Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 09. Apr. 2018 - L 5 KR 666/17 ZVW

bei uns veröffentlicht am09.04.2018
vorgehend
Sozialgericht München, S 44 KR 125/11, 10.07.2012

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss vom 19.2.2018 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 19.2.2018 hat der Senat den dritten Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt. Der wiederholende Antrag der Klägerin enthalte nichts Entscheidungsrelevantes zum Streitgegenstand, nämlich der Wirksamkeit der Teilerledigungserklärung der Klägerin im Verfahren L 5 KR 316/12 in der mündlichen Verhallung vom 11.11.2014. Dagegen hat die Klägerin Anhörungsrüge erhoben und Umfangreiches zu ihrer Sicht hinsichtlich von Beitragsforderungen, Vereinbarungen dazu vorgetragen sowie bereits Vorgetragenes wiederholt und verfeinert.

II.

Die fristgerecht eingelegt Anhörungsrüge ist statthaft, aber unzulässig.

1. Nach § 178 a Abs. 1 Satz 1 SGG ist auf Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Das Vorliegen der in § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG genannten Voraussetzungen muss vom Beschwerdeführer dargelegt werden, nämlich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie die Entscheidungserheblichkeit. Ein gerügter Gehörverstoß erfordert den Vortrag, welchen erheblichen Vortrag das Gericht nicht zur Kenntnis genommen hat oder welches Vorbringen von ihm verhindert worden ist und inwiefern die Entscheidung darauf beruhen kann.

Eine solche Darlegung ist dem umfangreichen Vortrag der Klägerin trotz dessen erheblichen Volumens nicht zu entnehmen. Zu fordern ist ein substantiierter Vortrag, in welcher Weise das rechtliche Gehör verletzt worden sein soll und weshalb ohne eine solche Verletzung eine günstigere Entscheidung ergehen könnte (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 178a, Rn 6b; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Juli 2017 - L 23 SO 158/17 B RG). Dabei sind an einen anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten wie die Klägerin keine allzu hohen Anforderungen zu stellen.

2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ergibt sich, dass streitgegenständlich und damit relevant für die hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Wirksamkeit der Erledigungserklärung im Termin vom 11.11.2014 ist. Hierzu hat der Senat im mit der Rüge angegriffenen Beschluss ausgeführt, dass die Klägerin insoweit nichts Entscheidungsrelevantes vorgetragen hat. Die Behauptung neuer Gesichtspunkte ist nicht das erforderliche wirkliche Vorbringen neuer Gesichtspunkte. Zeiträume außerhalb des von der Erledigungserklärung erfassten Zeitraumes sind irrelevant. Auch die pauschal in Bezug genommene Nichtzulassungsbeschwerdeschrift gegen das Urteil vom 11.11.2014 enthält nichts Relevantes zur Teil-Erledigt-Erklärung. Vorgänge zu Beitragsschulden, welche aus Zeiträumen stammen, die nach den streitgegenständlichen Zeiten liegen, sind irrelevant. Zur studentischen Versicherung oder zur Kündigung der Versicherung ist bereits rechtskräftig entschieden. Darauf, dass der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, kommt es somit nicht an.

Spätestens mit diesen Ausführungen waren der Klägerin der entscheidungsrelevante Sachverhalt und die entscheidungsrelevante rechtliche Grundlage bekannt. Dies gilt umso mehr, als das Nämliche bereits in den vorangegangenen beiden abschlägigen Prozesskostenhilfe-Beschlüssen dargelegt war. Zur Wirksamkeit der protokollierten und von der anwaltlich im Termin vertretenen Klägerin genehmigten Erledigungserklärung vom 11.11.2014, welche als Prozesserklärung dem Widerruf und der Anfechtung nicht zugänglich ist, sind aber in den Rügeschriftsätzen trotz der äußerst viele Seiten umfassenden Äußerungen und Ausführungen keine sachbezogenen Darlegungen zu finden, was der Senat im Beschluss vom 19.2.2018 übergangen haben sollte.

Die Klägerin rügt damit nicht - wie im Verfahren nach § 178a SGG ausschließlich zulässig - eine Gehörsverletzung durch den Beschluss vom 19.2.2018, sondern allein ein vermeintlich falsches Verständnis des erkennenden Senates. Ein solcher - vermeintlicher - Rechtsanwendungsfehler ist aber dem Anhörungsrügeverfahren nicht zugänglich.

Kosten sind analog § 193 SGG nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

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Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 09. Apr. 2018 - L 5 KR 666/17 ZVW zitiert 4 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 178a


(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2. das Gericht den Anspruch dieses

Referenzen

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 175 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.