Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2017 - 13a ZB 16.30689

published on 09/01/2017 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2017 - 13a ZB 16.30689
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. September 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Die Klägerin trägt vor, sie habe ebenso wie ihre in Deutschland lebenden Geschwister Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Aufgrund der besonderen Gefährdungslage für Yeziden im Irak habe sie einen Asylantrag gestellt, nachdem sie ihr Ehemann geschlagen und verstoßen habe. Als junge yezidische Frau sei sie von der angespannten Sicherheitslage betroffen. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb ihren Brüdern als jungen Männern die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, ihr hingegen als junger, hilfloser Frau ohne männlichen Schutz nicht. Bei gebotener Auslegung dieses Vorbringens (§ 88 VwGO) wird damit sinngemäß die Frage aufgeworfen, ob Yeziden aus Dohuk, insbesondere junge Frauen, der Gefahr einer Gruppenverfolgung unterliegen.

Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, eine persönliche Verfolgung sei nicht vorgetragen. Die kurdischen Autonomiegebiete Dohuk, Erbil und Suleymania seien von den Kämpfen in den Nachbarprovinzen nicht unmittelbar betroffen, wenn auch die Sicherheitslage dort weiterhin angespannt sei. Unter Bezugnahme auf die aktuellen Erkenntnismittel wird dargelegt, dass zwar in weiten Teilen des Iraks seit Mitte des Jahres 2014 eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure in Gestalt des IS bestehe, die kurdischen Autonomiegebiete jedoch davon nicht betroffen seien. Vielmehr lebten dort in großer Anzahl Flüchtlinge, die vor den Umtrieben des IS geflohen seien. Dies habe zur Folge, dass die Klägerin an den von ihr auch schon bewohnten Ort in Dohuk zurückkehren oder aber anderswo in den Autonomiegebieten Zuflucht finden könne. Nach der Rückeroberung der Großstadt Ramadi aus den Händen der IS-Miliz durch das irakische Militär und einer Verminderung der dschihadistischen Kämpfer im Irak bestehe derzeit keine Verfolgungswahrscheinlichkeit in den Autonomiegebieten, die von der kurdischen Regionalregierung beherrscht würden.

Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Sie verweist nur pauschal darauf, dass die Sicherheitslage angespannt sei. Davon ist jedoch auch das Verwaltungsgericht ausgegangen. Weshalb sie nunmehr entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts bei einer Rückkehr wegen ihrer Religionszugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt sein sollte, obwohl dies nach ihrer eigenen Aussage auch bislang nicht der Fall war, legt die Klägerin nicht dar. Vielmehr bestätigt sie die Aussage, dass Yeziden im Nordirak Zuflucht gefunden hätten und dort in Flüchtlingslagern lebten. Andere Quellen, die darauf hindeuten, dass die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären, nennt die Klägerin nicht. Der von ihr angesprochene Bericht über die Verleihung des Sacharow-Preises an zwei Yezidinnen handelt von Opfern der IS-Terrormiliz und deren Lebensumständen. Rückschlüsse auf die Verfolgungssituation der im Nordirak ansässigen Yeziden lassen sich hieraus nicht ziehen.

Soweit die Klägerin vorträgt, es sei kein Grund ersichtlich, weshalb ihren Brüdern, nicht aber ihr die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, wird bereits nicht deutlich, welche Frage von grundsätzlicher Bedeutung hier aufgeworfen werden sollte. Sofern als grundsätzlich klärungsbedürftig angesprochen werden sollte, ob Familienangehörigen mit vorgetragenem gleichem Sachverhalt unterschiedliche bzw. keine Schutzgewährung zugesprochen werden könnte, ließe sich dies nur im Einzelfall, nicht aber in verallgemeinerungsfähiger Form beantworten. Ebenso verhält es sich mit dem Einwand der Klägerin, sie sei gemessen an ihren persönlichen Verhältnissen bei Rückkehr an einen anderen Ort in den Autonomiegebieten nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Im Übrigen war diese Frage für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Auf eine Fluchtalternative hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht gestützt, sondern angenommen, dass die Klägerin in ihr Heimatdorf zurückkehren kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
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published on 26/03/2018 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger, geb. am …,
published on 15/02/2017 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung die vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger geb. am …19
published on 07/06/2017 00:00

Tenor 1. Die Klagen werden abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Kl
published on 03/04/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand
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Annotations

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.