Amtsgericht München Beschluss, 04. Nov. 2016 - 63 VI 10035/08

published on 04/11/2016 00:00
Amtsgericht München Beschluss, 04. Nov. 2016 - 63 VI 10035/08
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Gericht

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Tenor

Beschluss

1. Der Antrag der Beteiligten zu 1 den Erbschein vom 28.09.2009 als unrichtig einzuziehen, wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1. Die am ...1934 geborene und am 17.7.2008 gestorbene ... war ledige deutsche Staatsangehörige.

2. Mit notariellen Testament vom 3.5.1999 widerrief die Erblasserin frühere Testamente und setzte als alleinige Erbin die Beteiligte zu 1 ein.

Die Ziffern III und IV des Testaments lauten wie folgt:

„Frau ... soll jedoch nur Vorerbin sein. Zu Nacherben bestimme ich ihre Abkömmlinge nach Stämmen zu gleichen Anteilen. Dies sind derzeit:

..., geb. am 21.9.1986

..., geb. am 25.1.1990

und ..., geb. am 11.1.1994.

Die Nacherbschaft tritt ein mit dem Tode des Vorerben. Der Vorerbe ist nicht von den gesetzlichen Beschränkungen und Verpflichtungen befreit.

IV.

Zu Ersatznacherben bestimme ich die weiteren Abkömmlinge von Frau ... nach Stämmen zu gleichen Anteilen. Sollten auch sie nicht erben werden, bestimme ich zur weiteren Ersatznacherbin meine Nichte, Frau ... geb. ..., geb. am 19.8.1964, derzeit wohnhaft ..., ersatzweise deren Abkömmlinge nach Stämmen zu gleichen Anteilen, ersatzweise ..., zur Verwendung für das Kinderdorf in Diessen am Ammersee. Für ... ordne ich weitere Nacherbfolge an. Diese weiteren Nacherben sind deren Abkömmlinge nach gleichen Stammanteilen.

Falls Abkömmlinge von ... nicht erst Nacherben, sondern sogleich Erben von mir werden, so sind auch sie nur Vorerben und deren Nacherben sind die oben weitere bestimmten Ersatznacherben.“

Ein weiteres notarielles Testament der Erblasserin aus dem Jahr 2005 war für die Erbfolge nicht maßgeblich, weil die Erblasserin zur Zeit der Errichtung testierunfähig war.

3. Auf Antrag der Beteiligten zu 1 wurde am 28.9.2009 ein Erbschein erteilt, der die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin ausweist und weiter lautet wie folgt:

„Nacherbfolge ist angeordnet.

Die Nacherbfolge tritt ein beim Tode des Vorerben.

Nacherben sind die Abkömmlinge der Vorerbin nach Stämmen zu gleichen Anteilen, derzeit:

..., geb. am 21.9.1986, ...

..., geb. am 25.1.1990, ...

..., geb. am 11.1.1994, ... München

Ersatznacherbfolge ist angeordnet.

Ersatznacherben sind die weiteren Abkömmlinge der Vorerbin nach Stämmen zu gleichen Anteilen.

Weitere Ersatznacherbin ist ..., geb. ..., geb. 19.08.1964, ..., ersatzweise deren Abkömmlinge nach Stämmen zu gleichen Anteilen, ersatzweise ... München.

Bezüglich ... ist weitere Nacherbfolge angeordnet. Weitere Nacherben sind deren Abkömmlinge nach gleichen Stammanteilen.“

4. Mit Schreiben vom 11.10.2016 bat die anwaltlich vertretene Beteiligte zu 1 um Berichtigung des Erbscheins durch Streichen des Wortes „derzeit“. Die Nacherbfolge sei unter Verwendung des Wortlauts des Erbscheins im Grundbuch eingetragen. Die Beteiligte zu 1 habe im Sommer 2015 die Nachlasswohnung verkauft; die im Erbschein genannten Nacherben hätten dem Verkauf zugestimmt. Das Grundbuchamt habe aber die Beteiligung der weiteren unbekannten Nacherben durch Bestellung eines Ergänzungspflegers gefordert. Der sodann bestellte Ergänzungspfleger habe die Zustimmung zur Löschung des Nacherbenvermerks erklärt. Die zuständige Rechtspflegerin beim Betreuungsgericht habe in ihrem Beschluss die Genehmigungsfähigkeit der Zustimmung verneint. Das Landgericht habe einen Hinweis erteilt, dass die Zurückweisung der Beschwerde beabsichtigt sei, denn die Rechtsauffassung des Grundbuchamtes, wonach es unbekannte Nacherben geben könne, sei unzutreffend.

Auf den Akteninhalt wird Bezug genommen.

II.

Die Einziehung des Erbscheins als unrichtig hat zu unterbleiben, weil der Erbschein richtig ist.

In einem dem Vorerben zu erteilenden Erbschein ist nach § 2363 Abs. 1 Satz 1 BGB (a.F.) nicht nur anzugeben, dass eine Nacherbfolge angeordnet ist, sondern auch unter welchen Voraussetzungen sie eintritt und wer der Nacherbe ist. Daraus folgt, dass bereits in dem dem Vorerben zu erteilenden Erbschein die Person des (der) Nacherben so genau wie möglich anzugeben ist. Diesen Anforderungen entspricht der erteilte Erbschein.

Insbesondere ist die Formulierung unter Verwendung des Wortes „derzeit“ richtig. Die Erblasserin hat in ihrem notariellen Testament selbst diese Formulierung gewählt. Als Nacherben sind im maßgeblichen Testament vom 03.05.1999 ausdrücklich „die Abkömmlinge“ der Vorerbin bestimmt. Dies umfasst nicht nur leibliche, sondern auch adoptierte Abkömmlinge, § 1754 BGB. Wer tatsächlich zum Nacherben berufen ist, ist damit erst im Zeitpunkt des Nacherbfalls feststellbar.

Da das Testament selbst bei den Abkömmlingen von „derzeit“ spricht, war das Hinzutreten weiterer Abkömmlinge also gerade nicht ausgeschlossen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin, §§ 81, 353 FamFG. Das Gericht hat bereits vorab seine Rechtsmeinung mitgeteilt, die Antragstellerin hat eine beschwerdefähige Entscheidung gewünscht. Das Gericht hat nach § 353 FamFG über die Kosten zu entscheiden.

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(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(1) Nimmt ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten. (2) In den anderen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stel

(1) Kann der Erbschein im Verfahren über die Einziehung nicht sofort erlangt werden, so hat ihn das Nachlassgericht durch Beschluss für kraftlos zu erklären. Der Beschluss ist entsprechend § 435 öffentlich bekannt zu machen. Mit Ablauf eines Monats n

Annotations

(1) Nimmt ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten.

(2) In den anderen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden.

(3) Die elterliche Sorge steht in den Fällen des Absatzes 1 den Ehegatten gemeinsam, in den Fällen des Absatzes 2 dem Annehmenden zu.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Kann der Erbschein im Verfahren über die Einziehung nicht sofort erlangt werden, so hat ihn das Nachlassgericht durch Beschluss für kraftlos zu erklären. Der Beschluss ist entsprechend § 435 öffentlich bekannt zu machen. Mit Ablauf eines Monats nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger wird die Kraftloserklärung wirksam. Nach Veröffentlichung des Beschlusses kann dieser nicht mehr angefochten werden.

(2) In Verfahren über die Einziehung oder Kraftloserklärung eines Erbscheins hat das Gericht über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Kostenentscheidung soll zugleich mit der Endentscheidung ergehen.

(3) Ist der Erbschein bereits eingezogen, ist die Beschwerde gegen den Einziehungsbeschluss nur insoweit zulässig, als die Erteilung eines neuen gleichlautenden Erbscheins beantragt wird. Die Beschwerde gilt im Zweifel als Antrag auf Erteilung eines neuen gleichlautenden Erbscheins.