Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2001 - 1 StR 135/01
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten, zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, soweit er verurteilt wurde, mit der Sachrüge.
Das Rechtsmittel hat, soweit es dem Schuldspruch gilt, aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift bezeichneten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Strafausspruch kann jedoch nicht bestehen bleiben:
Das Landgericht hat gegen den zur Tatzeit 19 Jahre alten Angeklagten wegen schädlicher Neigungen und wegen der Schwere der Schuld Jugendstrafe verhängt, weil er im Juni oder Juli 1999 seine damals zwölf Jahre alte Schwester veranlaßte, an ihm den Oralverkehr auszuüben und mit ihr an drei Tagen im September 1999 den Vaginalverkehr durchführte.
Zu Lasten wird gewertet, daß der Angeklagte die Unerfahrenheit und Abhängigkeit seiner sieben Jahre jüngeren Schwester aus Bequemlichkeit und Selbstsucht ausgenutzt hat, um seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Dabei wird aber nicht erkennbar berücksichtigt, daß die sexuellen Kontakte zwischen dem Angeklagten und seiner Schwester, die sich im Laufe der Zeit freilich intensivierten, zu einer Zeit begannen, da er noch nicht schuldfähig war. So hat das Landgericht den Angeklagten von einem Teil der in diesem Zusammenhang gegen ihn erhobenen Vorwürfe freigesprochen, weil entweder nicht geklärt werden konnte, ob der Angeklagte zu den betreffenden Tatzeitpunkten bereits 14 Jahre alt gewesen ist oder weil nicht auszuschließen war, daß er noch nicht reif genug war, das Unrecht seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§ 3 JGG). Hinsichtlich weiterer Vorwürfe ist das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung eingestellt worden.
Auch kann bei Wiederholungstaten gegen dasselbe Opfer, denen - wie im vorliegenden Falle - eine persönliche Beziehung zugrunde liegt, die Hemmschwelle für die späteren Taten - aus dem Angeklagten nicht voll anzulastenden Gründen - von Tat zu Tat niedriger geworden sein. Dies kann sich bei der Höhe der Strafe zugunsten des Angeklagten auswirken.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie das Familiengericht.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.