Amtsgericht Viersen Urteil, 09. Sept. 2016 - 33 C 11/16
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
1Der Kläger verlangt die Rückzahlung bereits geleisteter Vergütungen aus einem Rechtsanwaltsvertrag.
2Der Kläger beauftragte den Beklagten mit der Bearbeitung von verschiedenen Mandaten.
3Am 28.04.2014 schlossen der Kläger und der Beklagte eine Gebührenvereinbarung, in welcher es heißt:
4„Mit den von Herrn T seit März 2011 bis zum heutigen Tage geleisteten Zahlungen an die Rechtsanwälte I und Partner und der am 21.Dezember 2012 erfolgten Kostenerstattung durch Frau Q sind sämtliche Gebührenansprüche der Rechtsanwälte I und Partner an Herrn T erledigt und abgegolten. Es bestehen keinerlei wechselseitige Ansprüche mehr. Abgegolten sind somit insbesondere die Anwaltskosten in dem Erbscheinsverfahren Q 1. und 2. Instanz, Korrespondenz und Beratung bezüglich Legalisierung Kellergeschoss der Eigentumswohnung XStraße38 in Mönchengladbach sowie Korrespondenz, Rechtsberatung und Verhandlungen mit Frau O und deren Erben.
5Soweit die Sparkasse Mönchengladbach am 11.03.2014 einen Betrag in Höhe von 626,27 € an die Rechtsanwälte I und Partner GbR überwiesen hat, wird dieser Betrag als Gutschrift angerechnet auf die Kosten des neuen Verfahrens T./. O, Landgericht Mönchengladbach auf hälftige Erstattung der von Herrn T verauslagten Nachlassverbindlichkeiten und Nachlasskosten nach dem verstorbenen Hans Georg T.“
6Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die als Anlage K18 eingereichte Gebührenvereinbarung vom 28.04.2014 (Bl. 44 d.A) verwiesen.
7Dem Kläger wurde die beabsichtigte Vereinbarung zunächst als Entwurf zur häuslichen Prüfung schriftlich übersandt und danach auch von diesem unterzeichnet. Am 08.05.2014 reichte er die unterzeichnete Vereinbarung bei dem Beklagten ein. Die Übernahme des folgenden Mandates wurde seitens des Beklagten davon abhängig gemacht, dass der Kläger die Gebührenvereinbarung unterzeichnete.
8Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte einen Teil der von ihm an die Rechtsanwaltskanzlei I und Partner geleisteten Zahlungen in Höhe von 1.470,80 € zurückzuzahlen habe und zudem auch den einbehaltenen Betrag aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss gegen Frau Q in Höhe von 1.097,18 € nicht habe einbehalten dürfen. Gleiches gelte für die Überweisung der Stadtsparkasse Mönchengladbach in Höhe von 626,37 €; auch diese habe nicht einbehalten werden dürfen. Den Betrag von 3.194,35 € verlangt der Kläger mit der Klage zurück.
9Der Kläger ist der Auffassung, dass die Gebührenvereinbarung vom 28.04.2014 unwirksam sei, da hierdurch eine Nötigung erfolgt sei.
10Der Kläger beantragt,
11den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.194,35 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
14Die Klage ist unbegründet.
151.
16Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung der von ihm an den Beklagten geleisteten 3.194,35 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 2 BGB.
17Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor, da der Kläger die Zahlungen nicht „ohne Rechtsgrund“ im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB geleistet und der Beklagte die Leistungen daher auch nicht „ohne Rechtsgrund“ erlangt hat. Den Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen stellt die am 28.04.2014 geschlossene Gebührenvereinbarung dar. In dieser ist geregelt, dass mit allen bis zu diesem Tag geleisteten Zahlungen an die Rechtsanwälte I und Partner sowie auch mit der am 21.Dezember 2012 erfolgten Kostenerstattung durch Frau Q sämtliche Gebührenansprüche der Rechtsanwälte I und Partner an Herrn T erledigt und abgegolten sein sollten. Mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung hat der Kläger sich damit einverstanden erklärt, dass die von ihm gezahlten Beträge bzw. die durch Frau Q an die Rechtsanwälte geleistete Kostenerstattung zur Deckung der Kosten genutzt werden, die durch die Mandatsbearbeitung angefallen sind. Außerdem hat er sich mit der Vereinbarung damit einverstanden erklärt, dass die Rechtsanwälte I die von der Sparkasse geleisteten 626,37 € als Vorschuss auf das Folgemandat anrechnen.
18Die Gebührenvereinbarung vom 28.04.2014 ist auch wirksam. Soweit der Kläger meint, die Vereinbarung sei bereits deswegen unwirksam, weil das Verhalten des Beklagten eine Nötigung dargestellt habe, so folgt das Gericht dem nicht.
19Der Kläger hat die Vereinbarung vom 28.04.2014 nicht wirksam angefochten im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB. Eine widerrechtliche Drohung des Beklagten im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Als Drohung ist die Ankündigung eines künftigen Übels anzusehen, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. Ein derartiges „Übel“ ist in der Ankündigung des Beklagten, er werde da Folgemandat nicht übernehmen, falls der Kläger die Vereinbarung nicht unterzeichne, nicht zu sehen. Auch ist die Inaussichtstellung der Kündigung des Mandatsverhältnisses bzw. der Nichtübernahme des Folgemandates nicht rechtswidrig im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB. Sowohl dem Rechtsanwalt als auch dem Mandanten steht es offen, den Rechtsanwaltsvertrag jederzeit zu kündigen, §§ 627 Abs. 2, 628 BGB. Bei einer Kündigung „zur Unzeit“ kann der Mandant lediglich einen Schadensersatzanspruch im Sinne des § 627 Abs. 2 Satz 2 BGB geltend machen. Auch vorliegend stand es dem Beklagten daher jederzeit offen, das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zu beenden und das Folgemandat anzunehmen oder abzulehnen. Dem Kläger wäre es jederzeit möglich gewesen, für dieses Mandat und auch für die weiteren Mandate einen anderen Rechtsanwalt zu beauftragen. Hierzu hatte er auch ausreichend Gelegenheit, da er auch nach der Formulierung der Gebührenvereinbarung durch den Beklagten unstreitig noch einige Tage Zeit hatte, um zu überlegen, ob er die Vereinbarung unterzeichnen wolle oder nicht.
20Auch ist die Vereinbarung nicht sittenwidrig und damit nichtig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB. Diesbezüglich fehlt es neben der widerrechtlichen Drohung auch an den geforderten besonderen Umständen. Eine solche Sittenwidrigkeit könnte zum Beispiel dann angenommen werden, wenn – neben einer widerrechtlichen Drohung – weitere besondere Umstände hinzukommen, die das Geschäft nach seinem Gesamtcharakter als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche Umstände könnten zum Beispiel ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung darstellen. Eine – widerrechtliche – Drohung allein macht ein Rechtsgeschäft jedoch nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB, sondern lediglich anfechtbar nach § 123 BGB (vgl. BGH NJW 2002, 2774). Derartige besondere Umstände – die neben die vermeintliche Drohung treten – hat der Kläger indes selbst nicht vorgetragen und solche sind auch nicht ersichtlich.
212.
22Da bereits kein Anspruch auf die Hauptforderung besteht, kann der Kläger auch die geltend gemachten Zinsen nicht von dem Beklagten verlangen.
II.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
24Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf 708 Nr. 11, 711 ZPO.
25Streitwert: 3.194,35 €.
moreResultsText
Annotations
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 ist, ist die Kündigung auch ohne die in § 626 bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.
(2) Der Verpflichtete darf nur in der Art kündigen, dass sich der Dienstberechtigte die Dienste anderweit beschaffen kann, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Dienstberechtigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.