Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2004 - 1 StR 273/04

published on 08/07/2004 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2004 - 1 StR 273/04
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 273/04
vom
8. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2004 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 4. Februar 2004 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Senat sieht Anlaß zu folgendem Hinweis: Die Jugendschutzkammer hat festgestellt, daß der Angeklagte die 1990 geborene Geschädigte jahrelang sexuell mißbraucht hat. Die Geschädigte ist suizidgefährdet, autoaggressiv und auch sonst erheblich psychisch belastet; sie ist seit Monaten stationär in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Bei der Würdigung der Aussage, die die Geschädigte in der Hauptverhandlung gemacht hat, führt die Jugendschutzkammer aus, daß diese im Lauf des Verfahrens bereits von der Kriminalpolizei und nochmals von der Ermittlungsrichterin vernommen und darüber hinaus von einer Sachverständigen begutachtet und dabei zum Tatgeschehen befragt worden war. Es wäre nach Auffassung des Senats angezeigt gewesen, von der Möglichkeit einer Videoaufzeichnung Gebrauch zu machen. Wird, wie hier, wegen des Verdachts ermittelt, ein Kind sei Opfer schwerwiegender Sexualstraftaten geworden, so begründet die "Sollvorschrift" des § 58a Abs. 1 Satz 2 StPO eine grundsätzliche Verpflichtung der Ermittlungsbehörden, die Aussagen des Kindes aufzuzeichnen (Rieß in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl., Nachtrag , § 58a Rdn. 17 m.w.N.; vgl. auch Trück, NStZ 2004, 129). Durch das Festhalten der Aussage in Bild und Ton wird es vielfach ermöglicht, Mehrfachvernehmungen zu immer demselben psychisch belastenden Thema zu vermeiden. Damit soll den Belangen besonders schutzbedürftiger Zeugen bereits im Ermittlungsverfahren Rechnung getragen werden (Senge in KK 5. Aufl. § 58a Rdn. 1; Trück aaO; vgl. auch Nrn. 19, 19a RiStBV). Nack Wahl Kolz Elf Graf
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Vernehmung eines Zeugen kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie soll nach Würdigung der dafür jeweils maßgeblichen Umstände aufgezeichnet werden und als richterliche Vernehmung erfolgen, wenn 1. damit die schutzwürdigen Interessen von
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published on 03/08/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 288/04 vom 3. August 2004 in der Strafsache gegen wegen sexueller Nötigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. August 2004 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landg
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Vernehmung eines Zeugen kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie soll nach Würdigung der dafür jeweils maßgeblichen Umstände aufgezeichnet werden und als richterliche Vernehmung erfolgen, wenn

1.
damit die schutzwürdigen Interessen von Personen unter 18 Jahren sowie von Personen, die als Kinder oder Jugendliche durch eine der in § 255a Absatz 2 genannten Straftaten verletzt worden sind, besser gewahrt werden können oder
2.
zu besorgen ist, dass der Zeuge in der Hauptverhandlung nicht vernommen werden kann und die Aufzeichnung zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist.
Die Vernehmung muss nach Würdigung der dafür jeweils maßgeblichen Umstände aufgezeichnet werden und als richterliche Vernehmung erfolgen, wenn damit die schutzwürdigen Interessen von Personen, die durch Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184j des Strafgesetzbuches) verletzt worden sind, besser gewahrt werden können und der Zeuge der Bild-Ton-Aufzeichnung vor der Vernehmung zugestimmt hat.

(2) Die Verwendung der Bild-Ton-Aufzeichnung ist nur für Zwecke der Strafverfolgung und nur insoweit zulässig, als dies zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist. § 101 Abs. 8 gilt entsprechend. Die §§ 147, 406e sind entsprechend anzuwenden, mit der Maßgabe, dass den zur Akteneinsicht Berechtigten Kopien der Aufzeichnung überlassen werden können. Die Kopien dürfen weder vervielfältigt noch weitergegeben werden. Sie sind an die Staatsanwaltschaft herauszugeben, sobald kein berechtigtes Interesse an der weiteren Verwendung besteht. Die Überlassung der Aufzeichnung oder die Herausgabe von Kopien an andere als die vorbezeichneten Stellen bedarf der Einwilligung des Zeugen.

(3) Widerspricht der Zeuge der Überlassung einer Kopie der Aufzeichnung seiner Vernehmung nach Absatz 2 Satz 3, so tritt an deren Stelle die Überlassung des Protokolls an die zur Akteneinsicht Berechtigten nach Maßgabe der §§ 147, 406e. Das Recht zur Besichtigung der Aufzeichnung nach Maßgabe der §§ 147, 406e bleibt unberührt. Der Zeuge ist auf sein Widerspruchsrecht nach Satz 1 hinzuweisen.