Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2006 - 1 StR 388/06

published on 09/11/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2006 - 1 StR 388/06
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 388/06
vom
9. November 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betrugs u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2006 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Coburg vom 23. Dezember 2005 werden als unbegründet
verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


1
Die Angeklagte M. wurde wegen mehrfachen Betrugs und mehrfachen versuchten Betrugs, der Angeklagte Dr. L. wegen Betrugs und Beihilfe zum Betrug jeweils zu Freiheitsstrafe verurteilt. Ihre jeweils auf eine Reihe von Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


2
Der näheren Ausführung bedarf dies nur hinsichtlich der von beiden Angeklagten inhaltlich identisch erhobenen Verfahrensrüge, mit der ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 338 Nr. 7 StPO geltend gemacht wird.
3
1. Folgendes liegt zugrunde:
4
Die Urteilsabsetzungsfrist endete, so auch die Revision, gemäß § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO am 21. April 2006. Das Urteil trägt einen von dem Justizsekretär D. unterschriebenen Vermerk, wonach das Urteil am 7. April 2006 zur Geschäftsstelle gelangt ist.
5
2. Wie die Revision im Einzelnen vorträgt, sind in der chronologisch geführten Verfahrensakte jedoch vor dem Urteil Vorgänge eingeheftet, die nach Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist angefallen sind. Daraus folgert die Revision, dass das Urteil entgegen § 275 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist zu den Akten gebracht worden sei.
6
3. Der Generalbundesanwalt hält die Rüge nicht für zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die chronologische Akte, aus deren Führung Rückschlüsse gezogen seien, insbesondere „die von der Revision vorgetragenen Vermerke und Verfügungen“ seien „nicht mitgeteilt“.
7
4. Grundsätzlich genügt es für die Zulässigkeit einer Verfahrensrüge, dass die den Mangel begründenden Tatsachen vollständig vorgetragen werden; hierzu gehört auch der Vortrag zu Anhaltspunkten, die nach den konkreten Umständen des Falles gegen das Revisionsvorbringen sprechen (BGH NStZ 2005, 222, 223 m. w. N.; vgl. auch Widmaier StraFo 2006, 437, 438). Hier spricht der genannte Vermerk des Geschäftsstellenbeamten gegen die Richtigkeit des Revisionsvorbringens. Damit setzt sich die Revision auseinander, indem sie auf die Daten der dem Urteil vorgehefteten Verfahrensvorgänge, insbesondere mehrerer Verfügungen verweist. Dem konkreten Inhalt dieser Verfügungen kommt unter den gegebenen Umständen kein über diesen Revisionsvortrag hinausgehender Bedeutungsgehalt hinsichtlich der Wahrung der in Frage stehenden Frist zu; sein Vortrag war daher nicht erforderlich (vgl. BVerfG StV 2005, 369, 372). Eine - von der Frage nach dem notwendigen Umfang des Vortrags unabhängige - Pflicht zur Glaubhaftmachung des Revisionsvortrags besteht nicht. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist daher etwa die Beifügung von Ablichtungen aus den Verfahrensakten regelmäßig nicht erforderlich (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 334 ; BGH, Beschluss vom 22. September 2006 - 1 StR 298/06 m. w. N.).
8
5. Unabhängig von dem notwendigen Umfang des Rügevorbringens kann die in Rede stehende Rüge gleichwohl keinen Erfolg haben.
9
Die in § 275 Abs. 1 Satz 1 StPO gebrauchte Formulierung „zu den Akten zu bringen“ ist nicht wörtlich zu nehmen (vgl. Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 275 Rdn. 7). Es genügt, wenn das vollständige Urteil innerhalb der im Gesetz genannten Frist auf den Weg zur Geschäftsstelle gebracht ist (BGHSt 29, 43, 45). Dies ist rechtzeitig geschehen; Gründe, die die Richtigkeit des Eingangsvermerks in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Zeitpunkt, zu dem das Urteil auf der Geschäftsstelle in die Sachakten eingelegt wird, hat im Zusammenhang mit der Wahrung der Frist des § 275 StPO keine rechtliche Bedeutung (BGH NStE StPO § 275 Nr. 14 m. w. N.). Hiervon abzuweichen sieht der Senat keine Veranlassung.

II.

10
Auch im Übrigen hat die auf Grund der Revisionsrechtfertigungen gebotene Überprüfung des Urteils, auch unter Berücksichtigung der Erwiderungen auf den Antrag des Generalbundesanwalts, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Nack Wahl Kolz Elf Graf
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen. Dies muß spätestens fünf Wochen nach der Verkündung geschehen; diese Frist verlängert sich, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, um zwei Wochen, und wenn die Hauptverhandlung länger als zehn Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Hauptverhandlungstagen um weitere zwei Wochen. Nach Ablauf der Frist dürfen die Urteilsgründe nicht mehr geändert werden. Die Frist darf nur überschritten werden, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert worden ist. Der Zeitpunkt, zu dem das Urteil zu den Akten gebracht ist, und der Zeitpunkt einer Änderung der Gründe müssen aktenkundig sein.

(2) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter der Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der Schöffen bedarf es nicht.

(3) Die Bezeichnung des Tages der Sitzung sowie die Namen der Richter, der Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft, des Verteidigers und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, die an der Sitzung teilgenommen haben, sind in das Urteil aufzunehmen.

(4) (weggefallen)

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen. Dies muß spätestens fünf Wochen nach der Verkündung geschehen; diese Frist verlängert sich, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, um zwei Wochen, und wenn die Hauptverhandlung länger als zehn Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Hauptverhandlungstagen um weitere zwei Wochen. Nach Ablauf der Frist dürfen die Urteilsgründe nicht mehr geändert werden. Die Frist darf nur überschritten werden, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert worden ist. Der Zeitpunkt, zu dem das Urteil zu den Akten gebracht ist, und der Zeitpunkt einer Änderung der Gründe müssen aktenkundig sein.

(2) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter der Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der Schöffen bedarf es nicht.

(3) Die Bezeichnung des Tages der Sitzung sowie die Namen der Richter, der Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft, des Verteidigers und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, die an der Sitzung teilgenommen haben, sind in das Urteil aufzunehmen.

(4) (weggefallen)