Amtsgericht Naumburg Beschluss, 23. Jan. 2018 - 8 M 1969/15
Gericht
Tenor
Der Obergerichtsvollzieher wird angewiesen, die weitere Durchführung des Verhaftungsauftrages vom 25.08.2017 nicht wegen Ablaufs der Frist des § 802 h Abs. 1 ZPO zu verweigern.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I.
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Mit Schreiben vom 25.08.2017, bei der Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge am 30.08.2017 eingegangen, übersandte die Bevollmächtigte des Gläubigers den Haftbefehl des Amtsgerichts vom 26.10.2015 (8 M 1969/15) und erteilte Vollstreckungsauftrag. Als Anschrift des Schuldners gab die Bevollmächtigte R.-B.-Str. … in F. an.
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Bereits 2016 versuchte die Bevollmächtigte des Gläubigers den vorbenannten Haftbefehl unter der Anschrift R. Str. in K. gegen den Schuldner erfolglos vollstrecken zu lassen. Nachdem der Schuldner mehrfach unter dieser Anschrift nicht angetroffen wurde, ist dieses Verfahren vom Gerichtsvollzieher schließlich eingestellt worden.
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Mit Schreiben vom 13.09.2017 teilte der nunmehr zuständige Obergerichtsvollzieher R. der Bevollmächtigten des Gläubigers mit, dass der Schuldner unter der neuen Anschrift nicht ermittelt werden konnte. Nach Einholung einer Einwohnermeldeamtsauskunft verwies der Obergerichtsvollzieher R. unter dem 02.11.2017 die Bevollmächtigte der Gläubigern erneut an die bisherige Anschrift R.-Straße in K. . Darüber hinaus teilte er mit, dass der Haftbefehl verbraucht sei, da er älter als 24 Monate war.
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Die Bevollmächtigte des Gläubigers widersprach mit Schreiben vom 23.11.2017 der rechtlichen Einschätzung des Obergerichtsvollziehers R. und bat diesen, das Verfahren wieder an den zuständigen Obergerichtsvollzieher W. abzugeben, was dieser auch veranlasste.
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Obergerichtsvollzieher W. berief sich daraufhin mit Schreiben vom 13.12.2017 auf § 802 h Abs. 1 ZPO und verweigerte weitere Vollstreckung des Haftbefehls.
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Hiergegen wendet sich die Erinnerung der Bevollmächtigten des Gläubigers vom 06.01.2018. Dieser Erinnerung hat der Obergerichtsvollzieher W. am 16.01.2018 nicht abgeholfen und diese dem Vollstreckungsgericht vorgelegt.
II.
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Die gemäß § 766 Abs. 2 ZPO zulässige Erinnerung ist begründet.
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Die Durchführung des Verhaftungsauftrages ist nicht dadurch gehindert, dass mit Erlass des Haftbefehls am 26.10.2015 inzwischen mehr als 2 Jahre vergangen sind.
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Zwar regelt § 802 h Abs. 1 ZPO, dass die Vollziehung des Haftbefehls unstatthaft ist, wenn seit dem Tag, an dem der Haftbefehl erlassen wurde, zwei Jahre vergangen sind.
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Innerhalb dieser Frist muss die Verhaftung beantragt werden, die Verhaftung kann später durchgesetzt werden (Zöller-Seibel, 32. Auflage, § 802 h ZPO, Rn. 2).
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Dabei ist vorliegend der Streit um die örtliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers für die Vollziehungsfrist des § 802 h Abs. 1 ZPO unbeachtlich. Der Gläubiger hat bereits in der Vergangenheit mit Nachdruck versucht, den Haftbefehl unter der ursprünglich im Titel angegebenen Anschrift vollstrecken zu lassen. Mit seinem neuen Antrag vom 25.08.2017 über die Verteilungsstelle beim Amtsgericht Naumburg hat der Bevollmächtigte des Gläubigers die Vollziehungsfrist gewahrt, da die Erteilung des Auftrags bei der Verteilungsstelle der unmittelbaren Auftragserteilung an den zuständigen Gerichtsvollzieher gleichsteht (vgl. § 24 Abs. 2 GVO).
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Dem Interesse des Gläubigers an einer Verhaftung des Schuldners, die innerhalb der Zwei-Jahresrist des § 802 h Abs. 1 ZPO beantragt aber noch nicht erfolgt ist, stehen keine überwiegenden schutzwürdigen Belange entgegen. Die Gefahr einer zeitlich unbegrenzten Vollziehung des Haftbefehls besteht nicht. Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass langwierige Beweiserhebungen zum Aufenthaltsort des Schuldners das Verfahren verzögern können, so dass die Interessen des Gläubigers an einer effektiven Rechtsdurchsetzung die Festsetzung des rechtzeitig innerhalb der Frist des § 802 h Abs. 1 ZPO beantragten Vollstreckungsverfahrens gebieten (vgl. auch BGH NJW 2006, 1290, AG Stuttgart DGVZ 2015, 13).
Annotations
(1) Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen, entscheidet das Vollstreckungsgericht. Es ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.
(2) Dem Vollstreckungsgericht steht auch die Entscheidung zu, wenn ein Gerichtsvollzieher sich weigert, einen Vollstreckungsauftrag zu übernehmen oder eine Vollstreckungshandlung dem Auftrag gemäß auszuführen, oder wenn wegen der von dem Gerichtsvollzieher in Ansatz gebrachten Kosten Erinnerungen erhoben werden.