Arbeitsgericht Rostock Urteil, 31. Juli 2008 - 3 Ca 745/08

bei uns veröffentlicht am31.07.2008

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 23.055,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das beklagte Land verpflichtet ist, sie als Oberärztin nach der Vergütungsgruppe Ä 3 des TV-Ärzte zu bezahlen.

2

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TV-Ärzte Anwendung.

3

Die am ... geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem ... zunächst als Assistenzärztin, später als Funktionsärztin an der Klinik für Innere Medizin, Abteilung Pathophysiologie, in der ... beim beklagten Land bzw. dessen Rechtsvorgängern beschäftigt.

4

Seit ... ist die Klägerin anerkannte Fachärztin für Pathophysiologie, verfügt seit ... über den Qualifikationsnachweis "Somnologie" und darf seit ... die Zusatzbezeichnung "Schlafmedizin" zu führen.

5

Seit ... leitet die Klägerin das Schlaflabor an der Klinik für Innere Medizin, zunächst befristet und seit dem ... endgültig. Die Ernennungsschreiben, Bl. 12 und 13 der Akte, werden zum Inhalt des Tatbestandes gemacht.

6

Das von der Klägerin geleitete Schlaflabor verfügt über zwei Betten. Der Klägerin sind im Rotationsprinzip noch ein Assistenzarzt und eine Krankenschwester zugeordnet. Als studentische Sitzwachen fungieren acht Studenten.

7

Die Klägerin ist unstreitig zu mehr als 50 % im Schlaflabor beschäftigt.

8

Die Klägerin ist in die Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 3 des TV-Ärzte eingruppiert und verdient gegenwärtig 4.800,00 EUR brutto monatlich.

9

Nachdem die Klägerin sich vergeblich bemüht hatte, eine Höhergruppierung in die Ä 3 zu erreichen, hat sie am 5. Mai 2008 Klage erhoben.

10

Die Klägerin geht davon aus, ihr stehe nach beiden Alternativen des § 12 TV-Ärzte Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ä 3 des TV-Ärzte zu.

11

Ihr sei die Verantwortung für einen eigenen Teil- bzw. Funktionsbereich übertragen worden. So erstelle die Klägerin in Eigenregie Dienstpläne für das Schlaflabor. Das Schlaflabor stelle auch einen nach außen hin abgrenzbaren Bereich dar. Die Klägerin verweist dazu auf die Darstellung des Arbeitsbereichs auf der Internetseite der Pneumologie. Dort sei das Schlaflabor als eigenständiger Unterpunkt quasi als Fachbereich aufgeführt. Dies zeige, dass sich auch die Beklagte der besonderen Spezialisierung dieses Arbeitsgebiets bewusst sei und dies in der Außendarstellung unterstreiche.

12

Der Bereich der Somnologie stelle ein anerkanntes Spezialgebiet dar. Dies erschließe sich auch dadurch, dass auf diesem Gebiet zahlreiche Erkrankungen/Leiden medizinisch erfasst sind, deren Erkennen und Behandeln einer entsprechenden ärztlichen Spezialausbildung bedarf. Letztlich werde die Spezialisierung auch, zumindest konkludent, von beklagten Land gefordert. Die Akkreditierung des Schlaflabors hänge davon ab, dass eine entsprechende Spezialausbildung Somnologie oder Schlafmedizin des jeweiligen Leiters vorliegt.

13

Die Klägerin beantragt:

14

1. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin seit 01.09.2007 Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ä 3 des TV-Ärzte zu bezahlen.

15

2. Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 4.515,00 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

16

aus 500,00 EUR seit 01.10.2007,

17

aus weiteren 500,00 EUR seit 01.11.2007,

18

aus weiteren 500,00 EUR seit 01.12.2007,

19

aus weiteren 500,00 EUR seit 01.01.2008,

20

aus weiteren 500,00 EUR seit 01.02.2008,

21

aus weiteren 500,00 EUR seit 01.03.2008,

22

aus weiteren 500,00 EUR seit 01.04.2008,

23

aus weiteren 500,00 EUR seit 01.05.2008

24

und aus weiteren 515,00 EUR seit 01.06.2008 zu bezahlen.

25

Das beklagte Land beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Das beklagte Land vertritt die Auffassung, die Klägerin sei weder nach der ersten noch nach der zweiten Alternative in die Entgeltgruppe Ä 3 des TV-Ärzte einzugruppieren. Die Beklagte habe interne Kriterien für die Ernennung von Oberärzten festgelegt. Diese Kriterien seien den Klinik- und Institutsdirektoren bzw. Abteilungsleitern mit Schreiben vom 03.08.2007 mitgeteilt worden. Darin sei u. a. festgelegt, dass der Stelleninhaber habilitiert sein sollte. Darüber hinaus fordere das Universitätsklinikum die Erfüllung von mindestens vier der fünf im Folgenden genannten Merkmale:

28

– fachliche Aufsicht über Assistenz- und Fachärzte,

29

– herausgehobene klinische Kompetenz,

30

– Organisationsverantwortung,

31

– Ausbildungsfunktion,

32

– Wahrnehmung von Hintergrunddiensten.

33

Diese Voraussetzungen an eine oberärztliche Tätigkeit erfülle die Klägerin nicht. Das von der Klägerin geleitete Schlaflabor stelle auch keinen Teil- oder Funktionsbereich i. S. d. TV-Ärzte dar. Das beklagte Land verweist auf das Organigramm der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, Abteilung Pneumologie, Bl. 82 der Akte. Das von der Klägerin geleitete Schlaflabor mit seinen zwei Betten erfülle nicht die Anforderungen an eine gewisse Größe und Eigenständigkeit innerhalb der Einrichtung. Darüber hinaus fehle es der Klägerin auch an der medizinischen Verantwortung. Eine Aufsichtsfunktion über ärztliches bzw. nicht ärztliches Personal genüge nicht. Die medizinische Verantwortung müsse sich auf den gesamten Bereich der Patientenbehandlung in diesem Bereich erstrecken. Es fehle an ärztlichem Personal, für das die Klägerin die Verantwortung trage. Letztlich führe die Klägerin fachärztliche Tätigkeiten aus.

34

Im Hinblick auf die zweite Alternative des § 12 TV-Ärzte Ä 3 trägt das beklagte Land vor, die Weiterbildung sei von der Klägerin nicht gefordert worden. Die Klägerin habe nicht auf Aufforderung des Landes den Qualifikationsnachweis "Somnologie" und die Zusatzweiterbildung "Schlafmedizin" gemacht, sondern dies auf eigene Verantwortung getan.

35

Die Akkreditierung des Schlaflabors erleichtere lediglich die Abrechnung mit den Krankenkassen. Das Schlaflabor könne auch ohne Akkreditierung betrieben werden.

36

Das in der mündlichen Verhandlung vorgetragene schriftsätzliche Vorbringen der Parteien wird zum Inhalt des Tatbestandes gemacht.

Entscheidungsgründe

37

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

38

Die Voraussetzungen für eine Vergütung nach Ä 3 des § 12 TV-Ärzte ergeben sich aus dem Tarifvertrag und obliegen nicht den Kriterien des Arbeitgebers.

39

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 12 TV-Ärzte nicht.

40

Nach der ersten Alternative des § 12 TV-Ärzte istOberarzt derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist. Der Klägerin ist die Leitung des Schlaflabors mit Schreiben vom 26.07.2006 bzw. 22.11.2007 übertragen worden. Darin liegt jedoch nicht die Übertragung der medizinischen Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik i. S. d. § 12 TV-Ärzte. Die Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" ist umstritten. In der Instanzrechtsprechung wird zum einen vertreten, dass das Erfordernis erfüllt ist, wenn dem Betroffenen Aufsichtsfunktionen über ärztliches oder nicht ärztliches Personal übertragen wurden (Arbeitsgericht Düsseldorf, 12.07.2007, 14 Ca 669/07). Ebenso wird vertreten, dass die Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärzten und medizinischem Pflegepersonal es noch nicht rechtfertige, von der Übertragung medizinischer Verantwortung auszugehen, da bereits Fachärzte den Ärzten in der Weiterbildung und den Pflegekräften gegenüber weisungsbefugt seien (Arbeitsgericht Darmstadt, 26.07.2007, 12 Ca 122/07). Schließlich wird in der Literatur sogar vertreten, dass überhaupt keine Aufsichts- oder Weisungsfunktion wahrgenommen werden müsse, um von der Übertragung medizinischer Verantwortung ausgehen zu können. Ein Teil- oder Funktionsbereich i. S. d. TV-Ärzte könne daher auch nur aus dem Oberarzt selbst bestehen (Bruns, Arztrecht 2007 S. 60, 67) (Amtsgericht Lörrach vom 17.12.2007, 5 Ca 410/07). Die medizinische Verantwortung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Klägerin trägt keine über ihre fachärztliche Tätigkeit hinausgehende medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich. § 12 TV-Ärzte ist dahingehend auszulegen, dass der nach Ä 3 zu vergütende Arzt Aufsichts- und Weisungsbefugnis über nachgeordnete Fachärzte, mindestens jedoch gegenüber Ärzten hat. Dafür spricht zunächst die sprachliche Stufenfolge in § 12 TV-Ärzte, welche auf eine zu Grunde liegende personelle Hierarchie in der betroffenen Klinik schließen lässt. Entgeltgruppe Ä 1 bezeichnet den oder die Betroffene begrifflich als Arzt/Ärztin, Entgeltgruppe Ä 2 als Fachärztin/Facharzt und Entgeltgruppe Ä 3 als Oberärztin/Oberarzt. Entgeltgruppe 4 betrifft Fachärzte als ständige Vertretung des Chefarztes. Daraus kann geschlossen werden, dass den Entgeltgruppen Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber der jeweils niedrigeren Entgeltgruppe zustehen. Dafür spricht auch, dass der Begriff "Oberarzt" kein vergütungsrechtlicher Terminus technicus der Vergütungsgruppe zum BAT war, sondern lediglich ein vergütungsirrelevanter Titel mit ausschließlicher Bedeutung für die hierarchische Einordnung zwischen Chefarzt einerseits und Stationsarzt bzw. Assistenzarzt andererseits (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Entscheidung vom 07.11.2007, 12 Sa 49/07). Daraus ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien mit der Aufnahme des Begriffes "Oberarzt" in § 12 Ärzte-TV auch die hierarchische Einordnung zur tatbestandlichen Voraussetzung machen wollten. Schon rein sprachlich erfordern Berufsbezeichnungen mit der Vorsilbe "Ober" regelmäßig die Unterstellung eines "Untergebenen". Der Klägerin ist jedoch unstreitig kein Arzt oder Facharzt unterstellt, sondern lediglich ein Assistenzarzt und eine Krankenschwester im Rotationssystem zugeordnet. Eine medizinische Verantwortung i. S. d. TV-Ärzte ist der Klägerin danach nicht übertragen worden. Ausgehend davon, dass die Klägerin in dem von ihr geleiteten Schlaflabor lediglich zwei Betten belegen kann, tut sich die Kammer schwer, die medizinische Verantwortung der Klägerin von der eines Facharztes abzugrenzen. Auch dieser ist für seine Patienten verantwortlich. Auch diesem stehen im Hinblick auf die Betreuung seiner Patienten Weisungsrechte im Hinblick auf das pflegerische Personal zu. Eine darüber hinausgehende medizinische Verantwortung der Klägerin vermag das Gericht nicht zu erkennen.

41

Entgegen der Auffassung der Beklagten geht das Gericht davon aus, dass es sich bei dem Schlaflabor um einen Funktionsbereich der Klinik handelt. Der Begriff wurde bereits unter der Geltung des BAT vor allem analog der ärztlichen Weiterbildungsordnung verstanden. An dieser Interpretation des Begriffs "Funktionsbereich" hat sich auch durch den TV-Ärzte nichts geändert. Schlafmedizin ist, wie sich aus der Urkunde zur Anerkennung und Genehmigung der Zusatzbezeichnung "Schlafmedizin" vom 22.06.2005 ergibt, ein anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets.

42

Aufgrund fehlender medizinischer Verantwortung steht der Klägerin nicht die Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 nach § 12 erste Alternative TV-Ärzte zu.

43

Auch die zweite Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 in § 12 TV-Ärzte ist nicht gegeben. Voraussetzung dafür wäre, dass der Klägerin als Fachärztin durch den Arbeitgeber eine Spezialfunktion übertragen worden wäre, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert. Das beklagte Land hat dazu ausgeführt, dass es eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- und Zusatzweiterbildung "Schlafmedizin" nicht gefordert habe. Nach Auffassung des Gerichts ist die zweite Alternative des § 12 Ä 3 so zu lesen, dass entweder Arbeitgeber oder übertragene Spezialfunktion eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordern müssen. Nach den unwidersprochenen Ausführungen des beklagten Landes ist es möglich, Schlaflabore auch ohne erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung im Bereich "Schlafmedizin" zu leiten. Danach fordert die der Klägerin übertragene Spezialfunktion (Leiterin des Schlaflabors) keine Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Akkreditierung des von der Klägerin geleiteten Schlaflabors einen Qualifikationsnachweis Somnologie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin erfordert, mindestens jedoch den Abschluss der Zusatzweiterbildung Schlafmedizin. Der Klägerin ist lediglich die Leitung des Schlaflabors übertragen worden. Anforderungen dahingehend, dass die Klägerin weiterhin für die Akkreditierung des Schlaflabors etwa durch Qualifikationsnachweise oder Weiterbildungen sorgen müsse, enthält die Übertragung der Leitung des Schlaflabors nicht. Darüber hinaus wäre der Qualifikationsnachweis "Somnologie" ausreichend, um die Akkreditierung des Schlaflabors sicherzustellen. Bei dieser Qualifikation handelt es sich nicht um eine Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsverordnung. Die Weiterbildung der Klägerin zur Schlafmedizinerin wurde und wird von dem beklagten Land nicht für die Übertragung der Leitung des Speziallabors gefordert. Die Klage ist danach abzuweisen.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 ZPO, §§ 12, 12 a ArbGG.

45

Der gem. § 61 Abs. 1 ArbGG festzusetzende Streitwert entspricht der 36-fachen Differenz zwischen der Ä 2 und der Ä 3 des TV-Ärzte. Hinzu addiert sich der Zahlungsantrag.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46 Grundsatz


(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest. (2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen

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Arbeitsgericht Freiburg Außenkammer Lörrach Urteil, 17. Dez. 2007 - 5 Ca 410/07

bei uns veröffentlicht am 17.12.2007

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Der Wert des Streitgegenstandes der Entscheidung beträgt 46.800,00 EUR. 4. Die
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Arbeitsgericht Rostock Urteil, 31. Juli 2008 - 3 Ca 745/08.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Dez. 2008 - 2 Sa 263/08

bei uns veröffentlicht am 10.12.2008

Tenor I. 1. In Abänderung des Urteils vom 31.07.2008 - Az. 3 Ca 745/08 - des Arbeitsgerichts Rostock wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 01.09.2007 Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ä 3 des TV-Ärzte

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes der Entscheidung beträgt 46.800,00 EUR.

4. Die Berufung wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers in den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg vom 5. Februar 2007 (im folgenden: TV-Ärzte ZfP).
Der Kläger ist seit dem 0.0.1999 als Facharzt für Innere Medizin bei dem beklagten Zentrum für Psychiatrie beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 0.0.1998 (ABl. 17 ff.) zugrunde. Der Kläger hatte sich auf eine Stellenausschreibung beworben, mit welcher das beklagte Zentrum für Psychiatrie "einen/eine Facharzt/-Ärztin für Innere Medizin als Fachbereichsleiter/-in Innere Medizin" gesucht hatte.
Der Kläger ist der einzige beim beklagten Zentrum für Psychiatrie beschäftigte Facharzt für Innere Medizin und alleine zuständig für sämtliche im Hause des Beklagten anfallenden und seiner Fachrichtung zuzuordnenden Tätigkeiten. Im Hause des Beklagten existiert keine bettenführende Abteilung "Innere Medizin". Der Kläger ist vielmehr zuständig für die Diagnostik und Behandlung von somatischen Fragestellungen sämtlicher Patienten des Beklagten, welche aufgrund des fachlichen Zuschnitts des Hauses aus psychiatrischen/psychologischen Gründen dort behandelt werden. Der Kläger ist in diesem Zusammenhang u.a. verantwortlich für ein Labor, das EKG, das Röntgen, die Durchführung von Ultraschall-Untersuchungen, die Physiotherapie und die Bade- und Massagetherapie von Patienten. In einem Zwischenzeugnis vom 0.0.2004 (ABl. 20) wird der zwischen den Parteien unstreitige Tätigkeitsbereich des Klägers beschrieben, worauf ergänzend Bezug genommen wird. Der Kläger ist zudem Strahlenschutz- und Hygienebeauftragter im Hause des Beklagten.
Die Parteien sind tarifgebunden an den TV-Ärzte ZfP. Der Kläger macht klageweise seine Eingruppierung und entsprechende Differenzvergütung seit 0.0.2007 geltend und hält eine Eingruppierung in die Stufe Ä3 des § 12 TV-Ärzte ZfP für zutreffend. Das beklagte Zentrum für Psychiatrie hat den Kläger in die Entgeltgruppe Ä2 des § 12 TV Ärzte ZfP eingruppiert und zahlt dem Kläger darüber hinaus derzeit auf freiwilliger Grundlage eine individuelle Zulage von 112,00 EUR monatlich.
§ 12 TV-Ärzte ZfP hat folgenden Wortlaut:
" § 12
Eingruppierung
        
Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte
auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:
Entgeltgruppe
Bezeichnung
Ä1        
Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä2        
Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä3        
Oberärztin/Oberarzt
Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische
Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik
beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen
worden ist.
Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeit-
geber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine
erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatz-
weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.
Ä4        
Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des
leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen
worden ist.
(Protokollerklärung: Ständiger Vertreter ist nur der Arzt,
der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner
Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann
daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem
Arzt erfüllt werden.
Wegen der sonstigen Regelungen des TV Ärzte ZfP wird auf ABl. 27 ff. Bezug genommen.
Der TV-Ärzte ZfP ist zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten, das Arbeitsverhältnis unterfiel zuvor den Regelungen des BAT. Der Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg (TVÜ-Ärzte ZfP) vom 5. Februar 2007 hat unter anderem folgenden Wortlaut:
10 
"§ 4 Eingruppierung
        
Für die Eingruppierung der Ärzte ab 1. Januar 2007 gilt die Entgeltordnung gemäß § 12
TV Ärzte ZfP."
11 
Die Tarifvertragsparteien haben hierzu folgende Niederschriftserklärung abgegeben:
12 
"Zu § 4:
Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Dezember 2006 die
Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzungen für eine
Eingruppierung als Oberärztin beziehungsweise Oberarzt nach § 12 TV Ärzte ZfP zu
erfüllen, die Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine
Eingruppierung nach Entgeltgruppe Ä3 ist hiermit nicht verbunden. Die
Tarifvertragsparteien werden im Sommer 2007 auf Verlangen des Marburger Bundes
Baden-Württemberg gemeinsam die ordnungsgemäße Überleitung in den TV Ärzte ZfP
prüfen.
        
Die missbräuchliche Entziehung der Tätigkeit mit dem ausschließlichen Ziel, eine höhere
Eingruppierung beziehungsweise eine Besitzstandszulage zu verhindern, ist nicht
zulässig."
13 
Wegen der sonstigen Regelungen des TVÜ Ärzte ZfP wird auf ABl. 45 ff. Bezug genommen.
14 
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm durch das beklagte Zentrum für Psychiatrie die medizinische Verantwortung für den Teil- oder Funktionsbereich der "Inneren Medizin" übertragen worden sei. Er habe eine herausragende, abteilungsübergreifende und weit über dem durchschnittlichen Verantwortungsbereich eines Facharztes für Innere Medizin liegende Stellung im beklagten Zentrum für Psychiatrie. Er betreue als Fachbereichsleiter für Innere Medizin alle Abteilungen des beklagten Zentrums in sämtlichen somatischen und notfallmedizinischen Bereichen und sei in diesem Zusammenhang 25 Assistenz- und Fachärzten des Hauses in somatischer Hinsicht weisungsbefugt. Im Zweifel entscheide er, wie ein Patient in somatischer Hinsicht behandelt werde. Er sei kein Konsilarzt sondern abteilungsübergreifender internistischer Fachbereichsleiter. In dieser Funktion führe er eigenständige Visiten durch. Seine besondere Stellung komme zudem dadurch zum Ausdruck, dass er vom Beklagten das Recht zur Privatliquidation eingeräumt bekommen habe. Dies sei ein typisches Merkmal von Chefärzten und gelegentlich Oberärzten, nicht jedoch von "einfachen" Fachärzten.
15 
Der Kläger beantragt:
16 
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 0.0 2007 Vergütung der Entgeltgruppe Ä3 Stufe 3 (Oberärztin/ Oberarzt ab dem 7. Jahr) des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg vom 05. Februar 2007 zu zahlen, sowie die unständigen Bezügebestandteile unter Zugrundelegung dieser Eingruppierung zu berechnen und auszuzahlen.
17 
2. Der nachzuzahlende Differenzbetrag ist - beginnend mit dem 0.0.2007 - zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten, bei vor Rechtshängigkeit liegenden Fälligkeitszeitpunkten, hilfsweise ab Rechtshängigkeit, mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
18 
Das beklagte Zentrum für Psychiatrie beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Das beklagte Zentrum vertritt die Auffassung, dass der Kläger nicht die medizinische Verantwortung im Sinne des § 12 TV Ärzte ZfP für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik übertragen bekommen hat. Zum einen handele es sich bei der "Inneren Medizin" im Hause der Beklagten nicht um einen Teil- oder Funktionsbereich im Sinne des § 12 TV Ärzte ZfP. Zum anderen und jedenfalls sei dem Kläger nicht die "medizinische Verantwortung" im Sinne des § 12 TV Ärzte ZfP, Entgeltgruppe Ä3, übertragen worden. Der Kläger habe kein Weisungsrecht gegenüber anderen Fachärzten oder Assistenzärzten. Jeder Facharzt sei gegenüber den ihm zugeordneten Assistenzärzten und dem Pflegepersonal weisungsbefugt. Die Eingruppierung als "Oberarzt" nach Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP rechtfertige dies alleine jedoch nicht. Der dort verwendete Begriff der "medizinischen Verantwortung" umfasse notwendigerweise, dass der Oberarzt gegenüber anderen Fachärzten vorgesetzt, das heißt, weisungsberechtigt sei. Dies ergebe sich bereits sprachlich aus dem Begriff des "Oberarztes" sowie aus der Systematik der Entgeltgruppen in § 12 TV Ärzte ZfP. "Medizinische Verantwortung" gegenüber den zu behandelnden Patienten nehme jeder Arzt wahr, dies sei dessen ureigenste Aufgabe. Die Auslegung des Begriffs "medizinische Verantwortung" im Zusammenhang mit der Eingruppierung zum Oberarzt in Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP ergebe daher, dass eine ärztliche Vorgesetztenfunktion wahrgenommen werden müsse.
21 
Im Übrigen wird auf den Parteivortrag in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen. Die Kammer hat den Rechtsstreit auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2007 hin ohne Durchführung einer Beweisaufnahme entschieden.

Entscheidungsgründe

 
I.
22 
Das Arbeitsgericht Lörrach, Kammern Radolfzell, war für die Entscheidung des Rechtsstreits gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 46 Abs. 2 ArbGG, 12 ff. ZPO örtlich und sachlich zuständig.
23 
Die Eingruppierungsfeststellungsklage war gemäß § 256 ZPO zulässig. Die aus der Eingruppierung des Klägers folgende Verpflichtung zur Vergütungszahlung berechnet aus der betreffenden Entgeltgruppe des TV Ärzte ZfP ist zwischen den Parteien streitig und stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar.
II.
24 
Die zulässige Klage war jedoch in der Sache ohne Erfolg. Nach dem Dafürhalten der Kammer ist der Kläger nicht in Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP einzugruppieren. Zutreffend ist vielmehr die derzeit von dem beklagten Zentrum für Psychiatrie vorgenommene Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä2. Der Kläger erfüllt nicht die tatsächlichen Voraussetzungen des Tätigkeitsbereichs eines Oberarztes im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP, er trägt insbesondere nicht die "medizinische Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik oder Abteilung.
25 
Im Einzelnen:
26 
1. Zwischen den Parteien streitig und vom Kläger geltend gemacht war lediglich die erste Alternative der Eingruppierung als Oberarzt in Entgeltgruppe Ä3 des TV Ärzte ZfP. Der Kläger erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen einer übertragenen Spezialfunktion mit erfolgreich abgeschlossener Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung und hat dies auch nicht geltend gemacht.
27 
Es war mithin entscheidend, ob dem Kläger die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist oder nicht.
28 
Aufgrund der erstmaligen Einführung einer Eingruppierungsstufe "Oberarzt" durch die verschiedenen TV Ärzte ab dem 1.1.2007 kann zur Auslegung der Tarifnorm nur in sehr geringem Umfang auf bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung und bereits gesicherte Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Lediglich das Merkmal des "Funktionsbereichs" war bereits im früher auch auf das vorliegende Arbeitsverhältnis anwendbaren Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) definiert als wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes. Sowohl der Begriff des "Teilbereichs" wie auch und insbesondere der Begriff der "medizinischen Verantwortung" sind jedoch - soweit ersichtlich - in den TV Ärzte erstmals als Eingruppierungsmerkmal verwendet worden. Durch die Anfügung einer Niederschriftserklärung (Protokollnotiz) zum Überleitungstarifvertrag TVÜ Ärzte ZfP haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass die reine Titulierung als Oberarzt nicht ausreichend ist, die Eingruppierung in Ä3 zu rechtfertigen. Vielmehr müssen im Einzelfall die dortigen Eingruppierungsvoraussetzungen erfüllt sein.
29 
Die Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" ist umstritten. In der ersichtlichen Instanzrechtsprechung wird zum einen vertreten, dass das Erfordernis erfüllt sei, wenn dem Betroffenen Aufsichtfunktionen über ärztliches oder nichtärztliches Personal übertragen wurden (ArbG Düsseldorf, 12.7.2007, 14 Ca 669/07). Ebenso wird vertreten, dass die Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärzten und medizinischem Pflegepersonal es noch nicht rechtfertige, von der Übertragung "medizinischer Verantwortung" auszugehen, da bereits Fachärzte den Ärzten in der Weiterbildung und den Pflegekräften gegenüber weisungsbefugt seien (ArbG Darmstadt, 26.7.2007, 12 Ca 122/07). Schließlich wird in der Literatur sogar vertreten, dass überhaupt keine Aufsichts- oder Weisungsfunktion wahrgenommen werden müsse, um von der Übertragung "medizinischer Verantwortung" ausgehen zu können. Ein Teil- oder Funktionsbereich im Sinne der TV Ärzte könne daher auch nur aus dem Oberarzt selbst bestehen (Bruns, ArztRecht 2007, Seite 60, 67).
30 
2. Die Kammer geht vorliegend davon aus, dass für die Annahme der Übertragung "medizinischer Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche nach Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP erforderlich ist, dass der betroffene Arzt Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber nachgeordneten Fachärzten hat. Da dies beim Kläger nicht der Fall ist, ist dessen Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä3 nicht gerechtfertigt.
31 
Dies ergibt die nach Auffassung der Kammer sachgerechte Auslegung des § 12 TV Ärzte ZfP.
32 
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages erfolgt nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nach den für Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne an den Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z.B. BAG 23.5.2007, 10 AZR 323/06).
33 
b) § 12 TV Ärzte ZfP verwendet in den Entgeltgruppen eine sprachliche Stufenfolge, welche auf eine zugrundeliegende personelle Hierarchie in der betroffenen Klinik schließen lässt. Entgeltgruppe Ä1 bezeichnet den oder die Betroffene begrifflich als "Ärztin/Arzt", Entgeltgruppe Ä2 als "Fachärztin/Facharzt" und Entgeltgruppe Ä3 als "Oberärztin/Oberarzt". Entgeltgruppe Ä4 betrifft Fachärzte als ständige Vertretung des Chefarztes.
34 
Nach Ansicht der Kammer lässt sich aus der Verwendung der Begriffe schließen, dass jedenfalls in den Entgeltgruppen Ä1 bis Ä3 jeweils Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber der jeweils niedrigeren Entgeltgruppe bestehen müssen. Fachärzte sind stets den Assistenzärzten (Entgeltgruppe Ä1) hierarchisch übergeordnet und nehmen Aufsichts- und Weisungsbefugnisse wahr. Der Definition des "Facharztes" ist damit die hierarichische Überordnung über die Gruppe der "Ärzte" immanent.
35 
Der Begriff des "Oberarztes" wurde dagegen in den Kliniken bislang unterschiedlich verwendet, was auch aus der Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien zur Anwendung des § 4 TVÜ Ärzte ZfP zum Ausdruck kommt. Die Annahme eines "Oberarztes" im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 setzt aber nach Auffassung der Kammer ebenfalls voraus, dass Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber Fachärzten, jedenfalls aber Ärzten jedweder Art ausgeübt werden. Zwar ist im Wortlaut der Eingruppierungsvoraussetzungen hiervon nicht ausdrücklich die Rede. Der Begriff der "medizinischen Verantwortung" ist jedoch ausfüllungsbedürftig, da jeder Arzt und Facharzt medizinische Verantwortung trägt. Die Tarifvertragsparteien haben daher die Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung gefordert. Dies macht deutlich, dass hier über die unmittelbare Patientenverantwortung hinausgehende Verantwortung gemeint ist. Zugleich impliziert die Stufenfolge der Entgeltgruppen wie auch die Begriffsverwendung "Ober"arzt, dass eine hierarchische Rangfolge der Ärzte im Klinikum als Grundlage für die Eingruppierung dienen soll. Die Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche beinhaltet damit notwendigerweise, dass Aufsichts- oder Weisungsbefugnisse gegenüber Fachärzten oder jedenfalls anderem ärztlichen Personal ausgeübt werden muss. Die gegenteilige Auffassung von Bruns (ArztRecht 2007, Seite 60, 67) hält die Kammer nicht für zutreffend. Sie wird vom Autor auch nur unter Bezugnahme auf eine "arztfeindlichere" Formulierung im TVöD vorgetragen, jedoch nicht weiter begründet. Entgegen dieser Rechtsauffassung ist nach Ansicht der Kammer ein Oberarzt im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 nicht ohne nachgeordnetes und weisungsgebundenes ärztliches Personal denkbar.
36 
Dies ergibt sich auch aus der Verwendung des Begriffs des "Oberarztes", worauf die Beklagtenseite nach Ansicht der Kammer zutreffend hingewiesen hat. Der Begriff des "Oberarztes" ist - soweit ersichtlich - der entsprechenden Dienstgradbezeichnung des Sanitätsdienstes des Preußischen Heeres entsprungen. Dort wurde unterschieden unter "Unterarzt", "Assistenzarzt", "Oberarzt", "Stabsarzt", "Oberstabsarzt", "Generaloberarzt" und weiteren. Dem entsprachen die Offiziersdienstgrade des Unteroffiziers (Unterarzt), Leutnants (Assistenzarzt), Oberleutnants (Oberarzt), Hauptmanns (Stabsarzt), Majors (Oberstabsarzt), Oberstleutnant (Generaloberarzt).
37 
Aus dieser Wortherkunft heraus, aber auch nach heutigem Sprachverständnis ist es erforderlich, dass einem "Oberarzt" zumindest ein nachgeordneter "Unterarzt" zur Verfügung steht. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik zu berücksichtigen und vorliegend nicht gegeben.
38 
c) Der Kläger hat zwar behauptet, er sei sämtlichen Assistenz- und Fachärzten der Klinik in somatischer Hinsicht weisungsbefugt.
39 
Bereits im Kammertermin wurde jedoch auf die Ansicht des Gerichts hingewiesen, dass dies nicht im Sinne einer dienstlichen oder beruflichen Hierarchie gemeint sein kann, sondern nur im Sinne eines sachgerechten medizinischen Verständnisses der Einholung konsiliarischen ärztlichen Rats. Die Kammer geht ebenso wie der Kläger und auch das beklagte Zentrum davon aus, dass bei somatischen Fragestellungen die ärztlichen Ratschläge des Klägers von den insoweit nicht spezialisierten sonstigen Ärzten im Zentrum für Psychiatrie befolgt werden. Hieraus folgt jedoch nicht eine entsprechende hierarchische Überordnung des Klägers und eine entsprechende Weisungsbefugnis des Klägers gegenüber anderen Assistenz- oder Fachärzten. Wie die Erörterungen im Kammertermin ebenfalls gezeigt haben, weist der Kläger auch keine ärztlichen Kollegen an, bestimmte internistische ärztliche Tätigkeiten zu verrichten sondern entscheidet vielmehr aufgrund seiner eigenen Fachkunde über die im Bereich der Inneren Medizin erforderlichen Handlungen oder Behandlungen, welche er, gegebenenfalls mit Unterstützung nichtärztlichen Personals, selbst in die Wege leitet und durchführt.
40 
d) Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der Bereich der Inneren Medizin im Hause des beklagten Zentrums für Psychiatrie ein Teilbereich im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP ist, was nach Auffassung der Kammer durchaus nahe liegt, kann nach dem vorstehend Ausgeführten daher nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die "medizinische Verantwortung" im Sinne einer Einsetzung als "Oberarzt" übertragen worden ist. Die medizinische Verantwortung trägt insoweit vielmehr der dem Kläger unstreitig überstellte Chefarzt der Gerontopsychiatrie. Die vom Kläger geltend gemachte Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä3 ist daher nach Auffassung der Kammer nicht gerechtfertigt, weshalb die Klage abzuweisen war.
III.
41 
Die Kostenentscheidung ist nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergangen. Hiernach hatte der Kläger als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
42 
Der Wert des Streitgegenstandes der Entscheidung wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Die Höhe wurde nach § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG in Höhe des 3-jährigen Unterschiedsbetrages zwischen den Entgeltgruppen Ä3 und Ä2, welcher nach Mitteilung der Parteien 1.300,00 EUR brutto beträgt, festgesetzt.
43 
Die Entscheidung über die gesonderte Zulassung der Berufung ist nach § 64 Abs. 3 a ArbGG ergangen. Nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 b ArbGG war vorliegend die Berufung für den Kläger zuzulassen, da die Frage der Auslegung des TV Ärzte ZfP neue Rechtsfragen aufwirft, welche über den Bezirk des hiesigen Arbeitsgerichts hinausgehen. Unberührt hiervon bleibt § 64 Abs. 2 ArbGG, der die gesetzlich zugelassene Berufung betrifft.

Gründe

 
I.
22 
Das Arbeitsgericht Lörrach, Kammern Radolfzell, war für die Entscheidung des Rechtsstreits gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 46 Abs. 2 ArbGG, 12 ff. ZPO örtlich und sachlich zuständig.
23 
Die Eingruppierungsfeststellungsklage war gemäß § 256 ZPO zulässig. Die aus der Eingruppierung des Klägers folgende Verpflichtung zur Vergütungszahlung berechnet aus der betreffenden Entgeltgruppe des TV Ärzte ZfP ist zwischen den Parteien streitig und stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar.
II.
24 
Die zulässige Klage war jedoch in der Sache ohne Erfolg. Nach dem Dafürhalten der Kammer ist der Kläger nicht in Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP einzugruppieren. Zutreffend ist vielmehr die derzeit von dem beklagten Zentrum für Psychiatrie vorgenommene Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä2. Der Kläger erfüllt nicht die tatsächlichen Voraussetzungen des Tätigkeitsbereichs eines Oberarztes im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP, er trägt insbesondere nicht die "medizinische Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik oder Abteilung.
25 
Im Einzelnen:
26 
1. Zwischen den Parteien streitig und vom Kläger geltend gemacht war lediglich die erste Alternative der Eingruppierung als Oberarzt in Entgeltgruppe Ä3 des TV Ärzte ZfP. Der Kläger erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen einer übertragenen Spezialfunktion mit erfolgreich abgeschlossener Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung und hat dies auch nicht geltend gemacht.
27 
Es war mithin entscheidend, ob dem Kläger die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist oder nicht.
28 
Aufgrund der erstmaligen Einführung einer Eingruppierungsstufe "Oberarzt" durch die verschiedenen TV Ärzte ab dem 1.1.2007 kann zur Auslegung der Tarifnorm nur in sehr geringem Umfang auf bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung und bereits gesicherte Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Lediglich das Merkmal des "Funktionsbereichs" war bereits im früher auch auf das vorliegende Arbeitsverhältnis anwendbaren Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) definiert als wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes. Sowohl der Begriff des "Teilbereichs" wie auch und insbesondere der Begriff der "medizinischen Verantwortung" sind jedoch - soweit ersichtlich - in den TV Ärzte erstmals als Eingruppierungsmerkmal verwendet worden. Durch die Anfügung einer Niederschriftserklärung (Protokollnotiz) zum Überleitungstarifvertrag TVÜ Ärzte ZfP haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass die reine Titulierung als Oberarzt nicht ausreichend ist, die Eingruppierung in Ä3 zu rechtfertigen. Vielmehr müssen im Einzelfall die dortigen Eingruppierungsvoraussetzungen erfüllt sein.
29 
Die Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" ist umstritten. In der ersichtlichen Instanzrechtsprechung wird zum einen vertreten, dass das Erfordernis erfüllt sei, wenn dem Betroffenen Aufsichtfunktionen über ärztliches oder nichtärztliches Personal übertragen wurden (ArbG Düsseldorf, 12.7.2007, 14 Ca 669/07). Ebenso wird vertreten, dass die Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärzten und medizinischem Pflegepersonal es noch nicht rechtfertige, von der Übertragung "medizinischer Verantwortung" auszugehen, da bereits Fachärzte den Ärzten in der Weiterbildung und den Pflegekräften gegenüber weisungsbefugt seien (ArbG Darmstadt, 26.7.2007, 12 Ca 122/07). Schließlich wird in der Literatur sogar vertreten, dass überhaupt keine Aufsichts- oder Weisungsfunktion wahrgenommen werden müsse, um von der Übertragung "medizinischer Verantwortung" ausgehen zu können. Ein Teil- oder Funktionsbereich im Sinne der TV Ärzte könne daher auch nur aus dem Oberarzt selbst bestehen (Bruns, ArztRecht 2007, Seite 60, 67).
30 
2. Die Kammer geht vorliegend davon aus, dass für die Annahme der Übertragung "medizinischer Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche nach Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP erforderlich ist, dass der betroffene Arzt Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber nachgeordneten Fachärzten hat. Da dies beim Kläger nicht der Fall ist, ist dessen Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä3 nicht gerechtfertigt.
31 
Dies ergibt die nach Auffassung der Kammer sachgerechte Auslegung des § 12 TV Ärzte ZfP.
32 
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages erfolgt nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nach den für Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne an den Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z.B. BAG 23.5.2007, 10 AZR 323/06).
33 
b) § 12 TV Ärzte ZfP verwendet in den Entgeltgruppen eine sprachliche Stufenfolge, welche auf eine zugrundeliegende personelle Hierarchie in der betroffenen Klinik schließen lässt. Entgeltgruppe Ä1 bezeichnet den oder die Betroffene begrifflich als "Ärztin/Arzt", Entgeltgruppe Ä2 als "Fachärztin/Facharzt" und Entgeltgruppe Ä3 als "Oberärztin/Oberarzt". Entgeltgruppe Ä4 betrifft Fachärzte als ständige Vertretung des Chefarztes.
34 
Nach Ansicht der Kammer lässt sich aus der Verwendung der Begriffe schließen, dass jedenfalls in den Entgeltgruppen Ä1 bis Ä3 jeweils Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber der jeweils niedrigeren Entgeltgruppe bestehen müssen. Fachärzte sind stets den Assistenzärzten (Entgeltgruppe Ä1) hierarchisch übergeordnet und nehmen Aufsichts- und Weisungsbefugnisse wahr. Der Definition des "Facharztes" ist damit die hierarichische Überordnung über die Gruppe der "Ärzte" immanent.
35 
Der Begriff des "Oberarztes" wurde dagegen in den Kliniken bislang unterschiedlich verwendet, was auch aus der Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien zur Anwendung des § 4 TVÜ Ärzte ZfP zum Ausdruck kommt. Die Annahme eines "Oberarztes" im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 setzt aber nach Auffassung der Kammer ebenfalls voraus, dass Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber Fachärzten, jedenfalls aber Ärzten jedweder Art ausgeübt werden. Zwar ist im Wortlaut der Eingruppierungsvoraussetzungen hiervon nicht ausdrücklich die Rede. Der Begriff der "medizinischen Verantwortung" ist jedoch ausfüllungsbedürftig, da jeder Arzt und Facharzt medizinische Verantwortung trägt. Die Tarifvertragsparteien haben daher die Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung gefordert. Dies macht deutlich, dass hier über die unmittelbare Patientenverantwortung hinausgehende Verantwortung gemeint ist. Zugleich impliziert die Stufenfolge der Entgeltgruppen wie auch die Begriffsverwendung "Ober"arzt, dass eine hierarchische Rangfolge der Ärzte im Klinikum als Grundlage für die Eingruppierung dienen soll. Die Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche beinhaltet damit notwendigerweise, dass Aufsichts- oder Weisungsbefugnisse gegenüber Fachärzten oder jedenfalls anderem ärztlichen Personal ausgeübt werden muss. Die gegenteilige Auffassung von Bruns (ArztRecht 2007, Seite 60, 67) hält die Kammer nicht für zutreffend. Sie wird vom Autor auch nur unter Bezugnahme auf eine "arztfeindlichere" Formulierung im TVöD vorgetragen, jedoch nicht weiter begründet. Entgegen dieser Rechtsauffassung ist nach Ansicht der Kammer ein Oberarzt im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 nicht ohne nachgeordnetes und weisungsgebundenes ärztliches Personal denkbar.
36 
Dies ergibt sich auch aus der Verwendung des Begriffs des "Oberarztes", worauf die Beklagtenseite nach Ansicht der Kammer zutreffend hingewiesen hat. Der Begriff des "Oberarztes" ist - soweit ersichtlich - der entsprechenden Dienstgradbezeichnung des Sanitätsdienstes des Preußischen Heeres entsprungen. Dort wurde unterschieden unter "Unterarzt", "Assistenzarzt", "Oberarzt", "Stabsarzt", "Oberstabsarzt", "Generaloberarzt" und weiteren. Dem entsprachen die Offiziersdienstgrade des Unteroffiziers (Unterarzt), Leutnants (Assistenzarzt), Oberleutnants (Oberarzt), Hauptmanns (Stabsarzt), Majors (Oberstabsarzt), Oberstleutnant (Generaloberarzt).
37 
Aus dieser Wortherkunft heraus, aber auch nach heutigem Sprachverständnis ist es erforderlich, dass einem "Oberarzt" zumindest ein nachgeordneter "Unterarzt" zur Verfügung steht. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik zu berücksichtigen und vorliegend nicht gegeben.
38 
c) Der Kläger hat zwar behauptet, er sei sämtlichen Assistenz- und Fachärzten der Klinik in somatischer Hinsicht weisungsbefugt.
39 
Bereits im Kammertermin wurde jedoch auf die Ansicht des Gerichts hingewiesen, dass dies nicht im Sinne einer dienstlichen oder beruflichen Hierarchie gemeint sein kann, sondern nur im Sinne eines sachgerechten medizinischen Verständnisses der Einholung konsiliarischen ärztlichen Rats. Die Kammer geht ebenso wie der Kläger und auch das beklagte Zentrum davon aus, dass bei somatischen Fragestellungen die ärztlichen Ratschläge des Klägers von den insoweit nicht spezialisierten sonstigen Ärzten im Zentrum für Psychiatrie befolgt werden. Hieraus folgt jedoch nicht eine entsprechende hierarchische Überordnung des Klägers und eine entsprechende Weisungsbefugnis des Klägers gegenüber anderen Assistenz- oder Fachärzten. Wie die Erörterungen im Kammertermin ebenfalls gezeigt haben, weist der Kläger auch keine ärztlichen Kollegen an, bestimmte internistische ärztliche Tätigkeiten zu verrichten sondern entscheidet vielmehr aufgrund seiner eigenen Fachkunde über die im Bereich der Inneren Medizin erforderlichen Handlungen oder Behandlungen, welche er, gegebenenfalls mit Unterstützung nichtärztlichen Personals, selbst in die Wege leitet und durchführt.
40 
d) Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der Bereich der Inneren Medizin im Hause des beklagten Zentrums für Psychiatrie ein Teilbereich im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP ist, was nach Auffassung der Kammer durchaus nahe liegt, kann nach dem vorstehend Ausgeführten daher nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die "medizinische Verantwortung" im Sinne einer Einsetzung als "Oberarzt" übertragen worden ist. Die medizinische Verantwortung trägt insoweit vielmehr der dem Kläger unstreitig überstellte Chefarzt der Gerontopsychiatrie. Die vom Kläger geltend gemachte Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä3 ist daher nach Auffassung der Kammer nicht gerechtfertigt, weshalb die Klage abzuweisen war.
III.
41 
Die Kostenentscheidung ist nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergangen. Hiernach hatte der Kläger als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
42 
Der Wert des Streitgegenstandes der Entscheidung wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Die Höhe wurde nach § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG in Höhe des 3-jährigen Unterschiedsbetrages zwischen den Entgeltgruppen Ä3 und Ä2, welcher nach Mitteilung der Parteien 1.300,00 EUR brutto beträgt, festgesetzt.
43 
Die Entscheidung über die gesonderte Zulassung der Berufung ist nach § 64 Abs. 3 a ArbGG ergangen. Nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 b ArbGG war vorliegend die Berufung für den Kläger zuzulassen, da die Frage der Auslegung des TV Ärzte ZfP neue Rechtsfragen aufwirft, welche über den Bezirk des hiesigen Arbeitsgerichts hinausgehen. Unberührt hiervon bleibt § 64 Abs. 2 ArbGG, der die gesetzlich zugelassene Berufung betrifft.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.