Amtsgericht Weißenfels Beschluss, 15. Apr. 2014 - 10 OWi 720 Js 208397/12

ECLI:ECLI:DE:AGWEISS:2014:0415.10OWI720JS208397.0A
bei uns veröffentlicht am15.04.2014

Tenor

Der Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Hauptverhandlung wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen den Betroffenen wird vor dem Amtsgericht Weißenfels ein Bußgeldverfahren geführt. Nachdem ein erster Hauptverhandlungstermin wegen Verhinderung des Verteidigers verlegt werden musste, erschienen der Betroffene und sein Verteidiger zu dem auf den 13. Mai 2013 bestimmten Termin zur Hauptverhandlung zunächst unentschuldigt nicht. Nachdem am 04. Juni 2013 ein ärztliches Attest über eine am 10. Mai 2013 festgestellte Erkrankung und eine daraus resultierende Reiseunfähigkeit vorgelegt wurde, wurde dem Betroffenen auf seinen Antrag mit Beschluss vom 24. Juni 2013 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2

Zur neu anberaumten Hauptverhandlung am 05. Nov. 2013 erschien der Betroffene wiederum nicht, nachdem der Verteidiger am 04. Nov. 2013 mit einem um 15.28 Uhr eingegangenen Telefax mitgeteilt hatte, der Betroffene sei erkrankt. Nachdem ein angekündigtes Attest bis zur Hauptverhandlung am 05. Nov. 2013 nicht zu Gericht gelangt war, wurde erneut Verwerfungsurteil erlassen.

3

Am 06. Nov. 2013 reichte der Betroffene sodann ein ärztliches Attest nach, nach dem am 04. Nov. 2013 eine erneute Erkrankung nebst Reiseunfähigkeit des Betroffenen diagnostiziert wurde. Das Gericht gewährte daraufhin erneut Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und beraumte eine weitere Hauptverhandlung für den 18. März 2014 an. Mit der Ladung zum Termin wies das Gericht darauf hin, dass bei erneuter Erkrankung nur ein amtsärztliches Attest als genügende Entschuldigung angesehen werde und teilte dem Betroffenen die Anschrift des zuständigen Amtsarztes mit.

4

Am 18. März 2014 teilte der Verteidiger des Betroffenen per Telefax um 10.19 Uhr mit, der Betroffene sei wiederum erkrankt und beantragte Terminsaufhebung. Ein Attest war nicht beigefügt. Dem Verteidiger wurde mitgeteilt, dass es beim Termin verbleibe, wobei auf den Hinweis aus der Ladung ausdrücklich verwiesen wurde.

5

Zur Terminsstunde um 13.15 Uhr erschienen weder der Betroffene noch sein Verteidiger. Da auch ein ärztliches Attest nicht vorlag oder sonst weitere Erklärungen zur Form der Erkrankung oder dem behandelnden Arzt nicht eingegangen waren, wurde der Einspruch nach 15-minütigem Zuwarten erneut verworfen.

6

Am 20. März 2014 ging sodann ein ärztliches Attest für den Betroffenen bei Gericht ein, aus dem sich eine am 17. März 2014 festgestellte Erkrankung und Verhandlungsunfähigkeit ergibt.

7

Das Verwerfungsurteil wurde dem Verteidiger des Betroffenen am 25. März 2014 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 01. April 2014, bei Gericht per Telefax eingegangen am gleichen Tag, hat der Verteidiger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich vorsorglich Rechtsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Betroffene sei am Terminstage verhandlungsunfähig erkrankt gewesen. Eine Pflicht, den Amtsarzt aufzusuchen, bestehe nicht.

8

Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen.

II.

9

Der Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Hauptverhandlung am 18. März 2014 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache bleibt er jedoch ohne Erfolg.

10

Gemäß §§ 74 Abs. 4 Satz 1, 46 Abs. 1 OWiG, 44, 45 Abs. 2 Satz 1 StPO ist einem der Hauptverhandlung ferngebliebenen Betroffenen, der von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war und dessen Einspruch deshalb verworfen wurde, gegen das Verwerfungsurteil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er binnen einer Woche nach Zustellung des Urteils glaubhaft macht, dass ihn hinsichtlich der Versäumung der Hauptverhandlung kein Verschulden trifft. Dass dies vorliegend hinsichtlich der Terminssäumnis am 18. März 2014 der Fall ist, hat der Betroffene nicht ausreichend dargetan.

11

Für die Annahme einer ausreichenden Entschuldigung genügt grundsätzlich die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, aus der sich ergibt, dass der Betroffene an der Wahrnehmung des Termins aufgrund einer Erkrankung und einer daraus resultierenden Reise- und/oder Verhandlungsunfähigkeit gehindert war. Etwas anderes muss aber gelten, wenn der Betroffene - wie hier - wiederholt kurzfristig vor dem Hauptverhandlungstermin erkrankt. Dies umso mehr dann, wenn wie vorliegend der Betroffene die ärztliche Bescheinigung, die ihm jeweils am Tag vor dem Termin ausgestellt wurde, nicht vor Beginn der Hauptverhandlung vorlegt, sondern erst später einreicht. Durch dieses Verhalten wird das Gericht nämlich außer Stande gesetzt, vor einer Entscheidung über die mögliche Verwerfung des Einspruchs Zweifel an der Richtigkeit der Entschuldigung zu prüfen, indem es etwa im Wege des Freibeweises den behandelnden Arzt telefonisch befragt.

12

Dementsprechend hat das Gericht hier den Betroffenen und dessen Verteidiger mit der Ladung zur Hauptverhandlung am 18. März 2014 darauf hingewiesen, dass bei erneuter kurzfristiger Erkrankung ein amtärztliches Attest als erforderlich angesehen wird (zur Zulässigkeit BVerwG, Urteil vom 28. November 2007, 2 WD 28/06, Rn. 21, zit. n. juris). Der Betroffene konnte insoweit nicht mehr annehmen, dass ein privatärztliches Attest als ausreichende Entschuldigung angesehen wird. Dem Betroffenen hätte es also oblegen, zumindest den Versuch zu unternehmen, den zuständigen Amtsarzt, dessen Anschrift durch das Gericht ebenfalls mitgeteilt wurde, unter Vorlage der Ladung aufzusuchen, wenn er schon nicht das privatärztliche Attest so rechtzeitig vorlegt, dass seitens des Gerichts der Amtsarzt explizit mit der Untersuchung beauftragt werden kann. Das ist nicht geschehen. Auch im Nachgang hat der Betroffene diesbezüglich nichts unternommen, so dass er nicht als hinreichend entschuldigt anzusehen und der Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen ist.


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Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 74 Verfahren bei Abwesenheit


(1) Die Hauptverhandlung wird in Abwesenheit des Betroffenen durchgeführt, wenn er nicht erschienen ist und von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden war. Frühere Vernehmungen des Betroffenen und seine protokollierten und sonstigen

Referenzen

(1) Die Hauptverhandlung wird in Abwesenheit des Betroffenen durchgeführt, wenn er nicht erschienen ist und von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden war. Frühere Vernehmungen des Betroffenen und seine protokollierten und sonstigen Erklärungen sind durch Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts oder durch Verlesung in die Hauptverhandlung einzuführen. Es genügt, wenn die nach § 265 Abs. 1 und 2 der Strafprozeßordnung erforderlichen Hinweise dem Verteidiger gegeben werden.

(2) Bleibt der Betroffene ohne genügende Entschuldigung aus, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war, hat das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen.

(3) Der Betroffene ist in der Ladung über die Absätze 1 und 2 und die §§ 73 und 77b Abs. 1 Satz 1 und 3 zu belehren.

(4) Hat die Hauptverhandlung nach Absatz 1 oder Absatz 2 ohne den Betroffenen stattgefunden, so kann er gegen das Urteil binnen einer Woche nach Zustellung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den gleichen Voraussetzungen wie gegen die Versäumung einer Frist nachsuchen. Hierüber ist er bei der Zustellung des Urteils zu belehren.