Amtsgericht München Endurteil, 23. Nov. 2016 - 483 C 30978/15 WEG

published on 23.11.2016 00:00
Amtsgericht München Endurteil, 23. Nov. 2016 - 483 C 30978/15 WEG
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Gericht

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Tenor

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet haben.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 2.000,- festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Rückbau von Fenstern geltend.

Der Kläger und die Beklagten bilden zusammen eine WEG gem. Rubrum. Die Beigeladene ist deren Verwalterin. Die WEG besteht aus 21 Gebäuden mit 105 Wohnungen, 28 Hobbyräumen sowie in der Tiefgarage mit 151 Stellplätzen. Der Kläger hat 10 Einheiten in der Wohnanlage, unter anderen die Wohnung F 14. Auf der Eigentümerversammlung vom 20. Juli 2004 (Anlage K 3) beschlossen die Eigentümer unter TOP 7 mehrheitlich wie folgt:

„Die Eigentümergemeinschaft beschließt, auch einen Austausch von Fenstern in neue Kunststofffenster zuzulassen. Hierzu muss jedoch der jeweils betroffene Eigentümer dieser Maßnahme zustimmen. Die Festlegung erfolgt in einer Einzelfallentscheidung zwischen der Hausverwaltung und dem jeweils betroffenen Eigentümer.“

Am 1. Juni 2011 teilte der Kläger der Hausverwaltung mit, dass nach Angaben seines Mieters das Fenster im Wannenbad in seiner Wohnung marode sei und repariert wurde ausgetauscht werden müsse. Am 11. Oktober 2011 teilte die Verwalterin den Kläger mit, dass der Fensteraustausch noch in derselben Woche stattfinden werde. Anfang 2012 stellte der Kläger fest, dass das Fenster im Wannenbad als Kunststofffenster ausgetauscht wurde. Der Kläger monierte dies und verlangte den Austausch des Kunststofffensters gegen wieder ein Holzfenster. Dies lehnte die Hausverwaltung ab.

Der Kläger trägt unter anderem vor:

Es liege eine bauliche Veränderung vor, die optisch und haptisch beeinträchtigend sei. Es sei gegen den vorgenannten Beschluss vom 20. Juli 2004 zu TOP 7 verstoßen worden, weil der Kläger einen Austausch in Kunststoff nicht zugestimmt habe. Der vorgenannte Beschluss sei auch wirksam. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hafte für die fehlende bzw. fehlerhafte Umsetzung des vorgenannten Beschlusses durch die Hausverwaltung. Eine Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit dem Anliegen des Klägers auf Rückbau bzw. Austausch des Grundstoff Fensters sei nicht nötig, weil es schon keines Beschlusses bedürfe. Schließlich habe die Hausverwaltung auch im Verwaltervertrag eine Ermächtigung zu einem Handeln ohne Beschluss bis zu einem Betrag von 5.000 €.

Der Kläger beantragt wie im Termin vom 17. November 2016 gemäß Schriftsatz vom 22. Dezember 2015 wie folgt:

„1. Die Beklagte wird verurteilt, das in dem beigefügten Lageplan K 1 rot markierte zweiflügelige Kunststofffenster im Wannenbad der Wohnung F 14, ... auszubauen und durch ein gleichartiges zweiflügeliges Holzfenster, wie in Anlage K 2 aufgezeigt, zu ersetzen.

2. Die Beklagte wird darüber hinaus verpflichtet, die nach Austausch der Fenster zurückbleibenden Schadstellen zu beseitigen und in der Fensternische den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.“

Die Beklagte beantragte Klageabweisung.

Sie hat unter anderem vorgetragen:

Der vorgenannte Beschluss aus 2004 sei schon unwirksam, jedenfalls liege allenfalls einen Grundsatzbeschluss vor, nachdem noch eine Ausführung betreffend die Firma, den Hersteller und die Finanzierung fehle. Letztlich verlange der Kläger eine Instandsetzung, wofür nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband, sondern die einzelnen Wohnungseigentümer durch Beschlussfassung zuständig seien. Insoweit fehle es an einer Passivlegitimation des Verbandes sowie einer Vorbefassung der Eigentümerversammlung. Der Austausch von Holz-Fenstern in Kunststofffenster sei auch eine modernisierende Instandsetzung. Eine relevante Beeinträchtigung über die Grenze des § 14 Nr. 1 WEG liege nicht vor. Die Hausverwaltung könne innerhalb der Ermächtigung des Verwaltervertrages auch ohne Beschluss handeln, weshalb sie den Austausch habe vornehmen dürfen.

Im Übrigen wird auf das schriftliche Parteivorbringen und die Protokolle vom 16. Juni 2016 und 17. November 2016 Bezug genommen. Das Gericht hat verschiedene Hinweise gegeben und die Angelegenheit ausführlich mit den Parteien bzw. ihren Vertretern erörtert. Den Vergleichsvorschlag des Gerichtes vom 16.6.2016 haben die Parteien nicht angenommen.

Gründe

1) Die Klage ist zulässig.

Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig nach § 23 Nr. 2 c GVG und §§ 43 I Nr. 2, 62 I WEG n. F.

2) Die zulässige Klage ist unbegründet.

a) Zu Recht hat die Beklagte vorgetragen, dass sie nicht passivlegitimiert sei. Nach § 20 und §§ 21 WEG sind die einzelnen Eigentümer der WEG zuständig, für Instandhaltungen und Instandsetzungen durch Beschluss zu sorgen. Dieser Anspruch besteht für jedes einzelne Mitglied der WEG gegenüber den übrigen Miteigentümer. Die WEG, vertreten durch die Hausverwaltung, darf nicht einfach so Instandhaltungen und Instandsetzungen vornehmen. Auch nach dem vorgelegten Verwaltervertrag Anlage B 1 darf die Hausverwaltung alleine nur Instandhaltungsmaßnahmen bis 5.000,- € pro Einzelmaßnahme entscheiden. Wie der vorige Absatzes in II 1 c des Verwaltervertrags (Anlage B 1) zeigt, unterscheidet der Verwaltervertrag - wie auch das Gesetz in § 21 WEG (Merle in Bärmann, WEG, 13. Auflage 2015, Randnummer 111 zu § 21) - terminologisch zwischen Instandhaltung und Instandsetzung. Der Austausch des Kunststofffenster gegen Holzfenster ist jedoch offensichtlich keine Instandhaltung (also keine Maßnahme die darauf gerichtet ist, den bestehenden Zustand zu erhalten), sondern mindestens eine Instandsetzung, wenn nicht sogar eine modernisierende Instandsetzung, eine Modernisierung nach § 22 II WEG (so LG München I, 27.04.2009, 1 S 20171/08) oder gar eine bauliche Veränderung nach § 22 I WEG. Sind aber die einzelnen Eigentümer und nicht der Verband zuständig, treffen sie ihre Entscheidungen durch Beschluss auf einer Eigentümerversammlung oder im Umlaufverfahren. Insoweit ist der Einwand der Beklagten zutreffend, dass es an einer Vorbefassung der Eigentümerversammlung fehlt.

b) Wenn der Beschluss zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 20. Juli 2004 wirksam ist, so müsste die Hausverwaltung für einen etwaigen Verstoß im Rahmen von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG selbstständig eintreten und würde auch einzelnen Eigentümern nach § 280 Abs. 1 BGB insoweit haften. Insoweit findet keine Zurechnung eines etwaigen Verschuldens der Hausverwaltung gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft statt. Im vorliegenden Fall ergibt sich auch nichts anderes aus der Entscheidung des BGH vom 13. Juli 2012 VR 94/11. Auch die Eigentümergemeinschaft müsste zunächst Beschluss fassen, wenn sie einen Schadenersatzanspruch wegen rechtswidrigen Vollzugs eines Beschlusses gegenüber der Hausverwaltung geltend machen möchte.

c) Ist der vorgenannte Beschluss aus 2004 unwirksam, so würde die Hausverwaltung erst recht für einen eigenmächtigen Austausch von Holz- gegen Kunststofffenster eintreten müssen. Warum die Beklagte für eine solche Eigenmächtigkeit der Hausverwaltung eintreten müsste, ist nicht ersichtlich.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

4) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf § 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

5) Der Streitwert wurde gem. § 49 a I GKG nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien zum Preis der beiden Fenster in Höhe von jeweils rd. 1.000 €, zusammen 2.000 € festgesetzt.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Annotations

(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,

1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und
2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.

(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,

1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und
2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.

(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.

(1) Die für jedes Amtsgericht erforderliche Zahl von Haupt- und Ersatzschöffen wird durch den Präsidenten des Landgerichts (Präsidenten des Amtsgerichts) bestimmt.

(2) Die Zahl der Hauptschöffen ist so zu bemessen, daß voraussichtlich jeder zu nicht mehr als zwölf ordentlichen Sitzungstagen im Jahr herangezogen wird.

(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die

1.
dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
2.
dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
3.
dem Einbruchsschutz und
4.
dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität
dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.

(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die

1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder
2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.