Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2014 - 13a ZB 14.30217

bei uns veröffentlicht am21.08.2014
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 15 K 12.30989, 08.05.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Mai 2014 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO nicht vorliegen.

Der Kläger macht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Er rügt, das Verwaltungsgericht habe die angebotenen und vorgelegten Beweise ungewürdigt gelassen. Es habe zu Unrecht sein Urteil darauf gestützt, er habe nicht substantiiert vorgetragen, dass er bzw. seine Brüder verfolgt würden. Es wäre unumgänglich gewesen, alle drei Brüder gleichzeitig zu laden und gemeinsam zu vernehmen. Nur so wäre das Verfolgungsschicksal der Brüder nachzuvollziehen.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Es soll sichergestellt sein, dass das Gericht die Ausführungen der Beteiligten würdigt (BayVerfGH, E.v. 13.3.1981 - Vf. 93-VI-78 - BayVBl 1981, 529). Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch in Erwägung zu ziehen. Davon ist zwar grundsätzlich auszugehen, setzt aber voraus, dass das wesentliche Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeitet wird (BVerfGE 47, 182/188; 54, 43/46; 86, 133/146; BVerfG, B.v. 10.5.1990 - 2 BvR 1236/89 - InfAuslR 1990, 280/281; B.v. 29.1.1991 - 2 BvR 513/90 - InfAuslR 1991, 179/180; B.v. 14.1.1992 - 2 BvR 472/91 - InfAuslR 1992, 222/225; B.v. 13.11.1992 - 1 BvR 708/92 - NJW 1993, 1461; vgl. auch BVerwG, B.v. 1.9.1997 - BVerwG 8 B 144.97 - BayVBl 1998, 470). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Im Übrigen ist Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs auch die (erfolglose) vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneter und nach Lage der Dinge tauglicher Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerfG, B.v. 10.2.1987 - 2 BvR 314/86 - BVerfGE 74, 220/225 = NJW 1987, 1191).

Das Verwaltungsgericht hat sich ausführlich mit dem Vortrag des Klägers befasst und festgestellt, es lägen verschiedene Ungereimtheiten vor (UA S. 11 ff). Jedenfalls sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Bedrohungssituation so groß gewesen sein sollte, dass der Kläger das Land habe verlassen müssen (UA S. 13). Nicht zu beanstanden ist dabei auch die Verwertung der Angaben der Brüder des Klägers in deren Verfahren durch das Verwaltungsgericht, nachdem es die die Brüder betreffenden Bundesamts-Akten hinzugezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 8.5.2014). Ein Beweisantrag wurde nicht gestellt.

Die Rüge des Klägers, er sei mit seinen Ausführungen nicht gehört worden, ist damit nicht durchgreifend. Letztlich wendet der Kläger sich gegen die Annahme der angegriffenen Entscheidung, die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären oder nationalen Schutzes lägen nicht vor. Damit greift er in Wahrheit die Würdigung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht an. Die von der klägerischen Auffassung abweichende Bewertung stellt jedoch keine Frage des rechtlichen Gehörs dar, sondern der - im Rahmen von § 78 Abs. 3 AsylVfG nicht einschlägigen - Beweiswürdigung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn 1. das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2. bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes

Referenzen

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.