Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2002 - 1 StR 564/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
1. Der Angeklagte war durch Urteil vom 1. August 2000 wegen Vergewaltigung der Nebenklägerin Silke S. zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Damals war festgestellt, daß die Geschädigte noch immer unter den Folgen der Tat zu leiden hatte. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat dieses Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben (Urteil vom 21. März 2001 - 1 StR 32/01). Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer hat den Angeklagten nunmehr zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. 2. Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil greift mit der Sachrüge durch.
a) Ohne darüber Beweis erhoben zu haben, geht die Strafkammer davon aus, daß die Geschädigte "weiterhin durch die Tat leidet und beeinträchtigt ist". Dies stünde auf Grund des Senatsurteils vom 21. März 2001 fest. Damit hat die Strafkammer den Umfang der Bindungswirkung des Senatsurteils vom 21. März 2001 verkannt. Die Feststellungen des Urteils vom 1. August 2000 zu den Folgen der Tat für das spätere Leben des Opfers waren ausschließlich für den Strafausspruch bedeutsam (ihm "zugehörig") und daher durch das Senatsurteil vom 21. März 2001 aufgehoben worden. Darüber hinaus kann aber auch auf Grund des Senatsurteils nicht feststehen, daß die Geschädigte zum Zeitpunkt der nachfolgenden Hauptverhandlung noch immer unter den Folgen der Tat zu leiden hat.
b) Da die Strafkammer bei der Bemessung der - an sich maßvollen - Strafe die fortdauernden Folgen der Tat ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt hat, kann das Urteil nicht bestehen bleiben.
Die Strafkammer hat in gleicher Weise die fortdauernden Folgen der Tat zum Nachteil des Mitangeklagten T. berücksichtigt, der keine Revision eingelegt hat. Von einer Erstreckung der Urteilsaufhebung (§ 357 StPO) auf diesen Angeklagten hat der Senat abgesehen, da er ausschlieûen kann, daû eine neue Verhandlung zu einer milderen Strafe führen würde (vgl. Kleinknecht /Meyer-Goûner, StPO 45. Aufl. § 357 Rdn. 16 m.w.N.). Die Strafkammer hat nämlich gegen diesen Angeklagten die in § 177 Abs. 2 StGB vorgesehene Mindeststrafe von zwei Jahren verhängt und diese zur Bewährung ausgesetzt. Schäfer Nack Wahl Schluckebier Kolz
Annotations
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.