Arbeitsgericht Nürnberg Endurteil, 30. Nov. 2016 - 2 Ca 2426/16

bei uns veröffentlicht am30.11.2016

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klagepartei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 10.610,90 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Die Zulässigkeit der Berufung nach den allgemeinen Vorschriften bleibt unberührt.

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt nur noch über Ansprüche der Klägerin auf Annahmeverzugslohn.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 02.11.2001 als Postsortiererin beschäftigt. Die Parteien schlossen einen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 20.12.2000, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 5 ff. d.A Bezug genommen wird.

Die Klägerin war seit Mai 2011 längere Zeit krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Im Februar 2016 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten, sie sei arbeitsfähig und bitte um Zuweisung eines Arbeitsplatzes. Die Beklagte antwortete der Klägerin, sie könne der Klägerin keinen geeigneten leidensgerechten Arbeitsplatz anbieten.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden, am 11.05.2016 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingereichten und mit Schriftsätzen vom 03.08.2016 und 31.10.2016 erweiterten Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei arbeitsfähig. Die Beklagte müsse daher ab Mitte Februar 2016 Annahmeverzugslohn an die Klägerin bezahlen. Der Klageantrag zu 2 gemäß Klageschrift vom 09.05.2016 wurde von der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2016 für erledigt erklärt. Hinsichtlich der Zahlungsansprüche werde eine Rückübertragungsurkunde vorgelegt, soweit Ansprüche gemäß § 115 SGB X auf das Jobcenter übergegangen seien. In der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2016 erklärte die Klägerinvertreterin, das Jobcenter habe das Recht zur Geltendmachung der Arbeitsentgeltansprüche aus dieser Klage auf die Klägerin rückübertragen und die Klägerin bzw. sie beauftragt, diese Ansprüche weiter zu verfolgen. Falls das Gericht die Lohnansprüche zuspreche, solle die Post gebeten werden, den dem Jobcenter zustehenden Betrag direkt an das Jobcenter zu überweisen. Die Abtretungserklärung sei aus diesem Grund dem Jobcenter nicht übersandt worden.

Die Klägerin beantragt daher zuletzt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.070,08 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 614,02 € brutto seit 01.03.2016,

aus 1.228,03 € brutto seit 01.04.2016,

aus 3.070,08 € brutto seit 01.05.2016

zu bezahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.684,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 1.228,03 € brutto seit 01.06.2016,

aus weiteren 1.228,03 € brutto seit 01.07.2016 und

aus weiteren 1.228,03 € brutto seit 01.08.2016 zu bezahlen.

V. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Urlaubsgeld in Höhe von 172,64 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.07.2016 zu bezahlen.

VI. Die Beklagte trägt die Kosten der Klageerweiterung.

VII. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.684,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 1.228,03 € brutto seit 01.09.2016,

aus weiteren 1.228,03 € brutto seit dem 01.10.2016 und

aus weiteren 1.228,03 € brutto seit 01.11.2016 zu bezahlen.

VIII. Die Beklagte trägt die Kosten der Klageerweiterung.

Die Beklagte stimmt der Erledigterklärung der Klägerin zu und beantragt im Übrigen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn.

Die Klägerin sei nämlich nicht leistungsfähig. Dieses ergebe sich insbesondere aus den verschiedenen Stellungnahmen des Betriebsarztes der Beklagten. Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn sei daher nicht gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Wegen der schriftlichen Stellungnahme des behandelnden Arztes der Klägerin und wegen der schriftlichen Stellungnahme des Betriebsarztes der Beklagten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG.

Das Arbeitsgericht Nürnberg ist für die Entscheidung des Rechtsstreits auch örtlich zuständig gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 12, 17 ZPO.

Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin auch hinsichtlich übergegangener Ansprüche des Jobcenters der kann nicht verneint werden, auch wenn die Klageanträge keinerlei Aufteilung aufweisen. Aus den Klageanträgen und den entsprechenden Klagebegründungen ergibt sich auch nicht ansatzweise, welche Beträge für das Jobcenter geltend gemacht werden und welche Beträge der Klägerin selbst noch zustehen würden bei Obsiegen der Klage.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Aktivlegitimation zur Zahlung sämtlicher Klageansprüche in voller Höhe an die Klägerin nicht substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen. Soweit Ansprüche auf das Jobcenter Kraft Gesetzes übergegangen sind und an die Klägerin zurückübertragen wurden, kommt nur ein Klageantrag auf Zahlung an das Jobcenter in Betracht (BAG, Urteil vom 19.03.2008 - 5 AZR 432/07 -).

Die Klägerin hat jedoch hinsichtlich sämtlicher Zahlungsanträge Zahlung in voller Höhe an sich selbst beantragt. Bereits aus diesem Grunde war die Klage insgesamt abzuweisen. Die Klägerin hat auch keinerlei Aufteilung hinsichtlich der von ihr begehrten Zahlungen getätigt dahingehend, welche Beträge dem Jobcenter zustehen und welche Beträge gegebenenfalls der Klägerin selbst.

Die Klagepartei wurde in der Sitzung vom 30.11.2016 auf diese Rechtslage hingewiesen, was hiermit aktenkundig gemacht wird. Gleichwohl beantragte die Klägerin unverändert Zahlung sämtlicher streitgegenständlicher Ansprüche in voller Höhe an die Klägerin. Aus den dargelegten rechtlichen Gegebenheiten war die Klage jedoch mithin als unbegründet abzuweisen.

Auf die weiteren, von den Parteien aufgeworfenen rechtlichen und tatsächlichen Fragen kam es somit nicht mehr rechtserheblich an. Insbesondere bedarf keiner weiteren gerichtlichen Erörterung, ob die Klägerin bereits im Februar 2016 leistungsfähig war im Hinblick auf die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO.

IV.

Die Streitwertfestsetzung begründet sich mit § 3 ZPO i.V.m. dem Streitwertkatalog vom 05.04.2016.

V.

Eine gesonderte Zulassung der Berufung war gesetzlich nicht veranlasst. Die Zulässigkeit der Berufung nach den allgemeinen Vorschriften bleibt unberührt.

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(3) An Stelle der Ansprüche des Arbeitnehmers auf Sachbezüge tritt im Fall des Absatzes 1 der Anspruch auf Geld; die Höhe bestimmt sich nach den nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches festgelegten Werten der Sachbezüge.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.