Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. März 2019 - 11 CS 19.57

bei uns veröffentlicht am19.03.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 10 S 18.2059, 02.01.2019

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. Januar 2019 wird in Nr. 1 und 2 aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr.

I. und II. des Bescheids des Landratsamts R. vom 18. Oktober 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von M. vom 15. Januar 2019 wird wiederhergestellt.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E und der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.

Im Rahmen eines Verfahrens zur Verlängerung der Fahrerlaubnis der Klassen C und CE wurde dem Landratsamt R. (im Folgenden: Landratsamt) bekannt, dass der Antragsteller an Diabetes mellitus Typ 1 leidet. Nach Aufforderung durch das Landratsamt legte der Antragsteller ein ärztliches Attest der ihn behandelnden Ärzte vom 7. März 2018 vor, wonach Hypoglykämien nur bei schwerer Arbeit aufträten. Der HbA1c-Wert liege mit 8,7% nicht im Zielbereich.

Daraufhin forderte ihn das Landratsamt auf, ein Gutachten eines Arztes einer Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines Facharztes für Innere Medizin und/oder Diabetologie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation vorzulegen. Das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten der TÜV SÜD L. Service GmbH vom 24. August 2018 (Absendedatum) kommt zu dem Ergebnis, der Antragsteller sei trotz Vorliegens einer Erkrankung nach Nr. 5.4 der Anlage 4 zur FeV zwar (unter Auflagen) in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Fahrerlaubnisgruppe 1 gerecht zu werden. Aufgrund der instabilen Stoffwechsellage gelte dies jedoch nicht für Fahrzeuge der Fahrerlaubnisgruppe 2. Eine ausreichende Adhärenz liege nicht vor. Der Antragsteller habe angegeben, vor vier Jahren bei schwerer körperlicher Arbeit eine schwerere Hypoglykämie erlebt zu haben. Er habe sich jedoch selbst versorgen können. Einmal monatlich erfahre er leichte Hypoglykämien und interveniere dann sofort. Er spritze sich Insulin zumeist nach dem Essen. 2017 hätten die HbA1c-Werte durchgängig oberhalb des therapeutischen Zielbereichs gelegen. Angesichts der berichteten Gewohnheit, Insulin erst nach der Nahrungsaufnahme zu spritzen, der Nichteinnahme des ärztlich verordneten Lipidsenkers und des durchgängig über dem therapeutischen Zielbereich liegenden Langzeitblutzuckerwerts sei aktuell nicht von einer ausreichenden Compliance und daher von fehlender Fahreignung für Gruppe 2 auszugehen.

Nachdem das Landratsamt dem Antragsteller zunächst die Möglichkeit eingeräumt hatte, ein weiteres Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation erstellen zu lassen, er jedoch innerhalb der hierfür gesetzten Frist keinen Gutachter benannt hat, entzog ihm das Landratsamt mit Bescheid vom 18. Oktober 2018 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E und verpflichtete ihn zur Abgabe des Führerscheins. Die Nichteignung des Antragstellers stehe aufgrund des vorgelegten Gutachtens fest.

Den gegen diesen Bescheid eingereichten Widerspruch hat die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2019 zurückgewiesen. Über die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Ansbach noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. Januar 2019 abgelehnt. Die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen der Fahrerlaubnisgruppe 2 ergebe sich aus dem ärztlichen Gutachtens vom 24. August 2018. Das Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar und begegne keinen inhaltlichen Bedenken. Personen mit hohem Hypoglykämierisiko, die auf Insulingaben angewiesen seien, wären erst nach Einstellung, d.h. stabiler Stoffwechselführung über drei Monate und entsprechender Schulung, wieder zum Führen von Fahrzeugen der Fahrerlaubnisgruppe 2 geeignet.

Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, lässt der Antragsteller unter Vorlage eines ärztlichen Attests vom 5. Februar 2019 ausführen, er habe zu keiner Zeit irgendein Problem im Straßenverkehr gehabt. Von ihm gehe auch keinerlei Gefährdung aus. Die Qualifikation der untersuchenden Ärztin des TÜV werde bezweifelt. Hypoglykämien würden nur bei schwerer Arbeit auftreten. Hierzu zählte jedoch das Fahren eines LKWs nicht. Im Übrigen liege die letzte schwere Hypoglykämie bereits fünf Jahre zurück. Er sei seit Jahren in ärztlicher Behandlung bei Spezialisten, auf seine Stoffwechselerkrankung eingestellt und im Umgang mit der Krankheit vertraut. Hypoglykämien und eine schwere Unterzuckerung seien in den letzten 12 Monaten nicht aufgetreten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Der Senat geht - wie zuletzt die Beteiligten selbst (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 28.2.2019 und der Landesanwaltschaft Bayern vom 7.3.2019) - davon aus, dass der Antragsteller (entgegen der ersten Auskunft des Verwaltungsgerichts vom 20.2.2019 gegenüber der Regierung von Mittelfranken) vor Ablauf der Monatsfrist seit der Zustellung des Widerspruchsbescheids Klage erhoben hat und dass der Bescheid des Landratsamts vom 18. Oktober 2018 daher nicht bestandskräftig geworden ist. Des Weiteren legt der Senat den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 4. Februar 2019, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen, im Interesse des Antragstellers dahingehend aus, dass dieser nach Zurückweisung des Widerspruchs die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der am 18. Februar 2019 eingelegten Klage (Az. AN 10 K 19.00326) begehrt.

2. Der so verstandene Antrag hat in der Sache Erfolg. Dem vorgelegten Gutachten der Begutachtungsstelle für Fahreignung TÜV SÜD L. Service GmbH vom 24. August 2018, auf das sich der Antragsgegner stützt, kann nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, dass der Antragsteller ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ist.

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S. 566), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV). Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 FeV).

b) Der Antragsteller leidet seit vielen Jahren an Diabetes mellitus Typ 1 und spritzt deshalb täglich Insulin. Bei medikamentöser Therapie mit hohem Hypoglykämierisiko (z.B. Insulin) setzt die Fahreignung für Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 (Fahrerlaubnisklassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF) nach Nr. 5.4 der Anlage 4 zur FeV eine gute Stoffwechselführung ohne schwere Unterzuckerung über drei Monate und eine ungestörte Hypoglykämiewahrnehmung voraus.

aa) Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind nach Anlage 4a zur FeV die Begutachtungs-Leitlinien für Kraftfahreignung vom 27. Januar 2014 (VkBl. S. 110) in der Fassung vom 15. September 2017 (VkBl. S. 884). Die Untersuchung ist anlassbezogen und unter Verwendung der von der Fahrerlaubnisbehörde zugesandten Unterlagen über den Betroffenen vorzunehmen. Der Gutachter hat sich an die durch die Fahrerlaubnisbehörde vorgegebene Fragestellung zu halten (Nr. 1 Buchst. a der Anlage 4a zur FeV). Das Gutachten muss in allgemeinverständlicher Sprache abgefasst sowie nachvollziehbar und nachprüfbar sein. Die Nachvollziehbarkeit betrifft die logische Ordnung (Schlüssigkeit) des Gutachtens. Sie erfordert die Wiedergabe aller wesentlichen Befunde und die Darstellung der zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen. Die Nachprüfbarkeit betrifft die Wissenschaftlichkeit der Begutachtung. Sie erfordert, dass die Untersuchungsverfahren, die zu den Befunden geführt haben, angegeben und, soweit die Schlussfolgerungen auf Forschungsergebnisse gestützt sind, die Quellen genannt werden (Nr. 2 Buchst. a der Anlage 4a zur FeV).

bb) Diesen Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit wird das vorgelegte Gutachten vom 24. August 2018, soweit es von einer Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ausgeht, nicht gerecht.

(1) Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann allerdings der Gutachterin die erforderliche Qualifikation zur Erstellung des Gutachtens nicht von vornherein abgesprochen werden.

Richtig ist zwar, dass die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sowohl in ihrer bis einschließlich 23. Mai 2018 als auch in ihrer ab 24. Mai 2018 geltenden Fassung für die Gruppe 2 bei Therapie mit höherem Hypoglykämierisiko grundsätzlich eine fachärztliche Begutachtung durch einen Facharzt für Innere Medizin und/oder Diabetologen (Fassung bis 23.5.2018) bzw. durch einen Facharzt mit nachgewiesener diabetologischer Qualifikation, in der Regel Facharzt für Allgemeinmedizin oder Innere Medizin (Fassung ab 24.5.2018), vorsehen. Ob die Verfasserin des Gutachtens vom 24. August 2018, die als Ärztin und Diplom-Psychologin sowie Gutachterin für Verkehrsmedizin ausgewiesen ist, diese Qualifikation besitzt, erscheint fraglich, kann jedoch dahinstehen. Zum einen handelt es sich bei der Regelung zur Qualifikation in den Begutachtungsleitlinien nur um eine Empfehlung, von der daher in begründeten Fällen abgewichen werden kann. Zum anderen hat das Landratsamt dem Antragsteller in seiner Gutachtensanordnung vom 23. Mai 2018 ausdrücklich freigestellt, entweder das Gutachten eines Arztes einer Begutachtungsstelle für Fahreignung oder das Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin und/oder Diabetologie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation beizubringen. Der Antragsteller hat eine Begutachtungsstelle für Fahreignung beauftragt. Grundsätzlich müssen auch die Ärzte einer solchen Begutachtungsstelle zu einer Einschätzung der in Anlage 4 zur FeV aufgeführten Krankheiten und Mängel in der Lage sein (vgl. zu den Anforderungen an den medizinischen Gutachter: Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a der Anlage 14 zur FeV). Sollte der beauftragte Gutachter hierzu nicht ausreichend qualifiziert sein, müsste er den Auftraggeber oder die Fahrerlaubnisbehörde darauf hinweisen und die Erstellung des Gutachtens ablehnen.

(2) Des Weiteren setzt die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zur Abklärung von Fahreignungsmängeln bei Diabetes mellitus, anders als der Antragsteller offenbar meint, auch nicht zwingend voraus, dass der Betreffende bereits im Straßenverkehr aufgefallen ist. Vielmehr kann in begründeten Fällen bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte für einen Mangel auch ohne solche Auffälligkeiten die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werden (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV).

(3) Allerdings ist das vorgelegte Gutachten vom 24. August 2018 insoweit nicht nachvollziehbar, als es zu dem Ergebnis kommt, der Antragsteller werde „aufgrund der instabilen Stoffwechsellage“ den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht gerecht.

Nr. 5.4 der Anlage 4 zur FeV setzt für die Fahreignung für Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 bei medikamentöser Therapie mit hohem Hypoglykämierisiko (z.B. Insulin), also auch beim Antragsteller, eine gute Stoffwechselführung ohne schwere Unterzuckerung über drei Monate und ungestörte Hypoglykämiewahrnehmung voraus. Aus welchen Gründen die Gutachterin beim Antragsteller von einer instabilen Stoffwechsellage ausgeht, wird im Gutachten nicht näher ausgeführt. Die angenommenen Eignungsmängel des Antragstellers begründet die Gutachterin mit dessen Gewohnheit, Insulin erst nach der Nahrungsaufnahme zu spritzen, mit der Nichteinnahme des ärztlich verordneten Lipidsenkers und mit dem durchgängig über dem therapeutischen Zielbereich (bis 7,5%) liegenden Langzeitblutzuckerwert HbA1c.

Was unter einer „guten Stoffwechselführung“ zu verstehen ist, wird weder in der Anlage 4 zur FeV noch in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung erläutert. Sowohl in der früheren, bis 23. Mai 2018 geltenden Fassung der Begutachtungsleitlinien als auch in der ab 24. Mai 2018 geltenden Fassung heißt es in den Leitsätzen in Nr. 3.5 zur Kraftfahreignung bei Diabetes mellitus zunächst, gut eingestellte und geschulte Menschen mit Diabetes könnten Fahrzeuge beider Gruppen sicher führen. Die Gefährdung der Verkehrssicherheit gehe in erster Linie vom Auftreten einer Hypoglykämie mit Kontrollverlust, Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsstörungen aus. Eine ungestörte Hypoglykämiewahrnehmung sei daher Voraussetzung für die Fahreignung. Etwas abweichend von der früheren Fassung heißt es hierzu in der ab 24. Mai 2018 geltenden Fassung, wer nach einer Stoffwechseldekompensation erstmals oder wer neu eingestellt werde, dürfe kein Fahrzeug führen, bis die Einstellphase nach ärztlicher Einschätzung durch Erreichen einer ausgeglichenen Stoffwechsellage (insbesondere bezüglich der Normalisierung des Sehvermögens sowie der Wahrnehmung von Hypoglykämien) abgeschlossen sei. Weiter heißt es in beiden Fassungen, für das Führen von Fahrzeugen der Gruppe 2 sei grundsätzlich eine stabile Stoffwechselführung über drei Monate nachzuweisen.

Nähere Erläuterungen dazu, was unter einer stabilen Stoffwechselführung zu verstehen ist, finden sich in der S2e-Leitlinie ‚Diabetes und Straßenverkehr‘ der Deutschen Diabetes Gesellschaft, 1. Auflage 2017 (veröffentlicht auf der Homepage der Deutschen Diabetes Gesellschaft - DDG). Danach kommt es für eine „gute oder stabile Stoffwechseleinstellung“ zur Gewährleistung der Fahrsicherheit in erster Linie auf die Vermeidung starker Stoffwechselschwankungen und Hypoglykämien an und nicht auf die Erreichung eines festen HbA1c-Zielwerts (S2e-Leitlinie S. 63). Nach der S3-Leitlinie ‚Therapie des Typ-1-Diabetes‘ der Deutschen Diabetes Gesellschaft, 2. Auflage 2018 (ebenfalls veröffentlicht auf der Homepage der DDG) ist der HbA1c-Wert als Parameter für den Langzeit-Blutzucker in seiner Aussage bezüglich der glykämischen Stoffwechsellage begrenzt, da er auftretende Blutglukoseschwankungen und klinisch relevante Hypo- oder Hyperglykämien nicht abbilde (S3-Leitlinie S. 72). Die Anzahl von Hypoglykämien korreliert nach den DDG-Leitlinien eher mit einem niedrigen HbA1c, wobei allerdings festzuhalten sei, dass auch ein hoher HbA1c-Wert Hypoglykämien nicht zwangsläufig ausschließe (S3-Leitlinie S. 12). In einer Studie habe sich gezeigt, dass die Senkung des HbA1c-Werts zwar das Risiko für diabetesbedingte Folgekomplikationen reduziere, aber gleichzeitig die Gefahr erhöhe, schwere Hypoglykämien zu erleiden (S3-Leitlinie S. 15). Je niedriger der anvisierte Blutglukosebereich sei, desto häufiger träten Hypoglykämien auf. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes seien Hypoglykämien stets die Folge einer absoluten oder relativen Insulinüberdosierung (S3-Leitlinie S. 63). Es müsse daher sehr genau abgewogen werden, ob die Therapierisiken (insbesondere schwere Hypoglykämien) ein strenges HbA1c-Ziel rechtfertigen würden (S3-Leitlinie S. 16).

Hiervon ausgehend erscheint es ohne weitere Erläuterungen nicht plausibel, bei einer insulinpflichtigen Diabeteserkrankung allein von einem höheren, außerhalb des Zielbereichs liegenden HbA1c-Wert auf eine instabile Stoffwechsellage zu schließen (vgl. auch BayVGH, U.v. 15.2.2019 - 11 BV 18.2403 - juris Rn. 34). Auch sonst begründet eine Überschreitung des HbA1c-Zielbereichs, jedenfalls solange keine Folgeschäden der Diabetes auftreten, nicht ohne Weiteres die fahrerlaubnisrechtlich relevante Befürchtung des Auftretens von Hypoglykämien während der Fahrt. Ein hoher HbA1c-Wert kann nach den Ausführungen in den DDG-Leitlinien zwar langfristig Folgeschäden verursachen, die durch eine höhere Dosierung von Insulin zur Senkung des Blutzuckerspiegels vermieden oder verzögert werden können. Allerdings steigt durch eine höhere Insulindosierung das Risiko von Hypoglykämien und damit einhergehenden Wahrnehmungsstörungen (Nr. 3.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Fassung ab 24.5.2018, S. 33). Das Therapieziel eines langfristig niedrigeren HbA1c-Werts kann sich daher für die Fahreignung des Betreffenden negativ auswirken, wenn es sich nur durch eine höhere Insulinzufuhr erreichen lässt.

Mit diesen wissenschaftlich fundierten Befunden der DDG-Leitlinien setzt sich das Gutachten nicht auseinander. Das wäre jedoch für die Nachvollziehbarkeit der angenommenen Fahrungeeignetheit aufgrund einer offenbar aus dem HbA1c-Wert hergeleiteten instabilen Stoffwechsellage erforderlich gewesen, zumal die Gutachterin ausdrücklich konstatiert, dass der Antragsteller über eine ausreichende Blutzuckerwahrnehmung verfügt und die Risikofaktoren und Notfallmaßnahmen für Stoffwechselentgleisungen kennt. Inwieweit sich die „Gewohnheit“ des Antragstellers, Insulin erst nach der Nahrungsaufnahme zu spritzen, für die Fahreignung negativ auswirkt, wird im Gutachten ebenso wenig erläutert wie die Relevanz der (vom Antragsteller im Übrigen bestrittenen) Nichteinnahme des ärztlich verordneten Lipidsenkers. Auf eine von den DDG-Leitlinien abweichende Bewertung des HbA1c-Werts lässt auch die gutachterliche Einschätzung schließen, die Fahreignung für Fahrzeuge der Gruppe 1 entfalle, falls sich der HbA1c-Wert der Quartalsuntersuchungen in mehr als einem von vier Fällen oberhalb des therapeutischen Zielbereichs von 7,5% befinde (S. 11 des Gutachtens).

Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, dass die Schlussfolgerung der Gutachterin, der Antragsteller sei für Fahrzeuge der Gruppe 2 fahrungeeignet, sich nicht hinreichend schlüssig aus dem Gutachten ergibt.

(4) Lediglich ergänzend und ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, weist der Senat darauf hin, dass auch die Vorgehensweise der Begutachtungsstelle, ohne ausdrückliche Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde und über deren Fragestellung hinausgehend eine psychologische Zusatzuntersuchung zur Abklärung des psychophysischen Leistungsvermögens des Antragstellers eigenmächtig durchzuführen und nicht nur zu empfehlen, den Grundsätzen für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten (§ 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a Nr. 1 Buchst a) widerspricht. Das Landratsamt hat die Durchführung einer solchen Zusatzuntersuchung im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2017 - 11 CS 17.312 - juris Rn. 33) in seiner Beibringungsanordnung vom 23. Mai 2018 ausdrücklich vom Ergebnis des Gutachtens abhängig gemacht.

3. Die Interessenabwägung ergibt, dass es vertretbar erscheint, den Antragsteller zunächst weiterhin auch mit Fahrzeugen der Gruppe 2 am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Er ist bisher weder krankheitsbedingt negativ im Straßenverkehr auffällig geworden noch ist ersichtlich, dass die in Nr. 3.5 der Begutachtungsleitlinien in der ab 24. Mai 2018 geltenden Fassung für die positive Feststellung der Fahreignung genannten Voraussetzungen (keine wiederholte schwere Hypoglykämie in den letzten zwölf Monaten, ungestörte Hypoglykämiewahrnehmung, regelmäßige Glukoseselbstkontrollen durch den Fahrzeugführer und Verständnis der mit Hypoglykämie verbundenen Risiken, keine anderen Komplikationen der Zuckerkrankheit, Therapieregime, Einstellung und Fahrzeugnutzung stehen der Fahreignung nicht entgegen) nicht erfüllt wären.

4. Der Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Für das weitere Vorgehen weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller trotz der gutachterlichen Mängel weiterhin verpflichtet ist, an der Klärung der Frage mitzuwirken, ob und ggf. wie sich seine Erkrankung auf seine Fahreignung auswirkt (zur Notwendigkeit der Beibringung eines Fahreignungsgutachtens bei Diabetes mellitus vgl. grdsl. BayVGH, B.v. 3.5.2017 - 11 CS 17.312 - juris Rn. 16-23). Die Zweifel sind auch durch das im Beschwerdeverfahren vorgelegte Attest vom 5. Februar 2019, das nur einen Behandlungszeitraum bis 25. September 2018 abdeckt, nicht ausgeräumt. Zur weiteren Abklärung käme in erster Linie die in den Begutachtungsleitlinien vorgesehene und zwischen den Beteiligten bereits vereinbarte Einholung des Gutachtens eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV) in Betracht, wobei die Fragestellung anlassbezogen sein muss (§ 11 Abs. 6 Satz 1 FeV). Entsprechend qualifizierte Diabetologen, auch in der Nähe des Wohnorts des Antragstellers, sind über die Homepage der Deutschen Diabetes Gesellschaft (Arztsuche) zu finden.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, Anh. § 164 Rn. 14).

6. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

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für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, BE, C1, C1E, L, M, S und T, die Pflicht zur Vorlage seines Führerscheins sowie die Pflicht zur Tragung der Kosten des Entziehungsbescheids rechtswidrig gewesen seien.

Er leidet seit Beginn der 90er-Jahre an einer insulinpflichtigen Diabeteserkrankung. Am 18. April 2008 verzichtete er deshalb auf die Fahrerlaubnis der Klassen C und CE. Mit verkehrsmedizinischem Gutachten vom 5. September 2012 stellte die Internistin Dr. M … fest, der Kläger zeige eine gute Compliance, er habe eine Gewichtsreduktion und eine Verbesserung des HbA1c-Werts erreicht und Hypoglykämien seien nicht aufgetreten. Der Kläger sei daher in der Lage, Kraftfahrzeuge der Klassen A1, B, BE, C1, C1E, M, L und S zu führen. Da es sich bei den Klassen C1 und C1E um Fahrzeuge der Gruppe 2 handele, solle der Kläger vierteljährlich die aktuellen HbA1c-Werte bei der Fahrerlaubnisbehörde vorlegen. Es sollten eine ständige weitere diabetologische Mitbehandlung und halbjährliche augenärztliche Kontrollen erfolgen. Eine verkehrsmedizinische Nachbegutachtung werde jährlich empfohlen.

Der Kläger legte daraufhin regelmäßig Laborbefunde vor. Am 4. Februar 2013 betrug der HbA1c-Wert 8,2%, am 5. Dezember 2013 8,4%, am 26. Mai 2014 7,6%, am 27. November 2014 7,8% und am 11. Dezember 2015 8,4%.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2016 forderte das Landratsamt Kulmbach (im Folgenden: Landratsamt) den Kläger auf, bis 25. März 2016 ein ärztliches Gutachten eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV i.V.m. Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV beizubringen. Es sei zu klären, ob er trotz des Vorliegens einer Erkrankung (Diabetes), die nach Anlage 4 zur FeV die Fahreignung in Frage stelle, in der Lage sei, den Anforderungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 gerecht zu werden. Da der HbA1c-Wert über acht liege, könne nicht von einer stabilen Stoffwechsellage ausgegangen werden. Es sei deshalb die Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens erforderlich. Bei anhaltender Hyperglykämie könne eine Minderung der Aufmerksamkeit und des Konzentrations- und Reaktionsvermögens auftreten. In diesen Fällen sei eine fachärztliche Einzelfallbeurteilung angezeigt. Der Kläger sandte die Mitteilung der gewählten Begutachtungsstelle für Fahreignung am 27. Januar 2016 zurück. Darauf ist ein Vermerk „nur Facharztgutachten“ angebracht, der wohl von der Fahrerlaubnisbehörde stammt.

Der Kläger legte bis 25. März 2016 kein Gutachten vor. Er teilte mit, er halte eine fachärztliche Begutachtung für geboten. Eine Begutachtung durch einen Arzt einer Begutachtungsstelle sei nicht geeignet, da für die komplexe Beurteilung einer Diabeteserkrankung fachspezifische internistische Kenntnisse erforderlich seien. Nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung solle eine Begutachtung durch einen Facharzt für Innere Medizin oder einen Diabetologen erfolgen. Nach jüngster Empfehlung der Deutschen Diabetesgesellschaft habe sich die Handhabung im Hinblick auf eine starre Fixierung bestimmter Normwerte für den HbA1c-Wert geändert. Es gelte zwar weiterhin der Zielbereich von 7,0 bis 8,0%. Inwieweit die geringfügige Überschreitung seine Fahreignung beeinträchtige, könne aber nur durch ein fachmedizinisches Gutachten geklärt werden. Es werde darum gebeten, die Vorlage eines entsprechenden fachärztlichen Gutachtens durch einen diabetologischen Verkehrsmediziner zu ermöglichen und die Frist zu verlängern.

Mit Schreiben vom 12. April 2016 hörte das Landratsamt den Kläger zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Daraufhin legte der Kläger mit Schreiben vom 22. April 2016 ein Attest seines Hausarztes Dr. S … vom 15. April 2016 vor. Dem Attest ist zu entnehmen, dass eine erhöhte HbA1c-Konzentration ein Warnzeichen für langfristig drohende krankhafte Veränderungen der Blutgefäße sei. Ein mäßig erhöhter HbA1c-Wert, wie er beim Kläger vorliege, habe aber keinerlei Einfluss auf die aktuelle Bewusstseinslage. Hinweise auf zu niedrige Blutzuckerkonzentrationen und entsprechende Befindlichkeitsstörungen oder eine gestörte Hypoglykämiewahrnehmung bestünden nicht. Wegen leicht erhöhter HbA1c-Werte die Fahreignung abzusprechen, sei nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus legte der Kläger Unterlagen über die psychologische Zusatzuntersuchung im Rahmen eines ärztlichen Gutachtens der TÜV SÜD Life Service GmbH vom 4. April 2016 vor. Die Überprüfung der Leistungsfähigkeit ergab keine verkehrsbedeutsamen Beeinträchtigungen.

Mit Bescheid vom 27. Juni 2016 entzog das Landratsamt dem Kläger die Fahrerlaubnis aller Klassen, ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Abgabe des Führerscheins innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehbarkeit an. Der Kläger habe das zu Recht geforderte ärztliche Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt. Nach § 11 Abs. 8 FeV könne daher auf seine Ungeeignetheit geschlossen werden. Am 4. Juli 2016 gab der Kläger seinen Führerschein ab. Gegen den Bescheid vom 27. Juni 2016 erhob er Klage.

Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 4. August 2016 abgelehnt. Die Klage werde voraussichtlich erfolglos bleiben. Die Gutachtensanordnung sei ermessensgerecht und nicht zu beanstanden, denn auch ein Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung sei geeignet, die im Raum stehenden Fragen zu beantworten. Zwar werde in den Begutachtungs-Leitlinien die Beibringung eines Gutachtens eines Facharztes für Innere Medizin und/oder Diabetologen empfohlen. Dies sei aber nur eine Empfehlung und keine zwingend zu beachtende Vorgabe. Es gehe nicht darum, ob eine Grunderkrankung vorliege, sondern ob sich aus der unstreitigen Erkrankung fahreignungsrelevante Auswirkungen ergäben. Das Gutachten sei nicht rechtzeitig vorgelegt worden. Darüber hinaus sei das im Gerichtsverfahren vorgelegte Gutachten der TÜV SÜD Life Service GmbH vom 4. April 2016 schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger sei fahrungeeignet.

Das Beschwerdeverfahren hat der Senat mit Beschluss vom 3. Januar 2017 (Az.: 11 CS 16.1717) aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt und dem Antragsgegner die Kosten auferlegt. Aufgrund eines richterlichen Hinweises hatte der Beklagte dem Kläger ermöglicht, ein Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Zusatzqualifikation einzuholen, das positiv ausgefallen ist. Das Landratsamt hob daraufhin den Bescheid vom 27. Juni 2016 mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 mit Wirkung für die Zukunft auf und händigte dem Kläger seinen Führerschein am 20. Dezember 2016 wieder aus.

Mit Schreiben vom 2. Januar 2017 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2016 ein, soweit die Aufhebung des Bescheids vom 27. Juni 2016 lediglich für die Zukunft erfolgt ist. Eine Entscheidung über den Widerspruch ist nach Aktenlage bisher nicht ergangen.

Der Kläger stellte seine Klage mit Schriftsatz vom 2. Januar 2017 um und beantragte, die Rechtswidrigkeit des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids vom 27. Juni 2016 hinsichtlich dessen Ziffern 1, 2, 5 und 6 festzustellen. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig gewesen. Es hätte die Vorlage eines Gutachtens eines Facharztes für innere Medizin und Diabetologie angeordnet werden müssen. Das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Belastung mit Kosten sowie im Hinblick auf Amtshaftungsansprüche aus § 839 BGB für den Zeitraum der Fahrerlaubnisentziehung.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2017 verlangte der Kläger von der TÜV SÜD Life Service GmbH den bezahlten Betrag in Höhe von 561 Euro zurück, da das erstellte Gutachten mangelhaft gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2017 führte der Kläger vor dem Verwaltungsgericht aus, er werde jedenfalls die Kosten des Gutachtens des TÜV als Amtshaftungsanspruch geltend machen.

Einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 16. Februar 2018, mit dem der Beklagte sich verpflichtet hätte, die Kosten für die Erstellung des Gutachtens bei der TÜV Süd Life Service GmbH zu übernehmen, lehnte das Landratsamt ab.

Eine Nachfrage des Verwaltungsgerichts bei der TÜV SÜD Life Service GmbH im Juli 2018 ergab, dass die für eine Begutachtungsstelle tätigen Ärzte regelmäßig keine Facharztausbildung hätten. In Bayreuth sei kein Diabetologe oder Internist tätig. Werde von einer Begutachtungsstelle wirklich ein Gutachten eines Facharztes verlangt, denn müsse dieser Gutachtensauftrag wohl abgelehnt werden.

Mit Urteil vom 25. September 2018 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Hinsichtlich der Ziffern 5 und 6 des Bescheids würde eine sachgerechte Auslegung des Klagebegehrens wohl dazu führen, dass eine Anfechtungsklage gegen die nach wie vor wirksame Kostenentscheidung statthaft wäre. Da hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 des Bescheids eine Enthaftung des Beklagten aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 4. August 2016 nicht möglich sein dürfte, aber der streitgegenständliche Bescheid sich als rechtmäßig erweise, könne offen bleiben, ob die Fortsetzungsfeststellungsklage diesbezüglich zulässig sei.

Die Gutachtensanordnung sei hinreichend bestimmt, denn sowohl der Kläger als auch das Landratsamt seien davon ausgegangen, dass die Vorlage eines „einfachen“ ärztlichen Gutachtens eines Arztes einer anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung verlangt worden sei. Die sprachliche Ungereimtheit der Aufforderung sei daher unbeachtlich. In den Begutachtungsstellen seien regelmäßig keine Fachärzte tätig. Der Kläger habe später angeboten, ein weiteres Gutachten eines Facharztes beizubringen. Dies zeige, dass ihm bewusst gewesen sei, dass nur ein einfaches ärztliches Gutachten verlangt worden sei. Die Anordnung eines solchen Gutachtens sei auch nicht zu beanstanden. Unabhängig von der Frage, ob Nr. 5.3 und 5.4 der Anlage 4 zur FeV und die Begutachtungsleitlinien der Bundesanstalt für Straßenwesen für den Fall einer Erkrankung an Diabetes mellitus die Begutachtung durch einen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation überhaupt verbindlich anordnen wollten und könnten, sei die Begutachtungsaufforderung jedenfalls auf Grund der damaligen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs als rechtmäßig anzusehen. Danach seien bei der Begutachtung durch Ärzte mit verkehrsmedizinischer Qualifikation erfahrungsgemäß Ungenauigkeiten festzustellen. Deshalb beschränke der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung den Kreis der Ärzte auf Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ärzte mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ und auf Ärzte in den Begutachtungsstellen für Fahreignung.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung, der der Beklagte entgegentritt. Es bestehe ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, da die Kollegialgerichts-Richtlinie dann nicht eingreife, wenn das Gericht für die Beurteilung des Falls wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen habe oder sich bereits in seinem rechtlichen Ausgangspunkt von einer rechtlich verfehlten Betrachtungsweise nicht habe frei machen können. Dies sei hier der Fall, da das Verwaltungsgericht auch nicht ansatzweise geprüft habe, inwieweit bei der Ermessensausübung die Begutachtungsleitlinien zu berücksichtigen seien. Darüber hinaus bestehe auch eine Wiederholungsgefahr. Aufgrund der dauerhaften Diabetes-Erkrankung sei zu besorgen, dass die Beklagte auch bei künftigen Zweifeln erneut eine Begutachtung durch einen Arzt einer Begutachtungsstelle anordne.

Im Übrigen sei die Untersuchungsanordnung nicht hinreichend bestimmt gewesen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei der Kläger noch nicht anwaltlich vertreten gewesen und habe keine Kenntnis von der tatsächlichen Ausstattung amtlich anerkannter Begutachtungsstellen mit Fachärzten gehabt. Er sei daher davon ausgegangen, dass dort ein für seine Grunderkrankung zuständiger Facharzt für Innere Medizin oder Diabetologie vorhanden sein werde.

Die Anordnung sei auch ermessensfehlerhaft, da nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung ein fachärztliches Gutachten zu fordern sei und auch bei den vorgängigen Eignungsüberprüfungen in den Jahren 2008 und 2012 jeweils die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation und der Gebietsbezeichnung „Internist“ gefordert worden sei. Schon in Nr. 5.3 und 5.4 der Anlage 4 zur FeV werde ausdrücklich eine fachärztliche Begutachtung als Auflage genannt. Dabei müsse der Facharzt korrekt benannt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 25. September 2018 aufzuheben und die Rechtswidrigkeit des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids des Beklagten vom 27. Juni 2016 in Ziffer 1, 2, 5 und 6 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Selbst wenn die Berufung zulässig wäre, wäre sie unbegründet. Die Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens einer anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung sei rechtmäßig gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Der Senat konnte nach § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 29. Januar 2019 und 5. Februar 2019 ihr Einverständnis damit erklärt haben.

Die Berufung ist unbegründet, weil sich das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als richtig erweist. Die Streitsache hat sich mit der Aufhebung des Bescheids vom 27. Juni 2016 durch Bescheid vom 15. Dezember 2016 erledigt und die Anfechtungsklage ist dadurch unzulässig geworden. Dem Kläger steht nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch kein berechtigtes Interesse an der Feststellung zu, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins sowie zur Tragung der Bescheidskosten rechtswidrig gewesen sind.

I. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist mangels Feststellungsinteresses unzulässig, denn dem Kläger steht weder ein Präjudizinteresse zur Seite noch besteht eine Wiederholungsgefahr.

1. Ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO besteht als Präjudizinteresse, wenn die Feststellung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB erheblich ist, ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offensichtlich aussichtslos erscheint (Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 113 Rn. 129; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 116). Im vorliegenden Fall schuldet der Beklagte jedoch offensichtlich keinen Schadensersatz.

Ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung setzt ein Verschulden voraus und ein Amtshaftungsprozess ist offensichtlich aussichtslos, wenn ein dem Dienstherrn zurechenbares Verschulden des handelnden Bediensteten ausscheidet (Schübel-Pfister a.a.O. Rn. 117). Ein Verschulden liegt dabei regelmäßig nicht vor, wenn ein Kollegialgericht in seinem Urteil den Verwaltungsakt als rechtmäßig angesehen hat (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 15.2.2016 - 6 PKH 1.16 - juris Rn. 7; Riese a.a.O. Rn. 134). Dabei brauchen auch Kollegialentscheidungen in vorläufigen Rechtsschutzverfahren jedenfalls dann nicht außer Betracht zu bleiben, wenn sie inhaltlich eine Würdigung der Rechtslage enthalten, die den Schluss auf die Vertretbarkeit des Verwaltungshandelns rechtfertigt (BVerwG, B.v. 23.3.1993 - 2 B 28/93 - juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 26.6.2015 - 11 BV 15.487 - juris Rn. 25; B.v. 30.9.2014 - 11 ZB 14.856 - juris Rn. 14 ff. m.w.N.). Nach allgemeiner Meinung sind entscheidungserhebliche Rechtsfragen grundsätzlich auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu beantworten (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 102; Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 80 Rn. 101).

Hier hat das Verwaltungsgericht Bayreuth im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO als Kollegialgericht nach ausführlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage und unter Würdigung der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Begutachtungsleitlinien - Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, gültig ab 1.5.2014) angenommen, die Entziehung der Fahrerlaubnis sei rechtmäßig gewesen. Dabei hat das Verwaltungsgericht im Eilbeschluss vom 4. August 2016 (Az. B 1 S 16.514) zwar ausgeführt, nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids. Es hat aber weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht einen weiteren Klärungsbedarf aufgezeigt, sondern ist zum einen den Gründen des angefochtenen Bescheids gefolgt und hat zum anderen eine eigenständige rechtliche Prüfung durchgeführt. Es hat aufgrund der aktenkundigen und unstrittigen Vorgeschichte hinreichende Anhaltspunkte für eine die Fahreignung ausschließende Erkrankung gesehen und war der Auffassung, die Gutachtensanordnung habe den Vorgaben des § 11 Abs. 6 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl S. 1980), vor Bescheiderlass zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl I S. 1674), entsprochen. Dabei hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass die Begutachtungsleitlinien bei Vorliegen eines Diabetes mellitus ausführen, es solle die Beibringung eines Gutachtens eines Facharztes für Innere Medizin und/oder Diabetologie angeordnet werden. Es ist dabei rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich dabei nur um eine Empfehlung, aber nicht um eine zwingende Vorgabe handelt und das Landratsamt damit grundsätzlich auch eine andere Anordnung treffen konnte. Dass das Verwaltungsgericht dabei möglicherweise fehlerhaft davon ausgegangen ist, das Landratsamt habe bei Erlass der Gutachtensanordnung sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, führt nicht dazu, dass es wesentliche Punkte unberücksichtigt gelassen hätte oder von einer rechtlich völlig verfehlten Betrachtungsweise ausgegangen wäre. Würde man schon bei einfachen Rechtsfehlern davon ausgehen, dass eine gerichtliche Kollegialentscheidungen das Verschulden nicht entfallen lässt, dann wäre die sog. „Kollegialgerichtsrichtlinie“ nur sehr selten anwendbar. Sie gilt aber nur ausnahmsweise dann nicht, wenn das Gericht die Rechtslage trotz eindeutiger und klarer Vorschriften verkannt oder eine eindeutige Bestimmung handgreiflich falsch ausgelegt hat (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 113 Rn. 117; Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 134; BGH, U.v. 2.8.2018 - III ZR 466/16 - FamRZ 2018, 1708 Rn. 24). Bei der Frage, ob das Ermessen in der Gutachtensanordnung vom 25. Januar 2016 nach § 11 Abs. 2 FeV ordnungsgemäß ausgeübt worden ist, hat das Verwaltungsgericht aber nicht die Vorschriften verkannt oder falsch ausgelegt, sondern eine tatsächliche und rechtliche Bewertung getroffen. Ob diese zutreffend ist oder nicht, wofür vorliegend manches spricht, ist für die Prüfung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses ohne Bedeutung.

Darüber hinaus scheidet ein Schadensersatzanspruch bei einer Ermessensentscheidung wegen fehlender Kausalität aus, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schaden auch bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung eingetreten wäre (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 51; U.v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 49; U.v. 16.5.2013 - 8 C 35.12 - juris Rn. 41). Nachdem es für die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung nach § 11 Abs. 8 FeV darauf ankommt, ob die vorangegangene Gutachtensanordnung ihrerseits formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - NJW 2017, 1765 Rn. 19 m.w.N.), sind die Erwägungen zur Kausalität bei Ermessensentscheidungen auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Hier erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das Landratsamt die Beibringung eines Gutachtens eines Arztes einer Begutachtungsstelle bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung hätte rechtmäßig anordnen können. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der Formulierung in Nr. 3.5 der Begutachtungsleitlinien nur um eine Empfehlung, von der mit hinreichender Begründung auch abgewichen werden kann. Gerade im vorliegenden Fall, in dem das Vorliegen einer Diabetes-Erkrankung unstreitig ist und nur die Frage zu klären war, ob der erhöhte HbA1c-Wert die Fahreignung ausschließt, erscheint eine solche Vorgehensweise jedenfalls nicht ausgeschlossen. Die haftungsbegründende Kausalität einer rechtswidrigen Ermessensentscheidung fehlt aber schon dann, wenn die Entstehung des Schadens auch für den hypothetischen Fall fehlerfreier Ermessenausübung nicht ausgeschlossen werden kann; die rechtmäßige Schadensherbeiführung muss in diesem Fall also nur möglich gewesen sein (vgl. Deiseroth, jurisPR-BVerwG 11/2015 Anm. 4 m.w.N.). Im vorliegenden Fall erscheint es ohne weiteres möglich, dass auch bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung durch das Landratsamt ein mangelhaftes Gutachten erstellt worden wäre.

Im Übrigen kann offen bleiben, ob es auch deshalb an einem zurechenbaren Verschulden der handelnden Bediensteten fehlt, weil der erkennende Senat früher die Auffassung vertreten hat, Gutachten von Fachärzten mit verkehrsmedizinischer Zusatzqualifikation seien nicht hinreichend verlässlich und der Kreis der Ärzte, die ein Verfahrensbeteiligter mit der verkehrsmedizinischen Begutachtung betrauen dürfe, sei auf Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ärzte mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ und auf Ärzte in Begutachtungsstellen für Fahreignung beschränkt (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2012 - 11 CS 12.2276 - juris Rn. 11; B.v. 7.12.2006 - 11 CS 06.1350 - juris Rn. 36). Grundsätzlich hat der Amtsträger die Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zur Verfügung stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsmeinung zu bilden (Papier/Shirvani in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 839 Rn. 289; Wöstmann in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 839 Rn. 198). Die zwar objektiv unrichtige, aber nach sorgfältiger Prüfung vorgenommene Anwendung einer Vorschrift, deren Inhalt zweifelhaft sein kann und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, gereicht dem sachbearbeitenden Beamten nicht zum Verschulden (Wöstmann a.a.O.; Papier/Shirvani a.a.O.; vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2013 - 8 C 5.12 - NVwZ-RR 2014, 465 Rn. 31; U.v. 6.6.1962 - IV C 181.60 - BVerwGE 14, 222/231). Hier ist aber schon fraglich, ob die Bediensteten des Landratsamts die frühere Rechtsprechung des Senats kannten und sich darauf berufen wollten, denn der Begründung der Gutachtungsanordnung ist diesbezüglich nichts zu entnehmen. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass die frühere Rechtsprechung des Senats auf die Anordnung eines Gutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde anzuwenden ist, sondern in den genannten Entscheidungen des Senats wird davon ausgegangen, dass der Betroffene kein Gutachten bei Fachärzten mit Zusatzqualifikation beauftragen dürfe. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, denn nicht der Kläger als Betroffener hat entschieden, ein solches Gutachten erstellen zu lassen, sondern die Behörde hat das Gutachten angeordnet und kann bei ordnungsgemäßer Ausübung des Ermessens jeden der in § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV genannten Gutachter bestimmen.

Des Weiteren kann auch offen bleiben, ob ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist, weil ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten besteht. Hier kommt ein vom Kläger bereits geltend gemachter Schadensersatzanspruch gegen die TÜV SÜD Life Service GmbH in Betracht, denn das erstellte Gutachten setzt sich mit der Frage, ob die Überschreitung des empfohlenen HbA1c-Wertes beim Kläger zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt, nicht hinreichend auseinander. Es hätte zumindest unter Zugrundelegung der Nationalen VersorgungsLeitlinie „Therapie des Typ-2-Diabetes“ vom August 2013 (abrufbar unter www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de) einer medizinischen Beurteilung bedurft, welche gesundheitlichen Folgen eine Überschreitung des HbA1c-Wertes beim Kläger hat und ob sich diese Folgen unmittelbar auf die Fahreignung auswirken. Die bloße Feststellung, die teilweise eher geringfügige Überschreitung des Zielkorridors von 6,5 bis 7,5 Prozent führe zum Ausschluss der Fahreignung, genügt der notwendigen und auch vom Landratsamt in der Gutachtensanforderung verlangten Einzelfallbewertung nicht.

2. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse lässt sich auch nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu müssten die rechtlichen und tatsächlichen Umstände, die für den Erlass des Verwaltungsakts maßgeblich wären, im Wesentlichen unverändert geblieben sein (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 21; B.v. 4.12.2018 - 6 B 56.18 - BeckRS 2018, 37940 Rn. 10). Hat die Behörde die Rechtswidrigkeit eines von ihr erlassenen belastenden Verwaltungsakts erkannt, wird in der Regel kein wiederholter Erlass einer gleichartigen Verfügung drohen, sodass einer Wiederholungsgefahr nicht begegnet werden muss (BVerwG, B.v. 18.12.2014 - 8 B 47.14 - NVwZ 2015, 600 Rn. 13). Im vorliegenden Fall hat das Landratsamt den Bescheid vom 26. Juni 2016 aufgehoben. Der Aufhebungsbescheid vom 15. Dezember 2016 ist dahingehend auszulegen, dass damit die Entziehung der Fahrerlaubnis insgesamt aufgehoben worden ist, denn bei der Entziehung der Fahrerlaubnis handelt es sich nicht um einen Dauerverwaltungsakt, der nur für die Zukunft aufgehoben werden könnte, sondern nach § 3 Abs. 2 Satz 1 StVG erlischt die Fahrerlaubnis mit der Entziehung. Nachdem das Landratsamt den Entziehungsbescheid aufgehoben und dem Kläger den Führerschein wieder zurückgegeben hat, hat es auch zum Ausdruck gebracht, dass es keiner Neuerteilung bedurfte und damit die Rechtswirkung des Entziehungsbescheids vollständig entfallen sollte. Darüber hinaus hat das Landratsamt mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 auch eine Begutachtung durch einen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Zusatzqualifikation ermöglicht. Es ist daher nicht zu erwarten, dass in Zukunft eine solche Möglichkeit nicht in die Ermessenserwägungen einfließen wird.

3. Es besteht auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hinsichtlich der Kostenentscheidung im Bescheid vom 27. Juni 2016, die mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 nicht ausdrücklich aufgehoben worden ist. Zum einen hat der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2016 erhoben, über den nach Aktenlage noch nicht entschieden ist und kann damit ggf. noch erreichen, dass auch die Kostenentscheidung im Bescheid vom 27. Juni 2016 aufgehoben wird, da die Aufhebung der Fahrerlaubnisentziehung nur für die Zukunft nicht möglich ist. Zum anderen hat er ein Feststellungsinteresse ausschließlich bezogen auf die Kostenentscheidung nicht geltend gemacht und ein solches ist auch nicht ersichtlich.

II. Eine Anfechtungsklage gegen die Kostenlastentscheidung in Nummer 5 und die Festsetzung der Kostenhöhe in Nummer 6 des Bescheids vom 27. Juni 2016 hat der Kläger nicht weiter verfolgt, denn er beantragte zuletzt sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch im Berufungsverfahren die Feststellung, dass der Kostenausspruch im Bescheid vom 27. Juni 2016 rechtswidrig gewesen ist. Es kann daher offen bleiben, ob - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - eine isolierte Anfechtungsklage gegen die Kostenentscheidung im Bescheid bei einer Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungklage überhaupt zulässig wäre.

III. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 19. Januar 2017 wird in Nr. I abgeändert. Der Antrag wird insgesamt abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts der Antragsteller.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1945 geborene Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1, B und C (einschließlich Unterklassen).

Er beantragte bei der Fahrerlaubnisbehörde am 4. Januar 2016 die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis u.a. der Klasse CE und legte hierfür eine Bescheinigung über eine ärztliche Augenuntersuchung vom 30. Dezember 2015, die ausreichendes Sehvermögen bestätigt, sowie den Untersuchungsbericht des betriebs- und verkehrsmedizinischen Zentrums BDF Dr. H … vom 30. Dezember 2015 vor. Darin ist u.a. unter der Überschrift „Eine weitergehende Untersuchung wegen …“ vermerkt: „Diabetes mell.“ (d.h. Diabetes mellitus).

Das nahm die Behörde zum Anlass, vom Antragsteller ohne vorherige Anhörung mit Verfügung vom 26. Januar 2016 die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu fordern, das bis zum 26. März 2016 (später verlängert bis 26. April 2016) vorzulegen sei. Mit diesem Gutachten solle u.a. geklärt werden, welcher Typ der Diabeteserkrankung vorliege (Frage Nr. 1), ob die Diabeteserkrankung behandlungsbedürftig sei und wenn ja, um welche Behandlungsmethode es sich handle (Nr. 2), ob eine ausgeglichene Stoffwechsellage ohne Gefahr von Hyperglykämie oder Hypoglykämie vorliege (Nr. 3) und ob krankheitsbedingte Komplikationen gegeben oder zu erwarten seien wie Retinopathia diabetika, Nephropathia diabetika, kardiale und zerebrale Angiopathien oder periphere Neuropathie. Außerdem wird in den insgesamt neun Fragen nicht nur eine Klärung der Fahreignung bezüglich Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, sondern auch der Gruppe 2 (Nr. 8) gefordert sowie nach der Notwendigkeit von Nachuntersuchungen gefragt.

Mit Schreiben vom 16. März 2016 hörte die Behörde den Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Nachdem am 29. März 2016 der vom Antragsteller unterzeichnete Gutachtensauftrag eingegangen war, übersandte die Behörde mit Schreiben vom 30. März 2016 die Akte an die benannte Begutachtungsstelle, von wo sie mit Schreiben vom 22. Juli 2016 wieder zurückgesandt wurde.

Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2016 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, es sei zu Differenzen seines Mandanten mit der Begutachtungsstelle gekommen. Da sich Forderungen nach einer Nachbesserung gegenüber Begutachtungsstellen regelmäßig als nutzlos erwiesen, um die Fahreignungszweifel auszuräumen, werde um die Beauftragung einer anderen Begutachtungsstelle gebeten. Mit Schriftsätzen vom 30. Juli und 24. August 2016 ergänzte er, dass der Antragsteller und dessen Ehefrau alles unternommen hätten, um die Zweifel auszuräumen und die verlangten Unterlagen vorzulegen. Die p … GmbH (im Folgenden: p) habe am 22. Juli 2016 das Gutachten erstellt, ohne darauf hinzuweisen, dass die nachgereichten Unterlagen nicht ausreichend seien.

Daraufhin entzog die Behörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 1. September 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids) und gab ihm auf, unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Tagen ab Zustellung des Bescheids, den Führerschein abzugeben (Nr. 2). Für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung unter Nr. 2 des Bescheids drohte ihm die Behörde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro an (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 4).

Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller am 6. Oktober 2016 Klage zum Verwaltungsgericht München erheben (Az. M 6 K 16.4525) verbunden mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Im Rahmen der gerichtlichen Verfahren legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers das Gutachten der p … vom 22. Juli 2016 vor, wonach der Antragsteller wegen einer Erkrankung (Diabetes mellitus), die nach Anlage 4 Nr. 5 der FeV die Fahreignung in Frage stelle, nicht in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 gerecht zu werden. Zwar liege ein mit Insulin behandelter, stabil eingestellter Diabetes mellitus vor. Folgeschäden wie „Retinopathie diabetika, kardiale Angiopathie“ hätten „nicht in den Untersuchungen der Augen, des EKG und Belastungs-EKG sowie der Ultraschalluntersuchung des Herzens ausgeschlossen werden“ können. Eine periphere Neuropathie könne nicht beurteilt werden. Hierzu seien vom Antragsteller keine Befunde nachgereicht worden. Es bestehe eine chronische Niereninsuffizienz im Sinne einer diabetischen Nephropathie. Außerdem sei der Antragsteller nicht ausreichend mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten müsse, vertraut. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Gutachten, dass die p … eine psychische Leistungstestung beim Antragsteller durchgeführt hat. Hyperglykämiebedingt könne die für die sichere Teilnahme am Verkehr unabdingbar notwendige Aufmerksamkeit wie das Konzentrations- und Reaktionsvermögen beeinträchtigt sein, sodass im Einzelfall die Kraftfahreignung eingeschränkt oder auch nicht mehr gegeben sein könne. Die Ergebnisse der Leistungstestung lägen unterhalb der für die Fahrerlaubnisklassen der Gruppen 1 und 2 erforderlichen Prozentränge. Damit bestünden in diesem Bereich Bedenken an der Fahreignung. Die psychophysische Leistungstestung sei von einer Dipl.-Psychologin durchgeführt worden.

Im Erörterungstermin zum Klage- und Antragsverfahren am 19. Januar 2017 wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass das vom Antragsteller nunmehr vorgelegte Gutachten der p … vom 22. Juli 2016 rechtlich nicht von Bedeutung sei, weil bei einer Anfechtungsklage der maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage derjenige der letzten Behördenentscheidung sei; hiervon abgesehen merke das Gericht an, dass es im vorliegenden Gutachten mehrere gravierende Mängel gebe, die es aus Sicht des Gerichts als zumindest nicht nachvollziehbar erscheinen ließen.

Mit Beschluss vom 19. Januar 2017 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 1. September 2016 hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 wieder her, ordnete sie hinsichtlich der Nr. 5 (Kostenentscheidung) an, und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Die streitgegenständliche Gutachtensbeibringungsanordnung sei rechtswidrig. Das bloße Vorliegen eines Diabetes mellitus rechtfertige für sich allein noch nicht die Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung. Aus Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV ergebe sich, dass der Diabetes mellitus nur bei Vorliegen bestimmter Umstände zur Fahrungeeignetheit führe. Ob diese Umstände vorlägen, müsse die Behörde vor der Anordnung eines Gutachtens zunächst auf andere Weise aufklären. Auch seien die Gutachtensfragen jedenfalls teilweise rechtswidrig, weil sie vom Antragsteller oder seinen behandelnden Ärzten beantwortet werden könnten, ohne eine Begutachtung durchzuführen. Im Übrigen habe die Behörde das in § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV vorgesehene Ermessen nicht einzelfallbezogen ausgeübt, sondern - mangels Kenntnis von der Situation des Antragstellers infolge des Fehlens einer Anhörung - nur allgemeine Erwägungen genannt.

Mit Urteil vom 20. Januar 2017 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 1. September 2016 in den Nrn. 1, 2 und 5 auf und wies die Klage im Übrigen ab. Hiergegen hat der Antragsgegner Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt (Verfahren Az. 11 ZB 17.370).

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. Januar 2017 richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der der Antragsteller entgegentritt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist. Die vom Senat daher vorzunehmende Interessenabwägung führt hier dazu, den einstweiligen Rechtsschutzantrag abzulehnen, weil es mit der Sicherheit des Straßenverkehrs nicht vereinbar wäre, den Antragsteller vorläufig trotz der von einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vor Erlass des streitgegenständlichen Entziehungsbescheids festgestellten Fahrungeeignetheit des Antragstellers am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, auch wenn sich offene Fragen hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit des Gutachtens und auch hinsichtlich der Verwertbarkeit der vorgenommenen psychischen Leistungstestung stellen.

1.1 Der Senat teilt allerdings die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach allein das Vorliegen eines Diabetes mellitus ohne vorherige Abklärung hinsichtlich Art und Schwere der Erkrankung nicht die sofortige Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens rechtfertigt. Zwar kann die Diagnose einer solchen Erkrankung eine Tatsache sein im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl S. 3083), die Bedenken gegen die körperliche Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründet. Denn solche bestehen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Eine solche Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet, ergibt sich bereits daraus, dass eine in der Überschrift eines Kapitels der Anlage 4 zur FeV genannte Erkrankung diagnostiziert wurde.

Die sofortige Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann jedoch unverhältnismäßig sein. Denn es sind die Differenzierungen in den Unterpunkten zu beachten (hier Nrn. 5.1 bis 5.3 der Anlage 4 zur FeV). Danach ist die Fahreignung hinsichtlich der Gruppen 1 und 2 bei Vorliegen eines Diabetes mellitus nur dann nicht gegeben, wenn eine Neigung zu schweren Stoffwechselentgleisungen besteht (vgl. Nr. 5.1). Bei erstmaliger Stoffwechselentgleisung oder neuer Einstellung ist die Fahreignung nach Einstellung für beide Gruppen wieder gegeben (Nr. 5.2). Bei ausgeglichener Stoffwechsellage unter der Therapie mit Diät oder oralen Antidiabetika mit niedrigem Hypoglykämierisiko ist die Fahreignung hinsichtlich der Gruppe 1 und hinsichtlich der Gruppe 2 bei guter Stoffwechselführung ohne Unterzuckerung über drei Monate gegeben (Nr. 5.3).

Mit diesen Vorschriften stimmen die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Begutachtungsleitlinien - Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, gültig ab 1.5.2014, zuletzt geändert durch Erlass des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 3.3.2016 [VkBl 2016, 185] Nr. 3.5) überein. Danach können gut eingestellte und geschulte Menschen mit Diabetes Fahrzeuge beider Gruppen sicher führen. Die Gefährdung der Verkehrssicherheit geht beim Diabetes mellitus in erster Linie vom Auftreten einer Hypoglykämie mit Kontrollverlust, Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen aus. Eine ungestörte Hypoglykämiewahrnehmung ist Voraussetzung für die Fahreignung. Zur Begründung hierzu wird in den Begutachtungsleitlinien (Seite 37) ausgeführt, die Mehrzahl der Menschen mit Diabetes erfülle die Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen. Die Fahreignung könne jedoch eingeschränkt oder ausgeschlossen sein, wenn durch unzureichende Behandlung, durch Nebenwirkungen der Behandlung oder Komplikationen der Erkrankung verkehrsgefährdende Gesundheitsstörungen bestehen oder zu erwarten seien. Diese Menschen mit Diabetes bedürften der individuellen Beurteilung in der Frage, ob ihre Fähigkeiten den Mindestanforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen entsprächen.

Bei der Prüfung der Frage, ob die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens hinsichtlich einer Erkrankung anzuordnen ist, die wie Diabetes mellitus in einer Mehrzahl oder Vielzahl der Fälle eine Fahrungeeignetheit nicht begründet, gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass sich die Fahrerlaubnisbehörde vorher Kenntnisse über Tatsachen verschafft, die ausreichende Anhaltspunkte dafür begründen können, dass eine Ungeeignetheit nach den Nrn. 5.1 bis 5.3 der Anlage 4 zur FeV vorliegen könnte. Solche Tatsachen können vom Betroffenen erfragt werden, zumal eine Anhörung vor Erlass der Gutachtensbeibringungsanordnung entsprechend Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ohnehin geboten sein dürfte. Dabei kann auch Gelegenheit gegeben werden, ärztliche Bescheinigungen (Laborergebnisse) und Atteste der behandelnden Ärzte vorzulegen. Nach den Begutachtungsleitlinien (Seite 37) soll insbesondere auch geklärt werden, wie viele fremdhilfebedürftige Hypoglykämien in den vergangenen zwölf Monaten zu verzeichnen waren, ob der Patient Unterzuckerungen erkennt und hierauf adäquat reagieren kann, ob bzw. in welchem Umfang der Patient selbst Kontrollmessungen vornimmt, ob der Patient über die besonderen Risiken einer Unterzuckerung im Straßenverkehr aufgeklärt und informiert ist, ob der Patient seinen Stoffwechselverlauf dokumentiert und ob bzw. durch welche Maßnahmen der Patient im Umgang mit seiner Diabeteserkrankung hinreichend geschult ist. Viele dieser Informationen können nur vom Patienten selbst und von seinen behandelnden Ärzten erfragt und bestätigt werden. Das kann die Fahrerlaubnisbehörde zunächst selbst aufklären. Einer Begutachtung bedarf es hierfür noch nicht.

Wird eine solche Vorabklärung vorgenommen, kann sich, da die Mehrzahl der Menschen mit Diabetes fahrgeeignet ist, ergeben, dass eine weitere ärztliche Untersuchung und ein ärztliches Gutachten nicht erforderlich sind. Unabhängig von der (hohen) Zahl der Erkrankungen an Diabetes mellitus wäre es daher unverhältnismäßig, allein auf Grund dieser Diagnose sogleich die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen. Eine solche Notwendigkeit ergibt sich nur, wenn der Betroffene nicht hinreichend mitwirkt oder wenn aufgrund seiner Auskünfte und der vorgelegten ärztlichen Atteste noch Bedenken bestehen oder Zweifel an der Richtigkeit der vom Betroffenen gegebenen Auskünfte oder der von den behandelnden Ärzten ausgestellten Atteste bestehen. Ggf. kann zur Beurteilung dieser Frage, ob noch Zweifel verbleiben, auch das Gesundheitsamt bzw. die Gesundheitsabteilung der Behörde eingeschaltet werden.

Eine solche Vorabklärung hat entgegen der Beschwerdebegründung nichts damit zu tun, dass nach § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV der das Gutachten erstellende Arzt nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein soll. Denn diese Auskünfte des Betroffenen und der behandelnden Ärzte stellen keine gutachterliche Beurteilung dar, sondern sind nur Grundlage für die Entscheidung, ob die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens einer in § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV genannten Stelle notwendig ist. Auch das Verwaltungsgericht hat nicht verlangt, dass das ärztliche Gutachten vom behandelnden Arzt erstellt werden soll.

Auch der Umstand, dass auf dem Untersuchungsbericht des betriebs- und verkehrsmedizinischen Zentrums BDF Dr. H … vom 30. Dezember 2015 vermerkt ist, dass eine weitergehende Untersuchung wegen Diabetes mellitus erforderlich ist, rechtfertigt nicht die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde. Vielmehr ist vorher zu klären, ob solche weitergehenden Untersuchungen nicht bereits vorgenommen worden sind und ob sich hieraus Erkenntnisse ergeben.

Aus Vorstehendem ergibt sich zugleich, dass das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, dass hier auch einzelne Fragen im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unzulässig sind und dass insoweit - mangels Anhörung des Antragstellers vor Erlass der Anordnung und mangels Kenntnis leicht zu erfragender Tatsachen und ärztlicher Stellungnahmen - auch die Ermessensausübung fragwürdig erscheint. Das kann im Einzelnen jedoch offen bleiben.

1.2 Ist die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens - wie hier - rechtswidrig, ist der Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen, bringt er das angeordnete Gutachten nicht fristgerecht bei, nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV nicht zulässig. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, dass der Bescheid über die Entziehung der Fahrerlaubnis in solchen Fällen stets rechtswidrig ist.

Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig ist, richtet sich, sofern höherrangiges oder spezielleres Recht nichts Abweichendes vorgibt, nach dem Recht, das geeignet ist, seinen Spruch zu tragen. Erweist sich dieser aus anderen als den angegebenen Rechtsgründen als rechtmäßig, ohne dass diese anderen Rechtsgründe wesentliche Änderungen des Spruchs erfordern würden, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.8.1988 - 8 C 29/87 - BVerwGE 80, 96; BayVGH, B.v. 23.6.2016 - 11 CS 16.907 - juris Rn. 23 ff.). Daher kann ein auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützter Bescheid, der einem Betroffenen die Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines angeordneten Gutachtens entzieht, auf der Grundlage der Vorschrift des § 11 Abs. 7 FeV rechtmäßig und daher aufrechtzuerhalten sein, wenn die Nichteignung des Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt feststeht. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV und § 11 Abs. 7 FeV sind keine Ermessensvorschriften, sondern zwingendes Recht. Die Rechtsgrundlagen sind daher insoweit austauschbar.

1.3 Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht nicht darin, dass das Gutachten der p … vom 22. Juli 2016 rechtlich nicht von Bedeutung sei, weil der Antragsteller es erst nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegt habe.

Zwar ist richtig, dass grundsätzlich - abhängig von den Besonderheiten des materiellen Rechts - der maßgebliche Zeitpunkt bei Anfechtungsklagen der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung, hier also mangels Widerspruchseinlegung der Erlass des Ausgangsbescheids vom 1. September 2016 ist. Jedoch war der Antragsteller bereits bei Erlass dieses Bescheids nach dem vorgelegten Gutachten der p … vom 22. Juli 2016 fahrungeeignet. Dass das Gutachten und die sich daraus ergebenden Tatsachen und Bewertungen der Fahrerlaubnisbehörde bei Erlass ihres Bescheids nicht bekannt waren, führt nicht zwingend zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Ein Bescheid, der ohne ausreichende Tatsachengrundlage ergeht, aber bezüglich dessen sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheids bereits zum Erlasszeitpunkt vorlagen, muss, wenn es sich um zwingende Rechtsvorschriften ohne Ermessen handelt, nicht aufgehoben werden, weil er sofort wieder erlassen werden müsste.

Insoweit spricht gemäß dem Gutachten der p … vom 22. Juli 2016, das auf einer Untersuchung des Antragstellers am 12. April 2016 beruht, nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung vieles dafür, dass der Antragsteller bereits bei Erlass des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids fahrungeeignet war.

Zwar bestehen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht bemerkt, gewisse Bedenken hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit des Gutachtens, weil eine medikamentöse Therapie mit hohem Hypoglykämierisiko (z.B. Insulin) wohl nicht ausreicht, um eine Fahrungeeignetheit zu begründen. Jedoch sind nach dem Gutachten bereits Folgeschäden der Diabeteserkrankung des Antragstellers festzustellen. Es bestehe eine chronische Niereninsuffizienz im Sinne einer diabetischen Nephropathie. Die in der Leistungstestung festgestellten Leistungsmängel wiesen auf eine zerebrale Angiopathie hin. Darüber hinaus konnten „Folgeschäden wie Retinopathie Diabetika, kardiale Angiopathie nicht in den Untersuchungen der Augen, des EKG und Belastungs-EKG sowie der Ultraschalluntersuchung des Herzens“ ausgeschlossen werden. Eine periphere Neuropathie habe nicht beurteilt werden können. Hierzu seien vom Antragsteller keine Befunde nachgereicht worden. Auch habe der Antragsteller nicht darstellen können, dass er mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten müsse, vertraut sei.

Zwar hat der Antragsteller ärztliche Befunde im gerichtlichen Verfahren nachgereicht, welche belegen sollen, dass seine Kraftfahreignung gegeben sei. Diese Befunde können vom Senat jedoch nicht danach beurteilt werden, ob sich daraus in der Gesamtbetrachtung die Kraftfahreignung des Antragstellers ergibt. Die Fahrerlaubnisbehörde weist zudem (Schreiben vom 10.10.2016 an das Verwaltungsgericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren) zu Recht darauf hin, dass sich aus den vorgelegten ärztlichen Befunden auch ergibt, dass der Antragsteller versucht hat, seinen tatsächlichen Gesundheitszustand zu verbergen bzw. geschönt darzustellen. Laut dem ärztlichen Befund des Dr. E … vom 4. September 2016 besteht beim Antragsteller seit dem Jahr 2004 eine insulinpflichtige Diabeteserkrankung. Bei der Begutachtung durch die p … hatte der Antragsteller jedoch angegeben, dass die Diabeteserkrankung erst im Jahr 2015 bekannt geworden wäre. Zum anderen ergibt sich aus der Medikamentenliste des Dr. E …, dass der Antragsteller verschiedenste Arzneistoffe aufgrund unterschiedlicher Erkrankungen einnehmen müsse. Bei der Begutachtung der p … hatte der Antragsteller jedoch die Frage nach der regelmäßigen Einnahme weiterer Medikamente neben dem Langzeitinsulin verneint. Die nunmehr vorliegende Tatsachen und ärztlichen Stellungnahmen sind im Kontext erneut auszuwerten.

Unter diesen Umständen kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Beurteilung der Fahreignung des Antragstellers aufgrund seiner Diabeteserkrankung durch die p …, einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung, nicht infrage gestellt werden.

1.4 Darüber hinaus ergeben sich aus dem Gutachten der p … weitere erhebliche Zweifel daran, dass der Antragsteller fahrgeeignet ist. Die von der p … durchgeführte psychophysische Leistungstestung erbrachte keine ausreichenden Ergebnisse. Hinweise auf Leistungsmängel ergaben sich „in den Bereichen der reaktiven Belastbarkeit (DT: Median Reaktionszeit = PR 5, Zeitgerechte PR 4 und Richtige = PR 1)“. Eine ausreichende Leistungsfähigkeit liegt nach den Begutachtungsleitlinien (a.a.O. Nr. 2.5) vor, wenn hinsichtlich der Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 1 ein Prozentrang von 16 und hinsichtlich der Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 2 ein Prozentrang von 33 oder mehr erreicht und ein Prozentrang von 16 in keinem Testverfahren unterschritten wird.

Insoweit führt das Gutachten der p … allerdings nur aus, dass in diesem Bereich Bedenken an der Fahreignung bestehen. Insoweit stellt sich ohnehin die Frage der Verwertbarkeit dieser Leistungstestung durch die p …, da eine solche in der Gutachtensbeibringungsanordnung nicht verlangt wurde. Die p … hat diese Testung ohne eine Beauftragung durchgeführt und sich damit nicht an die Fragestellung des Gutachtensauftrags (vgl. Nr. 1 Buchst. a der Anlage 4a zur FeV) gehalten. Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. U.v. 8.8.2016 - 11 B 16.594 - juris) die psychische Leistungsfähigkeit entsprechend Nr. 2.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (a.a.O.) nur im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung oder ggf. einer isolierten psychologischen Begutachtung und nicht im Rahmen eines angeordneten ärztlichen Gutachtens hinsichtlich einer Diabeteserkrankung überprüft werden. Das ärztliche Gutachten kann auf entsprechende Frage hin lediglich eine ergänzende Begutachtung empfehlen.

1.5 Da die erheblichen Bedenken an der Fahreignung des Antragstellers auch bezüglich der Gruppe 1 bestehen, kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller, wie in der Beschwerdeerwiderung vom 10. April 2017 ausgeführt, den Antrag auf Verlängerung der Fahrerlaubnisse für Fahrzeuge der Gruppe 2 ggf. zurückgenommen hätte oder er auf bestimmte Fahrerlaubnisklassen verzichten würde oder hiervon mangels Verlängerung keinen Gebrauch machen kann.

Bevor dem Antragsteller wieder die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug gestattet werden kann, müssen die bestehenden erheblichen Bedenken gegen seine Fahreignung durch ein ergänzendes Gutachten, hinsichtlich der noch offenen Fragen der Diabeteserkrankung durch ein ärztliches Gutachten und ggf. hinsichtlich der psychischen Leistungsfähigkeit durch ein psychologisches Gutachten ausgeräumt werden. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV bestimmt die Behörde, ob das Gutachten von einem in den Nrn. 1 bis 4 bezeichneten Arzt oder von einem Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung erstellt wird (Nr. 5). Fachärztliche Gutachten, die die Bedenken gegen die Fahreignung vollständig und - auch für den (medizinisch und psychologisch nicht geschulten) Laien nachvollziehbar - eindeutig ausräumen würden (vgl. den in der Beschwerdeerwiderung zitierten Beschluss des Senats vom 4.10.2016 - 11 ZB 16.1535 - juris; vgl. auch B.v. 24.3.2016 - 11 CS 16.260 - juris), hat der Antragsteller auch im gerichtlichen Verfahren nicht vorgelegt.

Legt der Antragsteller ein positives Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vor, das die Bedenken ausräumt, kann er einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO beim Gericht der Hauptsache stellen.

2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.2, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.