Amtsgericht München Endurteil, 04. Sept. 2015 - 481 C 3812/15 WEG
Tenor
1. Folgende Beschlüsse der Eigentümer in der Eigentümerversammlung vom
2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.886,90 € festgesetzt.
Tatbestand
die Beschlüsse der Eigentümer in der Eigentümerversammlung vom 15.01.2015 zu TOP 3 Nr. 2. Wahlgang Bestellung des Verwalters (siehe Tenor) für ungültig zu erklären.
die Klage abzuweisen.
Gründe
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(1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen.
(2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrigen dann einberufen werden, wenn dies in Textform unter Angabe des Zwecks und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird.
(3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden.
(4) Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens drei Wochen betragen.
(5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter.
(6) Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.
(7) Es ist eine Beschluss-Sammlung zu führen. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut
- 1.
der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung, - 2.
der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und - 3.
der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien,
(8) Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben.
(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.
(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,
- 1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder - 2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.
(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.
(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.
(1) Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer.
(2) Die Bestellung kann auf höchstens fünf Jahre vorgenommen werden, im Fall der ersten Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum aber auf höchstens drei Jahre. Die wiederholte Bestellung ist zulässig; sie bedarf eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann.
(3) Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden. Ein Vertrag mit dem Verwalter endet spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.
(4) Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muss, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss, bei der die Unterschriften der in § 24 Absatz 6 bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind.
(5) Abweichungen von den Absätzen 1 bis 3 sind nicht zulässig.
(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.
(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,
- 1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder - 2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.
(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.
(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft N. -Straße 22 in K. . Sie entschieden sich auf der Versammlung am 26. September 2009 mit einer Mehrheit von 4 zu 1 für die Beizuladende als Verwalterin und gegen eine andere Firma, die ein geringeres Entgelt verlangt hatte. Die Beizuladende war am 6. April 2009 als Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt in das Handelsregister eingetragen worden und hat ein Stammkapital von 500 €.
- 2
- Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren den Beschluss über die Bestellung der Beizuladenden als Verwalterin und in einem parallelen, inzwischen für erledigt erklärten Rechtsstreit den Beschluss über den Abschluss des Verwaltervertrags angefochten. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat den Beschluss über die Bestellung der Beizuladenden als Verwalterin für ungültig erklärt (ZWE 2011, 369). Dagegen wenden sich die Beklagten mit der zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht meint, der Zulässigkeit der Klage gegen den Beschluss über die Bestellung der Beizuladenden zur Verwalterin stehe nicht entgegen , dass die Parteien das parallele Klageverfahren gegen den Beschluss über den Verwaltervertrag für erledigt erklärt hätten. Denn der Vertrag stehe unter der stillschweigenden auflösenden Bedingung, dass der Verwalter wirksam bestellt sei. Der Beschluss über die Bestellung der neuen Verwaltung sei für ungültig zu erklären, da er nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Das folge allerdings weder daraus, dass nur ein Alternativangebot eingeholt worden sei, noch daraus, dass nicht der Anbieter mit der niedrigsten Vergütung gewählt worden sei, oder daraus, dass bei der Bestellung die Vergütung und die Laufzeit des Verwaltervertrags nicht festgelegt worden seien. Die Bestellung stehe vielmehr deshalb im Widerspruch zu den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, weil die Beizuladende eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt ) sei und weil Gesellschaften in dieser Rechtsform als Verwalterinnen einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht in Betracht kämen. Das gelte hier jedenfalls deshalb, weil die Beizuladende ein Stammkapital von nur 500 € habe, erst kurz vor der Bestellung gegründet worden sei, ihr Geschäftsführer es abgelehnt habe, die persönliche Haftung zu übernehmen, und weil sie von den Beschränkungen des § 181 BGB habe befreit werden sollen, obwohl ihr Geschäftsführer gleichzeitig Geschäftsführer der elterlichen Bauträgergesellschaft sei.
II.
- 4
- Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
- 5
- 1. Im Ergebnis zutreffend und von den Beklagten unbeanstandet nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beschlussanfechtungsklage gegen die Bestellung der Beizuladenden als Verwalterin nicht dadurch unzulässig geworden ist, dass der Kläger die Anfechtungsklage gegen den Beschluss über den Abschluss des Verwaltervertrags für erledigt erklärt hat. Dadurch ist dieser Beschluss zwar bestandskräftig geworden, das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Anfechtung des Beschlusses über die Bestellung der Beizuladenden als Verwalterin aber nicht entfallen. Die Beizuladende wäre ohne bestandskräftige Bestellung zur Verwalterin jedenfalls rechtlich gehindert, den Verwaltervertrag zu erfüllen (vgl. Jennißen in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 26 Rn. 21 a.E. und 169).
- 6
- 2. Das Berufungsgericht hat die Bestellung der Beizuladenden auch zu Recht für ungültig erklärt.
- 7
- a) Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Bestellung des Verwalters ist am Maßstab einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu messen. Die Wohnungseigentümer haben nach § 21 Abs. 3 und 4 WEG nicht nur einen Anspruch darauf, dass die Tätigkeit der Verwaltung diesen Grundsätzen entspricht , sondern auch darauf, dass der Verwalter selbst diesen Anforderungen genügt (Senat, Urteil vom 10. Juni 2011 - V ZR 146/10, NJW 2011, 3025, 3026 Rn. 11; Merle in Bärmann, WEG 11. Aufl., § 26 Rn. 40). Daran fehlt es, wenn ein wichtiger Grund gegen die Bestellung spricht (BayObLG, WE 1990, 68; OLG Stuttgart, NJW-RR 1986, 315, 317; Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 26 Rn. 40; Jennißen in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 26 Rn. 63). Wann ein solcher wichtiger Grund vorliegt, bestimmt sich in Anlehnung an § 26 Abs. 1 Satz 3 WEG nach den für die Abberufung des Verwalters geltenden Grundsätzen (OLG Stuttgart aaO; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 26 WEG Rn. 9).
- 8
- b) Das Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes verpflichtete die Wohnungseigentümer allerdings nicht ohne weiteres dazu, den Verwalter abzuberufen. Sie haben vielmehr einen Beurteilungsspielraum und dürfen von einer Abberufung absehen, wenn dies aus objektiver Sicht vertretbar erscheint (Senat , Urteil vom 10. Februar 2012 - V ZR 105/11, NJW 2012, 1884 f. Rn. 9 f.). Einen entsprechenden Beurteilungsspielraum haben die Wohnungseigentümer auch bei der Bestellung des Verwalters, bei der sie eine Prognose darüber anstellen müssen, ob er das ihm anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben wird (Elzer, ZMR 2001, 418, 423). Die Bestellung des Verwalters widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung deshalb erst, wenn die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, das heißt, wenn es objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass sie den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände bestellen.
- 9
- c) Hier haben die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschritten.
- 10
- aa) Das ergibt sich nicht schon daraus, dass nur ein Alternativangebot zur Auswahl gestanden hätte. Die Beschlussfassung über die Neubestellung eines Verwalters erfordert zwar die Einholung von Alternativangeboten (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, WM 2011, 1293, 1294 Rn. 12). Wie viele Alternativangebote erforderlich sind, können die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums aber selbst festlegen. Er ist nur überschritten , wenn der Zweck solcher Alternativangebote verfehlt wird, nämlich den Wohnungseigentümern die Stärken und Schwächen der Leistungsangebote aufzuzeigen (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, WM 2011, 1293, 1294 Rn. 13). Anhaltspunkte dafür liegen hier nicht vor. Aus dem Protokoll der Versammlung ergibt sich, dass die Wohnungseigentümer eine Vorauswahl getroffen , intensiv über die Leistungsangebote diskutiert und damit den Zweck der Einholung von Alternativangeboten erreicht haben.
- 11
- bb) Die Wohnungseigentümer haben ihren Beurteilungsspielraum auch nicht dadurch verletzt, dass sie nicht das preisgünstigste Angebot gewählt haben. Dazu sind sie nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht verpflichtet (Jennißen in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 26 Rn. 72). Sie dürfen einen Verwalter, mit dem sie gut zurechtkommen, weiterbestellen, auch wenn er etwas teurer ist als ein neuer Verwalter (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, WM 2011, 1293, 1294 Rn. 13). Nichts anderes gilt für die höhere Vergütung einer neuen Verwaltung, die - wie hier - Zusatzqualifikationen oder Zusatzerfahrungen hat. Etwas anderes gälte nur, wenn die von dem ausgewählten Verwalter angebotenen Leistungen von den anderen Verwaltungsfirmen spürbar günstiger angeboten würden (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, WM 2011, 1293, 1294 Rn. 13 a.E.). Daran fehlt es, wenn die Wohnungseigentümer zwischen zwei Anbietern auswählen, deren Vergütungsvorschläge am unteren Rand der aus den eingeholten Angeboten ermittelten Vergütungsspanne liegen.
- 12
- cc) Die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums haben die Wohnungseigentümer auch nicht dadurch überschritten, dass sie über die Bestellung ohne gleichzeitige Festlegung der Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags beschlossen haben. Das ergibt sich allerdings nicht schon aus dem eher formalen Umstand, dass die Berufung des Verwalters in zwei Stufen erfolgt, der Bestellung und dem anschließenden Abschluss des Verwaltervertrags (so aber Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 26 Rn. 43; aM OLG Hamm, ZWE 2002, 486, 489). Denn die Auswahl des Verwalters wird inhaltlich wesentlich durch die wirtschaftlichen Eckpunkte des von ihm angebotenen Verwaltervertrags bestimmt. Die isolierte Bestellung des Verwalters könnte zwar bis zum Abschluss des Verwaltervertrags jederzeit durch einen entsprechenden Beschluss wieder rückgängig gemacht werden (Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 26 Rn. 54). Bis dahin wäre der Verwalter aber zu den üblichen Bedingungen zur Wahrnehmung seiner Aufgabe berechtigt und verpflichtet. Welche Folgen sich aus dieser inhaltlichen Verknüpfung von Verwalterbestellung und Verwaltervertrag ergeben , bedarf hier keiner Entscheidung. Eine getrennte Beschlussfassung über die Bestellung und den Vertrag ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Wohnungseigentümer über den Abschluss des Verwaltervertrags selbst entscheiden und wenn sie beide Beschlüsse - wie hier - in derselben Wohnungseigentümerversammlung erörtern und fassen. Einwände gegen Regelungen in dem Verwaltervertrag - hier die Einwände gegen die Befreiung von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB - sind dann nicht im Rahmen der Anfechtung des Bestellungsbeschlusses, sondern im Rahmen der Anfechtung des Beschlusses über den Verwaltervertrag zu prüfen.
- 13
- dd) Die Wahl der Beizuladenden zur Verwalterin widerspricht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht schon deshalb den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil sie eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft ist.
- 14
- (1) Eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) muss zwar nicht das Mindeststammkapital von 25.000 €, das eine GmbH nach § 5 Abs. 1 GmbHG an sich aufzubringen hat, sondern nach § 5a Abs. 1 GmbHG nur das in der Satzung vorgesehene Stammkapital aufbringen, das auch nur 1 € betragen kann. Der Gesetzgeber hat bei der Einführung dieser Sonderform der GmbH davon abgesehen, eine ähnliche Möglichkeit für alle Formen der GmbH vorzu- sehen, weil „mit der Seriositätsschwelle, die in einem angemessenen Mindest- stammkapitalbetrag lieg[e], auch eine gewisse Seriosität auf die Rechtsform der GmbH insgesamt ausstrahl[e]“, deren „Prestige nicht gefährdet“ werden solle (Begründung der GmbH-Rechts-Reform 2008 in BT-Drucks. 16/6140 S. 31). Und weil bei der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft ein Mindeststammkapital nicht vorgeschrieben ist, muss sie ihre Firma nicht nur mit einem einfachen Rechtsformzusatz („UG“) führen, sondern, anders als die „normale“ GmbH (vgl. § 4 GmbHG), nach § 5a Abs. 1 GmbHG mit der zusätzlichen Anga- be „haftungsbeschränkt“, um das Publikum auf das unter Umständen nicht aus- reichende Stammkapital hinzuweisen (Begründung der GmbH-Rechts-Reform 2008 in BT-Drucks. 16/6140 S. 31).
- 15
- (2) Aus diesen rechtsformbedingten Besonderheiten folgt aber nicht, dass einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft generell die für einen geordneten Geschäftsbetrieb als Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft erforderliche finanzielle Ausstattung abzusprechen ist.
- 16
- (a) Der Gesetzgeber hat den Verzicht auf ein Mindeststammkapital bei der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft als vertretbar angesehen, „weil das Mindeststammkapital kein zwingender Bestandteil des Haftkapitalsystems der GmbH ist“ (Begründung der GmbH-Rechts-Reform 2008 in BTDrucks. 16/6140 S. 31). Deshalb darf auch eine solche Gesellschaft nach § 1, § 5a Abs. 1 GmbHG zu jedem zulässigen Zweck errichtet werden. Wäre sie von vornherein als nicht ausreichend solvent anzusehen, ließen sich die mit der Einführung dieser Form der GmbH verfolgten Gesetzgebungsanliegen, die Neugründung von Unternehmen durch eine weniger aufwendige Form der GmbH zu erleichtern und einer Flucht in ausländische Gesellschaftsformen entgegenzuwirken (Begründung der GmbH-Rechts-Reform 2008 in BT-Drucks. 16/6140 S. 25, 31), nicht erreichen.
- 17
- (b) Ob der vorgesehene Verwalter seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt , bestimmt sich nicht nach der Rechtsform, sondern nach den finanziellen Mitteln, über welche er verfügt, nach dem Kredit, den das Unternehmen in Anspruch nehmen und nach den Sicherheiten, die es stellen kann. Eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft kann auch bei einem sehr niedrig angesetzten Stammkapital eine ausreichende Bonität haben, etwa weil sie selbst ausreichende andere Mittel hat oder weil sich der Geschäftsführer für die Gesellschaft verbürgt hat. Diese Bonität kann bei einem Einzelkaufmann, der nicht über ausreichendes Vermögen oder über Sicherheiten verfügt, ebenso fehlen wie bei einer „normalen“ GmbH, deren Bestellung als Verwalter aber nicht schon an der Rechtsform scheitert (BayObLG, WuM 1993, 488, 489 f.). Diese kann nach Maßgabe von § 7 Abs. 2 GmbHG in das Handelsregister eingetragen werden, noch bevor das Stammkapital vollständig aufgebracht ist. Es muss bei der Bestellung einer GmbH zur Verwalterin auch nicht mehr (vollständig) vorhanden sein. Umgekehrt muss eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft nach § 5a Abs. 5 Halbsatz 2 GmbHG auch dann nicht zur normalen GmbH umfirmieren, wenn sie das Stammkapital bis zur Höhe des Mindeststammkapitals aufgefüllt hat.
- 18
- (c) Auf die Rechtsform allein abzustellen ist auch deshalb verfehlt, weil die Dienstleistungen eines Verwalters von Unternehmen erbracht werden dürfen , die die Pflichten eines Verwalters rechtlich erfüllen können und in einer Rechtsform errichtet sind, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Vertrags über den Europäischen Wirtschaftsraum vorgesehen ist. Nicht alle diese Staaten kennen Gesellschaftsformen, bei denen die Gesellschaftsgründer zur Aufbringung eines Stammkapitals in bestimmter Mindesthöhe verpflichtet sind. Teilweise wird ein niedrigeres Stammkapital verlangt. In der Bestellung solcher Unternehmen zum Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft allein wegen der Unterschiede im System des Gläubigerschutzes einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung zu sehen, wäre eine nach Art. 18 AEUV unzulässige Diskriminierung und stünde zudem im Widerspruch namentlich zu der durch Art. 56 AEUV und Art. 10, 14 und 16 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. EU Nr. L 376 S. 36) garantierten Dienstleistungsfreiheit. Ob die Bestellung zum Verwalter den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, darf sich bei solchen Unternehmen nicht nach der Rechtsform bestimmen , sondern beurteilt sich danach, ob sie fachlich qualifiziert und ausreichend finanziell ausgestattet sind. Ein sachlicher Grund, die deutsche haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft anders zu behandeln, ist nicht erkennbar.
- 19
- ee) Bei der Bestellung der Beizuladenden haben die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum aber deshalb überschritten, weil sie ihre Auswahlentscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage vorgenommen haben.
- 20
- (1) Sie würden inhaltlich ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, bestellten sie ein Unternehmen zum Verwalter, das nicht über die dazu notwendigen finanziellen Mittel verfügt und auch keine ausreichenden Sicherheiten stellen kann (OLG Stuttgart, OLGZ 1977, 433, 435; Bader in FS Seuss [1987] S. 1, 3; Elzer, ZMR 2001, 418, 423 für insolventes Unternehmen). Denn ein solches Unternehmen bietet, unabhängig davon, in welcher Rechtsform es geführt wird (Armbrüster, ZWE 2011, 372, 373), keine hinreichende Gewähr dafür, dass es auf Dauer einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten und seiner Aufgabe als Verwalter gerecht werden, insbesondere die ihm anvertrauten Gelder der Gemeinschaft getreu verwalten wird (Merkle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 26 Rn. 41; Armbrüster, ZWE 2011, 372, 373). Auch wäre nicht sichergestellt , dass die Gemeinschaft im Haftungsfall Ersatz erhält.
- 21
- (2) Wie sich die Wohnungseigentümer Gewissheit verschaffen, ob das als Verwalter in Aussicht genommen Unternehmen diesen inhaltlichen Anforderungen genügt, bestimmen sie im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst. Sie sind deshalb einerseits nicht gezwungen, stets einen Bonitätsnachweis einzuholen ; sie könnten darauf etwa bei einem eingesessenen als solide bekannten Unternehmen gleich welcher Rechtsform verzichten. Die Wohnungseigentümer dürfen andererseits ein Unternehmen nicht aufs Geratewohl bestellen und sich über Zweifel an der Bonität ohne weiteres hinwegsetzen. Besteht bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass, die Bonität des als Verwalter vorgesehenen Unternehmens - gleich welcher Rechtsform - zu prüfen, halten sich die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nur, wenn sie diese Frage klären und ihre Entscheidung über die Bestellung auf einer Tatsachengrundlage (Unterlagen, Auskünfte andere Erkenntnisse) treffen, die eine nachhaltig ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erwarten lässt (Armbrüster, ZWE 2011, 372, 373).
- 22
- (3) Diesen Anforderungen sind die Wohnungseigentümer hier nicht gerecht geworden. Der Geschäftsführer der Beizuladenden hatte vor der Beschlussfassung mitgeteilt, er sei seit langem als Verwalter tätig. Seine Dienste wollte er den Wohnungseigentümer aber nicht als Einzelkaufmann, sondern durch eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft anbieten, die erst wenige Monate zuvor errichtet worden war. Er war auch nicht bereit, die persönliche Haftung für die Gesellschaft zu übernehmen. Die Stammeinlage der Gesellschaft von 500 € reichte für sich genommen nicht aus, um einen dauer- haft ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb und Ersatz im Haftungsfall sicherzustellen. Eine Haftpflichtversicherung war bei der Beschlussfassung über die Bestellung nicht nachgewiesen und ist es im Übrigen auch jetzt nicht. Die - nicht berücksichtigungsfähige - Unterlage, die die Beklagten im Revisionsverfahren haben vorlegen lassen, weist nicht die Beizuladende selbst, sondern ihren Geschäftsführer als Versicherten aus. Das alles muss nicht bedeuten, dass die Beizuladende (unabhängig von ihrer Rechtsform als haftungsbeschränkter Unternehmergesellschaft ) tatsächlich keine ausreichende Bonität hat. Die Wohnungseigentümer durften aber die Bonität der Beizuladenden nicht unterstellen. Sie mussten sie vielmehr klären. Wie sie zu dem erforderlichen Kenntnisstand gelangen, entscheiden sie im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst. Hier lagen ihnen nur Erkenntnisse vor, die Zweifel an der Bonität der Beizuladenden weckten. Sie durften deshalb die Bestellung der Beizuladenden auf dieser Grundlage nicht beschließen.
III.
- 23
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.01.2010 - 9 C 339/09 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.06.2011 - 11 S 7/10 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.