Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 10. Okt. 2014 - L 15 SF 289/13
Gericht
Principles
Tenor
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Geltendmachung der Entschädigung für die Wahrnehmung des Begutachtungstermins am 02.02.2013 wird abgelehnt.
Gründe
I.
Streitig ist, ob dem Antragsteller für die Geltendmachung der Entschädigung für die Wahrnehmung eines Begutachtungstermins Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu gewähren ist.
Im schwerbehindertenrechtlichen Berufungsverfahren vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG), Az.: L 16 SB 101/11, wurde der Antragsteller im Rahmen der von Amts wegen angeordneten Begutachtung am 02.02.2013 vom Sachverständigen Dr. H. untersucht.
Mit Schreiben vom 11.08.2013, bei Gericht eingegangen am 13.08.2013, machte der Antragsteller Fahrkosten für die Anreise zum Sachverständigen geltend (Fahrtstrecke insgesamt 214 km).
Die Kostenbeamtin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 22.08.2013 mit, dass der Entschädigungsanspruch wegen der dreimonatigen Antragsfrist des § 2 Abs. 1 JVEG erloschen sei.
Mit am 02.09.2014 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom Vortag hat der Antragsteller die Wiedereinsetzung wegen der Entschädigung für die Fahrtkosten zum Begutachtungstermin am 02.02.2013 beantragt. Er hat Folgendes vorgetragen: Nach Abschluss der Untersuchung habe ihn der Sachverständige zum Haupteingang des Klinikums begleitet. Dort sei ihm, dem Antragsteller, eingefallen, dass die Anwesenheitsbescheinigung fehle. Der Sachverständige habe ihm gesagt, dass er sowieso nochmals kommen müsse und dann die Bestätigung bekommen werde. Die Anwesenheit habe der Sachverständige im Schreiben vom 18.07.2013 bestätigt, ohne das Formular des Entschädigungsantrags zu übersenden.
II.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Entschädigung für die Wahrnehmung des Begutachtungstermins am 02.02.2013, über den nicht der Kostenbeamte, sondern gemäß
§ 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG das Gericht zu entscheiden hat, ist abzulehnen. Denn der Antragsteller hat keinen Wiedereinsetzungsgrund vorgetragen.
1. Anzuwendende Fassung des JVEG
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn der Antragsteller als Berechtigter ist vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden (Begutachtungstermin am 02.02.2013).
2. Entschädigungsantrag zu spät gestellt
Der Entschädigungsanspruch war bereits erloschen, als der Entschädigungsantrag für das Erscheinen beim Begutachtungstermin vom 02.02.2013 am 13.08.2013 beim Bayer. LSG einging.
Der Anspruch auf Entschädigung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG im Falle der Teilnahme an einem vom Gericht angeordneten Termin mit der Beendigung dieses Termins zu laufen.
Vorliegend hat der Termin der Untersuchung durch den Sachverständigen, für den eine Entschädigung begehrt wird, am 02.02.2013 stattgefunden.
Der Entschädigungsantrag ist bei Gericht ist erst mit dem Eingang des Schreibens vom 11.08.2013 am 13.08.2013 gestellt worden. Dieser Eingang des (formlosen) Entschädigungsantrags ist erst weit nach Ablauf der dreimonatigen Frist für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs erfolgt. Eines weiteren Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Entschädigungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 25.11.2013, Az.: L 15 SF 258/13).
3. Keine Wiedereinsetzung
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, da der Antragsteller einen Wiedereinsetzungsgrund nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht hat.
3.1. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im Allgemeinen
Einem Anspruchsteller nach dem JVEG ist bei Versäumung der Frist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG Wiedereinsetzung nur dann zu gewähren, wenn
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG, d. h. innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses für die (rechtzeitige) Antragstellung, einen Wiedereinsetzungsantrag stellt,
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft macht (vgl. zur verfassungsrechtlichen Problematik und den sich daraus ergebenden vergleichsweise geringen Anforderungen an die Glaubhaftmachung in diesem Zusammenhang die ausführlichen Erwägungen im Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12),
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG den Vergütungsanspruch beziffert und
- sich das Gericht bei weiteren, von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen vom glaubhaften, d. h. überwiegend wahrscheinlichen Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugt hat (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12).
Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG nicht mehr beantragt werden.
Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist dem JVEG - im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlichen Regelungen - fremd (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 156/12, vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, und vom 27.03.2013, Az.: L 15 SF 181/12 B). Das Antragserfordernis verbietet es zudem, allein in der verspäteten Geltendmachung einer Entschädigungsforderung einen Wiedereinsetzungsantrag zu sehen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 03.01.2013, Az.: L 15 SF 255/10, und vom 15.02.2013, Az.: L 15 SF 211/12 B).
3.2. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall
3.2.1. Fristgerechte Antragstellung
Der Antragsteller hat fristgerecht einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt.
Jedenfalls ab Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 22.08.2013 musste dem Antragsteller bewusst sein, dass sein Entschädigungsantrag vom 11.08.2013 verspätet war. Für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG eine Frist von zwei Wochen eröffnet.
Mit Schreiben vom 01.09.2013 hat der Antragsteller einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Dieser Antrag ist innerhalb der mit Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 22.08.2013, der bei entsprechender Anwendung des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post fingiert werden kann, in Lauf gesetzten Frist von zwei Wochen, nämlich am 02.09.2013, bei Gericht eingegangen.
3.2.2. Fristgerechte Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds
Es fehlt an einer fristgerechten Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds schon deshalb, weil der Antragsteller überhaupt keinen Wiedereinsetzungsgrund vorgetragen hat.
Voraussetzung für eine fristgerechte Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds ist, dass Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne Verschulden an der Einhaltung der Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG gehindert war. Dazu hat er Tatsachen anzugeben und glaubhaft zu machen, die erklären, warum er an einem fristgerecht, d. h. innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG zu stellenden Entschädigungsantrag ohne Verschulden gehindert war.
Um die vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG vorgesehene Möglichkeit der Wiedereinsetzung nicht ins Leere laufen zu lassen, ist von einer Glaubhaftmachung schon dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12 - mit ausführlichen Erläuterungen auch zu verfassungsrechtlichen Aspekten).
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller in seinem Schreiben vom 01.09.2013 einen Wiedereinsetzungsgrund, nämlich dass er unverschuldet an einer rechtzeitigen Beantragung der Entschädigung gehindert gewesen wäre, nicht vorgetragen.
Der vom Antragsteller angegebene Grund für die Fristversäumnis ist, dass ihm vom Sachverständigen das Formular für die Beantragung der Entschädigung nicht ausgehändigt worden sei. Dieses Vorbringen kann bei antragstellerfreundlicher Auslegung in zweierlei Hinsicht interpretiert werden: Einerseits macht der Antragsteller damit sinngemäß geltend, dass er von der dreimonatigen Frist für die Beantragung der Entschädigung überhaupt nichts gewusst habe, da sich diese aus dem Formular für die Beantragung der Entschädigung ergebe. Andererseits gibt er sinngemäß an, er habe ohne die Anwesenheitsbescheinigung des Gutachters zunächst keinen Entschädigungsantrag stellen können.
3.2.2.1. Unkenntnis von der Frist für die Stellung des Entschädigungsantrags
Diese Unkenntnis der Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG kann keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellen (vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 16.05.2014, Az.: L 15 SF 372/13 - m. w. N.).
Eine Unkenntnis von einzuhaltenden gesetzlichen Fristen ist grundsätzlich nicht geeignet, eine Wiedereinsetzung zu begründen. Denn wegen des Grundsatzes der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen gelten Gesetze mit ihrer Verkündung allen Normadressaten als bekannt ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese tatsächlich davon Kenntnis davon erhalten haben. Eine Unkenntnis des Rechts und der Befristung seiner Ausübung vermag daher nach ständiger Rechtsprechung eine Wiedereinsetzung nicht zu rechtfertigen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.01.1999, Az.: 2 BvR 729/96; Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 01.11.2001, Az.: 4 BN 53/01, und vom 07.10.2009, Az.: 9 B 83/09; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.04.2006, Az.: VII S 9/06; Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 10.02.1993, Az.: 1 BK 37/92, und Urteil vom 06.05.2010, Az.: B 13 R 44/09 R - m. w. N.; Kammergericht Berlin, Urteil vom 20.01.2014, Az.: 20 U 213/13).
Der Senat ist sich bewusst, dass dieses Ergebnis auf den ersten Blick als sehr hart erscheinen mag, gerade wenn berücksichtigt wird, dass die Frist zur Beantragung der Entschädigung mit drei Monaten ausgesprochen kurz ist. Dies kann aber genauso wie die Tatsache, dass der Antragsteller wahrscheinlich mit bestem Gewissen und durchaus nachvollziehbar einwenden wird, dass ihm als juristischem Laien derart kurze Fristen in „abgelegenen“ Gesetzen natürlich nicht bekannt seien, am Ergebnis nichts ändern. Auch der Gesetzgeber hat diese Problematik der immer wieder vorliegenden Unkenntnis von einer ohnehin kurzen Frist erkannt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 258 f. - zu Artikel 7 Nummer 3) und ihr mit dem Erlass des 2. KostRMoG Rechnung getragen. Seitdem konstituiert § 2 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz JVEG eine Belehrungspflicht über den Fristbeginn. Wenn die Belehrung unterblieben oder fehlerhaft ist, wird seit der Neufassung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG das Fehlen eines Verschuldens unwiderleglich vermutet. Nach dieser neuen Rechtslage wäre dem Antragsteller keine schuldhafte Fristversäumung vorzuwerfen, da er über den Fristbeginn nicht belehrt worden ist; eine solche Belehrung beinhaltet erst der Entschädigungsantrag, der dem Betroffenen vom Gutachter zusammen mit der Anwesenheitsbescheinigung auszuhändigen ist, wozu es im vorliegenden Fall nicht gekommen ist. Für den hier zu entscheidenden Fall ist diese Gesetzesänderung jedoch nicht einschlägig, da noch der Gesetzestand vor Erlass des 2. KostRMoG zugrunde zu legen ist.
Der Senat sieht sich auch außerstande, dem Antragsteller im Weg der Auslegung entgegen zu kommen. Eine Auslegung der gesetzlichen Regelungen dahingehend, dass dadurch die mit 2. KostRMoG erfolgte Gesetzesänderung vorweggenommen würde, verbietet sich. Der verfassungsrechtlich begründete Gewaltenteilungsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz steht einer Vorwegnahme von Gesetzesänderungen im Weg richterlicher Rechtsauslegung entgegen. Denn eine Auslegung der vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG geltenden Vorschriften im JVEG zur Wiedereinsetzung mit dem Regelungsgehalt, den die Wiedereinsetzungsregelungen nach dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG gefunden haben, würde eine Auslegung contra legem und damit eine rechtssetzende, also gesetzgeberische Tätigkeit der Gerichte darstellen. Dies wäre mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung nicht vereinbar.
Sofern der Senat im Beschluss vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, in einer vergleichbaren Situation noch Wiedereinsetzung gewährt und dies sinngemäß damit begründet hat, dass es einem Prozessbeteiligten nicht als schuldhaftes Verhalten vorgehalten werden könne, wenn er sich nicht schon innerhalb von drei Monaten nach der Begutachtung beim Gericht oder dem Sachverständigen nach der Entschädigungsmöglichkeit und einer dabei einzuhaltenden Frist erkundigt hätte, kann der Senat die damalige Argumentation nicht mehr aufrecht erhalten. Denn damals wurde verkannt, dass die fehlende Kenntnis gesetzlicher Fristen grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellen kann. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, wie lange die zu beachtende Frist und wie unbekannt die zugrunde liegende gesetzliche Regelung ist. Eine Differenzierung nach dem Bekanntheitsgrad gesetzlicher Regelungen ist dem Grundsatz der formellen Publizität fremd. Sollte der Gesetzgeber bei Gesetzen eine Erweiterung der Wiedereinsetzungsmöglichkeiten beabsichtigen, kann er dies durch die Einführung von bindenden Hinweispflichten tun, wie dies beispielsweise bei der Neufassung des § 2 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz JVEG im Rahmen des 2. KostRMoG erfolgt ist.
3.2.2.2. Nichtübersendung des Antragsformulars mit der Anwesenheitsbescheinigung durch den Sachverständigen
Auch dies kann keinen Wiedereinsetzungsantrag begründen.
Die Anwesenheitsbescheinigung des Sachverständigen ist zwar regelmäßig dem Entschädigungsantrag beizufügen. Es kann aber nicht die Rede davon sein, dass diese Bescheinigung unverzichtbar für die Antragstellung wäre. Nur dann nämlich könnte sich ein Antragsteller möglicherweise darauf berufen, dass er seinen Antrag unverschuldet nicht stellen hätte können. Vielmehr ist die Anwesenheitsbescheinigung nur ein Beweismittel, mit dem der Nachweis der Teilnahme an einem Termin geführt werden kann, das aber noch nicht zwingend schon mit dem Antrag vorzulegen ist. Würde allein die Tatsache, dass die Anwesenheitsbescheinigung üblicherweise zusammen mit dem Antrag vorgelegt wird, dafür ausreichen, bei einer nicht rechtzeitigen Zurverfügungstellung durch den Sachverständigen von einem Wiedereinsetzungsgrund auszugehen, würde dies faktisch darauf hinauslaufen, dass die Rechtsunkenntnis von der Antragsfrist als Wiedereinsetzungsgrund anerkannt würde; dies ist, wie oben ausgeführt (vgl. Ziff. 3.2.2.1.), nicht vertretbar.
4. Keine „Nachsichtgewährung“
„Nachsicht“ kann nicht gewährt werden, da dafür die Regelungen des JVEG keine Rechtsgrundlage geben. Eine „Nachsichtgewährung“ durch richterliches Ermessen würde einen Gesetzesverstoß darstellen (vgl. Beschluss des Senats vom 16.05.2014, Az.: L 15 SF 372/13).
Dem Senat steht daher keine Möglichkeit offen, das vom Antragsteller möglicherweise als hart empfundene Ergebnis zu dessen Gunsten zu korrigieren.
Der Kostensenat des Bayerischen Landessozialgerichts trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 2 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 2 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 2 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 4 Abs. 8 JVEG).
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Annotations
(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt
- 1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat, - 2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung, - 3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten, - 4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und - 5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.
(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.
Die Vergütung und die Entschädigung sind nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der Auftrag an den Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Berechtigte vor diesem Zeitpunkt herangezogen worden ist. Dies gilt auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.
(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt
- 1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat, - 2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung, - 3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten, - 4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und - 5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.
(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.
(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist
- 1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist; - 2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.
(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.