Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 31. Juli 2017 - L 4 KR 25/17 B

bei uns veröffentlicht am31.07.2017

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 24. Oktober 2016 wird als unzulässig verworfen.

II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Aussetzung eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht München (SG).

Der bei der Beklagten und Beschwerdegegnerin versicherte Kläger und Beschwerdeführer erhob am 21.04.2016 Untätigkeitsklage wegen Festsetzung der Belastungsgrenze für das Jahr 2016 und Befreiung von Zuzahlungen für das Jahr 2016. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 28 KR 630/16 geführt.

Mit Schreiben vom 17.05.2016 übermittelte die Beschwerdegegnerin den Bescheid vom 12.05.2016 nebst Berechnungsbogen zur Befreiung von den Zuzahlungen für das Jahr 2016 sowie eine Kopie des Befreiungsausweises für das Jahr 2016. Der Kläger erhob mit Schreiben vom 30.05.2016 Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 12.05.2016.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 13.09.2016 wies das SG die Beteiligten darauf hin, dass bezüglich des Bescheides vom 12.05.2016 bisher kein Vorverfahren durchgeführt worden sei. Das Gericht beabsichtige daher, den Rechtsstreit zur Durchführung eines Vorverfahrens analog § 114 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszusetzen. Der Kläger teilte mit Schreiben vom 18.09.2016 mit, das sogenannte Vorverfahren hinsichtlich des Bescheides vom 12.05.2016 habe nachweislich stattgefunden. Der Antrag des Beschwerdeführers sei nachweislich schon vor dem 01.01.2015 gestellt worden. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 24.10.2016 ordnete das SG das Aussetzen des Verfahrens an.

Gegen den Beschluss des SG hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom „8. Januar 2016“, eingegangen am 09.01.2017, Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben und für das Beschwerdeverfahren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Das Verfahren sei an das SG zurückzuverweisen. Andernfalls solle das LSG selbst über den Streitgegenstand „Zuzahlungen 2016“ entscheiden.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist bereits deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben ist.

Der Beschwerdeführer ist durch den von ihm angegriffenen Aussetzungsbeschluss nicht beschwert. Vielmehr hat das SG das Klageverfahren zu Gunsten des Klägers analog § 114 SGG ausgesetzt, weil das für die Zulässigkeit seiner Klage erforderliche Vorverfahren gemäߧ 78 SGG noch nicht durchgeführt worden ist.

Gemäß § 78 SGG sind vor Erhebung einer Klage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes nachzuprüfen. Die Vorschriften über die Durchführung des Vorverfahrens sind zwingend. Es kann grundsätzlich erst dann geklagt werden, wenn Widerspruch erhoben und verbeschieden ist (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 78 Rn.2a). Das Fehlen des Vorverfahrens ist stets und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten und führt zur Unzulässigkeit der Klage (vgl. B. Schmidt a.a.O., § 78 Rn.3).

Der Kläger hat vorliegend im sozialgerichtlichen Verfahren mit Schreiben vom 30.05.2016 fristgerecht Widerspruch und zugleich Klage gegen den Bescheid vom 12.05.2016 erhoben. Über den Widerspruch des Klägers war zum Zeitpunkt des vom SG erlassenen Beschlusses noch nicht entschieden worden. Das Widerspruchsverfahren bzw. Vorverfahren war damit noch nicht abgeschlossen. Die Klage war daher zu diesem Zeitpunkt unzulässig. Das SG hat den Beteiligten die Möglichkeit gegeben, das Vorverfahren nachzuholen, das heißt das Widerspruchsverfahren durchzuführen. Die Anordnung der Aussetzung des Verfahrens erfolgte daher zu Gunsten des Klägers. Ein Antrag auf Aussetzung ist hierfür nicht erforderlich (so z.B. auch Keller a.a.O., § 114 Rn.5). Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 114 Abs. 2 S. 2 SGG.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da das Beschwerdeverfahren gegen den Aussetzungsbeschluss kostenrechtlich als Zwischenstreit im noch anhängigen Rechtsstreit zu behandeln ist (vgl. Keller a.a.O., § 114 Rn.9).

Prozesskostenhilfe gemäß § 73a SGG für das Beschwerdeverfahren war bereits mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 31. Juli 2017 - L 4 KR 25/17 B

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 31. Juli 2017 - L 4 KR 25/17 B

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 31. Juli 2017 - L 4 KR 25/17 B zitiert 6 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 78


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder2. der Verwaltungsakt v

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 114


(1) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits von einem familien- oder erbrechtlichen Verhältnis ab, so kann das Gericht das Verfahren solange aussetzen, bis dieses Verhältnis im Zivilprozeß festgestellt worden ist. (2) Hängt die Entscheidung de

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 31. Juli 2017 - L 4 KR 25/17 B zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 31. Juli 2017 - L 4 KR 25/17 B zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Sozialgericht München Beschluss, 24. Okt. 2016 - S 28 KR 630/16

bei uns veröffentlicht am 24.10.2016

Tenor Das Aussetzen des Verfahrens wird angeordnet. Gründe Das Gericht setzt das Verfahren gem. § 114 Abs. 2 SGG analog zur Durchführung des Vorverfahrens aus. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellung

Referenzen

Tenor

Das Aussetzen des Verfahrens wird angeordnet.

Gründe

Das Gericht setzt das Verfahren gem. § 114 Abs. 2 SGG analog zur Durchführung des Vorverfahrens aus. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.

(1) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits von einem familien- oder erbrechtlichen Verhältnis ab, so kann das Gericht das Verfahren solange aussetzen, bis dieses Verhältnis im Zivilprozeß festgestellt worden ist.

(2) Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist, so kann das Gericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsstelle auszusetzen sei. Auf Antrag kann das Gericht die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern aussetzen, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2a) Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ab von der Gültigkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Vorschrift, die nach § 22a Absatz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, so kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Antragsverfahrens nach § 55a auszusetzen ist.

(3) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluß ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits von einem familien- oder erbrechtlichen Verhältnis ab, so kann das Gericht das Verfahren solange aussetzen, bis dieses Verhältnis im Zivilprozeß festgestellt worden ist.

(2) Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist, so kann das Gericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsstelle auszusetzen sei. Auf Antrag kann das Gericht die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern aussetzen, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2a) Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ab von der Gültigkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Vorschrift, die nach § 22a Absatz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, so kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Antragsverfahrens nach § 55a auszusetzen ist.

(3) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluß ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.