Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2018 - 2 ARs 182/18

bei uns veröffentlicht am26.09.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 182/18
2 AR 131/18
vom
26. September 2018
in dem Bewährungsverfahren
gegen
wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
hier: Zuständigkeitsbestimmung
Az.: 4 BWL 53/17 Amtsgericht Pforzheim
12 BWL 211/15 - 12 Ds 14 Js 12581/15 Bew Amtsgericht Tübingen
ECLI:DE:BGH:2018:260918B2ARS182.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Verurteilten am 26. September 2018 beschlossen:
Für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Tübingen vom 14. Oktober 2015 beziehen, ist das Amtsgericht Tübingen zuständig.

Gründe:

I.


1
Mit Urteil des Amtsgerichts Calw vom 28. Juni 2012 war der Verurteilte wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden; die Vollstreckung der Freiheitsstrafe war zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungsaufsicht durch Beschluss des Amtsgerichts Calw vom 29. August 2012 dem Amtsgericht Tübingen als Wohnsitzgericht übertragen worden. Die Bewährungszeit wurde mehrfach verlängert und die Strafe schließlich am 8. September 2017 erlassen.
2
Das Amtsgericht Tübingen verhängte mit Strafbefehl vom 14. Oktober 2015, rechtskräftig seit dem 10. November 2015, gegen den Verurteilten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sechs Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung es für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung aussetzte. Mit Beschluss vom 9. Januar 2017 verlängerte das Amtsgericht Tübingen die Bewährungszeit um ein Jahr bis zum 9. November 2019.
3
Mit seit diesem Tag rechtskräftigem Urteil vom 20. Oktober 2016 verhängte das Amtsgericht Tübingen gegen den Verurteilten wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, deren Vollstreckung ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit wurde mit Beschluss vom selben Tag auf drei Jahre festgesetzt.
4
Nachdem der Verteidiger des Verurteilten Ende Januar 2017 mitgeteilt hatte, dass der Verurteilte von M. nach B. verzogen sei, gab das Amtsgericht Tübingen mit Beschluss vom 3. Februar 2017 die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Strafbefehl vom 14. Oktober 2015 beziehen, an das Amtsgericht Pforzheim ab.
5
Mit Verfügung vom 5. Mai 2017 bat das Amtsgericht Pforzheim das Amtsgericht Tübingen um Rückübernahme unter Verweis auf die Verurteilungen zu höheren Freiheitsstrafen durch die Amtsgerichte Calw (Urteil vom 28. Juni 2012) und Tübingen (Urteil vom 20. Oktober 2016). Das Amtsgericht Tübingen übernahm die Bewährungsüberwachung mit Beschluss vom 22. Mai 2017 zurück und übertrug sie zugleich dem Amtsgericht Calw, das die Über- nahme jedoch unter Hinweis auf den fehlenden Wohnsitz des Verurteilten in seinem Bezirk und den Beschluss vom 29. August 2012 ablehnte.
6
Mit Beschluss vom 27. Juli 2017 übertrug das Amtsgericht Tübingen die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Strafbefehl vom 14. Oktober 2015 beziehen, erneut auf das Amtsgericht Pforzheim mit der Begründung, die Überwachung der Bewährung aus dem Urteil vom 20. Oktober 2016 sei inzwischen ebenfalls an das Amtsgericht Pforzheim abgegeben worden. Im Hinblick auf das Urteil des Amtsgerichts Calw vom 28. Juni 2012 sei die Bewährungszeit inzwischen abgelaufen und der Straferlass eingeleitet worden. Das Amtsgericht Pforzheim übernahm mit Beschluss vom 23. Oktober 2017 erneut die Bewährungsüberwachung.
7
Mit Verfügung vom 5. Januar 2018 übersandte das Amtsgericht Pforz- heim das Bewährungsheft an das Amtsgericht Tübingen „mit der Bitte um Stellungnahme bzgl. Rückübernahme […] unter Hinweis auf die Zuständigkeitskon- zentration gem. § 462a StPO“. Das Amtsgericht Tübingen lehnte die Rückübernahme mit Verfügung vom 26. März 2018 ab. Der Verurteilte habe seinen Wohnsitz in Pforzheim. Die Überwachung der Bewährung aus dem Urteil vom 20. Oktober 2016 sei zwar am 30. August 2017 an das Amtsgericht Tübingen zurückgegeben worden; die Begründung, der Verurteilte sei nicht mehr im Bezirk des Amtsgerichts Pforzheim wohnhaft, habe sich aber als unzutreffend herausgestellt. Es sei deshalb damit zu rechnen, dass dieses Verfahren demnächst ebenfalls wieder an das Amtsgericht Pforzheim abgegeben werde.
8
Das Amtsgericht Pforzheim hat die Sache mit Verfügung vom 12. Juni 2018 dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes vorgelegt. Es ist der Auffassung, nur das Amtsgericht Calw sei befugt, die Bewäh- rungsüberwachung an das jeweilige Wohnsitzgericht abzugeben, da dieses die höchste Strafe verhängt habe.

II.


9
1. Der Bundesgerichtshof ist entsprechend § 14 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht der Amtsgerichte Pforzheim (Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe) und Tübingen (Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart) zuständig.
10
2. Für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Strafbefehl vom 14. Oktober 2015 beziehen , ist nach §§ 453, 462a Abs. 4 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 StPO das Amtsgericht Tübingen zuständig.
11
a) Aufgrund des Konzentrationsprinzips wäre das Amtsgericht Calw zwar als „Stammgericht“ auch für die Bewährungsaufsicht für die vom Amts- gericht Tübingen bewilligten Strafaussetzungen zuständig gewesen, weil das Amtsgericht Calw die höchste Strafe verhängt hatte (§ 462a Abs. 4 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 StPO). Das Amtsgericht Calw hatte aber mit Beschluss vom 29. August 2012 für die in seinem Verfahren bewilligte Strafaussetzung die Bewährungsaufsicht an das Amtsgericht Tübingen als (damaliges ) Wohnsitzgericht des Verurteilten wirksam übertragen (§ 462a Abs. 2 Satz 2 StPO). Dies hatte zur Folge, dass dem Amtsgericht Tübingen auch die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen oblagen, die sich auf die Strafaussetzungen bezogen, die für die Strafen des Amtsgerichts Tübingen bewilligt worden waren. Zur Weiterübertragung wäre das Amtsgericht Tübingen nicht befugt gewesen, da die Abgabe durch das Amtsgericht Calw bindend ist (§ 462a Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz StPO); es hätte lediglich beim Amtsgericht Calw anregen können, die Sache zurückzunehmen und sie dann an ein anderes Amtsgericht abzugeben (vgl. Senat, Beschluss vom 27. November 1996 - 2 ARs 409/96, BGH bei Kusch NStZ 1997, 376, 379).
12
b) Die vor dem 8. September 2017 vom Amtsgericht Tübingen vorgenommenen Abgaben an das Amtsgericht Pforzheim entfalteten demnach mangels Kompetenz keine Bindungswirkung. Erst mit dem am 8. September 2017 wirksam gewordenen Erlass der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Calw wäre das Amtsgericht Tübingen nunmehr als Gericht des ersten Rechtszuges grundsätzlich zuständig und befugt gewesen, die Bewährungsüberwachungen nach § 462a Abs. 2 Satz 2 StPO an das Wohnsitzgericht abzugeben (vgl. auch Senat, Beschluss vom 4. Januar 1999 – 2 ARs 516/98, NStZ 1999, 215; Beschluss vom 30. November 2005 – 2 ARs 443/05, NStZRR 2006, 115).
13
Allerdings setzt allein die Möglichkeit, die aufgrund des Strafbefehls vom 14. Oktober 2015 nach § 453 StPO zu treffenden nachträglichen Entscheidungen gemäß § 462a Abs. 2 StPO bindend an das Wohnsitzgericht abzugeben, die Zuständigkeitskonzentration des § 462a Abs. 4 StPO nicht außer Kraft. Ziel dieser gesetzlichen Regelung ist es, zur Vermeidung von divergierenden Entscheidungen die Zuständigkeit frühzeitig und dauerhaft bei einem Gerichtzu konzentrieren (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Juni 1998 – 2 ARs188/98, NStZ 1998, 586). § 462a Abs. 4 StPO ist dabei auch – wie hier – auf den Fall mehrerer selbstständiger Verurteilungen durch dasselbe Gericht anzuwenden (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Februar 1976 – 2 ARs 22/76, BGHSt 26, 276, 277; Löwe/Rosenberg/Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 462a Rn. 80 mwN).

14
Da die Überwachung der Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Tübingen vom 20. Oktober 2016 nicht mit bindender Wirkung an das Amtsgericht Pforzheim abgegeben worden ist und jedenfalls seit dem 30. August 2017 wieder vom Amtsgericht Tübingen wahrgenommen wird, führte die vom Amtsgericht Tübingen hier vorgenommene (isolierte) Übertragung der Bewährungsüberwachung in der vorliegenden Sache auf das Wohnsitzgericht zu einer dem Ziel des § 462a Abs. 4 StPO zuwiderlaufenden Gefahr der Entscheidungszersplitterung.
15
Die Prüfung und Entscheidung, ob die nachträglichen Entscheidungen , die sich auf alle durch das Amtsgericht Tübingen gegenüber dem Verurteilten ausgesprochenen Strafaussetzungen zur Bewährung beziehen, nunmehr an das Amtsgericht Pforzheim abgegeben werden sollen, obliegt dem Amtsgericht Tübingen (§ 462a Abs. 2 Satz 2 StPO).
Appl RiBGH Prof. Dr. Krehl Zeng ist wegen Krankheit an der Unterschrift gehindert. Appl Grube Schmidt

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2018 - 2 ARs 182/18 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 462a Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer und des erstinstanzlichen Gerichts


(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte z

Strafprozeßordnung - StPO | § 14 Zuständigkeitsbestimmung durch das gemeinschaftliche obere Gericht


Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

Strafprozeßordnung - StPO | § 453 Nachträgliche Entscheidung über Strafaussetzung zur Bewährung oder Verwarnung mit Strafvorbehalt


(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß

Referenzen

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.