Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2017 - 7 ZB 16.1740

published on 27/11/2017 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2017 - 7 ZB 16.1740
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Gericht

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Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Bewertung einer Prüfungsleistung als endgültig nicht bestanden und seine anschließende Exmatrikulation. Er ist der Ansicht, er habe ein während der Fertigung der Prüfungsarbeit auftretendes Unwohlsein unverzüglich angezeigt, anschließend durch ein ärztliches Attest belegt und sei somit wirksam von der Prüfung zurückgetreten.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 19. Juli 2016 abgewiesen. Der Kläger habe seinen Rücktritt von der Prüfung nicht während, sondern erst nach der Prüfung durch Einlegen eines ärztlichen Attests in das Fach des zuständigen Professors und damit nicht unverzüglich erklärt. Darüber hinaus habe er auch seine Rücktrittsgründe nicht unverzüglich glaubhaft gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter und macht geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten des Klägers vom 12. September 2016 und vom 29. September 2016 verwiesen.

Die Beklagten treten dem Antrag auf Zulassung der Berufung entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor.

An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger seine behauptete Prüfungsunfähigkeit nicht rechtzeitig geltend gemacht hat. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt darauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren zu bemerken:

§ 9 Abs. 1 und 3 der Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen in Bayern (vom 17. Oktober 2001, GVBl S. 686 - RaPO) bestimmt Folgendes:

(1) Bei Rücktritt von einer Prüfung, die bereits angetreten wurde, wird die Note „nicht ausreichend“ erteilt, es sei denn, der Rücktritt erfolgte aus vom Studierenden nicht zu vertretenden Gründen. Die Prüfung ist mit Stellung der Prüfungsaufgabe angetreten.

(2) …

(3) Die Gründe für den Rücktritt oder das Versäumnis nach den Absätzen 1 und 2 müssen der Hochschule schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Eine während einer Prüfungsleistung eintretende Prüfungsunfähigkeit muss unverzüglich bei der Prüfungsaufsicht geltend gemacht werden; die Verpflichtung zur Anzeige und Glaubhaftmachung der Gründe bleibt unberührt. Bei krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit ist ein ärztliches Attest vorzulegen, das auf einer Untersuchung beruhen muss, die grundsätzlich am Tag der jeweiligen Prüfung erfolgt ist. …

Diese Bestimmungen sind Ausdruck des das gesamte Prüfungsverfahren beherrschenden Grundsatzes der Chancengleichheit. Danach muss der nachträgliche Rücktritt von einer Prüfung unverzüglich geltend gemacht werden, wobei an die Unverzüglichkeit ein strenger Maßstab anzulegen ist. Ein Prüfungsrücktritt ist dann nicht mehr unverzüglich, wenn der Prüfling die Rücktrittserklärung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben hat, zu dem sie von ihm zumutbarerweise hätte erwartet werden können (BayVGH, B.v. 26.11.2009 - 7 ZB 09.1423 - juris, m.w.N. zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall war diese zeitliche Grenze bei Abgabe der Erklärung - dem Einlegen des ärztlichen Attests in das Fach des zuständigen Professors - bereits überschritten.

Zwar hat der Kläger im letzten Drittel der laufenden Prüfung einer der beiden aufsichtführenden Personen mitgeteilt, dass bei ihm erhebliche Kopfschmerzen aufgetreten seien. Damit hat er aber weder mit der erforderlichen Eindeutigkeit eine vollständige Prüfungsunfähigkeit geltend gemacht, noch einen Rücktritt von der Prüfung erklärt. Soweit der Kläger nun im Zulassungsverfahren geltend macht, eine derartige Erklärung sei konkludent erfolgt bzw. durch den angesprochenen Professor vereitelt worden, weil dieser sich sogleich einer anderen Studentin, die gleichzeitig zu kollabieren drohte, zugewandt hat, verhilft das seinem Zulassungsbegehren nicht zum Erfolg: Denn es hätte in dieser Situation dem Kläger oblegen, sich mit seinem Anliegen entweder an die andere aufsichtführende Person zu wenden oder noch einen kurzen Moment abzuwarten, um sich dann unmissverständlich zu erklären, anstatt, wie geschehen, lediglich die Prüfungsarbeit abzugeben und wie die anderen Prüfungsteilnehmer den Raum zu verlassen.

Auf die Frage, ob das vorgelegte ärztliche Attest zum Nachweis einer Prüfungsunfähigkeit inhaltlich und nach seinem Umfang geeignet war, kommt es sonach nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 i.V.m. Nr. 18.1 und Nr. 18.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der im Jahr 2013 aktualisierten Fassung (abgedr. b. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014).

Die vorliegende Entscheidung ist unanfechtbar.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung
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published on 24/01/2018 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller möchte im Weg
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.