Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2016 - 20 ZB 16.1897

published on 17.11.2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2016 - 20 ZB 16.1897
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Verwaltungsgericht Ansbach, AN 14 K 16.281, 10.06.2016

Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. Juni 2016 ist unzulässig, weil der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt wurde. Die Darlegungsanforderungen dieses Zulassungsgrundes sind nur erfüllt, wenn der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und damit im Berufungsverfahren klärungsfähig ist sowie erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist und schließlich darlegt, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

1. Soweit die Klägerin im Antragsschriftsatz vom 13. September 2016 die Frage nach der Anwendbarkeit der sicherheitsrechtlichen Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG im Anwendungsbereich des Gesetzes zum Schutze der Gesundheit vom 23. Juli 2010 (Gesundheitsschutzgesetz, GSG) aufwirft, formuliert sie schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage.

2. Die Klägerin hat nicht dargelegt, inwieweit der im Schriftsatz vom 31. Oktober 2016 formulierten Frage:

„Wie weit reicht der Subsidiaritätsgrundsatz des Art. 7 Abs. 2 LStVG, wenn der identische Lebenssachverhalt dazu führt, dass er auch mit dem Bay. Gesundheitsschutzgesetz geahndet werden kann ?“

eine über den konkreten Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukommt.

Das Verwaltungsgericht führt auf Seite 11 seiner Entscheidungsgründe unter Verweis auf Rechtsprechung und Kommentarliteratur aus, zwar gingen gemäß Art. 7 Abs. 2 LStVG den allgemeinen Befugnissen abschließende Spezialbefugnisse vor, im Verhältnis zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG sei jedoch das Eingreifen einer solchen vorrangigen Spezialbefugnis kaum denkbar, weil es anderweitige besondere gesetzliche Befugnisse der Sicherheitsbehörden zum Erlass von Einzelanordnungen, um Straftaten, Ordnungswidrigkeiten oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden, nicht gebe. Jedenfalls enthalte auch § 5 GastG keine abschließende Regelung, so dass weitergehende Anordnungen nach allgemeinem und speziellem Polizeirecht möglich seien. Vorliegend diene die Zielsetzung der Gefahrenbeseitigung nicht vorrangig einem Regelungszweck des Spezialgesetzes, sondern der Bekämpfung konkreter Gefahren unabhängig von im Spezialgesetz angeknüpften Eigenschaften des Störers und der störenden Sache.

Inwieweit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts eine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Aussage entnommen werden kann, hat die Klägerin nicht dargelegt. Denn für die Frage, ob eine gegenüber der Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG vorrangige Spezialbefugnis greift, ist maßgeblich, ob diese den Sachverhalt abschließend regelt. Dies wiederum ist anhand der konkreten Zielsetzung der Gefahrenbeseitigung zu beurteilen (Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand September 2015, Art. 7 Rn. 43). Das Verwaltungsgericht hat seine Rechtsauffassung auf die konkrete Zielrichtung der streitgegenständlichen Anordnungen gestützt und ist hiervon ausgehend zu dem Ergebnis gekommen, dass das von der Beklagten verfolgte Ziel die Verhütung oder Unterbindung von Ordnungswidrigkeiten, mithin die Abwehr konkreter Gefahren im Sinne des allgemeinen Sicherheitsrechts gewesen sei. Dies entzieht sich einer abstrakten Klärung in einem Berufungsverfahren. Es kommt damit vorliegend auch nicht entscheidungserheblich auf die ─ vom Verwaltungsgericht aufgeworfene ─ Frage an, ob im Verhältnis zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG überhaupt eine vorrangige Befugnisnorm im besonderen Sicherheitsrecht denkbar ist (vgl. Koehl a. a. O., Rn. 44 m. w. N.), abgesehen davon, dass das GSG auch keine Befugnisnormen zum Erlass von Anordnungen im Einzelfalle (belastenden Verwaltungsakten) enthält.

3. Soweit die Klägerin des Weiteren geklärt haben möchte, ob es gegen das Verbot der Doppelsanktionierung verstoße, wenn die Beklagte im Falle der Zuwiderhandlung gegen das Rauchverbot ein Zwangsgeld fällig stellen und zugleich nach Art. 9 Abs. 2 i. V. m. Art. 7 Satz 2 GSG im Wege des Bußgeldverfahrens gegen die Klägerin vorgehen könne, fehlt es an der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit. Denn diese Frage lässt sich bereits aus dem Gesetz beantworten (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38), weil nach Art. 36 Abs. 6 Satz 1 VwZVG Zwangsmittel auch neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht werden können. Ein darüber hinausgehender Klärungsbedarf wurde von der Klägerin nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 47 Abs. 3, Abs. 1 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, können jederzeit Auflagen zum Schutze

1.
der Gäste gegen Ausbeutung und gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit,
2.
der im Betrieb Beschäftigten gegen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit oder
3.
gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit
erteilt werden.

(2) Gegenüber Gewerbetreibenden, die ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreiben, können Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 erlassen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.