungskammer vor dem Gericht des ersten Rechtszuges (vgl. BGHR StPO § 462 a Abs. 1 Bewährungsaufsicht 1; Isak/Wagner Strafvollstreckung, 7. Aufl., Rdn. 811 ff.). Die einmal begründete örtliche und sachliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer bleibt danach auch in Fällen einer protrahierten Vollstreckung und zwischenzeitlicher Entscheidungen nach §§ 35 und 36 BtMG erhalten (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Mai 2001, 2 ARs 101/01)."
8
Dem schließt sich der Senat unter Hinweis auch auf die Senatsbeschlüsse vom 27. September 2000 - 2 ARs 69/00 = NStZ 2001, 110, vom 10. April 2002 - 2 ARs 88/02 und vom 19. Januar 2005 - 2 ARs 433/04 - an. Otten Rothfuß Fischer Roggenbuck Appl

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Strafprozeßordnung - StPO | § 462 Verfahren bei gerichtlichen Entscheidungen; sofortige Beschwerde


(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 35 Zurückstellung der Strafvollstreckung


(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so k

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 36 Anrechnung und Strafaussetzung zur Bewährung


(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerec

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Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2000 - 2 ARs 69/00

bei uns veröffentlicht am 27.09.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 ARs 69/00 2 AR 50/00 vom 27. September 2000 in der Strafvollstreckungssache gegen wegen Diebstahls u.a. Az.: 231/226 BRs 47/98 Amtsgericht Hannover Az.: 33 Js 81143/95 Staatsanwaltschaft Hannover Az.: 1625-0-15 StVK

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(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Die Entscheidung über die Anrechnungsfähigkeit trifft das Gericht zugleich mit der Zustimmung nach § 35 Abs. 1. Sind durch die Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt oder ist eine Behandlung in der Einrichtung zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich, so setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes der Strafe zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(2) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte einer anderen als der in Absatz 1 bezeichneten Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder des Strafrestes zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(3) Hat sich der Verurteilte nach der Tat einer Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so kann das Gericht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen, anordnen, daß die Zeit der Behandlung ganz oder zum Teil auf die Strafe angerechnet wird, wenn dies unter Berücksichtigung der Anforderungen, welche die Behandlung an den Verurteilten gestellt hat, angezeigt ist.

(4) Die §§ 56a bis 56g und 57 Abs. 5 Satz 2 des Strafgesetzbuches gelten entsprechend.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft das Gericht des ersten Rechtszuges ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Vollstreckungsbehörde, der Verurteilte und die behandelnden Personen oder Einrichtungen sind zu hören. Gegen die Entscheidungen ist sofortige Beschwerde möglich. Für die Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 3 und nach Absatz 2 gilt § 454 Abs. 4 der Strafprozeßordnung entsprechend; die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes erteilt das Gericht.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Die Entscheidung über die Anrechnungsfähigkeit trifft das Gericht zugleich mit der Zustimmung nach § 35 Abs. 1. Sind durch die Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt oder ist eine Behandlung in der Einrichtung zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich, so setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes der Strafe zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(2) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte einer anderen als der in Absatz 1 bezeichneten Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder des Strafrestes zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(3) Hat sich der Verurteilte nach der Tat einer Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so kann das Gericht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen, anordnen, daß die Zeit der Behandlung ganz oder zum Teil auf die Strafe angerechnet wird, wenn dies unter Berücksichtigung der Anforderungen, welche die Behandlung an den Verurteilten gestellt hat, angezeigt ist.

(4) Die §§ 56a bis 56g und 57 Abs. 5 Satz 2 des Strafgesetzbuches gelten entsprechend.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft das Gericht des ersten Rechtszuges ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Vollstreckungsbehörde, der Verurteilte und die behandelnden Personen oder Einrichtungen sind zu hören. Gegen die Entscheidungen ist sofortige Beschwerde möglich. Für die Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 3 und nach Absatz 2 gilt § 454 Abs. 4 der Strafprozeßordnung entsprechend; die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes erteilt das Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 69/00
2 AR 50/00
vom
27. September 2000
in der Strafvollstreckungssache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Az.: 231/226 BRs 47/98 Amtsgericht Hannover
Az.: 33 Js 81143/95 Staatsanwaltschaft Hannover
Az.: 1625-0-15 StVK 1153/00 VEC Landgericht Oldenburg
Az.: 49 BRs 40/98 Amtsgericht Osnabrück
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 27. September 2000 beschlossen:
1. Der Antrag des Landgerichts Oldenburg, das zuständige Gericht zu bestimmen, wird zurückgewiesen. 2. Die Sache wird zur weiteren Veranlassung an das Amtsgericht Hannover zurückgegeben.

Gründe:

1. Das Amtsgericht Hannover bildete am 23. Januar 1997 gegen den Verurteilten nachträglich eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Einbezogen wurden Freiheitsstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Hannover vom 27. März und 2. April 1996. Aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 27. März 1996 ergibt sich, daß sich der Verurteilte seinerzeit in anderer Sache in der Justizvollzugsanstalt Hannover in Strafhaft befand. Nach wiederholter Zurückstellung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe vom 23. Januar 1997 setzte das Amtsgericht Hannover am 27. August 1998 die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe nach § 36 Abs. 1 Satz 3 BtMG zur Bewährung aus und übertrug die Bewährungsaufsicht dem Amtsgericht Osnabrück, in dessen Bezirk der Verurteilte wohnt. Das Amtsgericht Osnabrück lehnte die Übernahme der Bewährungsaufsicht jedoch ab und hielt die Strafvollstrekkungskammer des Landgerichts Oldenburg beim Amtsgericht Vechta für zuständig , weil der Verurteilte in deren Bezirk in Strafhaft gewesen sei und die Strafvollstreckungskammer am 17. Dezember 1993 eine Restfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt und eine Bewährungszeit bis zum 29. Mai 2000 bestimmt habe. Auch die Strafvollstreckungskammer Oldenburg beim Amtsgericht
Vechta lehnte jedoch die Übernahme der Bewährungsaufsicht ab, weil die dort bewilligte Bewährung bereits 1995 widerrufen worden sei und sich der Verurteilte seither nicht mehr im Bezirk dieser Strafvollstreckungskammer in Strafhaft befunden habe. Wiederholte Versuche des Amtsgerichts Hannover, die Bewährungsaufsicht auf das Amtsgericht Osnabrück oder die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg zu übertragen, blieben erfolglos. Schließlich hat die Strafvollstreckungskammer Oldenburg beantragt, das zuständige Gericht zu bestimmen. 2. Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts ist zurückzuweisen. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 14. August 2000 zutreffend ausgeführt: "In einem Streit gemäß § 14 StPO kann der Bundesgerichtshof nur eines der streitenden Gerichte als zuständiges Gericht bestimmen. Die Bestimmung muß unterbleiben, wenn keines der bislang am Streit beteiligten Gerichte zuständig ist (vgl. BGHR StPO § 462 a Abs. 1, Befaßtsein 2 m.w.N.). Beteiligt am Streit sind bislang die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg beim Amtsgericht Vechta sowie die Amtsgerichte Hannover und Osnabrück .... Die Zuständigkeit dieser Amtsgerichte ist nach dem Akteninhalt nicht feststellbar: Der Abgabe an das Amtsgericht Osnabrück hätte Bindungswirkung nur zukommen können, wenn das Amtsgericht Hannover im Zeitpunkt der Abgabe selbst zuständig gewesen wäre (vgl. BGH StV 1995, 427). Dafür aber fehlt es an hinreichend sicheren Anhaltspunkten. Denn das würde voraussetzen, daß zu keinem Zeitpunkt die Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer begründet worden wäre, die die Zuständigkeit des
Gerichts des ersten Rechtszugs stets verdrängt und auch noch nach Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft fortdauert. Ob dem hier so ist, läßt sich aber ... ebenso wenig feststellen. Die Zuständigkeit der am Streit beteiligten Strafvollstreckungskammer in Vechta ist jedenfalls nicht gegeben, ohne daß es darauf ankäme, ob es wirklich dieses Gericht war, das den Aussetzungsbeschluß vom 17. Dezember 1993 erlassen hatte und in der Folgezeit die Bewährungsaufsicht ausübte (Ziff. 17 des Auszugs aus dem Zentralregister; vgl. dazu die Erklärungen Bl. 51, 62 sowie Bl. 63 d. Bew.h.). Denn aus Bl. 6, 7 des Urteils vom 27. März 1996 (Bl. 2 ff. d. Bew.h.) ergibt sich, daß der Verurteilte noch im Jahre 1996 Strafhaft in einer anderen Justizvollzugsanstalt verbüßt hat, was den Übergang der Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg, sofern sie überhaupt (noch) gegeben war, zur Folge gehabt hätte. Auf dieser tatsächlichen Grundlage erweist es sich nicht als möglich, die Zuständigkeit eines der am Streit beteiligten Gerichte festzustellen." Ergänzend ist lediglich zu bemerken: Der in § 462 a Abs. 1 StPO geregelte Vorrang der Strafvollstreckungskammer vor dem Gericht des ersten Rechtszugs gilt auch dann, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs eine Restfreiheitsstrafe nach § 36 BtMG zur Bewährung ausgesetzt hat (BGHR BtMG § 36 Abs. 2 Zuständigkeit 1 = StV 1995, 427 - LS). Da der Verurteilte bei Erlaß des Urteils des Amtsgerichts Hannover am 27. März 1996 in der Justizvollzugsanstalt Hannover Strafhaft verbüßte und für Restfreiheitsstrafen aus den Verurteilungen Nr. 17, 18 und 25 des Auszugs aus dem Bundeszentralregister zur Bewährung ausgesetzt sind oder waren, liegt es nahe, daß aufgrund des Konzentrationsprinzips (§ 462 a Abs. 4 StPO) die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover für die Bewäh-
rungsaufsicht auch in der vorliegenden Sache zuständig ist. Dies läßt sich jedoch aufgrund der dem Senat vorgelegten Unterlagen nicht abschließend beurteilen. Die Sache wird daher dem Amtsgericht Hannover zurückgegeben, damit es die zuständige Strafvollstreckungskammer ermittelt. Bode Detter Otten Rothfuß Fischer