Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Aug. 2014 - 1 StR 390/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) bezüglich aller Angeklagter im Strafausspruch,
b) bezüglich der Angeklagten T. und B. zudem jeweils , soweit eine Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht München I hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: den Angeklagten T. wegen „Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit drei tatmehrheitlichen Fällen des gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Be- täubungsmitteln“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren, den Ange- klagten B. wegen „Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungs- mitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit bewaffnetem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sie- ben Jahren und neun Monaten, den Angeklagten C. wegen „zweier tatmehrheitlicher Fälle der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit jeweils mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltrei- ben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Gesamtfreiheits- strafe von drei Jahren und zehn Monaten. Zudem hat die Strafkammer bei dem Angeklagten T. den erweiterten Verfall hinsichtlich eines BMW sowie bei dem Angeklagten C. den Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.500 Euro angeordnet. Die Angeklagten T. und B. hat das Landgericht von weiteren Anklagevorwürfen freigesprochen. Die jeweils mit der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten erzielen den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen sind sie jeweils unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Strafkammer hat bezüglich der Angeklagten T. und B. nicht erörtert, ob eine Unterbringung dieser Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) in Betracht kommt. Hierzu hätte aber angesichts der Feststellungen zum umfangreichen Drogenkonsum beider Angeklagter (T. : mehrere Gramm Kokain pro Tag, mehrwöchige Entzugserscheinungen bei Haftantritt; B. : seit einigen Jahren mehrere Gramm Cannabis pro Tag) und der Tatsache, dass die Taten auch dem eigenen Betäubungsmittelkonsum dienten, Anlass bestanden (vgl. zum Prüfungsmaßstab Senat, Beschluss vom 18. September 2013 – 1 StR 456/13 mwN). Die Strafkammer hat den Betäubungsmittelkonsum beider Angeklagter lediglich im Hinblick auf eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit erörtert; die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist indes nicht von der Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit abhängig (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 3 StR 67/14).
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- 2. Bei dem Angeklagten T. hat die Strafkammer bei der Tat 1 die Voraussetzungen des § 31 BtMG für erfüllt erachtet, die Strafe dem nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG iVm § 49 Abs. 1 StGB verschobenen Strafrahmen entnommen und für diese Tat eine Einzelfreiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt (zugleich Einsatzstrafe). Hierbei hat sie – worauf die Revision zutreffend hinweist – rechtsfehlerhaft (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 3 StR 287/14 mwN) nicht erwogen, ob aufgrunddes vertypten Milderungsgrundes die Annahme eines minder schweren Falls nach § 30 Abs. 2 BtMG möglich gewesen wäre.
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- 3. Bei den Angeklagten B. und C. besteht im Rahmen der Strafzumessung ein Erörterungsmangel. Bei beiden Angeklagten hat die Strafkammer die Einzelstrafen den Normalstrafrahmen entnommen und im Rahmen der konkreten Strafzumessung zu ihren Gunsten gewürdigt, dass sie jeweils den anderweitig verfolgten G. als Lieferanten von verfahrensgegenständlichen Betäubungsmitteln benannt und belastet haben. Angesichts dieser unvollständigen Angaben kann der Senat nicht nachprüfen, ob – was bei dieser Sachlage nicht fernliegt – die Voraussetzungen von § 31 BtMG bei den beiden Angeklagten vorgelegen haben oder nicht. Dies zwingt zur Aufhebung des Strafausspruchs gegen beide Angeklagte.
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- 4. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sind von den dargelegten Rechtsfehlern nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO); die Feststellungen können durch solche ergänzt werden, die zu den getroffenen nicht in Widerspruch stehen. Raum Graf Jäger Radtke Mosbacher
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, - 2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt, - 3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder - 4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.