Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 / 1 4
vom
11. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts München II vom 5. Juli 2013 im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben, soweit es diesen Angeklagten betrifft. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch und hinsichtlich der verhängten Einzelstrafen keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
2
Die gebildete Gesamtstrafe hat jedoch keinen Bestand.
3
Die im hiesigen Verfahren abgeurteilten Taten hat der Angeklagte vor dem gegen ihn ergangenen Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 22. Februar 2011 begangen. Damit bildete dieser Strafbefehl eine Zäsur mit der Folge, dass aus der dort verhängten Einzelstrafe, den Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dachau vom 7. März 2011 – auch die diesen Strafen zugrunde liegenden Taten beging der Angeklagte vor dem 22. Februar 2011 – und den im hiesigen Verfahren ausgesprochenen Einzelstrafen eine Gesamtstrafe zu bilden gewesen wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 2008 – 2 StR 298/08 und vom 17. Juni 2003 – 2 StR 105/03). Die durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 20. September 2011 aus den Einzelstrafen der Strafbefehle des Amtsgerichts München vom 22. Februar 2011 und des Amtsgerichts Dachau vom 7. März 2011 gebildete Gesamtstrafe hätte der Auflösung bedurft.
4
Die mit dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dachau vom 27. September 2011 und den Urteilen des Amtsgerichts Dachau vom 28. März 2012 und vom 22. Oktober 2012 verhängten Strafen müssen demgegenüber bei der Bildung der neuen Gesamtstrafe außer Betracht bleiben, weil der Angeklagte die dort zugrunde liegenden Taten erst nach dem 22. Februar 2011 begangen hat.
5
Der Senat sieht von einer Entscheidung gemäß § 354 Abs. 1b StPO ab, weil das Urteil die dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dachau vom 7. März 2011 zugrunde liegenden Einzelstrafen nicht mitteilt.
6
Nachdem das Landgericht in seine Gesamtfreiheitsstrafe unter anderem die mit Urteil des Amtsgerichts Dachau vom 22. Oktober 2012 verhängte, zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe rechtsfehlerhaft mit einbezogen hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch die fehlerhafte Gesamtstrafe wegen des ihn insoweit möglicherweise treffenden höheren Gesamtstrafübels beschwert ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 1998 – 1 StR 725/97; s. a. Beschlüsse vom 25. November 2009 – 2 StR 465/09; vom 30. Januar 2008 – 2 StR 617/07).
Raum Rothfuß Graf
Radtke Mosbacher

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 1 StR 4/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 1 StR 4/14

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 1 StR 4/14 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 1 StR 4/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 1 StR 4/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Nov. 2009 - 2 StR 465/09

bei uns veröffentlicht am 25.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 465/09 vom 25. November 2009 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführe

Referenzen

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 465/09
vom
25. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. November 2009
gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kassel vom 13. Juli 2009 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Die Gesamtstrafenbildung des Landgerichts ist rechtsfehlerhaft. Der Tatrichter hat wegen der neuen Taten rechtsfehlerfrei Einzelstrafen von einem Jahr und fünf Monaten und von 90 Tagessätzen zu 5 € verhängt und den Angeklagten "unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von fünf Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 10.05.2007 (…) und der Freiheitsstrafe von acht Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 24.01.2008" zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt. Bei den genannten Strafen handelte es sich jedoch ihrerseits jeweils um (nachträgliche) Gesamtstrafen. Bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung sind aber die Einzelstrafen aus einbeziehungsfähigen früheren Entscheidungen einzubeziehen, frühere Gesamtstrafen sind ggf. aufzulösen (vgl. Fischer StGB 56. Aufl. § 55 Rn. 8, 15). Zudem hat das Landgericht hier übersehen, dass der Verurteilung vom 10. Mai 2007 Zäsurwirkung zukam, da nur die damals abgeurteilten Taten vom 21. Dezember 2006 und 9. Februar 2007, die dem Strafbefehl vom 4. Dezember 2006 zugrunde liegende Tat und die jetzt neu abgeurteilten Taten vor dem Zeitpunkt dieses Urteils begangen wurden. Die Einzelstrafen aus der Verurteilung vom 24. Januar 2008 waren daher nicht einbeziehungsfähig; die Gesamtstrafe von acht Monaten hätte gesondert bestehen bleiben müssen (vgl. Fischer aaO § 55 Rn. 9, 11). Zutreffend hat aber der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass eine Beschwer des Angeklagten durch den Rechtsfehler hier ausgeschlossen ist. Bei zutreffender Anwendung der §§ 54, 55 StGB hätte die Einsatzstrafe von einem Jahr und fünf Monaten mindestens um einen Monat erhöht werden müssen. Bei Aufrechterhaltung der weiteren Gesamtstrafe von acht Monaten hätte das Gesamtstrafübel daher zwingend mindestens zwei Jahre und zwei Monate - statt, wie vom Landgericht verhängt, zwei Jahre und einen Monat - betragen. Es kann hier auch sicher ausgeschlossen werden, dass eine unter zwei Jahren liegende neue Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden wäre. Schon in den zurückliegenden Verurteilungen des vielfach vorbestraften Angeklagten ist eine günstige Sozialprognose nicht bejaht worden; eine frühere Strafaussetzung musste widerrufen werden. Der Tatrichter hat bei der Strafzumessung zutreffend auf die hohe Rückfallgeschwindigkeit und die Steigerung der Gewalttätigkeit des Angeklagten hingewiesen (UA S. 33). Eine Strafaussetzung wäre daher nicht in Betracht gekommen. Fischer Roggenbuck Appl RiBGH Cierniak ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Schmitt