Bayerisches Landessozialgericht Vorbehaltsurteil, 21. Nov. 2016 - L 15 RF 32/16

bei uns veröffentlicht am21.11.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die Vergütung des Antragstellers für die Erstellung des Gutachtens vom 20.09.2016 wird auf 589,05 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Festsetzung der Vergütung für ein im Auftrag des Gerichts erstelltes Gutachten durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG).

Der Antragsteller ist als ärztlicher Sachverständiger tätig. Er schloss am 08.11.2015 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch die Präsidentin des Sozialgerichts (SG) Würzburg, diese vertreten durch den Richter am SG L. als weiteren aufsichtsführenden Richter eine ab dem 01.12.2015 wirksame Vereinbarung für auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit des Freistaats Bayern erstattete schriftliche Gutachten ab. Für ein Gutachten nach Untersuchung sieht die Vereinbarung pauschal eine Vergütung in Höhe von 450,- EUR vor, bei schwierigem ursächlichem Zusammenhang von 675,- EUR. Die jeweiligen Pauschalsätze werden - so die Vereinbarung in Ziff. 3. - ohne Rücksicht auf den Umfang des Gutachtens oder der Verrichtungen und den im Einzelfall erforderlichen Zeitaufwand gewährt. Mit ihnen ist die gesamte ärztliche Sachverständigenleistung einschließlich der besonderen Aufwendungen für nichtärztliche Hilfskräfte abgegolten. Zusätzlich zur vorgenannten Pauschale wurde für Schreibgebühren eine Pauschale von 35,- EUR je Gutachten vereinbart. Gesondert zu ersetzen sind Porto- und Versandauslagen.

In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 19 R 867/15 geführten Berufungsverfahren in einer rentenversicherungsrechtlichen Streitsache erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts (Auftragsdatum: 21.07.2016) unter dem Datum vom 20.09.2016 ein Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Im Rahmen des Gutachtensauftrags war darauf hingewiesen worden, dass für das Gutachten ein Vorschuss in Höhe von 2.800,- EUR vorliege. Sollten die gesamten Kosten den Vorschuss übersteigen, müsse diese dem Gericht unverzüglich mitgeteilt werden.

Mit Rechnung vom 20.09.2016 machte der Antragsteller für sein 18-seitiges Gutachten eine Vergütung in Höhe von insgesamt 2.348,18 EUR geltend, wobei er einen Zeitaufwand für 19 Stunden zu je 100,- EUR (Honorargruppe M 3), Kopierkosten von 9,- EUR für 18 Seiten, Schreibgebühren über 44,26 EUR und Porto in Höhe von 20,- EUR, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, ansetzte.

Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG bewilligte mit Schreiben vom 28.09.2016 lediglich einen Betrag in Höhe von 585,47 EUR, davon für das Gutachten 450,- EUR, für Schreibgebühren 35,- EUR und für Porto 6,99 EUR, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Die Kürzung begründete sie mit Hinweis auf die geschlossene Honorarvereinbarung; Kopierkosten - so die Kostenbeamtin - für das Gutachten seien nicht zu erstatten, da das Gutachten nur einfach angefordert worden sei.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 10.10.2016 die Abrechnung beanstandet. Er weist darauf hin, dass der Gutachtensantrag „auf Antrag der Klägerin“ erfolgt sei und der Kontakt zur Klägerin über eine Internetseite zu Stande gekommen sei. Das Gericht sei also lediglich der Anforderung der Klägerin gefolgt, ein Gutachten durch ihn erstellen zu lassen. Damit sei die Vereinbarung nicht gültig. Zudem würde die Rechnung von der Rechtsschutzversicherung der Klägerin übernommen. Im gerichtlichen Schreiben vom 21.07.2016 sei auf Seite 2 darauf hingewiesen worden, dass er als Sachverständiger mitteilen solle, wenn der eingezahlte Vorschuss in Höhe von 2.400,- EUR [Anmerkung des Senats: Im Auftragsschreiben vom 21.07.2016 ist ein Vorschuss in Höhe von 2.800,- EUR genannt.] überschritten werde. Im Vorfeld sei also nicht die Rede von einer pauschalen Vergütung gewesen. Wenn dies so gewesen wäre, hätte er den Gutachtensauftrag in diesem speziellen Fall ohnehin nicht annehmen können, da der (in der Rechnung dokumentierte) Zeitaufwand wegen der Komplexität des Falls, der deutlich erschwerten Untersuchungsbedingungen und der umfangreich vorhandenen Aktenlage weit zu hoch gewesen sei. Die unbedingt notwendige einzelne Bewertung der zahlreich vorhandenen Vorgutachten und die Sichtung und Beurteilung der sehr umfangreichen Vorbefunde begründe zudem ausreichend die Klassifikation „bei schwierigem ursächlichen Zusammenhang“ (M 3)“. Das Gutachten sei schon deshalb mit einem hohen Schwierigkeitsgrad zu bewerten, da er gezwungen gewesen sei, umfassende und vielschichtige Überlegungen bezüglich der Bewertung bzw. Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung anzustellen. Zudem habe eine Vielzahl unterschiedlicher, unklarer und teilweise sich widersprechender Befunde, Atteste usw. vorgelegen. Auch verlange er eine vollständige Erstattung der Portokosten, zumal im Vorfeld der Gutachtenserstellung eine schriftliche Kommunikation mit der Klägerin und dem LSG stattgefunden habe.

II. Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn dies wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom10.10.2016 sinngemäß dadurch beantragt, dass er die Festsetzung der Vergütung durch die Kostenbeamtin als unzureichend beanstandet.

Die Vergütung für das Gutachten vom 20.09.2016 ist auf 589,05 EUR festzusetzen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.).

2. Vergütung des Antragstellers

Maßstab für die Ermittlung der Vergütung ist die zwischen dem Freistaat Bayern und dem Antragsteller abgeschlossene Vereinbarung vom 08.11.2015.

2.1. Allgemeine Voraussetzungen einer Vereinbarung

Gemäß § 14 JVEG können zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung und Honorarabrechnung Vereinbarungen mit Sachverständigen geschlossen werden. Die in der Vereinbarung getroffenen Vorgaben für die Vergütung gehen dann den allgemeinen Abrechnungsvorgaben des JVEG vor.

Die Vereinbarung ist für Landesgerichte zwischen der für den Gerichtszweig zuständigen obersten Landesbehörde und dem Sachverständigen zu treffen. Statt der obersten Landesbehörde kann auch eine von dieser bestimmte Stelle die Vereinbarung mit dem Sachverständigen abschließen.

2.2. Wirksamkeit der Vereinbarung im vorliegenden Fall

Es liegt eine wirksame Vereinbarung im Sinn des § 14 JVEG vor.

2.2.1. Ermächtigung zum Abschluss.

Beim Abschluss der Honorarvereinbarung vom 08.11.2015 hat für den Freistaat Bayern der Richter am Sozialgericht L. als weiterer aufsichtsführender Richter als von der Präsidentin des Sozialgerichts Würzburg beauftragter Vertreter gehandelt. Diese war gemäß dem Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge vom 18.03.1966, modifiziert mit Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.08.2014, zum Abschluss der Vereinbarung mit Zustimmung des Bayer. LSG ermächtigt.

2.2.2. Inhaltskontrolle der Vereinbarung

Durchgreifende inhaltliche Bedenken gegen die Vereinbarung bestehen nicht.

Die Vorschrift des § 14 JVEG lautet wie folgt:

„Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die obersten Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.“

Diese Vorgaben hält die Vereinbarung vom 08.11.2015 ein.

2.2.2.1. Obergrenze der Vergütung

Die Vereinbarung beachtet das Gebot der sich aus § 14 JVEG ergebenden Obergrenze der Vergütung nach der Vereinbarung.

Die vereinbarte Vergütung kann die Vergütung, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG, die bei Fehlen einer Vereinbarung anzuwenden sind, regelmäßig nicht überschreiten (§ 14 a. E. JVEG).

2.2.2.2. Untergrenze der Vergütung

Die in der Vereinbarung geregelte eher niedrige Pauschale steht nicht in Konflikt mit sich aus dem JVEG ergebenden kostenrechtlichen Vorgaben oder sonstigen rechtlichen Maßgaben.

Der Senat sieht keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt, dass die für die gesamte ärztliche Sachverständigenleistung einschließlich der besonderen Aufwendungen für nichtärztliche Hilfskräfte vereinbarte Pauschale von 450,- EUR bzw. 675,- EUR bei schwierigem ursächlichem Zusammenhang in manchen Fällen nicht ausschließbar erheblich unter der Vergütung liegt, wie sie sich ohne Vorliegen einer derartigen Vereinbarung aus dem JVEG ergeben würde.

Sofern Meyer/Höver/Bach/Oberlack (vgl. a. a. O., § 14, Rdnr. 2) mit Blick auf Vereinbarungen mit Dolmetschern, bei denen im Weg einer Vereinbarung ausschließlich ein geringerer Stundensatz, als er vom JVEG vorgegeben ist, geregelt wird, „eine sich abzeichnende Praxis von einigen der nach § 14 bestimmten Stellen, von herangezogenen Dolmetschern allein aus fiskalischen Gründen regelmäßig den Abschluss einer Vereinbarung nach § 14 zu fordern, die teilweise zu einer deutlich unter der nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergütung führt, [als] bedenklich“ ansehen, eine Argumentation, die auch auf Vereinbarungen mit Sachverständigen in ähnliche Weise übertragen werden kann, teilt der Senat diese Kritik schon vom Grundsatz her jedenfalls insofern nicht, wenn mit den aufgezeigten Bedenken eine Rechtswidrigkeit der Vereinbarung im Einzelfall begründet werden soll (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.04.2016, Az.: L 15 RF 31/15, und vom 08.04.2016, Az.: L 15 RF 47/15). Zudem kann im vorliegenden Fall einer Vereinbarung mit einem ärztlichen Sachverständigen - anders als möglicherweise mit einem Dolmetscher - nicht von einem rein fiskalischen Hintergrund der Vereinbarung ausgegangen werden. Denn - anders als bei Dolmetschern - ist die Abrechnung von ärztlichen Sachverständigengutachten außerhalb einer Honorarvereinbarung von großer Komplexität und teilweise mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, was ein berechtigter Anlass für die Gerichtsverwaltung ist, derartige Vereinbarungen abzuschließen. Zwar ist Meyer/Höver/Bach/Oberlack zuzugestehen, dass die gesetzliche Regelung des § 14 JVEG nach der Gesetzesbegründung vorrangig der Vereinfachung dienen soll und der Gedanke, dass der Abschluss derartiger Vereinbarungen (auch) ein fiskalisches Instrument zur Kosteneinsparung für die Staatskasse sein könnte, jedenfalls explizit keinen Eingang in die Überlegungen des Gesetzgebers gefunden hat. So hat der Gesetzgeber bereits 1956 in der Gesetzesbegründung zu § 13 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) („Mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Entschädigung im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung vereinbaren.“) Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften - Bundestags-Drucksache 2/2545, S. 219):

„Jedoch ist es aus Vereinfachungsgründen zweckmäßig, Vereinbarungen der obersten Landesbehörden mit häufiger herangezogenen Sachverständigen zuzulassen. Gedacht ist dabei vor allem an die Vereinbarung einer pauschalen Entschädigung, die in den typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden gesetzlichen Entschädigungen entspricht.“

Einen ähnlichen Eindruck, nämlich dass der Abschluss von Vereinbarungen im Sinn von - heute - § 14 JVEG zum Ziel allein eine Vereinfachung des Abrechnungswesens haben solle, erweckt auch die im Jahr 2003 gegebene Gesetzesbegründung zu § 14 JVEG, die wie folgt lautet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 185):

„In Betracht kommen hier etwa wie bisher Vereinbarungen über Fallpauschalen, die Höhe des Stundensatzes oder die Pauschalierung von Fahrtkosten oder sonstigen Aufwandserstattungen. Solche Vereinbarungen sollen auch in Zukunft möglich sein, da sie für alle Beteiligten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinfachung des Abrechnungswesens leisten.“

Dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen ausschließen hätte wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden, wovon Meyer/Höver/Bach/Oberlack in ihren Kommentierungen zu § 14 JVEG auszugehen scheinen, findet aber in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. Dies wird für den Senat schon aus der Formulierung „vor allem“ in der Gesetzesbegründung von 1956 deutlich, die erkennen lässt, dass zwar eine Vereinfachung der Abrechnung, die im Übrigen auch dem Sachverständigen selbst die Rechnungsstellung erleichtert und ihm daher zugute kommt, ein wesentliches Ziel für den Abschluss einer Vereinbarung ist, gleichwohl aber auch andere Gründe für den Abschluss einer Vereinbarung maßgeblich sein können. So sind marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Sachverständige nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, die Gerichtsbarkeit andererseits dafür ein gewisses finanzielles Entgegenkommen des Sachverständigen im Sinn eines Mengenrabatts erwarten kann, auch ein Grund für den Abschluss von Vereinbarungen. Davon, dass diese Überlegungen bei der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG bzw. § 14 JVEG, wenn auch nicht zu Papier gebracht, so doch zugrunde gelegen haben, ist der Senat überzeugt. Bestätigung findet diese Einschätzung des Senats letztlich auch in der Gesetzesbegründung zum KostRMoG zu § 14 JVEG, wenn dort unter den möglichen Vereinbarungsgegenständen explizit auch die Höhe des Stundensatzes genannt wird. Dass eine Vereinbarung zur Höhe des Stundensatzes, abgesehen von dem Fall, dass ein vom Schwierigkeitsgrad unabhängiger einheitlicher Stundensatz für alle Gutachten vereinbart wird, nicht einer Abrechnungsvereinfachung, sondern ausschließlich einer Kosteneinsparung auf Seiten der Staatskasse dient, ist offenkundig. Sofern die Gesetzesbegründungen diesen Umstand sowohl im Jahr 1956 als auch im Jahr 2003 verschwiegen haben, kann dies nur als eine Verschleierung der wahren gesetzgeberischen Motive angesehen werden. In diesem Zusammenhang kann sich der Senat auch nicht des Eindrucks einer gewissen Scheinheiligkeit der Gesetzesbegründung von 1956 erwehren. Denn dass bei Beachtung der Maßgabe der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG, wonach die Entschädigung eines Sachverständigen - seit dem Erlass des JVEG spricht das Gesetz nicht mehr von einer Entschädigung des Sachverständigen, sondern von seiner Vergütung - nicht den „Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung“ überschreiten darf, die bei Vorliegen einer Vereinbarung zustehende Entschädigung nicht in jedem Einzelfall „den in typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden Entschädigungen“ entsprechen kann, liegt auf der Hand. Denn wenn - von besonderen Einzelfällen abgesehen - die nach der Vereinbarung zustehende Entschädigung (bzw. Vergütung) der durchschnittlichen Entschädigung (bzw. Vergütung) entsprechen soll, würde dies für nicht wenige Fälle bedeuten, dass der Sachverständige nach der Vereinbarung besser entschädigt (bzw. vergütet) würde als nach den gesetzlichen Vorgaben. Genau dies verbieten aber § 13 ZSEG und § 14 JVEG, so dass die nach einer Vereinbarung zu gewährende Vergütung typischerweise niedriger sein muss (vgl. auch Beschlüsse des Senats vom 07.04.2016, Az.: L 15 RF 31/15, und vom 08.04.2016, Az.: L 15 RF 47/15).

Ein aus § 14 JVEG resultierendes Verbot einer Vereinbarung mit einer Vergütung, die regelmäßig unter der Vergütung liegt, wie sie sich ohne Honorarvereinbarung ergeben würde, wäre auch mit dem Umstand nicht vereinbar, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG dem Sachverständigen die Vergütung nicht von Amts wegen ohne entsprechenden Antrag oder Rechnungsstellung zu gewähren ist, sondern er seinen Anspruch auf Vergütung geltend machen muss. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs besteht nach der gesetzlichen Symptomatik nicht. Warum es einem Vergütungsberechtigten nach dem JVEG nicht erlaubt sein sollte, bereits vorab im Rahmen einer Vereinbarung zu erklären, dass er seinen, ihm nach den gesetzlichen Regelungen zustehenden Vergütungsanspruch nicht in voller Höhe geltend machen werde, lässt sich nicht begründen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 14 JVEG, Rdnr. 6; Beschlüsse des Senats vom 07.04.2016, Az.: L 15 RF 31/15, und vom 08.04.2016, Az.: L 15 RF 47/15).

Die Höhe der in einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG geregelten Vergütung ist daher grundsätzlich der Überprüfung durch den Kostenbeamten und den Kostenrichter entzogen, sofern nicht Gründe offenkundig auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staats beim Abschluss der Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.04.2016, Az.: L 15 RF 31/15, und vom 08.04.2016, Az.: L 15 RF 47/15). Von einem derartigen Fall ist vorliegend sicherlich nicht auszugehen.

2.3. Anwendbarkeit der Vereinbarung auch auf das Gutachten vom 20.09.2016.

Die Vereinbarung vom 08.11.2015 umfasst auch das Gutachten vom 20.09.2016.

Die Vereinbarung vom 08.11.2015 gilt für jedes „auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit des Freistaates Bayern erstattetes schriftliches Gutachten“.

Es ist daher ohne Bedeutung, ob der Auftrag von einem Richter eines Sozialgerichts oder des Bayer. LSG erteilt wird. Ohne Relevanz ist es auch, ob das Gutachten von Amts wegen gemäß § 106 SGG oder auf Antrag eines Klägers gemäß § 109 SGG in Auftrag gegeben wird. Denn auch wenn es sich um ein Gutachten gemäß § 109 SGG handelt, wird der Gutachtensauftrag vom Gericht erteilt, nicht von dem den Antrag gemäß § 109 SGG stellenden Kläger. Eine abweichende Regelung, wonach Gutachten gemäß § 109 SGG nicht von der Vereinbarung umfasst wären, enthält die Vereinbarung vom 08.11.2015 nicht.

Ob die Rechtsschutzversicherung der den Antrag gemäß § 109 SGG stellenden Klägerin auch Kosten übernehmen würde, die über den sich aus der Vereinbarung ergebenden Betrag hinausgehen würden, ist nach den der Vergütung zugrunde zulegenden Vorschriften des JVEG keine für die Vergütung relevantes Tatbestandsmerkmal. Die Vergütung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG folgt den gleichen Regelungen wie die eines Gutachtens gemäß § 106 SGG.

Sofern der Antragsteller wegen des im gerichtlichen Auftragsschreiben vom 21.07.2016 enthaltenen Hinweises auf einen zur Verfügung stehenden Vorschuss in Höhe von 2.800,- EUR meint, dass im Vorfeld keine Rede von einer pauschalen Vergütung gewesen sei, ist dies ohne rechtliche Auswirkung. Ganz abgesehen davon, dass bei Vorliegen einer Vereinbarung im Gutachtensauftrag des Gerichts ohnehin nicht auf die Selbstverständlichkeit, dass sich die Vergütung des Sachverständigen aus der Vereinbarung ergibt, hingewiesen werden muss, ist der Hinweis auf den zur Verfügung stehenden Vorschuss wegen der gesetzlichen Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zwingend geboten gewesen. Dies gilt auch dann, wenn die ärztliche Sachverständigenleistung aufgrund der vorliegenden Honorarvereinbarung (hier: 450,- EUR) im Vergleich zu dem mitgeteilten, zur Verfügung stehenden Vorschuss (2.800,- EUR) vergleichsweise niedrig ist. Zum Zweck der Vermeidung etwaiger Mehrkosten, die durch den von der Klägerin eingezahlten Vorschuss nicht abgedeckt sind, war der Hinweis unverzichtbar. Im Übrigen ist bei orthopädisch-chirurgischen Gutachten nicht völlig ausgeschlossen, dass durch die Durchführung von radiologischen Verfahren nicht unerhebliche Mehrkosten produziert werden, so dass auch bei einer niedrigen Honorarvereinbarung eine Überschreitung des Vorschusses nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Irgendein Vertrauenstatbestand des Antragstellers darauf, dass im vorliegenden Fall die Vereinbarung nicht zur Anwendung komme, ist nicht gegeben.

Ob der Antragsteller versucht hätte, den Gutachtensauftrag abzulehnen, wenn ihm von vornherein bewusst gewesen wäre, dass das Gutachten nach der von ihm abgeschlossenen Honorarvereinbarung vergütet wird, ändert an der Vergütung im vorliegenden Fall nichts. Es mag zwar durchaus so sein, dass das vorliegende Gutachten im Vergleich zu anderen vom Antragsteller angefertigten Gutachten von vergleichsweise höherem Zeitaufwand gewesen ist. Aber dies steht der Anwendung der Honorarvereinbarung nicht entgegen. Denn die Honorarvereinbarung gilt ausnahmslos für alle von einem Richter der Sozialgerichtsbarkeit angeforderten Gutachten des Antragstellers.

Über die aufgezeigten rechtlich maßgeblichen Kriterien hinaus erlaubt sich der Senat im Übrigen folgenden Hinweis: Auch wenn der Senat nachvollziehen kann, dass das vorliegend erstellte Gutachten für den Antragsteller möglicherweise weniger wirtschaftlich war als andere Gutachten, hat er wenig Verständnis für die Haltung des Antragstellers, er hätte den Gutachtensauftrag abgelehnt, wenn ihm die Vergütung nach der Vereinbarung bei der Auftragserteilung bewusst gewesen wäre. Pauschalvereinbarungen wie hier liegen, wie bereits oben aufgezeigt worden ist, verschiedene Gesichtspunkte zugrunde. Für einen Sachverständigen ist, davon geht der Senat jedenfalls für viele Fälle aus, Grund für den Abschluss einer Honorarvereinbarung die Erwartung, deshalb mit einer häufigeren Beauftragung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit rechnen zu dürfen. Ein pauschal vereinbartes Honorar, das typischerweise unter der Vergütung liegen wird, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG ergeben würde, wenn keine Vereinbarung vorliegen würde, wird daher mit Blick auf die Zahl der zu erwartenden Gutachtensaufträge für den Sachverständigen aus wirtschaftlicher Sicht heraus sinnvoll erscheinen. Mit dem Abschluss einer derartigen Pauschalvereinbarung akzeptiert der Gutachter aber auch, dass es Gutachten gibt, die rentabler für ihn sind, und solche, die im Einzelfall aufgrund des höheren Zeitaufwand weniger wirtschaftlich erscheinen. Sollte ein Sachverständiger der Meinung sein, dass manche Gutachten für ihn nicht lukrativ genug sind, so kann er sich der Vereinbarung nicht dadurch entziehen, dass er die ihm unwirtschaftlich erscheinenden Gutachtensaufträge ablehnt und nur noch finanziell interessante Aufträge übernimmt. Die adäquat erscheinende Reaktion des Sachverständigen in einer solchen Situation wäre daher nur, zu versuchen, im Weg einer Änderung der Honorarvereinbarung zu einer für beide Seiten finanziell akzeptablen Situation zu kommen. Für das vorliegende Verfahren kann aber eine solche potentielle zukünftige Änderung der Vereinbarung keine Bedeutung haben.

2.4. Vergütung des Gutachtens vom 20.09.2016

Die Vergütung ergibt sich vorliegend wie folgt: Pauschale Vergütung für ein Gutachten nach Untersuchung nach Ziff. 1.1. der Vereinbarung vom 08.11.2015: 450,- EUR. Eine Vergütung für ein Gutachten „bei schwierigem ursächlichen Zusammenhang“, wobei als Kriterium für den schwierigen ursächlichen Zusammenhang die Voraussetzungen anzunehmen sind, die auch für die Honorargruppe M 3 gelten, kommt für ein Gutachten wegen Rente wegen Erwerbsminderung nicht in Betracht (ständige Rspr., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 16.08.2016, Az.: L 15 RF 17/16). Pauschale für Schreibgebühren nach Ziff. 4.3. der Vereinbarung vom 08.11.2015: 35,- EUR. Porto: 10,- EUR. Die vom Antragsteller angesetzten und nicht näher belegten Kosten von pauschal 20,- EUR sind nicht erstattungsfähig. Dem Beschluss des Senats vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/16, folgend werden ohne weiteren Nachweis 10,- EUR erstattet. Kopierkosten sind nicht zu erstatten, da das Gutachten vom Gericht nur einfach angefordert worden ist. Umsatzsteuer: 94,05 EUR.

Dem Antragsteller steht daher eine Vergütung in Höhe von insgesamt 589,05 EUR zu.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

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2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt eine Entschädigung wegen der Wahrnehmung zweier gerichtlich angeordneter Begutachtungstermine nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

In dem am Bayerischen Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen geführten Rechtsstreit wurde die dortige Klägerin und jetzige Antragstellerin am 09.09.2011 im Rahmen von zwei von Amts wegen angeordneten Begutachtungen durch die Sachverständigen Dres. C. und A. untersucht. Die Untersuchungen fanden zwischen 8.15 Uhr und 11.45 Uhr statt.

Mit auf den 12.09.2011 datiertem Entschädigungsantrag, bei Gericht eingegangen am 08.12.2011, beantragte die Antragstellerin die Entschädigung für das Erscheinen zu den gutachtlichen Untersuchungen am 09.09.2011.

Im Entschädigungsantrag gab die Antragstellerin an, für die Fahrt zu und von den Begutachtungen ein Taxi benutzt zu haben; sie legte dafür eine Rechnung des Taxiunternehmens über 212,20 EUR vor. Als gefahrene Kilometer gab sie 145 km an. Nach ihren Angaben sei sie von zu Hause um 6.50 Uhr weggefahren und um 13.00 Uhr wieder zurückgekehrt. Die Taxibenutzung begründete sie damit, dass eine Bahnanbindung zu dieser Uhrzeit nicht bestehe.

Die Sachverständigen sahen keine medizinische Notwendigkeit für die An- und Abreise per Taxi.

Mit Schreiben vom 04.01.2012 bewilligte die Kostenbeamtin des Bayer. LSG als Entschädigung Fahrtkosten für eine Fahrtstrecke von insgesamt 145 km in Höhe von 36,25 EUR. Die Taxikosten seien nicht erstattungsfähig, da eine Beförderung mit dem Taxi nach den Angaben des Sachverständigen nicht notwendig gewesen sei. Es könnten daher nur die tatsächlich gefahrenen Kilometer erstattet werden.

Mit Schreiben ihrer anwaltlichen Vertreterin vom 31.01.2012 hat sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung der Erstattung der Taxikosten gewandt. Sie - so die Antragstellerin - besitze kein Fahrzeug und hätte daher nicht selbst mit einem Auto reisen können. Bei Anreise mit dem Zug hätte sie zum Untersuchungstermin nicht rechtzeitig erscheinen können.

Auf die Aufforderung des Gerichts, näher darzulegen, warum bei einer Anreise mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln ein rechtzeitiges Erscheinen nicht möglich gewesen wäre, hat die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 08.05.2012 nur mitgeteilt, dass die Antragstellerin wegen Schmerzen in der Hand und einer sich daraus ergebenden Angst vor Menschenansammlungen unumgänglich mit dem Taxi fahren habe müssen.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte mit Schreiben vom 31.01.2012 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung beantragt.

Die Entschädigung für die Wahrnehmung der Termine bei den Gutachtern am 09.09.2012 ist auf 36,25 EUR festzusetzen. Ein weitergehender Anspruch, insbesondere auf Erstattung der Taxikosten, besteht nicht.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Bayer. LSG, Beschluss vom 26.11.2013, Az.: L 15 SF 208/13; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.).

2. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn dem Antrag liegt eine Heranziehung zu einem gerichtlich angeordneten Begutachtungstermin vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG zugrunde.

3. Fristgerechter Entschädigungsantrag

Grundvoraussetzung für eine Entschädigung ist ein fristgerecht gestellter Entschädigungsantrag. Ein solcher liegt vor.

Der Entschädigungsantrag für die Untersuchung am 09.09.2011 ist am 08.12.2011 und damit kurz vor Ablauf der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG eingegangen.

4. Entschädigungstatbestände

Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich - wie hier - um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.

4.1. Fahrtkosten

Der Antragstellerin sind Fahrtkosten gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG in Höhe von 36,25 EUR zu erstatten. Ein weitergehender Anspruch auf Erstattung der Taxikosten über § 5 Abs. 3 JVEG besteht nicht.

4.1.1. Keine vollständige Erstattung der Taxikosten

Grundsätzlich besteht ein Recht zur freien Wahl des Beförderungsmittels im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des § 5 JVEG (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 5 JVEG, Rdnrn. 1, 5). Dies bedeutet, dass es regelmäßig im Belieben des Berechtigten steht, ob er mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln (§ 5 Abs. 1 JVEG) oder mit einem Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 JVEG) anreist (vgl. Beschluss des Senats vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B). Bei der Anreise mit einem Kraftfahrzeug macht der Gesetzgeber entschädigungsrechtlich keinen Unterschied, ob es sich um ein eigenes bzw. unentgeltlich zur Nutzung überlassenes Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 Satz 1 JVEG) oder um ein anderes, höhere Kosten verursachendes Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG) wie z. B. einen Mietwagen oder ein Taxi handelt; es gilt immer ein Kilometersatz von 0,25 EUR bei Beteiligten und Zeugen.

Die sinngemäße Vorgabe, im Rahmen der durch § 5 Abs. 1 und 2 JVEG eröffneten Möglichkeiten grundsätzlich das preisgünstigste Verkehrsmittel zu wählen, wie sie noch im zeitlichen Geltungsbereich des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) in § 9 Abs. 1 Satz 1 ZuSEG bestanden hatte, hat der Gesetzgeber mit Einführung des JVEG zum 01.07.2004 fallen gelassen. Gleichwohl ist auch nach dieser Gesetzesänderung bei der Auslegung zu beachten, dass schon wegen des allgemeinen haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 Bundeshaushaltsordnung; Art. 7 Bayerische Haushaltsordnung) im Bereich der Entschädigung von Zeugen, Sachverständigen, Dritten und ehrenamtlichen Richtern das im gesamten Bereich des Kostenrechts geltende Gebot der Kostendämpfung und Kostenminimierung zu beachten ist (vgl. Beschluss des Senats vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B; Thüringer LSG, Beschluss vom 27.09.2005, Az.: L 6 SF 408/05; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 5, Rdnr. 2; Hartmann, a. a. O., § 5 JVEG, Rdnr. 2).

Das Recht auf freie Wahl des Beförderungsmittels im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des § 5 JVEG endet dort, wo durch die Auswahl des Transportmittels weitere, über § 5 Abs. 1 und 2 JVEG hinausgehende Kosten entstehen würden. Dies ergibt sich primär aus Sinn und Zweck der in § 5 Abs. 1 und 2 JVEG getroffenen Regelungen. Mit der Aufgabe der noch im ZuSEG geltenden Vorgabe, nur das kostengünstigste Reisemittel zu entschädigen, hat der Gesetzgeber nur eine Verwaltungsvereinfachung (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 180 - zu § 5 JVEG) erzielen wollen, nicht aber eine Eröffnung von weitgehenden Möglichkeiten, durch die Wahl des Beförderungsmittels objektiv nicht erforderliche, weil bei Nutzung eines anderen Verkehrsmittels vermeidbare, Kosten der Staatskasse aufzubürden. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 JVEG, sofern dieser auf die absolut betrachtete objektive Notwendigkeit der höhere Kosten verursachenden Umstände abstellt. Objektiv nötig sind aber solche Kosten, die über den Rahmen des § 5 Abs. 1 und 2 JVEG hinausgehen, nicht mehr, wenn sie mit der Nutzung eines anderen möglichen und zumutbaren Verkehrsmittels vermieden werden können. Alles andere wäre mit dem Gebot der Kostendämpfung und Kostenminimierung nicht in Einklang zu bringen

Das Gebot der Kostendämpfung und Kostenminimierung kommt auch in § 5 Abs. 3 JVEG zum Ausdruck, der die Entschädigung von Kosten regelt, die über die nach § 5 Abs. 1 oder 2 JVEG zu ermittelnden Kosten hinausgehen. Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 JVEG können höhere Fahrtkosten, als sie bei der Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln oder dem eigenen bzw. einem unentgeltlich überlassenen Kraftfahrzeug unter Beachtung der Vorgaben für die Entschädigung in § 5 Abs. 1 und 2 JVEG entstehen, nur aus wirtschaftlichen Gründen (§ 5 Abs. 3 JVEG: „soweit dadurch Mehrbeträge an Vergütung oder Entschädigung erspart werden“) oder „wegen besonderer Umstände“, d. h. bei Notwendigkeit, ersetzt werden. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus sind zudem Fälle denkbar, in denen wegen eines vom Gericht geschaffenen oder ihm zurechenbaren Vertrauenstatbestands eine Kostenerstattung zu erfolgen hat (ähnlich zu den Kosten einer Begleitperson: Beschluss des Senats vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B. Nichts Anderes als der Gesichtspunkt eines Vertrauenstatbestands ist auch der Hintergrund der Regelung in § 5 Abs. 5 JVEG, sofern danach die Kosten einer Anreise von einem weiter entfernt liegendem Ort als dem Ladungsort erstattungsfähig sind, wenn nur die Anzeige an das Gericht unverzüglich erfolgt ist - vgl. Beschluss des Senats vom 06.11.2013, Az.: L 15 SF 191/11 B E).

Eine Erstattung der angefallenen Kosten für eine Reise mit einem Taxi kommt daher nur in folgenden Konstellationen in Betracht:

a) Reise weder mit einem in § 5 Abs. 1 JVEG noch in § 5 Abs. 2 JVEG genannten Verkehrsmittel unter den dort zugrunde gelegten Bedingungen möglich (Fall des § 5 Abs. 3, 2. Alt. JVEG - objektive Notwendigkeit des teureren Beförderungsmittels)

Die Anreise mit einem Taxi müsste objektiv zur Terminsteilnahme erforderlich sein.

Eine Reise mit einem in § 5 Abs. 1 und 2 JVEG genannten Verkehrsmittel (öffentliches, regelmäßig verkehrendes Verkehrsmittel oder eigenes bzw. zur Nutzung überlassenes Kraftfahrzeug) ist überhaupt nicht möglich oder zumutbar, so dass der Berechtigte ohne Reise mit einem Taxi den gerichtlich angeordneten Termin nicht wahrnehmen kann.

b) Reise mit einem Taxi aus wirtschaftlichen Gründen angezeigt (Fall des § 5 Abs. 3, 1. Alt. JVEG - Wirtschaftlichkeit des teureren Beförderungsmittels im Gesamtvergleich)

Die Reise mit einem Taxi müsste aus wirtschaftlichen Gründen, also bei Berücksichtigung der entstehenden Gesamtkosten, angezeigt sein.

Dies ist dann der Fall, wenn die Gesamtkosten bei Reise mit einem Taxi niedriger (oder nicht höher) sind als die Gesamtkosten, die bei Benutzung eines in § 5 Abs. 1 und 2 JVEG genannten Verkehrmittels entstehen würden.

Als Vergleichsmaßstab ist zu errechnen, welche entschädigungsrechtlich relevanten Kosten die Anreise mit einem (eigenen) Kraftfahrzeug oder mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln verursachen würde. Dabei kommt es nicht auf die individuellen Umstände des konkret Betroffenen an, sondern darauf, welche Kosten bei uneingeschränkter Reisefähigkeit unter normalen Bedingungen entstehen würden. Der sich dabei ergebende höhere Betrag, der die Obergrenze der sich aus § 5 Abs. 1 oder 2 JVEG ergebenden Entschädigung darstellt, ist der Vergleichsmaßstab.

Aus einem Gesamtkostenvergleich kann sich eine Rechtfertigung der Inanspruchnahme eines teureren Beförderungsmittels beispielsweise dann ergeben, wenn dadurch weitere, bei einer Anreise mit einem in § 5 Abs. 1 und 2 JVEG genannten Verkehrmittel ansonsten entstehende Kosten (z. B. Übernachtungskosten, höherer Verdienstausfall wegen längerer Abwesenheit) vermieden oder reduziert werden können, so dass letztlich die Reise ohne das teurere Beförderungsmittel der Staatskasse nicht billiger käme (vgl. vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 5, Rdnr. 14, der eine Berücksichtigung der Mehrkosten für einen Flugschein grundsätzlich dann für geboten bezeichnet, wenn die „Gesamtentschädigung ... nicht höher als bei Benutzung anderer, regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel“ bezeichnet; Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 180 - zu § 5 JVEG).

c) Reise mit einem Taxi aus Vertrauensschutzgründen zulässig

Der Berechtigte müsste ein schutzwürdiges Vertrauen darauf haben, dass er trotz höherer Kosten mit einem Taxi anreisen darf.

Ausnahmsweise sind über die Regelunge des § 5 Abs. 3 JVEG hinaus, die für eine Erstattung von Taxikosten die objektive Notwendigkeit oder Wirtschaftlichkeit der Taxibenutzung voraussetzen, aus Vertrauensschutzgesichtspunkten die Kosten einer - nicht notwendigen oder unwirtschaftlichen - Reise mit einem Taxi zu erstatten. Davon ist dann auszugehen, wenn der Berechtigte aufgrund des allgemeinen rechtsbereichsübergreifenden Grundsatzes von Treu und Glauben ein schutzwürdiges Vertrauen darauf hat, dass er mit einem Taxi reisen darf. Dabei kann nur ein Vertrauenstatbestand relevant sein kann, den das Gericht oder eine ihm zuzurechnende Person gesetzt hat. In Betracht kommt hier insbesondere die vor der Reise ausgesprochene Zustimmung durch den in der Hauptsache zuständigen Richter. In einem solchen Fall ist für den Berechtigten ein Vertrauenstatbestand geschaffen, der ihn - unabhängig von der objektiven Erforderlichkeit oder Wirtschaftlichkeit - zur Benutzung eines Taxis auf Staatskosten berechtigt. Gleichzustellen der vor der Reise erteilten Zustimmung ist die (nachträglich erfolgte) Genehmigung durch den Hauptsacherichter, die dieser jederzeit, z. B. auf Nachfrage des Kostenbeamten, aussprechen kann und bei der er die von ihm gewonnenen Erkenntnisse und Eindrücke vom Berechtigten, z. B. bei der mündlichen Verhandlung, verwerten kann.

Der Klarstellung halber weist der Senat darauf hin, dass das Fehlen einer vorherigen Mitteilung des Berechtigten an das Gericht, dass er mit einem Taxi zum gerichtlich angeordneten Termin zu reisen beabsichtige, einer Kostenerstattung nicht per se entgegen steht. Diese Ansicht hat das Bayer. LSG noch in seinem Beschluss vom 14.04.2002, Az.: L 16 RJ 609/98, vertreten. Auch wenn diese Entscheidung im Geltungsbereich des ZuSEG ergangen ist, hat sich die zugrunde liegende rechtliche Problematik seitdem nicht entscheidend verändert. Das Bayer. LSG hat damals wegen der trotz entsprechender Hinweise im Ladungsschreiben nicht erfolgten vorherigen Mitteilung des Berechtigten über die verteuernden Umstände einen Anspruchsverlust gesehen und dies mit einer Obliegenheitsverletzung begründet. Es hat in der genannten Entscheidung - wie auch in anderen Entscheidungen (vgl. z. B. Beschlüsse vom 28.12. 1994, Az.: L 13 An 135/89 Ko, vom 18.08.1995, Az.: L 1 U 172/89.Ko, und vom 19.01.1998, Az.: L 15 Bl 1/94.Ko) argumentiert, dass die Verletzung der Nebenpflicht (Obliegenheit), das Gericht vorab über die Möglichkeit des Entstehens höherer Kosten zu informieren, dann zum Verlust des einem Beteiligten zustehenden Ersatzes der (höheren) Fahrtkosten führe, wenn ein adäquat kausaler Schaden eingetreten sei. Ein derartiger Schaden entstehe durch das schuldhafte Unterlassen der Mitteilung, wenn Fahrtkosten entstanden seien, die bei rechtzeitiger Mitteilung nicht entstanden wären.

Diese Argumentation kann der Senat so nicht aufrecht erhalten. Sie verkennt, dass der Gesetzgeber eine Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruchsverlust nicht vorgesehen hat. Eine Mitteilungspflicht hat der Gesetzgeber für den Fall, dass die Anreise nicht mit einem öffentlichen, regelmäßig verkehrenden oder dem eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug erfolgt, nicht vorgesehen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass auch eine Verletzung einer Anzeigepflicht, wie sie für die Anreise von einem anderen Ort als dem Ladungsort in § 5 Abs. 5 JVEG konstituiert ist, nicht automatisch zu einem Anspruchsverlust führt.

Zwar empfiehlt sich eine vorherige Anzeige des beabsichtigten „teureren“ Beförderungsmittels schon deshalb, damit der Berechtigte vorab die Haltung des Gerichts zu seiner Einschätzung der besonderen Umstände im Sinn des § 5 Abs. 3 JVEG erfährt und auf diesem Weg spätere Streitigkeiten bei der Entschädigung - sei es durch weitere Abklärung mit dem Gericht vor dem Termin, sei es durch die Wahl eines günstigeren Verkehrsmittels - vermeiden kann. Sanktionen werden aber durch den Gesetzgeber an eine nicht erfolgte Mitteilung nicht geknüpft. Konsequenz einer nicht vorher getätigten Mitteilung ist daher nur, dass der Berechtigte das Risiko tragen muss, dass das Gericht die erhöhten Kosten bei der Entschädigung nach Prüfung in der Sache nicht berücksichtigt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.12.2011, Az.: L 2 SF 319/11 B). Würde hingegen der früher vom Senat vertretenen Ansicht gefolgt, hätte dies zur Konsequenz, dass auch dann eine Erstattung der höheren Kosten nicht erfolgen könnte, wenn die Benutzung des teureren Verkehrsmittels objektiv notwendig war. Ein derartiges Ergebnis wäre nicht vertretbar.

Im vorliegenden Fall ist eine (volle) Erstattung der Taxikosten unter keinem Gesichtspunkt angezeigt:

Zu a. - mögliche Reise mit einem alternativen - hier: öffentlichen, regelmäßig verkehrenden - Verkehrsmittel

Einer Reise der Antragstellerin, die über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt, mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln wäre nichts entgegen gestanden. Eine Benutzung wäre ihr aus gesundheitlichen Gründen möglich gewesen. Dies ist einhellige Einschätzung der Sachverständigen. Die von der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Schreiben vom 08.05.2012 gegebene Begründung, die Antragstellerin habe wegen Schmerzen in der Hand und einer sich daraus ergebenden Angst vor Menschenansammlungen nicht mit dem Zug anreisen können, kann demgegenüber nicht überzeugen. Weder hat die Antragstellerin bei den Begutachtungen entsprechende glaubhafte Angaben gemacht noch hat der psychiatrische Gutachter irgendwelche Feststellungen in Richtung einer solchen Angst machen können. Auch sonst ist nichts ersichtlich, was einer Benutzung öffentlicher, regelmäßig verkehrender Verkehrsmittel im Prinzip - der zeitliche Gesichtspunkt ist an dieser Stelle noch ohne Bedeutung - entgegen gestanden hätte. Jedenfalls hat sich der Senat nicht die Überzeugung davon bilden können, dass die Antragstellerin nicht auch mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln anreisen hätte können, so dass die Unerweislichkeit nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast, der auch im Bereich des JVEG gilt (vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12, und vom 30.10.2013, Az.: L 15 SF 231/13 E) zulasten der Antragstellerin geht.

Zu b. - Gesamtkostenvergleich der Reise mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln und der von der Antragstellerin gewählten Reise mit einem Taxi

Eine Reise der Antragstellerin mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln wäre offenkundig, ohne dass dies einer Berechnung im Detail bedürfte, mit deutlich geringeren Kosten verbunden gewesen. Zwar wären dann weitere Kosten wie z. B. Übernachtungskosten für eine Nacht (die Antragstellerin hätte wegen der ungünstigen Zugverbindungen, wie sie sich aus einer vom Senat im Rahmen der Ermittlungen von Amts wegen eingeholten Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn ergeben, bereits am Vortag zum Begutachtungsort anreisen müssen) angefallen. Da die Antragstellerin aber keinen Verdienstausfall geltend gemacht hat, wäre eine Anreise am Vortag mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln und Übernachtung auf jeden Fall deutlich günstiger gewesen als die Reise am Begutachtungstag mit einem Taxi. Mit den durch die Reise mit einem Taxi erhöhten Kosten ist also keine so weit gehende Kosteneinsparung an anderer Stelle verbunden gewesen, dass die Reise mit einem Taxi aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten angezeigt gewesen wäre.

Zu c. - Vertrauensschutzgesichtspunkte

Einen Vertrauensschutz hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht; es ist dafür kein Anhaltspunkt ersichtlich. Eine richterliche Genehmigung der Reise mit einem Taxi ist weder vor noch nach der Fahrt erfolgt.

4.1.2. Keine anteilige Erstattung der angefallenen Taxikosten bis zu der Höhe, in der bei einer Reise mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln Kosten angefallen wären

Der Gesetzgeber hat keine Regelung geschaffen, die eine anteilige Erstattung tatsächlich angefallener, aber nicht erforderlicher Kosten bis zur maximal erstattungsfähigen Höhe, d. h. bei der im Rahmen des § 5 Abs. 1 und 2 JVEG kostenaufwändigsten noch erstattungsfähigen Anreise, vorsehen würde.

§ 5 Abs. 3 JVEG ist dahingehend zu verstehen, dass eine Berücksichtigung höherer als in § 5 Abs. 1 und 2 JVEG bezeichneter Fahrtkosten aus wirtschaftlichen Gründen nur dann möglich ist, wenn der Gesamtvergleich ergibt, dass die gewählte Reiseart insgesamt günstiger (oder zumindest nicht teurer) ist. Ist dies nicht der Fall, ergeben sich die zu erstattenden Kosten ausschließlich aus den Vorgaben des § 5 Abs. 1 und 2 JVEG. Für den hier vorliegenden Fall der Reise mit Taxi bedeutet dies, dass bei einer im Gesamtvergleich teureren Reise mit Taxi gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG nur Fahrtkosten bei Zugrundelegung der Kilometerpauschale des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG zu erstatten sind. Hat der Berechtigte eine zu teure Reiseart gewählt, geht er betreffend die Mehrkosten komplett leer aus.

Eine Erstattung der angefallenen Kosten bis zu der Höhe, in der sie auch bei einer Reise mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln insgesamt angefallen wären - hier wäre eine Übernachtung nötig gewesen -, ermöglicht § 5 Abs. 3 JVEG nicht.

Der Senat geht bei der Auslegung des § 5 Abs. 3 JVEG davon aus, dass das Wort „soweit“ in § 5 Abs. 3 JVEG als „wenn“ zu lesen ist. Er ist sich sehr wohl bewusst, dass der Wortlaut des Gesetzes einer - eine anteilsmäßige Erstattung der Mehrkosten ermöglichenden - Auslegung des Wortes „soweit“ im Sinn von „in dem Umfang, in dem“ nicht zwingend entgegen steht. Für eine Auslegung im Sinn von „in dem Umfang, in dem“ (so ohne irgendeine Begründung Hartmann, a. a. O., § 5 JVEG, Rdnr. 19 anhand eines Beispiels; a.A. - ebenso ohne Begründung - Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 5, Rdnr. 14 [zu Kosten einer Flugzeugbenutzung]: „Wird die „Gesamtentschädigung ... bei Benutzung eines Flugzeuges nicht höher als bei Benutzung anderer, regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel“, und § 5, Rdnr. 19 [zu höheren Fahrtkosten]: „Höhere Fahrtkosten als die nach Abs. 1 oder Abs. 2 zu berechnenden Fahrtkosten können ... nur dann erstattet werde, wenn die insgesamt zu berechnende Entschädigung ... dadurch niedriger wird ...“) könnte auch ins Feld geführt werden, dass damit der Berechtigte bei unwirtschaftlichem Verhalten zumindest das erhalten würde, was ihm bei wirtschaftlichem Verhalten zustehen würde, der Staat also nicht im Einzelfall von einem unwirtschaftlichen Verhalten profitieren könnte - dies ist nämlich die Konsequenz der vom Senat und Meyer/Höver/Bach/Oberlack vorgenommenen Auslegung. Gegen eine solche, der materiellen Gerechtigkeit in jedem Einzelfall dienenden Auslegung im Sinn von „in dem Umfang, in dem“ sprechen aber gewichtige Argumente:

- Gegen die Möglichkeit einer anteiligen Erstattung spricht ganz klar die Gesetzesbegründung zu § 5 JVEG.

So hat der Gesetzgeber die Neuregelung in § 5 JVEG insbesondere deshalb vorgenommen, um „aus Vereinfachungsgründen“ die nach der damaligen, d. h. unter Geltung des ZuSEG bestehenden Rechtslage „unumgängliche und für alle Beteiligten mühsame und zeitintensive Vergleichsberechnung zukünftig entfallen zu lassen“ (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, a. a. O., S. 143 und 180). Diese gesetzgeberische Intention würde missachtet, wenn eine anteilmäßige Erstattung zugelassen würde. Denn dies würde in Fällen wie hier die Durchführung der vom Gesetzgeber unerwünschten, bis ins letzte Detail gehenden Vergleichsberechnung verlangen.

In der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 3 JVEG hat der Gesetzgeber weiter explizit darauf hingewiesen, dass entscheidend sein soll, ob durch die höheren Fahrtkosten die Vergütung oder Entschädigung „insgesamt höher“ wird. Wie aus dem von ihm ausgeführten Beispiel der Benutzung eines Taxis zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber von einer Erstattungsfähigkeit aus, wenn die Benutzung des Taxis „die ansonsten insgesamt zu gewährende Vergütung oder Entschädigung (deutlich) zu verringern geeignet sein wird“ (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, a. a. O., S. 180 - zu § 5 JVEG). Aus der Gesetzesbegründung wird damit für den Senat zweifelsfrei ersichtlich, dass eine Erstattung von Taxikosten nur dann möglich ist, wenn die zur Entschädigung im Raum stehenden tatsächlich angefallenen Kosten durch die Anreise mit dem Taxi nicht höher werden als bei einer anderen möglichen und zumutbaren Anreiseart, hier also mit dem Zug am Vortag und Übernachtung. An eine anteilige Erstattung hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung nicht gedacht. Vielmehr ist er nach dem Prinzip „Alles oder Nichts“ vorgegangen.

Bei dieser Begründung verkennt der Senat nicht, dass auch bei der von ihm gewählten Auslegung eine Vergleichsberechnung nicht vollständig und in jedem Fall entbehrlich ist. Denn wegen des Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkts ist in jedem Fall einer Anreiseart mit einem Beförderungsmittel, das über § 5 Abs. 1 oder 2 JVEG hinausgehende Mehrkosten verursacht, zu prüfen, ob dadurch nicht andere, ansonsten zu entschädigende Kosten eingespart werden konnten und nicht die Gesamtentschädigung für den Staat günstiger ausfällt, als dies bei der Benutzung der in § 5 Abs. 1 und 2 JVEG genannten Verkehrsmittel ohne Mehrkosten im Sinn des § 5 Abs. 3 JVEG der Fall wäre. Dies stellt aber die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers nicht in Frage und lässt keine Zweifel an der Richtigkeit der vom Senat vertretenen Auslegung aufkeimen. Denn nur mit dieser Auslegung kann dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nach einer Verwaltungsvereinfachung weitestgehend Rechnung getragen werden. Es ist zu berücksichtigen, dass bei der - auch nach Ansicht des Senats nicht völlig zu vermeidenden - Vergleichsberechnung in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle - so wie hier - schon nach einer grob-überschlägigen Rechnung erkennbar ist, dass die Reise mit dem vom Antragsteller gewählten, aber nicht in § 5 Abs. 1 und 2 JVEG genannten Verkehrsmittel unwirtschaftlich ist. Eine genaue und mit ungleich höherem Aufwand verbundene Vergleichsberechnung wird daher nur selten nötig sein. Würde hingegen - wie dies der Senat ablehnt - eine anteilige Kostenerstattung möglich sein, würde dies die Rechtsanwendung wieder dem Stand des ZuSEG annähern und in jedem Fall eine bis ins letzte Detail vorzunehmende Vergleichsberechnung verlangen. Denn ohne eine solche, mit einem erheblichen Aufwand und einem nicht zu unterschätzenden Streitpotential verbundene Vergleichsberechnung könnte in keinem Fall die festzusetzende Entschädigung ermittelt werden. Der Wille des Gesetzgebers wäre damit weitgehend ad absurdum geführt.

- Eine anteilsmäßige Erstattung würde im Ergebnis auf eine fiktive Kostenerstattung herauslaufen. Der Berechtigte würde so gestellt, wie wenn er ein anderes Verkehrmittel genutzt hätte. Eine fiktive Kostenerstattung ist dem JVEG aber fremd. Vielmehr ist das JVEG von dem Grundsatz durchzogen, dass nur (erforderliche und) tatsächlich entstandene Kosten zu berücksichtigen sind. Dies wird vielerorts im JVEG deutlich, insbesondere in § 5 JVEG (Abs. 1: „tatsächlich entstandenen Auslagen“; Abs. 2: „jeden gefahrenen Kilometer“, „bare Auslagen“, „tatsächlich entstandenen Auslagen“). Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat an dieser Stelle darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Festlegung von Kilometer-Pauschalen lediglich eine Pauschalierung und Deckelung von tatsächlich entstandenen Kosten, die im Einzelfall kaum genau zu bestimmen sind, und damit eine Erleichterung der Berechnung geschaffen, nicht aber eine Berücksichtigung fiktiver Kosten vorgenommen hat.

- Hätte der Gesetzgeber - anders als anzunehmen (vgl. erster Spiegelstrich) - eine anteilige Erstattung ermöglichen wollen, hätte er dies bei der Formulierung des § 5 Abs. 3 JVEG zum Ausdruck bringen müssen. So hätte er § 5 Abs. 3 JVEG durchaus wie folgt formulieren können: „Höhere als die sich aus Absatz 1 oder Absatz 2 ergebenden Fahrtkosten werden, wenn sie nicht schon wegen besonderer Umstände erforderlich sind, bis zu der Höhe ersetzt, dass die Vergütung oder Entschädigung dem entspricht, was sich bei Zugrundelegung einer Benutzung von Verkehrsmitteln im Sinn des Abs. 1 oder 2 als maximale Vergütung oder Entschädigung ergeben kann.“ Dass der Gesetzgeber diese oder eine ähnliche Formulierung nicht gewählt hat, bestätigt den Senat in der auch in der Gesetzesbegründung ihren Niederschlag findenden Ansicht, dass der Gesetzgeber keine anteilige Berücksichtigung ermöglichen wollte.

- Die vom Senat vorgenommene Auslegung steht in Übereinstimmung mit seinem die gesamte Rechtsprechung zum JVEG durchziehenden Leitgedanken, wonach aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Handhabbarkeit die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden dürfen (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B,vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, und vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13). Dieser Leitgedanke würde konterkariert, wenn in Fällen wie hier eine exakte Vergleichsberechnung zur Ermittlung des Entschädigungsbetrags unverzichtbar wäre. Eine solche Konterkarierung verbietet sich umso mehr, als der Gesetzgeber den selben Gedanken wie den Leitgedanken des Senats zur Grundlage seiner gesetzlichen Änderung gemacht hat (vgl. erster Spiegelstrich).

- Dass die Staatskasse letztlich in Einzelfällen einen Vorteil daraus ziehen kann, dass ein Berechtigter sich bei der Reise „unwirtschaftlich“ verhält und damit unter Umständen einen möglichen Entschädigungsanspruch nicht voll ausschöpft - davon kann im vorliegenden Fall ausgegangen werden, da die ansonsten erforderlichen und damit erstattungsfähigen Übernachtungskosten unberücksichtigt bleiben müssen (siehe dazu unten Ziff. 4.1.3.) -, kann eine andere Auslegung nicht begründen. Bei Berücksichtigung der gesetzgeberischen Zielsetzung einer Verwaltungsvereinfachung ist diese Konsequenz hinzunehmen. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Gesetzgeber bei der Benutzung von Kraftfahrzeugen, die nicht ein eigenes oder unentgeltlich überlassenes Fahrzeug darstellen und daher regelmäßig zu höheren Kosten als bei der Fahrt mit einem eigenen oder unentgeltlich überlassenen Kraftfahrzeug führen, mit § 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG eine nur eingeschränkte Kostenerstattung geregelt hat - nämlich in demselben Umfang, wie sie auch bei eigenen oder unentgeltlich überlassenen Kraftfahrzeugen erfolgt. Dies macht deutlich, dass Mehrkosten nur sehr eingeschränkt berücksichtigungsfähig sein sollen, und belegt die restriktive Haltung des Gesetzgebers.

- Schließlich ist zu berücksichtigen, dass das Ziel, in möglichst jedem Einzelfall materielle Gerechtigkeit herzustellen, im Rahmen des JVEG nicht bedingungslos gilt. Vielmehr ist die Ausgestaltung des JVEG durch zwei nicht immer deckungsgleiche Zielsetzungen geprägt, nämlich einerseits eine der wirtschaftlichen Entwicklung angepasste (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, a. a. O., S. 140) Entschädigung tatsächlich entstandener Nachteile, andererseits eine zügige und handhabbare verwaltungsvereinfachende Regelung (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, a. a. O., S. 2, 143 und 180) und damit eine Entkomplizierung des bis dahin geltenden Kostenrechts (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, a. a. O., S. 140). Der Gedanke der materiellen Gerechtigkeit ist damit kein bedingungslos geltendes Prinzip, sondern nur ein Auslegungsgesichtspunkt unter mehreren. Dass der Gesetzgeber den Gedanken der materiellen Gerechtigkeit nicht höher bewertet als den der Verwaltungsvereinfachung und leichten Handhabbarkeit durch die Verwaltung, wird auch an anderer Stelle deutlich. So hat der Gesetzgeber mit dem JVEG beispielsweise die für die Geltendmachung des Vergütungs- oder Entschädigungsanspruchs geltende Ausschlussfrist von durchaus knapp bemessenen drei Monaten gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG - anders als noch um ZuSEG - auf Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erweitert hat, ohne dass er für den Anspruchsverlust eine zuvor erfolgte individuelle Fristsetzung und Belehrung verlangt hätte. Dass unter dieser strengen Frist die materielle Gerechtigkeit leiden kann, hat der Gesetzgeber beim Erlass des JVEG in Kauf genommen. Der Gedanke der Verwaltungsvereinfachung stand bei der Einführung des JVEG ersichtlich im Vordergrund. Das Prinzip der materiellen Einzelfallgerechtigkeit hat der Gesetzgeber hintangestellt, wenn die Verwirklichung des Gerechtigkeitsgedanken im Widerspruch zu dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung, die auch einen zeitnahen Abschluss des Vergütungs- oder Entschädigungsverfahrens beinhaltet, steht. Insofern sieht der Senat keine durchgreifenden Bedenken dagegen, im Fall des § 5 Abs. 3 JVEG einer der Verwaltungsvereinfachung den Vorzug gebenden Auslegung zu folgen.

Diese strenge Auslegung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Überarbeitung des Kostenrechts durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vereinzelt die Tendenz erkennen lässt, die dem JVEG zugrunde liegende stark durch die Verwaltungsvereinfachung geprägte Abrechnung im Sinne materieller Gerechtigkeit für den Berechtigten wohlwollender zu gestalten. Vielmehr bestätigt die Überarbeitung des JVEG durch das 2. KostRMoG gerade die strenge Auslegung. Denn im 2. KostRMoG hat der Gesetzgeber zwar seine strenge Vorgabe zur Geltendmachung des Vergütungs- und Entschädigungsanspruchs u. a. wegen der verbreiteten Unkenntnis der Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines 2. KostRMoG, Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 258 f.) dadurch abgemildert hat, dass er in § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG eine Belehrungspflicht über Frist und Fristbeginn eingefügt hat. Eine Überarbeitung des § 5 Abs. 3 JVEG ist aber nicht erfolgt, was den Schluss zulässt, dass der Gesetzgeber bei dieser Regelung - anders als bei § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG - keinen Anlass für eine weniger strenge Handhabung und damit keinen Korrekturbedarf gesehen hat.

- Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten besteht kein Anlass, an der strengen Auslegung des § 5 Abs. 3 JVEG zu zweifeln. Aus Verfassungsrecht lässt sich ohnehin kein Anspruch auf Entschädigung wegen der Teilnahme an einem gerichtlich angeordneten Termin für einen Zeugen (und damit erst recht nicht für einen Beteiligten) ableiten. Die Wahrnehmung derartiger Termin ist Ausfluss verfassungsmäßiger staatsbürgerlicher Pflichten, für deren Ausübung der Staat verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, dem Bürger einen Ausgleich zu gewähren (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 14.07.1970, Az.: 1 BvL 2/67 - zum Ersatz von Verdienstausfall wegen der Musterungsuntersuchung im Rahmen der Wehrpflicht -, und vom 10.10.1978, Az.: 2 BvL 3/78 - zur Entschädigung von Zeugen ohne Verdienstausfall gemäß § 2 Abs. 3 ZuSEG) bzw. liegt bei einem Beteilten sogar in dessen Eigeninteresse. Wenn der Gesetzgeber gleichwohl eine Entschädigung ermöglicht, hat er dabei, da es sich um Ansprüche im Bereich der darreichenden Verwaltung handelt, eine deutlich größere Gestaltungsfreiheit als bei der Regelung staatlicher Eingriffe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1970, Az.: 1 BvL 2/67 - m. w. N.). Eine Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten ist insbesondere auch durch einen im Sinn des Gemeinwohls vorgenommenen Interessenausgleich gerechtfertigt. Denn mit einer Regelung, wie sie § 5 Abs. 3 JVEG enthält, wird sichergestellt, dass die Kosten des gerichtlichen Verfahrens, unabhängig davon, ob sie die Staatskasse oder die verlierende Prozesspartei zu tragen hat, nicht unangemessen steigen. Eine vom Gesetzgeber eingeführte Limitierung der Entschädigung dient der Überschaubarkeit des Kostenrisikos und damit der Rechtssicherheit; auch eine gewisse Rücksichtnahme auf die Belastung der öffentlichen Haushalte ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss 27.06.1972, Az.: 1 BvL 34/70).

4.1.3. Keine Erstattung der fiktiven Kosten einer Reise mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln

Eine Regelung, wonach - unabhängig vom Nachweis entstandener Kosten - die fiktiven Kosten zu erstatten wären, die bei einer Anreise mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln (und einer dabei erforderlichen Übernachtung) angefallen wären, enthält das JVEG nicht.

Die Regelung des § 5 JVEG sieht - wie das ganze JVEG - nur die Erstattung tatsächlich entstandener Kosten (vgl. auch oben Ziff. 4.1.2., zweiter Spiegelstrich) - wenngleich teilweise pauschaliert und der Höhe nach begrenzt - vor, kennt aber keine Erstattung fiktiver Kosten. Auch wenn die Antragstellerin bei Benutzung öffentlicher, regelmäßig verkehrender Verkehrsmittel möglicherweise einen höheren Erstattungsanspruch, als er ihr jetzt zugesprochen werden kann, gehabt hätte, weil sie wegen der schlechten Zugverbindung bereits am Vortag anreisen hätte müssen und daher erstattungsfähige Übernachtungskosten angefallen wären, kann dies nicht über das Institut einer fiktiven Kostenerstattung Berücksichtigung finden. Denn eine Erstattung fiktiver Kosten sehen die gesetzlichen Regelungen nicht vor (vgl. Bayer. LSG, Beschlüsse vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B - zur Frage der Erstattung von Kosten für eine Begleitperson; vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11 - zur Frage der Kostenerstattung einer fiktiven Einzelfahrkarte bei Erwerb einer Wochenkarte). Im Übrigen fällt es in den Risikobereich der Antragstellerin, wenn sie eine mit höheren Kosten verbundene Reiseart wählt, ohne dies vorher mit dem Gericht abzuklären. Dies wäre im vorliegenden Fall angezeigt gewesen. Wenn die Antragstellerin stattdessen das Gericht mit vollendeten Tatsachen konfrontiert, ist dies kein geeignetes Mittel, die Erstattung nicht erforderlicher Kosten wegen der Benutzung eines Taxis (teilweise) durchzusetzen.

4.1.4. Ergebnis

Konsequenz der Tatsache, dass die Reise mit einem Taxi jedenfalls höhere Gesamtkosten verursacht hat, als sie bei einer Reise mit einem der in § 5 Abs. 1 oder 2 JVEG genannten Verkehrsmittel angefallen wären, ist, dass gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG lediglich Fahrtkosten nach der Kilometerpauschale von 0,25 EUR für gefahrene 145 km, insgesamt 36,25 EUR zu erstatten sind. Darüber hinausgehende Kosten sind nicht erstattungsfähig.

4.2. Entschädigung für Zeitversäumnis

Eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinn des § 20 JVEG ist nicht zu leisten.

Eine Entschädigung für Zeitversäumnis wird - auch bei Beteiligten des sozialgerichtlichen Verfahrens - regelmäßig dann zu erbringen sein, wenn weder ein Verdienstausfall noch Nachteile bei der Haushaltsführung geltend gemacht werden können. Denn bei dieser Entschädigung für sonstige Nachteile ist es nicht erforderlich, dass dem Berechtigten geldwerte Vorteile entgehen (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 20, Rdnr. 4). Zudem besteht mit § 20 letzter Halbsatz JVEG eine widerlegbare gesetzliche Vermutung dahingehend, dass ein Nachteil erstanden ist.

Mit der Frage, wann die gesetzliche Vermutung als widerlegt zu betrachten ist, hat sich der Senat eingehend in seinem grundlegenden Beschluss vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, auseinander gesetzt. Danach ist lediglich dann, wenn dem Antragsteller „ersichtlich“ kein Nachteil entstanden ist, eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht zu leisten. Davon, dass ersichtlich kein Nachteil entstanden ist, ist dann auszugehen, wenn sich aus den eigenen Angaben des Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn es offensichtlich ist, dass ein Nachteil nicht eingetreten ist. Von ersterem ist dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Antrag nichts angibt, was auf eine Zeitversäumnis hindeutet und nicht einmal durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gibt, dass ihm eine Zeitversäumnis entstanden ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 06.11.2013, Az.: L 15 SF 191/11 B E). Ob der Nichteintritt eines Nachteils aus anderen Gründen ersichtlich, d. h. offensichtlich erkennbar ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten sind dabei angesichts der gesetzlichen Vermutung nur sehr gering (vgl. Beschluss des Senats vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11). Denn mit der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG wird auch der Verlust von Freizeit entschädigt, wobei die Verwendung von Freizeit sehr vielgestaltig ist und im Belieben des Einzelnen steht. Eine Beurteilung der Wertigkeit der Freizeitgestaltung steht dem Kostenbeamten genauso wie dem Kostenrichter nicht zu.

Im vorliegenden Fall kann eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht erfolgen, da die gesetzliche Vermutung des § 20 letzter Halbsatz JVEG als widerlegt zu betrachten ist. Die Antragstellerin hat weder durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gegeben, dass ihr eine Zeitversäumnis entstanden ist, noch im Antrag irgend etwas angegeben, was auf eine Zeitversäumnis hindeuten könnte, noch sind irgendwelche anderen Gründe, die eine Zeitversäumnis begründen könnten, offensichtlich erkennbar.

Der Antragstellerin ist daher für die Wahrnehmung der Untersuchungstermine am 09.09.2011 eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 36,25 EUR zu gewähren.

Der Kostensenat des Bayer. LSG trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die oberste Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.

Tenor

Die Vergütung der Antragstellerin für die Dolmetschertätigkeit in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 wird auf 119,- € festgesetzt.

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr erbrachte Dolmetschertätigkeit durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Die Antragstellerin erbringt als GmbH durch bei ihr Beschäftigte Dolmetscherleistungen in diversen Sprachen. Sie hat (zuletzt) am 29.08.2013 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts Landshut, eine Vereinbarung über die Erbringung von Dolmetscherleistungen geschlossen. In Ziff. 1 der Vereinbarung ist Folgendes geregelt:

„Für die auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern erbrachte Leistung als Dolmetscher wird für alle Sprachen eine Vergütung in Höhe von 50,00 € je Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt.“

Weitergehende Differenzierungen hinsichtlich der Art der Dolmetschertätigkeit enthält die Vereinbarung nicht.

Mit Schreiben des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 20.04.2015 wurde die Antragstellerin als Simultandolmetscherin für die türkische Sprache zum Gerichtstermin am 20.05.2015 geladen. Der Gerichtstermin dauerte von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr.

Für ihre Tätigkeit am 20.05.2015 stellte die Antragstellerin dem LSG mit Schreiben vom 28.05.2015 einen Betrag in Höhe von insgesamt 178,50 € in Rechnung. Der Rechnung lag eine Dauer des Gerichtstermins von einer Stunde und eine Zeit von jeweils einer halben Stunde für die Hin- und die Rückfahrt zugrunde. Die Rechnung weist einen Stundensatz von 75,- € sowie die Umsatzsteuer aus.

Die Kostenbeamtin des LSG bewilligte mit Schreiben vom 10.06.2015 unter Zugrundelegung der Zeitangaben der Antragstellerin lediglich einen Betrag in Höhe von 119,- €, den sie damit begründete, dass für die Dolmetschertätigkeit ein Stundensatz von 50,- € vereinbart worden sei.

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.06.2015 gewandt und mitgeteilt, dass sie mit der Kürzung nicht einverstanden sei. Vom Gericht sei ausdrücklich ein Simultandolmetscher geladen worden. Diese Leistung sei nicht Bestandteil der Vereinbarung zu 50,- € je Stunde.

Der Kostensenat des LSG hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.08.2015 auf die am 29.08.2013 abgeschlossene Vereinbarung hingewiesen, die keine Differenzierung nach unterschiedlichen Dolmetschertätigkeiten vorsehe. Eine höhere Vergütung als gewährt komme daher nicht in Betracht. Sollte die Antragstellerin in der Zukunft die Abrechnung nach einen höheren Stundensatz wünschen, müsste dazu die bestehende Vereinbarung geändert werden, wofür nicht der Kostensenat, sondern die Gerichtsverwaltung zuständig wäre.

Gründe

II.

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte sinngemäß mit Schreiben vom30.06.2015 die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass sie mit der Festsetzung der Vergütung durch die Kostenbeamtin nicht einverstanden ist und eine höhere Vergütung begehrt.

Die Vergütung für die Dolmetschertätigkeit am 20.05.2015 ist auf 119,- € festzusetzen.

Einer Vergütung in der von der Antragstellerin beantragten Höhe unter Zugrundelegung des gesetzlich vorgesehenen Stundensatzes von 75,- € steht der in der Vereinbarung vom 29.08.2013 geregelte Stundensatz von 50,- € entgegen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.).

2. Vergütung nach Maßgaben der Vereinbarung vom 29.08.2013

Der Antragstellerin steht eine Vergütung in Höhe von 119,- € zu. Dies ergibt sich aus der zwischen der Antragstellerin und dem Freistaat Bayern geschlossenen Vereinbarung vom 29.08.2013. Maßstab für die Ermittlung der Vergütung ist der vereinbarte Stundensatz, nicht die gesetzliche Regelung des § 9 Abs. 3 JVEG.

2.1. Allgemeine Voraussetzungen einer Vereinbarung

Gemäß § 14 JVEG können Vereinbarungen mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, geschlossen werden. Die in der Vereinbarung getroffenen Vorgaben für die Vergütung gehen dann den Abrechnungsvorschriften des JVEG vor.

Die Vereinbarung ist für Landesgerichte zwischen der für den Gerichtszweig zuständigen obersten Landesbehörde und dem Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer zu treffen. Statt der obersten Landesbehörde kann auch eine von dieser bestimmte Stelle die Vereinbarung abschließen.

2.2. Wirksamkeit der Vereinbarung im vorliegenden Fall

Es liegt eine wirksame Vereinbarung im Sinn des § 14 JVEG vor.

2.2.1. Ermächtigung zum Abschluss

Beim Abschluss der Vereinbarung vom 29.08.2013 hat für den Freistaat Bayern der Präsident des Sozialgerichts Landshut gehandelt. Dieser war gemäß dem Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge vom 18.03.1966, modifiziert mit Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.08.2014, zum Abschluss der Vereinbarung mit Zustimmung des Bayer. LSG ermächtigt.

2.2.2. Inhaltskontrolle der Vereinbarung

Durchgreifende inhaltliche Bedenken gegen die Vereinbarung bestehen nicht.

Die Vorschrift des § 14 JVEG lautet wie folgt:

„Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die obersten Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.“

Diese Vorgaben hält die Vereinbarung vom 29.08.2013 ein.

2.2.2.1. Obergrenze der Vergütung

Die Vereinbarung beachtet das Gebot der sich aus § 14 JVEG ergebenden Obergrenze der Vergütung nach der Vereinbarung.

Die vereinbarte Vergütung kann die Vergütung, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG, die bei Fehlen einer Vereinbarung anzuwenden sind, nicht überschreiten (§ 14 a.E. JVEG). Der in der Vereinbarung geregelte Stundensatz von 50,- € führt in jedem Fall dazu, dass die nach der Vereinbarung zu gewährende Vergütung erheblich unter der liegt, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG ergäbe, wenn keine derartige Vereinbarung getroffen wäre.

2.2.2.2. Untergrenze der Vergütung

Der in der Vereinbarung geregelte vergleichsweise niedrige Stundensatz steht nicht in Konflikt mit sich aus dem JVEG ergebenden kostenrechtlichen Vorgaben oder sonstigen rechtlichen Maßgaben.

Der Senat sieht keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt, dass der vereinbarte Stundensatz von 50,- € nicht unerheblich unter den vom Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 JVEG vorgesehenen Stundensätzen von 70,- € bzw. 75,- € liegt. Denn aus dem JVEG ergibt sich nichts, was einer Vereinbarung Grenzen hinsichtlich der Vergütungshöhe nach unten setzen würde.

Sofern Meyer/Höver/Bach/Oberlack (vgl. a. a. O., § 14, Rdnr. 2)

„eine sich abzeichnende Praxis von einigen der nach § 14 bestimmten Stellen, von herangezogenen Dolmetschern allein aus fiskalischen Gründen regelmäßig den Abschluss einer Vereinbarung nach § 14 zu fordern, die teilweise zu einer deutlich unter der nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergütung führt, [als] bedenklich“

ansehen, kann der Senat dieser Einschätzung jedenfalls dann nicht folgen, wenn mit den aufgezeigten Bedenken auch eine Rechtswidrigkeit der Vereinbarung im Einzelfall begründet werden soll. Zwar ist Meyer/Höver/Bach/Oberlack zuzugestehen, dass die gesetzliche Regelung des § 14 JVEG nach der Gesetzesbegründung vorrangig der Vereinfachung dienen soll und der Gedanke, dass der Abschluss derartiger Vereinbarungen (auch) ein fiskalisches Instrument zur Kostenersparnis für die Staatskasse sein könnte, jedenfalls explizit keinen Eingang in die Überlegungen des Gesetzgebers gefunden hat. So hat der Gesetzgeber bereits 1956 in der Gesetzesbegründung zu § 13 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) („Mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Entschädigung im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung vereinbaren.“), der im Wesentlichen der Regelung des § 14 JVEG entspricht, weil in § 17 Abs. 1 ZSEG eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 13 ZSEG für Dolmetscher und Übersetzer angeordnet worden ist, Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften - Bundestags-Drucksache 2/2545, S. 219):

„Jedoch ist es aus Vereinfachungsgründen zweckmäßig, Vereinbarungen der obersten Landesbehörden mit häufiger herangezogenen Sachverständigen zuzulassen. Gedacht ist dabei vor allem an die Vereinbarung einer pauschalen Entschädigung, die in den typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden gesetzlichen Entschädigungen entspricht.“

Einen ähnlichen Eindruck, nämlich dass der Abschluss von Vereinbarungen im Sinn von - heute - § 14 JVEG zum Ziel allein eine Vereinfachung des Abrechnungswesens habe, erweckt auch die im Jahr 2003 gegebene Gesetzesbegründung zu § 14 JVEG, die wie folgt lautet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 185):

„In Betracht kommen hier etwa wie bisher Vereinbarungen über Fallpauschalen, die Höhe des Stundensatzes oder die Pauschalierung von Fahrtkosten oder sonstigen Aufwandserstattungen. Solche Vereinbarungen sollen auch in Zukunft möglich sein, da sie für alle Beteiligten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinfachung des Abrechnungswesens leisten.“

Dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen ausschließen hätte wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden, wovon Meyer/Höver/Bach/Oberlack auszugehen scheinen, findet aber in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. Dies wird für den Senat schon aus der Formulierung „vor allem“ in der Gesetzesbegründung von 1956 deutlich, die erkennen lässt, dass zwar eine Vereinfachung ein wesentliches Ziel für den Abschluss einer Vereinbarung ist, gleichwohl aber auch andere Gründe für den Abschluss einer Vereinbarung maßgeblich sein können. Bestätigt wird diese Annahme des Senats dadurch, dass zwar bei der Vergütung von Sachverständigen mit der Vereinbarung von Pauschalvergütungen der bei der Abrechnung von Gutachten teilweise nicht unerhebliche Aufwand für die Kostenbeamten verringert werden kann, diese Erwägungen aber nicht - zumindest nicht in gleicher Weise - auf die Vergütung von Dolmetschern übertragen werden können. Denn die Vergütung von Dolmetschern ist weit weniger kompliziert als die von Sachverständigen. Mit dem Ziel einer Vereinfachung der Abrechnung der Vergütung kann daher der Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern kaum begründet werden. Vielmehr sind marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Dolmetscher nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, diese andererseits dafür mit einem gewissen finanziellen Entgegenkommen des Dolmetschers erwartet, der naheliegende Grund für den Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern. Davon, dass diese Überlegungen bei der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 i. V. m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG, wenn auch nicht zu Papier gebracht, so doch zugrunde gelegen haben, ist der Senat überzeugt, da sich eine anderweitige überzeugende Begründung für die Erstreckung von § 13 ZSEG i. V. m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG auf Dolmetscher nicht finden lässt. Bestätigung findet diese Einschätzung des Senats letztlich auch in der Gesetzesbegründung zum KostRMoG zu § 14 JVEG, wenn dort unter den möglichen Vereinbarungsgegenständen explizit auch die Höhe des Stundensatzes genannt wird. Dass eine Vereinbarung zur Höhe des Stundensatzes nicht einer Abrechnungsvereinfachung, sondern - überwiegend, wenn nicht ausschließlich - einer Kosteneinsparung auf Seiten der Staatskasse dient, ist offenkundig. Sofern die Gesetzesbegründungen diesen Umstand sowohl im Jahr 1956 als auch im Jahr 2003 verschwiegen haben, kann dies nur als eine Verschleierung der wahren gesetzgeberischen Motive angesehen werden. In diesem Zusammenhang kann sich der Senat auch nicht des Eindrucks einer gewissen Scheinheiligkeit der Gesetzesbegründung von 1956 erwehren. Denn dass bei Beachtung der Maßgabe der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG, wonach die Entschädigung (eines Sachverständigen) - seit dem Erlass des JVEG spricht das Gesetz nicht mehr von einer Entschädigung des Sachverständigen, sondern von seiner Vergütung - nicht den „Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung“ überschreiten darf, die bei Vorliegen einer Vereinbarung zustehende Entschädigung nicht in jedem Einzelfall „den in typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden Entschädigungen“ entsprechen kann, liegt auf der Hand. Denn wenn - von besonderen Einzelfällen abgesehen - die nach der Vereinbarung zustehende Entschädigung (bzw. Vergütung) der durchschnittlichen Entschädigung (bzw. Vergütung) entsprechen soll, würde die für nicht wenige Fälle bedeuten, dass der Sachverständige nach der Vereinbarung besser entschädigt (bzw. vergütet) würde als nach den gesetzlichen Vorgaben. Genau dies verbieten aber § 13 ZSEG und § 14 JVEG, so dass die nach einer Vereinbarung zu gewährende Vergütung typischerweise niedriger sein muss.

Ein aus § 14 JVEG resultierendes Verbot einer Vereinbarung mit einer Vergütung unter den gesetzlichen Stundensätzen wäre auch mit dem Umstand nicht vereinbar, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG dem Dolmetscher die Vergütung nicht von Amts wegen ohne entsprechenden Antrag oder Rechnungsstellung zu gewähren ist, sondern er seinen Anspruch auf Vergütung geltend machen muss. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs besteht nach der gesetzlichen Symptomatik nicht. Warum es einem Vergütungsberechtigten nach dem JVEG nicht erlaubt sein sollte, bereits vorab im Rahmen einer Vereinbarung zu erklären, dass er seinen ihm nach den gesetzlichen Regelungen zustehenden Vergütungsanspruch nicht in voller Höhe geltend machen werde, lässt sich nicht begründen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 14 JVEG, Rdnr. 6).

Die Höhe der in einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG geregelten Vergütung ist daher grundsätzlich der Überprüfung durch den Kostenbeamten und den Kostenrichter entzogen, sofern nicht Gründe offenkundig auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staats beim Abschluss der Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich ist. Von einem derartigen Fall ist vorliegend nicht auszugehen.

2.3. Anwendbarkeit der Vereinbarung auch auf simultanes Dolmetschen

Die Vereinbarung vom 29.08.2013 umfasst auch simultanes Dolmetschen.

Soweit in der Vereinbarung die Formulierung „Leistung als Dolmetscher“ verwendet worden ist, ergibt eine Auslegung, dass damit die Dolmetschertätigkeit in sämtlichen Ausprägungen umfasst ist.

Bei der Auslegung ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten abzustellen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13). Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 3 JVEG ergibt, kennen die gesetzlichen Regelungen nur den Begriff des „Dolmetschers“, nicht aber den eines „Simultandolmetschers“ auf der einen und den eines „Konsekutivdolmetschers“ auf der anderen Seite. Die im Gesetz verankerte unterschiedliche Stundensatzhöhe nach der Art des Dolmetschens begründet keine unterschiedliche Begrifflichkeit eines Dolmetschers abhängig von der Art seines Tätigwerdens. Vielmehr bleibt nach dem vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut ein „Dolmetscher“ ein solcher auch dann, wenn er zum simultanen Dolmetschen herangezogen wird. Aus der Sicht eines verständigen Beteiligten aus dem Kreis der gerichtlich tätigen Dolmetscher spricht daher alles dafür, dass der in der Vereinbarung verwendete Begriff eines „Dolmetschers“ identisch mit der gesetzlichen Begrifflichkeit verwendet worden ist. Dass in der Vereinbarung ein einheitlicher Stundensatz zugrunde gelegt und nicht danach differenziert worden ist, ob das Dolmetschen konsekutiv oder simultan erfolgt, gibt keinen Anlass an dem aufgezeigten Begriffsverständnis zu zweifeln. Denn schon mit dem gegenüber der gesetzlichen Regelung deutlich niedrigeren Stundensatz wird belegt, dass die getroffene Vereinbarung nicht eine unmittelbare Orientierung an der gesetzlichen Vorschrift beabsichtigt. Auch der in der gesetzlichen Regelung vergleichsweise geringe finanzielle Unterschied zwischen den beiden Arten des Dolmetschens von 5,- € pro Stunde legt es nicht nahe, dass von der Pauschalvereinbarung nur die eine Art des (konsekutiven) Dolmetschens umfasst wäre.

2.4. Höhe der Vergütung im vorliegenden Fall

Bei einer objektiv erforderlichen Abwesenheitsdauer (§ 8 Abs. 2 JVEG) von 2 Stunden und einem vereinbarten Stundensatz von 50,- € ergibt sich einschließlich Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) eine Vergütung in Höhe von insgesamt 119,- €.

3. Abschließende Hinweise des Senats

Der Senat kann das Begehren der Antragstellerin, zumindest bei einem simultanen Dolmetschen einen höheren Stundensatz als 50,- € abrechnen zu können, angesichts des ausgesprochen niedrigen vereinbarten Stundensatzes durchaus nachvollziehen.

Für den Senat erscheint es nicht fernliegend, dass die Antragstellerin, möglicherweise bedingt durch eine Prägung der früheren Heranziehung im Wesentlichen nicht als Dolmetscherin für simultanes, sondern für konsekutives Dolmetschen, beim Abschluss der Vereinbarung subjektiv davon ausgegangen ist, dass die Heranziehung regelmäßig nur für konsekutives Dolmetschen erfolgt und der Fall des Simultandolmetschens nur die Ausnahme darstellt. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre es für den Senat durchaus plausibel, wenn die Antragstellerin mit einer gegebenenfalls verstärkten Praxis, sie vermehrt für simultanes Dolmetschen heranzuziehen, und einer Vergütung in Höhe von 50,- € pro Stunde dafür unzufrieden wäre. Ganz abgesehen davon, dass ein Stundensatz von 50,- € dem Senat ohnehin - auch mit Blick auf einen dem Senat bekannten Vergleichsfall - als ausgesprochen niedrig erscheint, wäre auch zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin höhere Kosten dafür entstehen, wenn sie zu einem Gerichtstermin einen höher qualifizierten und damit vermutlich von ihr auch höher bezahlten Dolmetscher für simultanes Dolmetschen übersendet. Gleichwohl kann aus den aufgezeigten Gründen dieser von der Antragstellerin als unbefriedigend empfundenen Gesamtsituation im Weg der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung nicht Rechnung getragen werden, da dem die abgeschlossene Vereinbarung entgegen steht.

Sollte die Antragstellerin diesen Zustand aus wirtschaftlichen Gründen für sich in der Zukunft nicht weiter als akzeptabel betrachten, stünde ihr einzig und allein die Möglichkeit offen, beim Präsidenten des Sozialgerichts Landshut auf eine Änderung der Vereinbarung zu drängen oder für den Fall, dass sich keine einvernehmliche Lösung finden lässt, die Vereinbarung zu kündigen. Für diesen Fall wäre die in der Vereinbarung geregelte Kündigungsfrist von drei Monaten vor Ablauf der Laufzeit der Vereinbarung (zum 31.08. jeden Jahres) und die Schriftform zu beachten.

Wie eine gegebenenfalls abgeänderte Vereinbarung aussehen könnte, insbesondere ob es bei der pauschalen Vergütung sämtlicher Dolmetscherleistungen unabhängig davon, ob konsekutiv oder simultan gedolmetscht wird, bleibt und dann der pauschale Stundensatz erhöht wird oder ob eine finanzielle Differenzierung zwischen konsekutivem und simultanem Dolmetschen erfolgt oder ob gegebenenfalls sogar das simultane Dolmetschen aus der Vereinbarung ausgegliedert wird, bleibt den entsprechenden Verhandlungen der Antragstellerin mit dem Präsidenten des Sozialgerichts Landshut vorbehalten.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die oberste Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.

Tenor

Die Vergütung der Antragstellerin für die Dolmetschertätigkeit in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 wird auf 119,- € festgesetzt.

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr erbrachte Dolmetschertätigkeit durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Die Antragstellerin erbringt als GmbH durch bei ihr Beschäftigte Dolmetscherleistungen in diversen Sprachen. Sie hat (zuletzt) am 29.08.2013 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts Landshut, eine Vereinbarung über die Erbringung von Dolmetscherleistungen geschlossen. In Ziff. 1 der Vereinbarung ist Folgendes geregelt:

„Für die auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern erbrachte Leistung als Dolmetscher wird für alle Sprachen eine Vergütung in Höhe von 50,00 € je Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt.“

Weitergehende Differenzierungen hinsichtlich der Art der Dolmetschertätigkeit enthält die Vereinbarung nicht.

Mit Schreiben des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 20.04.2015 wurde die Antragstellerin als Simultandolmetscherin für die türkische Sprache zum Gerichtstermin am 20.05.2015 geladen. Der Gerichtstermin dauerte von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr.

Für ihre Tätigkeit am 20.05.2015 stellte die Antragstellerin dem LSG mit Schreiben vom 28.05.2015 einen Betrag in Höhe von insgesamt 178,50 € in Rechnung. Der Rechnung lag eine Dauer des Gerichtstermins von einer Stunde und eine Zeit von jeweils einer halben Stunde für die Hin- und die Rückfahrt zugrunde. Die Rechnung weist einen Stundensatz von 75,- € sowie die Umsatzsteuer aus.

Die Kostenbeamtin des LSG bewilligte mit Schreiben vom 10.06.2015 unter Zugrundelegung der Zeitangaben der Antragstellerin lediglich einen Betrag in Höhe von 119,- €, den sie damit begründete, dass für die Dolmetschertätigkeit ein Stundensatz von 50,- € vereinbart worden sei.

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.06.2015 gewandt und mitgeteilt, dass sie mit der Kürzung nicht einverstanden sei. Vom Gericht sei ausdrücklich ein Simultandolmetscher geladen worden. Diese Leistung sei nicht Bestandteil der Vereinbarung zu 50,- € je Stunde.

Der Kostensenat des LSG hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.08.2015 auf die am 29.08.2013 abgeschlossene Vereinbarung hingewiesen, die keine Differenzierung nach unterschiedlichen Dolmetschertätigkeiten vorsehe. Eine höhere Vergütung als gewährt komme daher nicht in Betracht. Sollte die Antragstellerin in der Zukunft die Abrechnung nach einen höheren Stundensatz wünschen, müsste dazu die bestehende Vereinbarung geändert werden, wofür nicht der Kostensenat, sondern die Gerichtsverwaltung zuständig wäre.

Gründe

II.

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte sinngemäß mit Schreiben vom30.06.2015 die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass sie mit der Festsetzung der Vergütung durch die Kostenbeamtin nicht einverstanden ist und eine höhere Vergütung begehrt.

Die Vergütung für die Dolmetschertätigkeit am 20.05.2015 ist auf 119,- € festzusetzen.

Einer Vergütung in der von der Antragstellerin beantragten Höhe unter Zugrundelegung des gesetzlich vorgesehenen Stundensatzes von 75,- € steht der in der Vereinbarung vom 29.08.2013 geregelte Stundensatz von 50,- € entgegen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.).

2. Vergütung nach Maßgaben der Vereinbarung vom 29.08.2013

Der Antragstellerin steht eine Vergütung in Höhe von 119,- € zu. Dies ergibt sich aus der zwischen der Antragstellerin und dem Freistaat Bayern geschlossenen Vereinbarung vom 29.08.2013. Maßstab für die Ermittlung der Vergütung ist der vereinbarte Stundensatz, nicht die gesetzliche Regelung des § 9 Abs. 3 JVEG.

2.1. Allgemeine Voraussetzungen einer Vereinbarung

Gemäß § 14 JVEG können Vereinbarungen mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, geschlossen werden. Die in der Vereinbarung getroffenen Vorgaben für die Vergütung gehen dann den Abrechnungsvorschriften des JVEG vor.

Die Vereinbarung ist für Landesgerichte zwischen der für den Gerichtszweig zuständigen obersten Landesbehörde und dem Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer zu treffen. Statt der obersten Landesbehörde kann auch eine von dieser bestimmte Stelle die Vereinbarung abschließen.

2.2. Wirksamkeit der Vereinbarung im vorliegenden Fall

Es liegt eine wirksame Vereinbarung im Sinn des § 14 JVEG vor.

2.2.1. Ermächtigung zum Abschluss

Beim Abschluss der Vereinbarung vom 29.08.2013 hat für den Freistaat Bayern der Präsident des Sozialgerichts Landshut gehandelt. Dieser war gemäß dem Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge vom 18.03.1966, modifiziert mit Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.08.2014, zum Abschluss der Vereinbarung mit Zustimmung des Bayer. LSG ermächtigt.

2.2.2. Inhaltskontrolle der Vereinbarung

Durchgreifende inhaltliche Bedenken gegen die Vereinbarung bestehen nicht.

Die Vorschrift des § 14 JVEG lautet wie folgt:

„Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die obersten Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.“

Diese Vorgaben hält die Vereinbarung vom 29.08.2013 ein.

2.2.2.1. Obergrenze der Vergütung

Die Vereinbarung beachtet das Gebot der sich aus § 14 JVEG ergebenden Obergrenze der Vergütung nach der Vereinbarung.

Die vereinbarte Vergütung kann die Vergütung, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG, die bei Fehlen einer Vereinbarung anzuwenden sind, nicht überschreiten (§ 14 a.E. JVEG). Der in der Vereinbarung geregelte Stundensatz von 50,- € führt in jedem Fall dazu, dass die nach der Vereinbarung zu gewährende Vergütung erheblich unter der liegt, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG ergäbe, wenn keine derartige Vereinbarung getroffen wäre.

2.2.2.2. Untergrenze der Vergütung

Der in der Vereinbarung geregelte vergleichsweise niedrige Stundensatz steht nicht in Konflikt mit sich aus dem JVEG ergebenden kostenrechtlichen Vorgaben oder sonstigen rechtlichen Maßgaben.

Der Senat sieht keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt, dass der vereinbarte Stundensatz von 50,- € nicht unerheblich unter den vom Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 JVEG vorgesehenen Stundensätzen von 70,- € bzw. 75,- € liegt. Denn aus dem JVEG ergibt sich nichts, was einer Vereinbarung Grenzen hinsichtlich der Vergütungshöhe nach unten setzen würde.

Sofern Meyer/Höver/Bach/Oberlack (vgl. a. a. O., § 14, Rdnr. 2)

„eine sich abzeichnende Praxis von einigen der nach § 14 bestimmten Stellen, von herangezogenen Dolmetschern allein aus fiskalischen Gründen regelmäßig den Abschluss einer Vereinbarung nach § 14 zu fordern, die teilweise zu einer deutlich unter der nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergütung führt, [als] bedenklich“

ansehen, kann der Senat dieser Einschätzung jedenfalls dann nicht folgen, wenn mit den aufgezeigten Bedenken auch eine Rechtswidrigkeit der Vereinbarung im Einzelfall begründet werden soll. Zwar ist Meyer/Höver/Bach/Oberlack zuzugestehen, dass die gesetzliche Regelung des § 14 JVEG nach der Gesetzesbegründung vorrangig der Vereinfachung dienen soll und der Gedanke, dass der Abschluss derartiger Vereinbarungen (auch) ein fiskalisches Instrument zur Kostenersparnis für die Staatskasse sein könnte, jedenfalls explizit keinen Eingang in die Überlegungen des Gesetzgebers gefunden hat. So hat der Gesetzgeber bereits 1956 in der Gesetzesbegründung zu § 13 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) („Mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Entschädigung im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung vereinbaren.“), der im Wesentlichen der Regelung des § 14 JVEG entspricht, weil in § 17 Abs. 1 ZSEG eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 13 ZSEG für Dolmetscher und Übersetzer angeordnet worden ist, Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften - Bundestags-Drucksache 2/2545, S. 219):

„Jedoch ist es aus Vereinfachungsgründen zweckmäßig, Vereinbarungen der obersten Landesbehörden mit häufiger herangezogenen Sachverständigen zuzulassen. Gedacht ist dabei vor allem an die Vereinbarung einer pauschalen Entschädigung, die in den typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden gesetzlichen Entschädigungen entspricht.“

Einen ähnlichen Eindruck, nämlich dass der Abschluss von Vereinbarungen im Sinn von - heute - § 14 JVEG zum Ziel allein eine Vereinfachung des Abrechnungswesens habe, erweckt auch die im Jahr 2003 gegebene Gesetzesbegründung zu § 14 JVEG, die wie folgt lautet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 185):

„In Betracht kommen hier etwa wie bisher Vereinbarungen über Fallpauschalen, die Höhe des Stundensatzes oder die Pauschalierung von Fahrtkosten oder sonstigen Aufwandserstattungen. Solche Vereinbarungen sollen auch in Zukunft möglich sein, da sie für alle Beteiligten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinfachung des Abrechnungswesens leisten.“

Dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen ausschließen hätte wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden, wovon Meyer/Höver/Bach/Oberlack auszugehen scheinen, findet aber in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. Dies wird für den Senat schon aus der Formulierung „vor allem“ in der Gesetzesbegründung von 1956 deutlich, die erkennen lässt, dass zwar eine Vereinfachung ein wesentliches Ziel für den Abschluss einer Vereinbarung ist, gleichwohl aber auch andere Gründe für den Abschluss einer Vereinbarung maßgeblich sein können. Bestätigt wird diese Annahme des Senats dadurch, dass zwar bei der Vergütung von Sachverständigen mit der Vereinbarung von Pauschalvergütungen der bei der Abrechnung von Gutachten teilweise nicht unerhebliche Aufwand für die Kostenbeamten verringert werden kann, diese Erwägungen aber nicht - zumindest nicht in gleicher Weise - auf die Vergütung von Dolmetschern übertragen werden können. Denn die Vergütung von Dolmetschern ist weit weniger kompliziert als die von Sachverständigen. Mit dem Ziel einer Vereinfachung der Abrechnung der Vergütung kann daher der Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern kaum begründet werden. Vielmehr sind marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Dolmetscher nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, diese andererseits dafür mit einem gewissen finanziellen Entgegenkommen des Dolmetschers erwartet, der naheliegende Grund für den Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern. Davon, dass diese Überlegungen bei der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 i. V. m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG, wenn auch nicht zu Papier gebracht, so doch zugrunde gelegen haben, ist der Senat überzeugt, da sich eine anderweitige überzeugende Begründung für die Erstreckung von § 13 ZSEG i. V. m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG auf Dolmetscher nicht finden lässt. Bestätigung findet diese Einschätzung des Senats letztlich auch in der Gesetzesbegründung zum KostRMoG zu § 14 JVEG, wenn dort unter den möglichen Vereinbarungsgegenständen explizit auch die Höhe des Stundensatzes genannt wird. Dass eine Vereinbarung zur Höhe des Stundensatzes nicht einer Abrechnungsvereinfachung, sondern - überwiegend, wenn nicht ausschließlich - einer Kosteneinsparung auf Seiten der Staatskasse dient, ist offenkundig. Sofern die Gesetzesbegründungen diesen Umstand sowohl im Jahr 1956 als auch im Jahr 2003 verschwiegen haben, kann dies nur als eine Verschleierung der wahren gesetzgeberischen Motive angesehen werden. In diesem Zusammenhang kann sich der Senat auch nicht des Eindrucks einer gewissen Scheinheiligkeit der Gesetzesbegründung von 1956 erwehren. Denn dass bei Beachtung der Maßgabe der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG, wonach die Entschädigung (eines Sachverständigen) - seit dem Erlass des JVEG spricht das Gesetz nicht mehr von einer Entschädigung des Sachverständigen, sondern von seiner Vergütung - nicht den „Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung“ überschreiten darf, die bei Vorliegen einer Vereinbarung zustehende Entschädigung nicht in jedem Einzelfall „den in typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden Entschädigungen“ entsprechen kann, liegt auf der Hand. Denn wenn - von besonderen Einzelfällen abgesehen - die nach der Vereinbarung zustehende Entschädigung (bzw. Vergütung) der durchschnittlichen Entschädigung (bzw. Vergütung) entsprechen soll, würde die für nicht wenige Fälle bedeuten, dass der Sachverständige nach der Vereinbarung besser entschädigt (bzw. vergütet) würde als nach den gesetzlichen Vorgaben. Genau dies verbieten aber § 13 ZSEG und § 14 JVEG, so dass die nach einer Vereinbarung zu gewährende Vergütung typischerweise niedriger sein muss.

Ein aus § 14 JVEG resultierendes Verbot einer Vereinbarung mit einer Vergütung unter den gesetzlichen Stundensätzen wäre auch mit dem Umstand nicht vereinbar, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG dem Dolmetscher die Vergütung nicht von Amts wegen ohne entsprechenden Antrag oder Rechnungsstellung zu gewähren ist, sondern er seinen Anspruch auf Vergütung geltend machen muss. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs besteht nach der gesetzlichen Symptomatik nicht. Warum es einem Vergütungsberechtigten nach dem JVEG nicht erlaubt sein sollte, bereits vorab im Rahmen einer Vereinbarung zu erklären, dass er seinen ihm nach den gesetzlichen Regelungen zustehenden Vergütungsanspruch nicht in voller Höhe geltend machen werde, lässt sich nicht begründen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 14 JVEG, Rdnr. 6).

Die Höhe der in einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG geregelten Vergütung ist daher grundsätzlich der Überprüfung durch den Kostenbeamten und den Kostenrichter entzogen, sofern nicht Gründe offenkundig auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staats beim Abschluss der Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich ist. Von einem derartigen Fall ist vorliegend nicht auszugehen.

2.3. Anwendbarkeit der Vereinbarung auch auf simultanes Dolmetschen

Die Vereinbarung vom 29.08.2013 umfasst auch simultanes Dolmetschen.

Soweit in der Vereinbarung die Formulierung „Leistung als Dolmetscher“ verwendet worden ist, ergibt eine Auslegung, dass damit die Dolmetschertätigkeit in sämtlichen Ausprägungen umfasst ist.

Bei der Auslegung ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten abzustellen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13). Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 3 JVEG ergibt, kennen die gesetzlichen Regelungen nur den Begriff des „Dolmetschers“, nicht aber den eines „Simultandolmetschers“ auf der einen und den eines „Konsekutivdolmetschers“ auf der anderen Seite. Die im Gesetz verankerte unterschiedliche Stundensatzhöhe nach der Art des Dolmetschens begründet keine unterschiedliche Begrifflichkeit eines Dolmetschers abhängig von der Art seines Tätigwerdens. Vielmehr bleibt nach dem vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut ein „Dolmetscher“ ein solcher auch dann, wenn er zum simultanen Dolmetschen herangezogen wird. Aus der Sicht eines verständigen Beteiligten aus dem Kreis der gerichtlich tätigen Dolmetscher spricht daher alles dafür, dass der in der Vereinbarung verwendete Begriff eines „Dolmetschers“ identisch mit der gesetzlichen Begrifflichkeit verwendet worden ist. Dass in der Vereinbarung ein einheitlicher Stundensatz zugrunde gelegt und nicht danach differenziert worden ist, ob das Dolmetschen konsekutiv oder simultan erfolgt, gibt keinen Anlass an dem aufgezeigten Begriffsverständnis zu zweifeln. Denn schon mit dem gegenüber der gesetzlichen Regelung deutlich niedrigeren Stundensatz wird belegt, dass die getroffene Vereinbarung nicht eine unmittelbare Orientierung an der gesetzlichen Vorschrift beabsichtigt. Auch der in der gesetzlichen Regelung vergleichsweise geringe finanzielle Unterschied zwischen den beiden Arten des Dolmetschens von 5,- € pro Stunde legt es nicht nahe, dass von der Pauschalvereinbarung nur die eine Art des (konsekutiven) Dolmetschens umfasst wäre.

2.4. Höhe der Vergütung im vorliegenden Fall

Bei einer objektiv erforderlichen Abwesenheitsdauer (§ 8 Abs. 2 JVEG) von 2 Stunden und einem vereinbarten Stundensatz von 50,- € ergibt sich einschließlich Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) eine Vergütung in Höhe von insgesamt 119,- €.

3. Abschließende Hinweise des Senats

Der Senat kann das Begehren der Antragstellerin, zumindest bei einem simultanen Dolmetschen einen höheren Stundensatz als 50,- € abrechnen zu können, angesichts des ausgesprochen niedrigen vereinbarten Stundensatzes durchaus nachvollziehen.

Für den Senat erscheint es nicht fernliegend, dass die Antragstellerin, möglicherweise bedingt durch eine Prägung der früheren Heranziehung im Wesentlichen nicht als Dolmetscherin für simultanes, sondern für konsekutives Dolmetschen, beim Abschluss der Vereinbarung subjektiv davon ausgegangen ist, dass die Heranziehung regelmäßig nur für konsekutives Dolmetschen erfolgt und der Fall des Simultandolmetschens nur die Ausnahme darstellt. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre es für den Senat durchaus plausibel, wenn die Antragstellerin mit einer gegebenenfalls verstärkten Praxis, sie vermehrt für simultanes Dolmetschen heranzuziehen, und einer Vergütung in Höhe von 50,- € pro Stunde dafür unzufrieden wäre. Ganz abgesehen davon, dass ein Stundensatz von 50,- € dem Senat ohnehin - auch mit Blick auf einen dem Senat bekannten Vergleichsfall - als ausgesprochen niedrig erscheint, wäre auch zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin höhere Kosten dafür entstehen, wenn sie zu einem Gerichtstermin einen höher qualifizierten und damit vermutlich von ihr auch höher bezahlten Dolmetscher für simultanes Dolmetschen übersendet. Gleichwohl kann aus den aufgezeigten Gründen dieser von der Antragstellerin als unbefriedigend empfundenen Gesamtsituation im Weg der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung nicht Rechnung getragen werden, da dem die abgeschlossene Vereinbarung entgegen steht.

Sollte die Antragstellerin diesen Zustand aus wirtschaftlichen Gründen für sich in der Zukunft nicht weiter als akzeptabel betrachten, stünde ihr einzig und allein die Möglichkeit offen, beim Präsidenten des Sozialgerichts Landshut auf eine Änderung der Vereinbarung zu drängen oder für den Fall, dass sich keine einvernehmliche Lösung finden lässt, die Vereinbarung zu kündigen. Für diesen Fall wäre die in der Vereinbarung geregelte Kündigungsfrist von drei Monaten vor Ablauf der Laufzeit der Vereinbarung (zum 31.08. jeden Jahres) und die Schriftform zu beachten.

Wie eine gegebenenfalls abgeänderte Vereinbarung aussehen könnte, insbesondere ob es bei der pauschalen Vergütung sämtlicher Dolmetscherleistungen unabhängig davon, ob konsekutiv oder simultan gedolmetscht wird, bleibt und dann der pauschale Stundensatz erhöht wird oder ob eine finanzielle Differenzierung zwischen konsekutivem und simultanem Dolmetschen erfolgt oder ob gegebenenfalls sogar das simultane Dolmetschen aus der Vereinbarung ausgegliedert wird, bleibt den entsprechenden Verhandlungen der Antragstellerin mit dem Präsidenten des Sozialgerichts Landshut vorbehalten.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die oberste Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

Tenor

Die Vergütung der Antragstellerin für die Dolmetschertätigkeit in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 wird auf 119,- € festgesetzt.

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr erbrachte Dolmetschertätigkeit durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Die Antragstellerin erbringt als GmbH durch bei ihr Beschäftigte Dolmetscherleistungen in diversen Sprachen. Sie hat (zuletzt) am 29.08.2013 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts Landshut, eine Vereinbarung über die Erbringung von Dolmetscherleistungen geschlossen. In Ziff. 1 der Vereinbarung ist Folgendes geregelt:

„Für die auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern erbrachte Leistung als Dolmetscher wird für alle Sprachen eine Vergütung in Höhe von 50,00 € je Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt.“

Weitergehende Differenzierungen hinsichtlich der Art der Dolmetschertätigkeit enthält die Vereinbarung nicht.

Mit Schreiben des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 20.04.2015 wurde die Antragstellerin als Simultandolmetscherin für die türkische Sprache zum Gerichtstermin am 20.05.2015 geladen. Der Gerichtstermin dauerte von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr.

Für ihre Tätigkeit am 20.05.2015 stellte die Antragstellerin dem LSG mit Schreiben vom 28.05.2015 einen Betrag in Höhe von insgesamt 178,50 € in Rechnung. Der Rechnung lag eine Dauer des Gerichtstermins von einer Stunde und eine Zeit von jeweils einer halben Stunde für die Hin- und die Rückfahrt zugrunde. Die Rechnung weist einen Stundensatz von 75,- € sowie die Umsatzsteuer aus.

Die Kostenbeamtin des LSG bewilligte mit Schreiben vom 10.06.2015 unter Zugrundelegung der Zeitangaben der Antragstellerin lediglich einen Betrag in Höhe von 119,- €, den sie damit begründete, dass für die Dolmetschertätigkeit ein Stundensatz von 50,- € vereinbart worden sei.

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.06.2015 gewandt und mitgeteilt, dass sie mit der Kürzung nicht einverstanden sei. Vom Gericht sei ausdrücklich ein Simultandolmetscher geladen worden. Diese Leistung sei nicht Bestandteil der Vereinbarung zu 50,- € je Stunde.

Der Kostensenat des LSG hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.08.2015 auf die am 29.08.2013 abgeschlossene Vereinbarung hingewiesen, die keine Differenzierung nach unterschiedlichen Dolmetschertätigkeiten vorsehe. Eine höhere Vergütung als gewährt komme daher nicht in Betracht. Sollte die Antragstellerin in der Zukunft die Abrechnung nach einen höheren Stundensatz wünschen, müsste dazu die bestehende Vereinbarung geändert werden, wofür nicht der Kostensenat, sondern die Gerichtsverwaltung zuständig wäre.

Gründe

II.

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte sinngemäß mit Schreiben vom30.06.2015 die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass sie mit der Festsetzung der Vergütung durch die Kostenbeamtin nicht einverstanden ist und eine höhere Vergütung begehrt.

Die Vergütung für die Dolmetschertätigkeit am 20.05.2015 ist auf 119,- € festzusetzen.

Einer Vergütung in der von der Antragstellerin beantragten Höhe unter Zugrundelegung des gesetzlich vorgesehenen Stundensatzes von 75,- € steht der in der Vereinbarung vom 29.08.2013 geregelte Stundensatz von 50,- € entgegen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.).

2. Vergütung nach Maßgaben der Vereinbarung vom 29.08.2013

Der Antragstellerin steht eine Vergütung in Höhe von 119,- € zu. Dies ergibt sich aus der zwischen der Antragstellerin und dem Freistaat Bayern geschlossenen Vereinbarung vom 29.08.2013. Maßstab für die Ermittlung der Vergütung ist der vereinbarte Stundensatz, nicht die gesetzliche Regelung des § 9 Abs. 3 JVEG.

2.1. Allgemeine Voraussetzungen einer Vereinbarung

Gemäß § 14 JVEG können Vereinbarungen mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, geschlossen werden. Die in der Vereinbarung getroffenen Vorgaben für die Vergütung gehen dann den Abrechnungsvorschriften des JVEG vor.

Die Vereinbarung ist für Landesgerichte zwischen der für den Gerichtszweig zuständigen obersten Landesbehörde und dem Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer zu treffen. Statt der obersten Landesbehörde kann auch eine von dieser bestimmte Stelle die Vereinbarung abschließen.

2.2. Wirksamkeit der Vereinbarung im vorliegenden Fall

Es liegt eine wirksame Vereinbarung im Sinn des § 14 JVEG vor.

2.2.1. Ermächtigung zum Abschluss

Beim Abschluss der Vereinbarung vom 29.08.2013 hat für den Freistaat Bayern der Präsident des Sozialgerichts Landshut gehandelt. Dieser war gemäß dem Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge vom 18.03.1966, modifiziert mit Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.08.2014, zum Abschluss der Vereinbarung mit Zustimmung des Bayer. LSG ermächtigt.

2.2.2. Inhaltskontrolle der Vereinbarung

Durchgreifende inhaltliche Bedenken gegen die Vereinbarung bestehen nicht.

Die Vorschrift des § 14 JVEG lautet wie folgt:

„Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die obersten Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.“

Diese Vorgaben hält die Vereinbarung vom 29.08.2013 ein.

2.2.2.1. Obergrenze der Vergütung

Die Vereinbarung beachtet das Gebot der sich aus § 14 JVEG ergebenden Obergrenze der Vergütung nach der Vereinbarung.

Die vereinbarte Vergütung kann die Vergütung, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG, die bei Fehlen einer Vereinbarung anzuwenden sind, nicht überschreiten (§ 14 a.E. JVEG). Der in der Vereinbarung geregelte Stundensatz von 50,- € führt in jedem Fall dazu, dass die nach der Vereinbarung zu gewährende Vergütung erheblich unter der liegt, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG ergäbe, wenn keine derartige Vereinbarung getroffen wäre.

2.2.2.2. Untergrenze der Vergütung

Der in der Vereinbarung geregelte vergleichsweise niedrige Stundensatz steht nicht in Konflikt mit sich aus dem JVEG ergebenden kostenrechtlichen Vorgaben oder sonstigen rechtlichen Maßgaben.

Der Senat sieht keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt, dass der vereinbarte Stundensatz von 50,- € nicht unerheblich unter den vom Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 JVEG vorgesehenen Stundensätzen von 70,- € bzw. 75,- € liegt. Denn aus dem JVEG ergibt sich nichts, was einer Vereinbarung Grenzen hinsichtlich der Vergütungshöhe nach unten setzen würde.

Sofern Meyer/Höver/Bach/Oberlack (vgl. a. a. O., § 14, Rdnr. 2)

„eine sich abzeichnende Praxis von einigen der nach § 14 bestimmten Stellen, von herangezogenen Dolmetschern allein aus fiskalischen Gründen regelmäßig den Abschluss einer Vereinbarung nach § 14 zu fordern, die teilweise zu einer deutlich unter der nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergütung führt, [als] bedenklich“

ansehen, kann der Senat dieser Einschätzung jedenfalls dann nicht folgen, wenn mit den aufgezeigten Bedenken auch eine Rechtswidrigkeit der Vereinbarung im Einzelfall begründet werden soll. Zwar ist Meyer/Höver/Bach/Oberlack zuzugestehen, dass die gesetzliche Regelung des § 14 JVEG nach der Gesetzesbegründung vorrangig der Vereinfachung dienen soll und der Gedanke, dass der Abschluss derartiger Vereinbarungen (auch) ein fiskalisches Instrument zur Kostenersparnis für die Staatskasse sein könnte, jedenfalls explizit keinen Eingang in die Überlegungen des Gesetzgebers gefunden hat. So hat der Gesetzgeber bereits 1956 in der Gesetzesbegründung zu § 13 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) („Mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Entschädigung im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung vereinbaren.“), der im Wesentlichen der Regelung des § 14 JVEG entspricht, weil in § 17 Abs. 1 ZSEG eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 13 ZSEG für Dolmetscher und Übersetzer angeordnet worden ist, Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften - Bundestags-Drucksache 2/2545, S. 219):

„Jedoch ist es aus Vereinfachungsgründen zweckmäßig, Vereinbarungen der obersten Landesbehörden mit häufiger herangezogenen Sachverständigen zuzulassen. Gedacht ist dabei vor allem an die Vereinbarung einer pauschalen Entschädigung, die in den typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden gesetzlichen Entschädigungen entspricht.“

Einen ähnlichen Eindruck, nämlich dass der Abschluss von Vereinbarungen im Sinn von - heute - § 14 JVEG zum Ziel allein eine Vereinfachung des Abrechnungswesens habe, erweckt auch die im Jahr 2003 gegebene Gesetzesbegründung zu § 14 JVEG, die wie folgt lautet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 185):

„In Betracht kommen hier etwa wie bisher Vereinbarungen über Fallpauschalen, die Höhe des Stundensatzes oder die Pauschalierung von Fahrtkosten oder sonstigen Aufwandserstattungen. Solche Vereinbarungen sollen auch in Zukunft möglich sein, da sie für alle Beteiligten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinfachung des Abrechnungswesens leisten.“

Dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen ausschließen hätte wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden, wovon Meyer/Höver/Bach/Oberlack auszugehen scheinen, findet aber in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. Dies wird für den Senat schon aus der Formulierung „vor allem“ in der Gesetzesbegründung von 1956 deutlich, die erkennen lässt, dass zwar eine Vereinfachung ein wesentliches Ziel für den Abschluss einer Vereinbarung ist, gleichwohl aber auch andere Gründe für den Abschluss einer Vereinbarung maßgeblich sein können. Bestätigt wird diese Annahme des Senats dadurch, dass zwar bei der Vergütung von Sachverständigen mit der Vereinbarung von Pauschalvergütungen der bei der Abrechnung von Gutachten teilweise nicht unerhebliche Aufwand für die Kostenbeamten verringert werden kann, diese Erwägungen aber nicht - zumindest nicht in gleicher Weise - auf die Vergütung von Dolmetschern übertragen werden können. Denn die Vergütung von Dolmetschern ist weit weniger kompliziert als die von Sachverständigen. Mit dem Ziel einer Vereinfachung der Abrechnung der Vergütung kann daher der Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern kaum begründet werden. Vielmehr sind marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Dolmetscher nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, diese andererseits dafür mit einem gewissen finanziellen Entgegenkommen des Dolmetschers erwartet, der naheliegende Grund für den Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern. Davon, dass diese Überlegungen bei der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 i. V. m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG, wenn auch nicht zu Papier gebracht, so doch zugrunde gelegen haben, ist der Senat überzeugt, da sich eine anderweitige überzeugende Begründung für die Erstreckung von § 13 ZSEG i. V. m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG auf Dolmetscher nicht finden lässt. Bestätigung findet diese Einschätzung des Senats letztlich auch in der Gesetzesbegründung zum KostRMoG zu § 14 JVEG, wenn dort unter den möglichen Vereinbarungsgegenständen explizit auch die Höhe des Stundensatzes genannt wird. Dass eine Vereinbarung zur Höhe des Stundensatzes nicht einer Abrechnungsvereinfachung, sondern - überwiegend, wenn nicht ausschließlich - einer Kosteneinsparung auf Seiten der Staatskasse dient, ist offenkundig. Sofern die Gesetzesbegründungen diesen Umstand sowohl im Jahr 1956 als auch im Jahr 2003 verschwiegen haben, kann dies nur als eine Verschleierung der wahren gesetzgeberischen Motive angesehen werden. In diesem Zusammenhang kann sich der Senat auch nicht des Eindrucks einer gewissen Scheinheiligkeit der Gesetzesbegründung von 1956 erwehren. Denn dass bei Beachtung der Maßgabe der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG, wonach die Entschädigung (eines Sachverständigen) - seit dem Erlass des JVEG spricht das Gesetz nicht mehr von einer Entschädigung des Sachverständigen, sondern von seiner Vergütung - nicht den „Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung“ überschreiten darf, die bei Vorliegen einer Vereinbarung zustehende Entschädigung nicht in jedem Einzelfall „den in typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden Entschädigungen“ entsprechen kann, liegt auf der Hand. Denn wenn - von besonderen Einzelfällen abgesehen - die nach der Vereinbarung zustehende Entschädigung (bzw. Vergütung) der durchschnittlichen Entschädigung (bzw. Vergütung) entsprechen soll, würde die für nicht wenige Fälle bedeuten, dass der Sachverständige nach der Vereinbarung besser entschädigt (bzw. vergütet) würde als nach den gesetzlichen Vorgaben. Genau dies verbieten aber § 13 ZSEG und § 14 JVEG, so dass die nach einer Vereinbarung zu gewährende Vergütung typischerweise niedriger sein muss.

Ein aus § 14 JVEG resultierendes Verbot einer Vereinbarung mit einer Vergütung unter den gesetzlichen Stundensätzen wäre auch mit dem Umstand nicht vereinbar, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG dem Dolmetscher die Vergütung nicht von Amts wegen ohne entsprechenden Antrag oder Rechnungsstellung zu gewähren ist, sondern er seinen Anspruch auf Vergütung geltend machen muss. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs besteht nach der gesetzlichen Symptomatik nicht. Warum es einem Vergütungsberechtigten nach dem JVEG nicht erlaubt sein sollte, bereits vorab im Rahmen einer Vereinbarung zu erklären, dass er seinen ihm nach den gesetzlichen Regelungen zustehenden Vergütungsanspruch nicht in voller Höhe geltend machen werde, lässt sich nicht begründen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 14 JVEG, Rdnr. 6).

Die Höhe der in einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG geregelten Vergütung ist daher grundsätzlich der Überprüfung durch den Kostenbeamten und den Kostenrichter entzogen, sofern nicht Gründe offenkundig auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staats beim Abschluss der Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich ist. Von einem derartigen Fall ist vorliegend nicht auszugehen.

2.3. Anwendbarkeit der Vereinbarung auch auf simultanes Dolmetschen

Die Vereinbarung vom 29.08.2013 umfasst auch simultanes Dolmetschen.

Soweit in der Vereinbarung die Formulierung „Leistung als Dolmetscher“ verwendet worden ist, ergibt eine Auslegung, dass damit die Dolmetschertätigkeit in sämtlichen Ausprägungen umfasst ist.

Bei der Auslegung ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten abzustellen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13). Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 3 JVEG ergibt, kennen die gesetzlichen Regelungen nur den Begriff des „Dolmetschers“, nicht aber den eines „Simultandolmetschers“ auf der einen und den eines „Konsekutivdolmetschers“ auf der anderen Seite. Die im Gesetz verankerte unterschiedliche Stundensatzhöhe nach der Art des Dolmetschens begründet keine unterschiedliche Begrifflichkeit eines Dolmetschers abhängig von der Art seines Tätigwerdens. Vielmehr bleibt nach dem vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut ein „Dolmetscher“ ein solcher auch dann, wenn er zum simultanen Dolmetschen herangezogen wird. Aus der Sicht eines verständigen Beteiligten aus dem Kreis der gerichtlich tätigen Dolmetscher spricht daher alles dafür, dass der in der Vereinbarung verwendete Begriff eines „Dolmetschers“ identisch mit der gesetzlichen Begrifflichkeit verwendet worden ist. Dass in der Vereinbarung ein einheitlicher Stundensatz zugrunde gelegt und nicht danach differenziert worden ist, ob das Dolmetschen konsekutiv oder simultan erfolgt, gibt keinen Anlass an dem aufgezeigten Begriffsverständnis zu zweifeln. Denn schon mit dem gegenüber der gesetzlichen Regelung deutlich niedrigeren Stundensatz wird belegt, dass die getroffene Vereinbarung nicht eine unmittelbare Orientierung an der gesetzlichen Vorschrift beabsichtigt. Auch der in der gesetzlichen Regelung vergleichsweise geringe finanzielle Unterschied zwischen den beiden Arten des Dolmetschens von 5,- € pro Stunde legt es nicht nahe, dass von der Pauschalvereinbarung nur die eine Art des (konsekutiven) Dolmetschens umfasst wäre.

2.4. Höhe der Vergütung im vorliegenden Fall

Bei einer objektiv erforderlichen Abwesenheitsdauer (§ 8 Abs. 2 JVEG) von 2 Stunden und einem vereinbarten Stundensatz von 50,- € ergibt sich einschließlich Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) eine Vergütung in Höhe von insgesamt 119,- €.

3. Abschließende Hinweise des Senats

Der Senat kann das Begehren der Antragstellerin, zumindest bei einem simultanen Dolmetschen einen höheren Stundensatz als 50,- € abrechnen zu können, angesichts des ausgesprochen niedrigen vereinbarten Stundensatzes durchaus nachvollziehen.

Für den Senat erscheint es nicht fernliegend, dass die Antragstellerin, möglicherweise bedingt durch eine Prägung der früheren Heranziehung im Wesentlichen nicht als Dolmetscherin für simultanes, sondern für konsekutives Dolmetschen, beim Abschluss der Vereinbarung subjektiv davon ausgegangen ist, dass die Heranziehung regelmäßig nur für konsekutives Dolmetschen erfolgt und der Fall des Simultandolmetschens nur die Ausnahme darstellt. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre es für den Senat durchaus plausibel, wenn die Antragstellerin mit einer gegebenenfalls verstärkten Praxis, sie vermehrt für simultanes Dolmetschen heranzuziehen, und einer Vergütung in Höhe von 50,- € pro Stunde dafür unzufrieden wäre. Ganz abgesehen davon, dass ein Stundensatz von 50,- € dem Senat ohnehin - auch mit Blick auf einen dem Senat bekannten Vergleichsfall - als ausgesprochen niedrig erscheint, wäre auch zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin höhere Kosten dafür entstehen, wenn sie zu einem Gerichtstermin einen höher qualifizierten und damit vermutlich von ihr auch höher bezahlten Dolmetscher für simultanes Dolmetschen übersendet. Gleichwohl kann aus den aufgezeigten Gründen dieser von der Antragstellerin als unbefriedigend empfundenen Gesamtsituation im Weg der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung nicht Rechnung getragen werden, da dem die abgeschlossene Vereinbarung entgegen steht.

Sollte die Antragstellerin diesen Zustand aus wirtschaftlichen Gründen für sich in der Zukunft nicht weiter als akzeptabel betrachten, stünde ihr einzig und allein die Möglichkeit offen, beim Präsidenten des Sozialgerichts Landshut auf eine Änderung der Vereinbarung zu drängen oder für den Fall, dass sich keine einvernehmliche Lösung finden lässt, die Vereinbarung zu kündigen. Für diesen Fall wäre die in der Vereinbarung geregelte Kündigungsfrist von drei Monaten vor Ablauf der Laufzeit der Vereinbarung (zum 31.08. jeden Jahres) und die Schriftform zu beachten.

Wie eine gegebenenfalls abgeänderte Vereinbarung aussehen könnte, insbesondere ob es bei der pauschalen Vergütung sämtlicher Dolmetscherleistungen unabhängig davon, ob konsekutiv oder simultan gedolmetscht wird, bleibt und dann der pauschale Stundensatz erhöht wird oder ob eine finanzielle Differenzierung zwischen konsekutivem und simultanem Dolmetschen erfolgt oder ob gegebenenfalls sogar das simultane Dolmetschen aus der Vereinbarung ausgegliedert wird, bleibt den entsprechenden Verhandlungen der Antragstellerin mit dem Präsidenten des Sozialgerichts Landshut vorbehalten.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die oberste Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.

Tenor

Die Vergütung der Antragstellerin für die Dolmetschertätigkeit in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 wird auf 119,- € festgesetzt.

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr erbrachte Dolmetschertätigkeit durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Die Antragstellerin erbringt als GmbH durch bei ihr Beschäftigte Dolmetscherleistungen in diversen Sprachen. Sie hat (zuletzt) am 29.08.2013 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts Landshut, eine Vereinbarung über die Erbringung von Dolmetscherleistungen geschlossen. In Ziff. 1 der Vereinbarung ist Folgendes geregelt:

„Für die auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern erbrachte Leistung als Dolmetscher wird für alle Sprachen eine Vergütung in Höhe von 50,00 € je Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt.“

Weitergehende Differenzierungen hinsichtlich der Art der Dolmetschertätigkeit enthält die Vereinbarung nicht.

Mit Schreiben des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 20.04.2015 wurde die Antragstellerin als Simultandolmetscherin für die türkische Sprache zum Gerichtstermin am 20.05.2015 geladen. Der Gerichtstermin dauerte von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr.

Für ihre Tätigkeit am 20.05.2015 stellte die Antragstellerin dem LSG mit Schreiben vom 28.05.2015 einen Betrag in Höhe von insgesamt 178,50 € in Rechnung. Der Rechnung lag eine Dauer des Gerichtstermins von einer Stunde und eine Zeit von jeweils einer halben Stunde für die Hin- und die Rückfahrt zugrunde. Die Rechnung weist einen Stundensatz von 75,- € sowie die Umsatzsteuer aus.

Die Kostenbeamtin des LSG bewilligte mit Schreiben vom 10.06.2015 unter Zugrundelegung der Zeitangaben der Antragstellerin lediglich einen Betrag in Höhe von 119,- €, den sie damit begründete, dass für die Dolmetschertätigkeit ein Stundensatz von 50,- € vereinbart worden sei.

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.06.2015 gewandt und mitgeteilt, dass sie mit der Kürzung nicht einverstanden sei. Vom Gericht sei ausdrücklich ein Simultandolmetscher geladen worden. Diese Leistung sei nicht Bestandteil der Vereinbarung zu 50,- € je Stunde.

Der Kostensenat des LSG hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.08.2015 auf die am 29.08.2013 abgeschlossene Vereinbarung hingewiesen, die keine Differenzierung nach unterschiedlichen Dolmetschertätigkeiten vorsehe. Eine höhere Vergütung als gewährt komme daher nicht in Betracht. Sollte die Antragstellerin in der Zukunft die Abrechnung nach einen höheren Stundensatz wünschen, müsste dazu die bestehende Vereinbarung geändert werden, wofür nicht der Kostensenat, sondern die Gerichtsverwaltung zuständig wäre.

Gründe

II.

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte sinngemäß mit Schreiben vom30.06.2015 die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass sie mit der Festsetzung der Vergütung durch die Kostenbeamtin nicht einverstanden ist und eine höhere Vergütung begehrt.

Die Vergütung für die Dolmetschertätigkeit am 20.05.2015 ist auf 119,- € festzusetzen.

Einer Vergütung in der von der Antragstellerin beantragten Höhe unter Zugrundelegung des gesetzlich vorgesehenen Stundensatzes von 75,- € steht der in der Vereinbarung vom 29.08.2013 geregelte Stundensatz von 50,- € entgegen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.).

2. Vergütung nach Maßgaben der Vereinbarung vom 29.08.2013

Der Antragstellerin steht eine Vergütung in Höhe von 119,- € zu. Dies ergibt sich aus der zwischen der Antragstellerin und dem Freistaat Bayern geschlossenen Vereinbarung vom 29.08.2013. Maßstab für die Ermittlung der Vergütung ist der vereinbarte Stundensatz, nicht die gesetzliche Regelung des § 9 Abs. 3 JVEG.

2.1. Allgemeine Voraussetzungen einer Vereinbarung

Gemäß § 14 JVEG können Vereinbarungen mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, geschlossen werden. Die in der Vereinbarung getroffenen Vorgaben für die Vergütung gehen dann den Abrechnungsvorschriften des JVEG vor.

Die Vereinbarung ist für Landesgerichte zwischen der für den Gerichtszweig zuständigen obersten Landesbehörde und dem Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer zu treffen. Statt der obersten Landesbehörde kann auch eine von dieser bestimmte Stelle die Vereinbarung abschließen.

2.2. Wirksamkeit der Vereinbarung im vorliegenden Fall

Es liegt eine wirksame Vereinbarung im Sinn des § 14 JVEG vor.

2.2.1. Ermächtigung zum Abschluss

Beim Abschluss der Vereinbarung vom 29.08.2013 hat für den Freistaat Bayern der Präsident des Sozialgerichts Landshut gehandelt. Dieser war gemäß dem Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge vom 18.03.1966, modifiziert mit Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.08.2014, zum Abschluss der Vereinbarung mit Zustimmung des Bayer. LSG ermächtigt.

2.2.2. Inhaltskontrolle der Vereinbarung

Durchgreifende inhaltliche Bedenken gegen die Vereinbarung bestehen nicht.

Die Vorschrift des § 14 JVEG lautet wie folgt:

„Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die obersten Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.“

Diese Vorgaben hält die Vereinbarung vom 29.08.2013 ein.

2.2.2.1. Obergrenze der Vergütung

Die Vereinbarung beachtet das Gebot der sich aus § 14 JVEG ergebenden Obergrenze der Vergütung nach der Vereinbarung.

Die vereinbarte Vergütung kann die Vergütung, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG, die bei Fehlen einer Vereinbarung anzuwenden sind, nicht überschreiten (§ 14 a.E. JVEG). Der in der Vereinbarung geregelte Stundensatz von 50,- € führt in jedem Fall dazu, dass die nach der Vereinbarung zu gewährende Vergütung erheblich unter der liegt, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG ergäbe, wenn keine derartige Vereinbarung getroffen wäre.

2.2.2.2. Untergrenze der Vergütung

Der in der Vereinbarung geregelte vergleichsweise niedrige Stundensatz steht nicht in Konflikt mit sich aus dem JVEG ergebenden kostenrechtlichen Vorgaben oder sonstigen rechtlichen Maßgaben.

Der Senat sieht keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt, dass der vereinbarte Stundensatz von 50,- € nicht unerheblich unter den vom Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 JVEG vorgesehenen Stundensätzen von 70,- € bzw. 75,- € liegt. Denn aus dem JVEG ergibt sich nichts, was einer Vereinbarung Grenzen hinsichtlich der Vergütungshöhe nach unten setzen würde.

Sofern Meyer/Höver/Bach/Oberlack (vgl. a. a. O., § 14, Rdnr. 2)

„eine sich abzeichnende Praxis von einigen der nach § 14 bestimmten Stellen, von herangezogenen Dolmetschern allein aus fiskalischen Gründen regelmäßig den Abschluss einer Vereinbarung nach § 14 zu fordern, die teilweise zu einer deutlich unter der nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergütung führt, [als] bedenklich“

ansehen, kann der Senat dieser Einschätzung jedenfalls dann nicht folgen, wenn mit den aufgezeigten Bedenken auch eine Rechtswidrigkeit der Vereinbarung im Einzelfall begründet werden soll. Zwar ist Meyer/Höver/Bach/Oberlack zuzugestehen, dass die gesetzliche Regelung des § 14 JVEG nach der Gesetzesbegründung vorrangig der Vereinfachung dienen soll und der Gedanke, dass der Abschluss derartiger Vereinbarungen (auch) ein fiskalisches Instrument zur Kostenersparnis für die Staatskasse sein könnte, jedenfalls explizit keinen Eingang in die Überlegungen des Gesetzgebers gefunden hat. So hat der Gesetzgeber bereits 1956 in der Gesetzesbegründung zu § 13 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) („Mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Entschädigung im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung vereinbaren.“), der im Wesentlichen der Regelung des § 14 JVEG entspricht, weil in § 17 Abs. 1 ZSEG eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 13 ZSEG für Dolmetscher und Übersetzer angeordnet worden ist, Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften - Bundestags-Drucksache 2/2545, S. 219):

„Jedoch ist es aus Vereinfachungsgründen zweckmäßig, Vereinbarungen der obersten Landesbehörden mit häufiger herangezogenen Sachverständigen zuzulassen. Gedacht ist dabei vor allem an die Vereinbarung einer pauschalen Entschädigung, die in den typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden gesetzlichen Entschädigungen entspricht.“

Einen ähnlichen Eindruck, nämlich dass der Abschluss von Vereinbarungen im Sinn von - heute - § 14 JVEG zum Ziel allein eine Vereinfachung des Abrechnungswesens habe, erweckt auch die im Jahr 2003 gegebene Gesetzesbegründung zu § 14 JVEG, die wie folgt lautet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 185):

„In Betracht kommen hier etwa wie bisher Vereinbarungen über Fallpauschalen, die Höhe des Stundensatzes oder die Pauschalierung von Fahrtkosten oder sonstigen Aufwandserstattungen. Solche Vereinbarungen sollen auch in Zukunft möglich sein, da sie für alle Beteiligten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinfachung des Abrechnungswesens leisten.“

Dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen ausschließen hätte wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden, wovon Meyer/Höver/Bach/Oberlack auszugehen scheinen, findet aber in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. Dies wird für den Senat schon aus der Formulierung „vor allem“ in der Gesetzesbegründung von 1956 deutlich, die erkennen lässt, dass zwar eine Vereinfachung ein wesentliches Ziel für den Abschluss einer Vereinbarung ist, gleichwohl aber auch andere Gründe für den Abschluss einer Vereinbarung maßgeblich sein können. Bestätigt wird diese Annahme des Senats dadurch, dass zwar bei der Vergütung von Sachverständigen mit der Vereinbarung von Pauschalvergütungen der bei der Abrechnung von Gutachten teilweise nicht unerhebliche Aufwand für die Kostenbeamten verringert werden kann, diese Erwägungen aber nicht - zumindest nicht in gleicher Weise - auf die Vergütung von Dolmetschern übertragen werden können. Denn die Vergütung von Dolmetschern ist weit weniger kompliziert als die von Sachverständigen. Mit dem Ziel einer Vereinfachung der Abrechnung der Vergütung kann daher der Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern kaum begründet werden. Vielmehr sind marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Dolmetscher nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, diese andererseits dafür mit einem gewissen finanziellen Entgegenkommen des Dolmetschers erwartet, der naheliegende Grund für den Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern. Davon, dass diese Überlegungen bei der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 i. V. m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG, wenn auch nicht zu Papier gebracht, so doch zugrunde gelegen haben, ist der Senat überzeugt, da sich eine anderweitige überzeugende Begründung für die Erstreckung von § 13 ZSEG i. V. m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG auf Dolmetscher nicht finden lässt. Bestätigung findet diese Einschätzung des Senats letztlich auch in der Gesetzesbegründung zum KostRMoG zu § 14 JVEG, wenn dort unter den möglichen Vereinbarungsgegenständen explizit auch die Höhe des Stundensatzes genannt wird. Dass eine Vereinbarung zur Höhe des Stundensatzes nicht einer Abrechnungsvereinfachung, sondern - überwiegend, wenn nicht ausschließlich - einer Kosteneinsparung auf Seiten der Staatskasse dient, ist offenkundig. Sofern die Gesetzesbegründungen diesen Umstand sowohl im Jahr 1956 als auch im Jahr 2003 verschwiegen haben, kann dies nur als eine Verschleierung der wahren gesetzgeberischen Motive angesehen werden. In diesem Zusammenhang kann sich der Senat auch nicht des Eindrucks einer gewissen Scheinheiligkeit der Gesetzesbegründung von 1956 erwehren. Denn dass bei Beachtung der Maßgabe der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG, wonach die Entschädigung (eines Sachverständigen) - seit dem Erlass des JVEG spricht das Gesetz nicht mehr von einer Entschädigung des Sachverständigen, sondern von seiner Vergütung - nicht den „Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung“ überschreiten darf, die bei Vorliegen einer Vereinbarung zustehende Entschädigung nicht in jedem Einzelfall „den in typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden Entschädigungen“ entsprechen kann, liegt auf der Hand. Denn wenn - von besonderen Einzelfällen abgesehen - die nach der Vereinbarung zustehende Entschädigung (bzw. Vergütung) der durchschnittlichen Entschädigung (bzw. Vergütung) entsprechen soll, würde die für nicht wenige Fälle bedeuten, dass der Sachverständige nach der Vereinbarung besser entschädigt (bzw. vergütet) würde als nach den gesetzlichen Vorgaben. Genau dies verbieten aber § 13 ZSEG und § 14 JVEG, so dass die nach einer Vereinbarung zu gewährende Vergütung typischerweise niedriger sein muss.

Ein aus § 14 JVEG resultierendes Verbot einer Vereinbarung mit einer Vergütung unter den gesetzlichen Stundensätzen wäre auch mit dem Umstand nicht vereinbar, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG dem Dolmetscher die Vergütung nicht von Amts wegen ohne entsprechenden Antrag oder Rechnungsstellung zu gewähren ist, sondern er seinen Anspruch auf Vergütung geltend machen muss. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs besteht nach der gesetzlichen Symptomatik nicht. Warum es einem Vergütungsberechtigten nach dem JVEG nicht erlaubt sein sollte, bereits vorab im Rahmen einer Vereinbarung zu erklären, dass er seinen ihm nach den gesetzlichen Regelungen zustehenden Vergütungsanspruch nicht in voller Höhe geltend machen werde, lässt sich nicht begründen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 14 JVEG, Rdnr. 6).

Die Höhe der in einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG geregelten Vergütung ist daher grundsätzlich der Überprüfung durch den Kostenbeamten und den Kostenrichter entzogen, sofern nicht Gründe offenkundig auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staats beim Abschluss der Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich ist. Von einem derartigen Fall ist vorliegend nicht auszugehen.

2.3. Anwendbarkeit der Vereinbarung auch auf simultanes Dolmetschen

Die Vereinbarung vom 29.08.2013 umfasst auch simultanes Dolmetschen.

Soweit in der Vereinbarung die Formulierung „Leistung als Dolmetscher“ verwendet worden ist, ergibt eine Auslegung, dass damit die Dolmetschertätigkeit in sämtlichen Ausprägungen umfasst ist.

Bei der Auslegung ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten abzustellen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13). Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 3 JVEG ergibt, kennen die gesetzlichen Regelungen nur den Begriff des „Dolmetschers“, nicht aber den eines „Simultandolmetschers“ auf der einen und den eines „Konsekutivdolmetschers“ auf der anderen Seite. Die im Gesetz verankerte unterschiedliche Stundensatzhöhe nach der Art des Dolmetschens begründet keine unterschiedliche Begrifflichkeit eines Dolmetschers abhängig von der Art seines Tätigwerdens. Vielmehr bleibt nach dem vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut ein „Dolmetscher“ ein solcher auch dann, wenn er zum simultanen Dolmetschen herangezogen wird. Aus der Sicht eines verständigen Beteiligten aus dem Kreis der gerichtlich tätigen Dolmetscher spricht daher alles dafür, dass der in der Vereinbarung verwendete Begriff eines „Dolmetschers“ identisch mit der gesetzlichen Begrifflichkeit verwendet worden ist. Dass in der Vereinbarung ein einheitlicher Stundensatz zugrunde gelegt und nicht danach differenziert worden ist, ob das Dolmetschen konsekutiv oder simultan erfolgt, gibt keinen Anlass an dem aufgezeigten Begriffsverständnis zu zweifeln. Denn schon mit dem gegenüber der gesetzlichen Regelung deutlich niedrigeren Stundensatz wird belegt, dass die getroffene Vereinbarung nicht eine unmittelbare Orientierung an der gesetzlichen Vorschrift beabsichtigt. Auch der in der gesetzlichen Regelung vergleichsweise geringe finanzielle Unterschied zwischen den beiden Arten des Dolmetschens von 5,- € pro Stunde legt es nicht nahe, dass von der Pauschalvereinbarung nur die eine Art des (konsekutiven) Dolmetschens umfasst wäre.

2.4. Höhe der Vergütung im vorliegenden Fall

Bei einer objektiv erforderlichen Abwesenheitsdauer (§ 8 Abs. 2 JVEG) von 2 Stunden und einem vereinbarten Stundensatz von 50,- € ergibt sich einschließlich Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) eine Vergütung in Höhe von insgesamt 119,- €.

3. Abschließende Hinweise des Senats

Der Senat kann das Begehren der Antragstellerin, zumindest bei einem simultanen Dolmetschen einen höheren Stundensatz als 50,- € abrechnen zu können, angesichts des ausgesprochen niedrigen vereinbarten Stundensatzes durchaus nachvollziehen.

Für den Senat erscheint es nicht fernliegend, dass die Antragstellerin, möglicherweise bedingt durch eine Prägung der früheren Heranziehung im Wesentlichen nicht als Dolmetscherin für simultanes, sondern für konsekutives Dolmetschen, beim Abschluss der Vereinbarung subjektiv davon ausgegangen ist, dass die Heranziehung regelmäßig nur für konsekutives Dolmetschen erfolgt und der Fall des Simultandolmetschens nur die Ausnahme darstellt. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre es für den Senat durchaus plausibel, wenn die Antragstellerin mit einer gegebenenfalls verstärkten Praxis, sie vermehrt für simultanes Dolmetschen heranzuziehen, und einer Vergütung in Höhe von 50,- € pro Stunde dafür unzufrieden wäre. Ganz abgesehen davon, dass ein Stundensatz von 50,- € dem Senat ohnehin - auch mit Blick auf einen dem Senat bekannten Vergleichsfall - als ausgesprochen niedrig erscheint, wäre auch zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin höhere Kosten dafür entstehen, wenn sie zu einem Gerichtstermin einen höher qualifizierten und damit vermutlich von ihr auch höher bezahlten Dolmetscher für simultanes Dolmetschen übersendet. Gleichwohl kann aus den aufgezeigten Gründen dieser von der Antragstellerin als unbefriedigend empfundenen Gesamtsituation im Weg der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung nicht Rechnung getragen werden, da dem die abgeschlossene Vereinbarung entgegen steht.

Sollte die Antragstellerin diesen Zustand aus wirtschaftlichen Gründen für sich in der Zukunft nicht weiter als akzeptabel betrachten, stünde ihr einzig und allein die Möglichkeit offen, beim Präsidenten des Sozialgerichts Landshut auf eine Änderung der Vereinbarung zu drängen oder für den Fall, dass sich keine einvernehmliche Lösung finden lässt, die Vereinbarung zu kündigen. Für diesen Fall wäre die in der Vereinbarung geregelte Kündigungsfrist von drei Monaten vor Ablauf der Laufzeit der Vereinbarung (zum 31.08. jeden Jahres) und die Schriftform zu beachten.

Wie eine gegebenenfalls abgeänderte Vereinbarung aussehen könnte, insbesondere ob es bei der pauschalen Vergütung sämtlicher Dolmetscherleistungen unabhängig davon, ob konsekutiv oder simultan gedolmetscht wird, bleibt und dann der pauschale Stundensatz erhöht wird oder ob eine finanzielle Differenzierung zwischen konsekutivem und simultanem Dolmetschen erfolgt oder ob gegebenenfalls sogar das simultane Dolmetschen aus der Vereinbarung ausgegliedert wird, bleibt den entsprechenden Verhandlungen der Antragstellerin mit dem Präsidenten des Sozialgerichts Landshut vorbehalten.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

Tenor

Die Vergütung für das Gutachten vom 24. Februar 2016 wird auf 2.737,09 € festgesetzt.

Tatbestand

I. In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 14 R 386/15 geführten Berufungsverfahren, in dem eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) Streitgegenstand war, erstellte der Antragsteller, der als Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatische Medizin sowie Psychotherapie und zertifizierter medizinischer Sachverständiger (cpu) und qualifizierter psychosomatischer Schmerzgutachter (IGPS) ein Institut für neurologisch-psychiatrische Begutachtung betreibt, im Auftrag des Gerichts am 24.02.2016 ein Gutachten.

Mit Rechnung vom 24.02.2016 machte er dafür einen Vergütungsanspruch in Höhe von 3.514,91 € wie folgt geltend: 2.900,- € für Zeitaufwand von insgesamt 29 Stunden (in der Rechnung näher aufgeschlüsselt) zu einem Stundensatz von 100,- €, Schreibgebühren 45,96 €, Porto 7,75 €, Umsatzsteuer 561,20 €. Den zugrunde gelegten Stundensatz von 100,- € nach der Honorargruppe M 3 begründete er wie folgt:

„Bei der Begutachtung von Schmerzen muss der höhere Aufwand im Vergleich zur normalen Begutachtung berücksichtigt werden. Eindeutig belegt ist dies durch eine Aussage des Thüringer Landessozialgerichts gemäß Beschluss vom 01.08.2003, Az. L 6 SF 220/03 in MedSach 2004,100: 102 - 104.

Zur Entschädigung von sog. Schmerzgutachten, wie dies bei der Klägerin der Fall war, haben sich bisher nach meinen Informationen nur die Landessozialgerichte Baden-Württemberg und Thüringen obergerichtlich geäußert und Entscheidungen getroffen. In beiden Fällen wurden Gutachten aus dem Gebiet der … der Honorargruppe M 3 zugeordnet (siehe Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts, Beschluss vom 03.11.2008, Az. L 6 SF 48/08 sowie Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.07.2006, Az. L 12 R 2761/06 KO-B).“

Die Kostenbeamtin des LSG bewilligte mit Schreiben vom 06.04.2016 einen Betrag von 2.737,09 €, wobei sich die Reduzierung der Forderung des Antragstellers ausschließlich aus der Zugrundelegung der Honorargruppe M 2 (75,- €) anstelle der beantragten Honorargruppe M 3 (100,- €) ergab. Die Anwendung der Honorargruppe M 2 begründete die Kostenbeamtin damit, dass für Gutachten über das Vorliegen von Erwerbsminderung die Honorargruppe M 2 einschlägig sei.

Der Antragsteller hat sich mit Schreiben vom 13.04.2016 gegen die Abrechnung nach der Honorargruppe M 2 gewandt und die gerichtliche Festsetzung der Vergütung beantragt. Die von ihm begehrte Zugrundelegung der Honorargruppe M 3 hat er wie folgt begründet: Bei der Begutachtung von Schmerzen müsse der höhere Aufwand im Vergleich zu normalen Gutachten für die Erhebung der Vorgeschichte berücksichtigt werden. Problematisch sei die Einstufung der Honorargruppe. Die Abrechnung gemäß der Honorargruppe M 2 werde angewendet für beschreibende Ist-Zustandsbegutachtungen nach standardisiertem Schema und von durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. Die Abrechnung gemäß der Honorargruppe M 3 sei vorgesehen für Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad. Im Fall der von ihm Begutachteten habe zweifelsohne ein hoher Schwierigkeitsgrad vorgelegen. Es sei um die Analyse eines komplexen Schmerzsyndroms gegangen.

Soweit für ihn ersichtlich, hätten bisher nur die LSG Baden-Württemberg und Thüringen obergerichtliche Entscheidungen zur Honorierung von Schmerzgutachten getroffen. In beiden Fällen seien Gutachten auf dem Gebiet der … der Honorargruppe M 3 zugeordnet worden. Es sei jeweils um die interdisziplinäre Feststellung und Bewertung einer Erkrankung mit chronischen und monokausal nicht zu erklärenden Schmerzen gegangen. Dazu benötige ein Sachverständiger eingehende Kenntnisse der Erfassung und Bewertung chronischer Schmerzen und müsse sich mit der herrschenden Lehre auseinandersetzen.

Diese Voraussetzungen träfen auf den Krankheitsfall der von ihm Begutachteten zu. Dieser Krankheitsfall mit einem komplexen Schmerzsyndrom sei gerade nicht mit dem Normalfall zu vergleichen, in dem der Sachverständige nur Gutachten seines Fachgebietes zu diskutieren habe. In diesem Zusammenhang hat der Antragsteller angegeben, dass der Vizepräsident des Thüringer LSG K. in einem Vortrag vor der Interdisziplinären Gesellschaft für Psychosomatische Schmerztherapie (IGPS), Curriculum Psychosomatische Schmerztherapie, am 04./05.12.2009 in Weimar Folgendes ausgeführt habe:

„Die fachübergreifende Feststellung des Anteils der erklärbaren Schmerzen erfordert eingehende Kenntnisse der Erfassung und Bewertung chronischer Schmerzen eine Auseinandersetzung mit der herrschenden Lehre, Leitlinien (Liegen diese Voraussetzungen vor, ist auch für ein Zustandsgutachten in einem Verfahren der gesetzlichen Rentenversicherung die Honorierung mit der Gruppe M 3 zu bejahen.).“

Diese Voraussetzungen seien - so der Antragsteller - in dem von ihm erstellten Gutachten eindeutig gegeben.

Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens beigezogen.

Gründe

II. Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom13.04.2016 die gerichtliche Festsetzung der Vergütung beantragt.Die Vergütung für das Gutachten vom 24.02.2016 ist auf 2.737,09 € festzusetzen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.).

2. Berechnung der Vergütung des Antragstellers

Die Vergütung eines Sachverständigen setzt sich gemäß § 8 Abs. 1 JVEG aus dem Honorar für seine Leistungen, dem Ersatz von Fahrtkosten, der Entschädigung für Aufwand und dem Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen zusammen.

2.1. Honorar/Vergütung für Zeitaufwand

Das Honorar gemäß § 9 JVEG beträgt 2.175,- €.

2.1.1. Zu vergütender Zeitaufwand

Der vom Antragsteller angegebene Zeitaufwand ist der Vergütung zugrunde zu legen.

Der angegebene Zeitaufwand entspricht dem objektiv erforderlichen Zeitaufwand, wie er sich bei Zugrundelegung der Maßgaben des Senats (vgl. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11) errechnet. Der für die Untersuchung der Begutachteten angegebene erhebliche Zeitaufwand von insgesamt 6 Stunden ist durch die diversen durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen zu erklären (zum Zeitaufwand testpsychologischer Untersuchungen: vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15). Der Senat geht - zugunsten des Antragstellers - davon aus, dass die durchgeführten Untersuchungen trotz der im Vergleich zu anderen vergleichbaren Gutachten überraschend hohen Zahl noch objektiv notwendig gewesen sind. Er berücksichtigt dabei auch den vom Antragsteller angegebenen erhöhten Zeitaufwand bei der - so der Antragsteller - „Schmerzbegutachtung“.

2.1.2. Honorargruppe

Es kommt die Honorargruppe M 2 zur Anwendung.

Die Höhe des Stundensatzes variiert je nach der Zugehörigkeit des Gutachtens zu einer bestimmten Honorargruppe (§ 9 Abs. 1 JVEG i. V. m. der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1).

Ob Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI von dem in der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG verwendeten Begriff von „Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit“ umfasst sind (bejahend mit Blick auf Historie und Entwicklung von der früheren Invalidenversicherung zum heutigen Rentenrecht, Wortlaut, Aufbau und Systematik: vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 11.04.2005, Az.: L 2/9 SF 82/04; so wohl auch Beschluss des Senats vom 15.03.2010, Az.: L 15 SF 69/10; verneinend mit dem Argument, dass der Begriff der „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung und - früher - dem sozialen Entschädigungsrecht zugeordnet (gewesen) sei: vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.09.2004, Az.: L 12 RJ 3686/04 KO-A; Sächs. LSG, Beschluss vom 26.04.2010, Az.: L 6 AS 118/10 B KO; Thüringer LSG, Beschluss vom 19.05.2014, Az.: L 6 SF 1614/13 E), kann dahingestellt bleiben. Denn auch dann, wenn von einer Umfassung im vorgenannten Sinn ausgegangen wird, können Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI grundsätzlich allen Honorargruppen für medizinische Gutachten, nämlich M 1, M 2 und M 3, unterfallen; in allen drei Honorargruppen sind Gutachten „zur Minderung der Erwerbsfähigkeit“ explizit genannt. Die Zuordnung eines Gutachtens zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI zu einer der Honorargruppen lässt sich daher nur über den Schwierigkeitsgrad des Gutachtens vornehmen, wie dies in gleicher Weise der Fall ist, wenn ein Gutachtensgebiet in der Anlage 1 zum JVEG nicht aufgeführt ist.

Zu dieser Zuordnung, damals zum Rechtsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung, hat der Senat im Beschluss vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, Folgendes ausgeführt:

„Der Senat versteht daher die Vorgaben in § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG zur Ermittlung der Honorargruppe von medizinischen Gutachten, die der Gesetzgeber nicht explizit einer Honorargruppe zugeordnet hat, dahingehend, dass im Rahmen des gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG eröffneten Ermessens eine Vergleichbarkeit anhand der Anforderungen an die Vornahme der sachverständigen Bewertung, also die Schwierigkeit des zu vergütenden Gutachtens mit den vom Gesetzgeber vorgegebenen Honorargruppen M 1 bis M 3 anhand der dort genannten Anwendungsgruppen herzustellen ist. Damit wird der Senat den unausgesprochenen, gleichwohl aber aus den gesetzlichen Formulierungen klar erkennbaren Vorstellungen des Gesetzgebers gerecht, der die Honorargruppen, wie sich aus Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG eindeutig ergibt, ausschließlich am Schwierigkeitsgrad der Gutachten ausgerichtet hat (Honorargruppe M 1: „Einfache gutachtliche Beurteilungen...“ - Honorargruppe M 2: „Beschreibende ... Begutachtung nach standardisiertem Schema ...“ - Honorargruppe M 3: „Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad ...“).

An der Richtigkeit dieser Auslegung - Orientierung ausschließlich an der Schwierigkeit - hat der Senat auch angesichts der Gesetzesbegründung zur Anlage 1 des JVEG keine Zweifel. Zwar hat der Gesetzgeber dort ausgeführt, dass hinsichtlich der Honorargruppen M 1 bis M 3 eine Staffelung der Leistungen vorgeschlagen werde, „die an den verschiedenen Gegenständen medizinischer Gutachten, aber auch an deren Umfang orientiert und damit insgesamt aufwandsbezogen ausgestaltet ist“ (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, a. a. O., S. 186). Eine entscheidende Orientierung der Honorargruppe an Umfang und Aufwand hat der Gesetzgeber aber weder im JVEG realisiert noch wäre dies sachgerecht. Denn mit dem Umfang eines Gutachtens und dem bei der Gutachtenserstellung anfallenden Aufwand steigt grundsätzlich nicht auch schon dessen Schwierigkeit. Vielmehr - und das zeigt die Praxis immer wieder - kann ein Gutachten zwar zeitaufwändig in der Erstellung und lang in seinen Ausführungen sein, gleichzeitig aber nur von reduzierter Schwierigkeit. Der Senat hat hier beispielhaft Verfahren in kriegsopferrechtlichen oder schwerbehindertenrechtlichen Streitigkeiten vor Augen, bei denen in der Vergangenheit über teilweise Jahrzehnte hinweg schon zahlreiche Verschlimmerungsanträge verbeschieden worden sind und bei dem sich der Aufwand des Gutachtens allein durch den Umfang der Akten ergibt, ohne dass die vorzunehmende Beurteilung von einer irgendwie gearteten Schwierigkeit geprägt wäre, da letztlich nur immer wieder Beurteilungen des Ist-Zustands durchzuführen sind, wie sie in ähnlicher Weise schon mehrfach erfolgt sind. Im Übrigen wäre es verfehlt, dem hohen (Zeit-)Aufwand eines Gutachtens mit einer höheren Honorargruppe Rechnung zu tragen, da dann ein erhöhter Zeitaufwand doppelt Berücksichtigung fände - nämlich nicht nur über den abzurechnenden Zeitaufwand, sondern auch über eine höher dotierte Honorargruppe. Dafür fehlt die gesetzliche Legitimation.

3.1.2.1.1. Kriterien des Senats für die Zuordnung eines krankenversicherungsrechtlichen Gutachtens

Als maßgebliche Kriterien für die Ermittlung der Schwierigkeit eines krankenversicherungsrechtlichen Gutachtens, wie es hier vorliegt, sieht der Senat folgende Gesichtspunkte (ähnlich vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 19.04.2007, Az.: L 6 SF 11/07):

Kriterium a):

Beurteilung einer Erkrankung einschließlich einer Prognosebeurteilung, sofern es nicht auf der Hand liegt, dass die Erkrankung ganz leicht zu beurteilen und die Prognose ganz einfach ist.

Kriterium b):

Erforderlichkeit der Erörterung alternativer Behandlung(smethod)en einer Erkrankung, sofern es nicht auf der Hand liegt, dass die Frage ganz leicht zu beantworten ist.

Kriterium c):

Erforderlichkeit der Erörterung des aktuellen Stands der wissenschaftlichen Diskussion bzw. Auswertung der medizinisch-wissenschaftlichen Studien zur Beantwortung der gerichtlichen Fragen.

Jedenfalls dann, wenn die aufgezeigten Kriterien kumulativ erfüllt sind, ist von der Honorargruppe M 3 auszugehen.

Der Senat begründet dies wie folgt:

Wie oben erläutert ist maßgeblicher Orientierungspunkt für die Zuordnung zu einer Honorargruppe die Schwierigkeit eines Gutachtens. Welche Kriterien der Gesetzgeber als entscheidend für die Beurteilung der Schwierigkeit eines Gutachtens ansieht, ist den jeweils einleitenden Worten in den Honorargruppen M 1 bis M 3 zu entnehmen, wobei sich für den Bereich krankenversicherungsrechtlicher Gutachten die Diskussion auf die Honorargruppen M 2 und M 3 beschränken kann; denn es dürfte unstrittig sein, dass Gutachten in krankenversicherungsrechtlichen Streitigkeiten vom Schwierigkeitsgrad her jedenfalls nicht als leichter als Gutachten in Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch IX einzuordnen sind, die der Gesetzgeber der Honorargruppe M 2 zugewiesen hat.

Nach den gesetzlichen Formulierungen sind beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtungen nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose der Honorargruppe M 2 zuzuordnen. Als Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad und damit der Honorargruppe M 3 zugehörig betrachtet der Gesetzgeber hingegen Begutachtungen, bei denen spezielle Kausalzusammenhänge zu erörtern sind und/oder sich differenzialdiagnostische Probleme stellen und/oder eine Beurteilung der Prognose zu erfolgen hat und/oder eine Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen zu erfolgen hat. Damit hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er Bewertungen des aktuellen Zustands grundsätzlich nur so lange als im Sinn des Honorargruppensystems mittelschwer betrachtet, als damit nur eine eher einfache Verlaufsprognose verbunden ist. Wirft die Prognose hingegen mehr als nur einfache Fragen auf, kann dies als Argument für die Honorargruppe M 3 betrachtet werden.

Wann eine Verlaufsprognose leicht zu treffen ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Der Gesetzeber scheint aber davon auszugehen, dass allein die Aussage zur zukünftigen Entwicklung des Gesundheitszustands eines zu Begutachtenden regelmäßig noch nicht zwingend von erhöhter Schwierigkeit sein dürfte. Denn anderenfalls wäre es nicht zu begründen, dass Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit auch der Honorargruppe M 2 zugeordnet sind. Denn bei solchen Gutachten ist regelmäßig die Frage danach zu beantworten, ob die Möglichkeit einer Besserung der Erwerbsfähigkeit selbst bei Durchführung möglicher Heilmaßnahmen fernliegend ist.

Die Erörterung alternativer Behandlung(smethod)en ist letztlich nichts anderes als eine Prognosebeurteilung, verbunden jedoch mit dem zusätzlichen Erfordernis, dass sich der Sachverständige einen umfassenden Überblick über die zur Verfügung stehenden Behandlungsalternativen zu verschaffen hat.

Bei der Erörterung der alternativen Behandlungsmethoden wird es regelmäßig unverzichtbar sein, dass sich der Sachverständige mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft auseinandersetzt und die Studienlage auswertet. Lediglich dann, wenn es sich um ganz einfach zu beurteilende Erkrankungen handelt, wird es bei der Erörterung der alternativen Behandlungsmethoden verzichtbar sein, sich mit der Studienlage auseinanderzusetzen. Derartige Fälle führen aber im Regelfall nicht zu einem gerichtlichen Gutachtensauftrag. Gutachten werden im Übrigen auch dann nicht erforderlich sein, wenn bereits der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen seiner Kompetenz gemäß § 92 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch eine (positive oder negative) Entscheidung getroffen hat. Es verbleiben daher für gerichtliche Gutachten ohnehin nur noch die Fälle, bei denen sich der Sachverständige einen Überblick über die wissenschaftliche Diskussion und Studienlage verschaffen muss. Dass bei Vorliegen des oben aufgezeigten Kriteriums b) nicht auch das Kriterium c) erfüllt wäre, wird also in der gerichtlichen Gutachtenspraxis so gut wie auszuschließen sein. Es werden daher im Regelfall gesonderte Prüfungen zum Kriterium c) verzichtbar sein.

Die dargelegten Kriterien stehen mit dem Leitgedanken der Rechtsprechung des Kostensenats in Einklang, wonach aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Handhabbarkeit die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden dürfen (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, und vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E). Diesem Leitgedanken ist dadurch Rechnung getragen, dass im Regelfall bereits dann von der Honorargruppe M 3 ausgegangen werden darf, wenn die beiden Fragen nach der Prognosebeurteilung und der Erörterung alternativer Behandlung(smethod)en im Gutachtensauftrag gestellt werden und es nicht auf der Hand liegt, also offenkundig ist, dass die Beantwortung leicht ist. Davon wird nur in den seltensten Fällen auszugehen sein.“

Maßstab ist grundsätzlich immer eine ex post-Betrachtung, wobei der Schwierigkeitsgrad im Wesentlichen durch die konkrete Fragestellung des Gutachtens, also die Beweisfragen, bestimmt wird (vgl. Beschluss des Senats vom 04.08.2016, Az.: L 15 RF 15/16; Sächs. LSG, Beschluss vom 26.04.2010, Az.: L 6 AS 118/10 B KO; Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16.09.2015, Az.: 15 W 57/15; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 9, Rdnr. 2; Hartmann, a. a. O., § 9 JVEG, Rdnr. 6; vgl. auch die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 260).

Bei entsprechender Anwendung der aufgezeigten Vorgaben auf Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI werden derartige Gutachten fast ausnahmslos nach der Honorargruppe M 2 zu vergüten sein.

Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung nicht nur des Kostensenats des Bayer. LSG, sondern auch der anderer Gerichte (vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 23.09.2009, Az.: L 15 SF 188/09, und vom 15.03.2010, Az.: L 15 SF 69/10; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.09.2004, Az.: L 12 RJ 3686/04 KO-A; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.09.2009, Az.: L 6 R 303/09 B; Hessisches LSG, Beschluss vom 03.02.2011, Az.: L 2 R 490/10 B; Thüringer LSG, Beschlüsse vom 13.08.2013, Az.: L 6 SF 266/13 E, und vom 28.08.2013, Az.: L 6 SF 789/13; Sächsisches LSG, Beschuss vom 21.01.2015, Az.: L 8 SF 21/12 E).

Diese Rechtsprechung steht in Übereinstimmung mit der Literatur. So hat auch Keller (vgl. ders, jurisPR-SozR 6/2010 Anm. 6), auf den sich der Antragsteller bei seinem Begehren nach einer Vergütung nach der Honorargruppe M 3 berufen hat, Folgendes ausgeführt:

„Nach h. M. werden Zustandsgutachten bei Erwerbsminderungsrenten im Regelfall in der Honorargruppe M 2 vergütet.“

Reyels (vgl. ders, jurisPR-SozR 18/2010 Anm. 6) hat dies - noch ausführlicher - wie folgt bestätigt:

„Für Rentengutachten hat damit also grundsätzlich eine Vergütung nach der Honorargruppe M 2 zu erfolgen. Dass diese in der Aufzählung der Beispielsfälle in der Anlage 1 zum JVEG nicht ausdrücklich aufgeführt werden, ist für die Praxis kein wirkliches Problem. So hat dies auch bereits das Thüringer LSG gesehen und die Zuordnung zur Honorargruppe M 2 ohne große Begründung in einem Rentenverfahren angenommen (so Thüringer LSG, Beschl. v. 04.04.2005 - L 6 SF 83/05 Rn. 22; vgl. auch Thüringer LSG, Beschl. v. 21.12.2006 - L 6 B 22/06 SF Rn. 30 m. w. N.). Ebenso hält das SG Stade die Zuordnung von Rentengutachten zum Regelbeispiel „Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität“ - völlig zu Recht - für eindeutig (SG Stade, Beschl. v. 22.07.2008 - S 34 SF 35/08 Rn. 8 a.E.).

Im Übrigen kann allein die Tatsache, dass sich ein Sachverständiger ggf. mit einem Vorgutachten hat auseinandersetzen müssen, noch nicht die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 rechtfertigen (so zutreffend das LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.04.2005 - L 12 SB 795/05 KO-A Rn. 9; vgl. dazu jurisPR-SozR 3/2006 Anm. 6, Keller).

Die Zuordnung von medizinischen Gutachten in sozialgerichtlichen Verfahren zu einer der drei Honorargruppen dürfte auch ansonsten bis auf wenige Einzelfälle ohne Schwierigkeiten möglich sein, selbst wenn in der Anlage 1 zum JVEG einzelne Verfahren nicht explizit aufgeführt sind (ebenso Keller, Die Vergütung ärztlicher Sachverständigengutachten im sozialgerichtlichen Verfahren nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz, MedSach 2005, 154, 156 - auch zu den nachfolgenden Beispielen). So sind Gutachten zur Feststellung des GdB und des Vorliegens der Voraussetzungen von Nachteilsausgleichen/Merkzeichen nach dem SGB IX sowie (nur) zur Höhe der MdE oder des GdS bei bereits anerkannten Schädigungsfolgen nach dem SGB VII bzw. BVG ebenso wie Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung nach dem SGB VI oder der Erwerbsfähigkeit nach dem SGB II und auch Gutachten zur Frage der Gewährung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation sowie Gutachten zur Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI in die Honorargruppe M 2 einzustufen (wie hier auch Straßfeld, Auswirkungen des Kostenmodernisierungsgesetzes auf das sozialgerichtliche Verfahren, SGb 2005, 154, 156).

Das gesetzgeberische Ziel, das Kostenrecht einfacher zu gestalten (Gesetzesbegründung siehe BT-Drs. 15/1971 bzw. BR-Drs. 830/03), ist meines Erachtens durch die Neuregelung der Sachverständigenvergütung nach festen Stundensätzen für definierte Honorargruppen erreicht worden und sollte nicht unnütz in Zweifel gezogen werden.“

Dass Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI - von ganz besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen und damit fast ausnahmslos - der Honorargruppe M 2 zuzuordnen sind, ergibt sich auch aus einem Abgleich mit anderen vom Gesetzgeber genannten Regelbeispielen. So hat dieser Gutachten in Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) ausschließlich der Honorargruppe M 2 zugeordnet. Warum Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI schwieriger sein sollten als Gutachten zur Höhe des Grads der Behinderung, für die Honorargruppe M 3 ausgeschlossen ist, ist für den Senat nicht erkennbar. Daran ändert die Tatsache nichts, dass bei Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI auch eine Prognose abzugeben ist. Denn auch Gutachten nach dem SGB IX setzten oft eine Prognose voraus, ist es doch Voraussetzung, dass die zu bewertenden Gesundheitsstörungen dauerhaft im Sinne des SGB IX vorliegen, was einen Blick in die Zukunft und damit eine Prognose erfordern kann.

Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass das streitgegenständliche Gutachten des Antragstellers von einer so großen Schwierigkeit gewesen wäre, dass es nach der Honorargruppe M 3 zu vergüten wäre, kann der Senat nicht erkennen. Keiner der aufgezeigten Gesichtspunkte spricht für die Honorargruppe M 3. Die Fragestellung im zu vergütenden Gutachten weicht nicht von der in einem typischen Verfahren wegen Rente wegen Erwerbsminderung ab.

Sämtliche vom Antragsteller für die Honorargruppe M 3 vorgebrachten Gesichtspunkte können den Senat nicht überzeugen:

Sofern der Antragsteller davon ausgeht, dass von ihm als „Schmerzgutachten“ bezeichnete Gutachten nach der Honorargruppe M 3 zu honorieren wären, ist eine derart pauschale Annahme nicht ansatzweise nachvollziehbar. Der im vorliegenden Fall gestellte Gutachtensauftrag unterscheidet sich in nichts von dem regelmäßig gestellten Auftrag bei einer Rente wegen Erwerbsminderung; es kann nicht von einer mehr als durchschnittlich schwierigen Fragestellung ausgegangen werden.

Wenn sich der Antragsteller auf zwei LSG-Entscheidungen stützt, bei denen „Schmerzgutachten“ in Rentensachen nach der Honorargruppe M 3 vergütet worden sind, handelt es sich dabei um reine Einzelfallentscheidungen in ganz speziell gelagerten Konstellationen, aus denen sich ein allgemeiner Grundsatz in dem Sinn, dass „Schmerzgutachten“ nach der Honorargruppe M 3 zu vergüten wären, nicht ableiten lässt.

Die Argumentation des Antragstellers, bei der Begutachtung von Schmerzen müsse der „höhere Aufwand im Vergleich zu normalen Gutachten“ berücksichtigt werden, ist nicht geeignet, eine höhere Honorargruppe als M 2 zu begründen (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 02.06.2014, Az.: L 6 SF 1726/13 E). Der Begründungsansatz des Antragstellers unterliegt schon dem Fehler, dass sich der Schwierigkeitsgrad eines Gutachtens nicht aus dem Umfang des Gutachtens und dem für dessen Erstellung erforderlichen Zeitaufwand ergibt, sondern aus der Fragestellung, also den Beweisfragen. Sofern Hartmann (vgl. ders., Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 9 JVEG, Rdnr. 6) davon ausgeht, dass „der erforderliche Zeitaufwand“ entscheidend für die Beurteilung des Schwierigkeitsgrads eines Gutachtens sei, ist diese Ansicht nicht haltbar. Ganz abgesehen davon, dass eine derartige Begründung mit der gesetzlichen Systematik nicht vereinbar wäre, würde dies dazu führen, dass diejenigen Gutachter doppelt begünstigt würden, die besonders ausführliche Gutachten verfassen. Denn diese würden nicht nur davon profitieren, dass regelmäßig aus dem Umfang der sachverständigen Ausführungen auch auf die objektiv erforderliche Zeit für die Erstellung des Gutachtens geschlossen wird, sondern zudem davon, dass durch umfangreichere Ausführungen auch der Schwierigkeitsgrad und damit die Höhe des Stundensatzes erhöht würde. Eine derartige Vorgehensweise wäre auch unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz nicht vertretbar.

Daraus, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben bei dem zu vergütenden Gutachten die Erkrankung der Klägerin „interdisziplinär festgestellt und bewertet“ hat, lässt sich keine höhere Honorargruppe als M 2 ableiten. Es ist im sozialgerichtlichen Gutachten, gerade auf dem Gebiet des Rentenrechts oder des Schwerbehindertenrechts, typischerweise Aufgabe eines Sachverständigen, Erkrankungen zu beurteilen, die über den Bereich, wie er durch die Facharztbezeichnung des Gutachters beschrieben ist, hinausgehen. Fälle, in denen ein Sachverständiger ausschließlich Erkrankungen zu beurteilen hat, die von seiner Facharztbezeichnung abgedeckt sind, sind sehr selten. Würde eine daher regelmäßig erforderliche „interdisziplinäre“ Betrachtungsweise bereits zur Honorargruppe M 3 führen, wäre es nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber beispielsweise Gutachten nach dem SGB IX explizit der Honorargruppe M 2 zugeordnet hat.

Dass ein Sachverständiger „eingehende Kenntnisse der Erfassung und Bewertung“ einer zu beurteilenden krankheitsbedingten Funktionseinschränkung haben muss, ist Grundvoraussetzung für die Arbeit als Gutachter, nicht Beleg für einen erhöhten Schwierigkeitsgrad des Gutachtens. Auch die Kenntnis von Leitlinien ist eine Selbstverständlichkeit. Die Anfertigung von Gutachten und die Beurteilung im sozialgerichtlichen Verfahren hat immer - unabhängig von der Honorargruppe - nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zu erfolgen (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 09.05.2006, Az.: B 2 U 1/05 R, und Beschluss vom 24.07.2012, Az.: B 2 U 100/12 B; Urteile des Senats vom 28.07.2011, Az.: L 15 VJ 8/09, und vom 15.12.2015, Az.: L 15 VS 15/13). Die (höchste) Honorargruppe M 3 lässt sich damit nicht rechtfertigen. Eine Auseinandersetzung mit der neuesten wissenschaftlichen Studienlage, wie sie im Beschluss des Senats vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, als Kriterium für die Höhe der Honorargruppe gesehen worden ist, ist damit qualitativ, d. h. von der Schwierigkeit her, nicht vergleichbar.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat auf Folgendes hin, wobei Anlass für die folgenden Ausführungen ist, dass der Antragsteller auf seinem Briefkopf nicht nur seine Facharztbezeichnungen, sondern auch diverse weitere Qualifikationen aufzeigt:

Mit einer besonders hervorgehobenen beruflichen Position (z. B. der eines Klinikdirektors), einer überdurchschnittlichen wissenschaftlichen Qualifikation (z. B. in Form eines Professorentitels) oder anderen Zusatzqualifikationen eines Sachverständigen (z. B. Zertifizierungen als Sachverständiger) kann eine höhere Honorargruppe nie begründet werden (vgl. Beschlüsse des Senats vom 03.03.2016, Az.: L 15 SF 207/15, vom 14.03.2016, Az.: L 15 RF 2/16, und vom 04.08.2016, Az.: L 15 RF 15/16; Thüringer LSG, Beschluss vom 02.06.2014, Az.: L 6 SF 1726/13 E; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.06.2014, Az.: L 3 R 317/11 B; Hartmann, a. a. O., § 9 JVEG, Rdnr. 6), zumal die Erstellung eines Gutachtens auch nicht per se an eine bestimmte Facharztbezeichnung geknüpft ist (vgl. BSG, Beschuss vom 09.04.2003, Az.: B 5 RJ 80/02 B - zur Begutachtung eines Schmerzpatienten; Beschlüsse des Senats vom 08.08.2011, Az.: L 15 SB 107/11 B PKH, und vom 01.07.2014, Az.: L 15 SB 33/14; Urteile des Senats vom 17.07.2012, Az.: L 15 SB 213/11, und vom 18.03.2013, Az.: L 15 VK 11/11, letzteres vom BSG bestätigt mit Beschluss vom 31.07.2013, Az.: B 9 V 31/13 B, und folgenden Worten: „Die Vorinstanz hat sich an der Rechtsprechung des BSG orientiert.“). Gutachter „erster und zweiter Klasse“ gemäß ihrer fachlich-beruflichen Qualifikation mit entsprechend unterschiedlicher Höhe des Stundensatzes sind der Systematik der Honorargruppenzuordnung im JVEG fremd. Die Zuordnung ergibt sich vielmehr allein aus der Entscheidung über die Heranziehung, also der Fragestellung, wie sie dem Gutachtensauftrag bzw. Beweisbeschluss zu entnehmen ist.

Zusammenfassend kann der Senat daher keine Gesichtspunkte erkennen, die Anlass gäben, daran zu denken, von der für Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI typischerweise heranzuziehenden Honorargruppe M 2 abzuweichen.

2.2. Schreibgebühren

Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG ist ein Aufwendungsersatz für Schreibgebühren in Höhe von 0,75 € pro angefangenen 1.000 Anschlägen zu leisten. Davon ausgehend sind Schreibgebühren in Höhe von 46,80 € zu erstatten.

2.3. Porto

Das Porto ist im vorliegenden Fall antragsgemäß mit 7,75 € zu erstatten.

2.4. Umsatzsteuer

Aus der sich aus den vorgenannten Positionen errechnenden Vergütung in Höhe von insgesamt 2.300.07 € ergibt sich eine Umsatzsteuer in Höhe von 437,02 €.

Dem Antragsteller steht daher eine Vergütung in Höhe von insgesamt 2737,09 € zu.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt. Anlass, wegen grundsätzlicher Bedeutung eine Entscheidung des Kostensenats in voller Besetzung (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG) herbeizuführen, hat nicht bestanden. Der Senat folgt der bisherigen Rechtsprechung zur Honorargruppe bei Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI, wie sie in den Beschlüssen des Senats vom 23.09.2009, Az.: L 15 SF 188/09, vom 15.03.2010, Az.: L 15 SF 69/10, und vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, zum Ausdruck gekommen und in der Literatur (vgl. z. B. Reyels, jurisPR-SozR 18/2010 Anm. 6) bestätigt worden ist.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).

Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.