Amtsgericht Ingolstadt Beschluss, 11. Jan. 2017 - 002 F 808/15

bei uns veröffentlicht am11.01.2017

Gericht

Amtsgericht Ingolstadt

Tenor

1. Der Antrag der Antragstellerin vom 26.05.2015 auf Zahlung einer „Morgengabe" wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

3. Der Verfahrenswert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin beansprucht die Zahlung einer vom Antragsgegner versprochenen „Morgengabe“.

Die Beteiligten, beide türkische Staatsangehörige, waren verlobt. Im Rahmen einer religiösen Ehezeremonie schlossen sie am 27.12.2014 eine von beiden unterschriebene sog. Morgen oder auch Brautgabevereinbarung, nach der sich der Antragsgegner zur Zahlung eines „mehir“ an die Antragstellerin in Höhe von 10.000,00 € „mit der Bedingung späterer Zahlung“ verpflichtete. Die „spätere“ Zahlung sollte die Antragstellerin im Falle der Trennung beanspruchen können.

Die Antragstellerin zog unmittelbar nach der religiösen Hochzeit zum Antragsgegner. Zu der für den 18.03.2015 vorgesehenen standesamtlichen Trauung kam es jedoch nicht mehr. Vielmehr trennten sich die Beteiligten bereits am 16.02.2015 wieder.

Die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegner zur Zahlung von 10.000,00 € zu verpflichten.

Sie trägt vor, der Antragsgegner sei aufgrund der vereinbarten „Morgengabe“ zur Zahlung verpflichtet. Die Morgengabe sei - unabhängig vom Bestehen einer zivilrechtlichen Ehe - im Rahmen der religiösen Eheschließung vereinbart und mit Trennung der Beteiligten fällig geworden. Der Antragsgegner habe die Antragstellerin am 16.02.2015 körperlich misshandelt, indem er sie dreimal ins Gesicht geschlagen und aus der Wohnung verwiesen habe. Die Antragstellerin sei hierdurch zutiefst gedemütigt, zumal sie sich dem Antragsgegner aufgrund der religiösen Eheschließung noch vor der standesamtlichen Eheschließung hingegeben habe.

Der Antragsgegner beantragt die Antragsabweisung Er trägt vor, am 27.12.2014 habe die Verlobungsfeier stattgefunden; er sei dann mit der religiösen Feier konfrontiert worden. Er habe zwar etwas unterschrieben, doch sei ihm erklärt worden, dass dies nur gelte, wenn die staatliche Trauung vollzogen werde. Die Ehe sei nicht vollzogen worden; die Antragstellerin habe nicht in I. bleiben wollen und sei von sich aus wieder zu ihren Eltern zurückgekehrt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Rechtsgutachtens durch den Sachverständigen Prof. Dr. Ali Yarayan, Leiter der Forschungsstelle für Türkisches Recht am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Universität Erlangen.

Bzgl. der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Antragstellerseite vom 26.5., 12. und 14.9. Sowie 29.10.2015 und 4. und 20.2., 16.03., 07.04. und 27.09.2016, der Antragsgegnerseite vom 05.08. und 6.011.2015, sowie 17.06.2016, die schriftlichen Ausführungen des 002 F 808/15 - Seite 3 Sachverständigen vom 27.01., 14.03., 29.3., 13.04. und 24.04.2016 sowie die Erörterungen in den Terminen vom 23.09. und 18.11.2015, sowie 16.03.2016 verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht - Familiengericht - Ingolstadt international, örtlich und funktional zuständig §§ 105, 266 I Nr. 1 FamFG; §§ 112 Nr. 3, 113 I 2 FamFG iVm. § 12 ZPO). Es handelt sich um eine Familiensache i. S. des § 266 I Nr. 1 FamFG: Die Beteiligten waren nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten verlobt; der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Brautgeldes steht hiermit in unmittelbarem Zusammenhang, auch wenn es sich nicht um einen Anspruch aus dem Verlöbnis handelt. Das Familiengericht Ingolstadt ist damit international und örtlich zuständig, da der Antragsgegner in I. wohnt.

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

2.1 Nachdem beide (ehemals) Verlobten türkische Staatsangehörige sind, bestimmt sich der Anspruch der Antragstellerin - wie auch von beiden Beteiligten angenommen - analog Art. 13 I S. 1 EGBGB nach türkischem Recht (Palandt, Kommentar zum BGB, 76. Aufl. 2016, EGBGB Art. 13, Rn. 30; OLG Hamm, 22.04.2016, 3 UF 262/15). Der geltend gemachte Anspruch als solcher ist zwar vertragsrechtlicher Natur; der speziell familienrechtliche Chrarakter einer Brautgeldabrede führt jedoch dazu, dass sie dem insoweit spezielleren Verlöbnisstatut zu unterstellen ist (OLG Hamm, 13.01.2011, 18 U 88/10). Die Rom III-VO gilt hingegend nicht, da die Beteiligten keine (gültige) Ehe abgeschlossen haben.

2.2 Ein Anspruch auf Zahlung der Morgengabe ist nach dem maßgeblichen türkischen Recht vorliegend nicht gegeben. Dieses setzt zu seiner Wirksamkeit zwingend das Vorliegen einer rechtswirksamen, d. h. standesamtlichen, Eheschließung voraus. Das Gericht folgt insoweit den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in seinem Rechtsgutachten; ein Anlass zur Erholung des beantragten weiteren Gutachtens war insoweit nicht gegeben. Dass es zum Thema „Morgengabe“ - in der Türkei wie auch in Deutschland -unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt, ist bekannt und in liegt in der Natur von Rechtsfragen.

a) Die Morgengabe ist im türkischen Recht nicht mehr (wie früher und heute noch in islamischen Rechtsordnungen) Voraussetzung einer Eheschließung; sie ist jedoch im Koran vorgesehen und daher aus religiösen oder kulturellen Gründen regelmäßig Bestandteil der 002 F 808/15 - Seite 4 Hochzeit gläubiger türkischer Staatsangehöriger. Auch wenn das türkische Zivilrecht die Morgengabe nicht mehr vorsieht, ist deren Vereinbarung auf Grund des Rechts der Ehegatten, Rechtsgeschäfte miteinander abzuschließen, grundsätzlich möglich (Art. 193 des tOGB). Die Vereinbarung eines „mehir“ wird vom türkischen Kassationshof unter Bezugnahme darauf, dass die Parteien wissen, dass es nach türkischem Eherecht des „mehir“ für die Eheschließung nicht (wie in einigen islamisch-religiös geprägten Rechtsordnungen) bedarf, als Schenkungsversprechen nach Art. 238 tOBG) gewertet (vgl. Nachweise im Gutachten, dort S. 3/4 - Bl. 128/129 und 132 d. A.). Die im türkischen Recht (anders als im deutschen Recht nach § 518 BGB) genügende Schriftform gem. § 288 tOGB (vgl.. OLG Nürnberg, 25.01.2001, 7 WF 3677/00) ist vorliegend gewahrt; das entsprechende Dokument enthält die nach Art. Art. 14 I tOGB erforderlichen Unterschriften der beiden Beteiligten.

b) Weitere Voraussetzung für das Vorliegen einer wirksamen Vereinbarung eines „mehir“ ist jedoch der Abschluss einer Ehe. Der türkische Kassationshof hat insoweit in einer Vielzahl von Entscheidungen (vgl. Gutachten S. 6 - Bl. 131) entschieden, dass die Morgengabe ein Schenkungsversprechen der Eheleute sei. Dies gilt insbesondere für die - hier vorliegende -aufgeschobene Morgengabe, diese ist nach dem Grundsatzurteil des Kassationshofes vom 2.12.1959, Az. 1959/14 und 1959/30, auf das die späteren Entscheidungen regelmäßig verweisen, ein Schenkungsversprechen für den Fall der Scheidung (vgl. Gutachten S. 8 - Bl. 133 d.A.). Mangels Eheschließung ist es zum Bedingungseintritt „Scheidung“ nicht gekommen.

aa) Die vorliegende Brautgabevereinbarung kann vorliegend keine Rechtswirkungen entfallen, da es an der hierfür erforderlichen Ehe fehlt. Die Beteiligten waren nur verlobt; zu einer -wirksamen - d. h. standesamtlichen Eheschließung ist es nicht gekommen. Die Morgengabe wurde im Zusammenhang mit der geschlossenen kirchlichen und der geplanten standesamtlichen Hochzeit vereinbart und setzt als ehevertragliche Regelung (so auch der eigene Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 29.10.2015 (S. 53 d.A.) für ihre Wirksamkeit das Bestehen einer Ehe voraus.. Dies ergibt sich letztlich auch aus der Formulierung in der Schenkungsabrede, nämlich der Bezeichnung als „mehir“ = Morgengabe oder auch Brautgabe, sowie der Formulierung „mit der Bedingung der späteren Bezahlung“, die nur dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Morgengabe im Fall der Trennung oder Scheidung nach Eheschließung zu zahlen ist. Ähnlich wie ein Ehevertrag, der die Beziehungen der Beteiligten während der Ehe oder nach deren Scheitern für den Fall der Scheidung regelt, zwar vor der Eheschließung abgeschlossen werden kann, seine Wirkungen jedoch erst entfaltet, wenn es zu einer Eheschließung gekommen ist, setzt auch der Anspruch auf Erfüllung des Brautgabeversprechens das Vorliegen einer - gültigen - Ehe voraus. Gem. Art. 108 tZGB besteht in der Türkei die obligatorische Zivilehe; eine solche wurde vorliegend nicht abgeschlossen.

bb) Dem Vortrag der Antragstellerin, es komme hierbei nicht auf die standesamtliche Eheschließung, sondern nur die näheren Umstände bei der religiösen Eheschließung an (SS vom 29.10.2015, Bl. 55 d. A.), kann hingegen nicht gefolgt werden. Sofern die Vereinbarung der bei Trennung zu zahlenden Morgengabe Bestandteil einer (nur) kirchlichen (ohne 002 F 808/15 - Seite 5 standesamtliche) Eheschließung war, ist diese nichtig: Nach dem türkischen Zivilrecht ist eine kirchliche Trauung erst nach Durchführung der standesamtlichen Trauung und unter Vorlage des Ehescheins zulässig (vgl. Art. 110, 143 tZGB). Reine Imam-Ehen sind hingegen (auch wenn das strafrechtliche Verbot der religiösen Voraustrauung durch das türkische Verfassungsgericht im Mai 2015 offenbar zwischenzeitlich als unverhältnismäßig aufgehoben wurde - vgl. Bl. 111 d.A. - nach wie vor) verboten und entfalten für sich jedenfalls keine Rechtswirkungen ( Dies übersieht Prof Rumpf wenn er in dem vorgelegten Privatgutachten, dort S. 4 - Bl. 167 d. A. -ausführt, dass ein Zahlungsanspruch bestehe, wenn es zu einer religiösen Eheschließung und anschließend wieder zur Trennung gekommen ist). Dies schlägt auch auf die im Rahmen der religiösen Eheschließung getroffene Morgengabevereinbarung durch. Voraussetzung eines Anspruchs aus dem Brautgabeversprechen ist in jedem Fall das Vorliegen einer - nach dem Heimatrecht der Beteiligten - gültigen Ehe. Die vorliegende Imam-Ehe ist jedoch nichtig, weil die zwingend vorangehende standesamtliche Eheschließung nicht erfolgt ist. Mangels Ehe keine Brautgabe. Nachdem die Imam - Ehe nichtig ist, kommt es auch auf den Inhalt des von Seiten des Antragstellervertreters ins Feld geführten Videos und die dortigen Ausführungen des Imam nicht mehr an. Diese können als so geschehen unterstellt werden; einer Beweiserhebung bedurfte es insoweit nicht.

Entgegen dem Vortrag des Antragstellervertreters hat auch nicht etwa der türkische Kassationshof eine andere Rechtsauffassung vertreten und den Abschluss einer Imam-Ehe für die Wirksamkeit der Morgengabevereinbarung genügen lassen (vgl. Bilge Özkan in FamRZ 1998, 625) : Dieser hat lediglich erklärt, dass ein Vertrag, der nach islam.-religiösen Regelungen - trotz Kenntnis, dass diese grundsätzlich nach geltendem türkischen Recht rechtlich unerheblich sind - abgeschlossen wird, im Rahmen der gewährten Vertragsfreiheit als Schenkungsversprechen gültig ist und insoweit auch unerheblich ist, ob nach der Ziviltrauung überhaupt noch eine wirksame religiöse Eheschließung stattgefunden hat oder nicht. Der Kassationshof hat damit nur die Unerheblichkeit des Vorliegens einer religiösen Trauung festgestellt; nicht aber dass die Vereinbarung eines „mehir“ auch ohne Zivilehe möglich sei. Soweit die Antragstellerseite sich auf angeblich anders lautende Entscheidungen des Kassationshofes - insbesondere die Entscheidung vom 03.04.2014, Az. 2014/4841, sowie die Entscheidungen aus dem Jahr 2005, - bezieht, und hieraus folgert, die Morgengabe sei auch bei einer bloßen religiösen Ehe und nicht standesamtlich verheirateten Beteiligten zugesprochen worden sei, ist entsprechend den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen (vom 14.03.2016, dort S. 16 - Bl. 183 d.A. und im Termin vom 16.03.2016 -Bl. 193/194 d. A., sowie vom 24.04.2016 - Bl. 244 fd.A.) darauf hinzuweisen, dass es in dem -immobilienrechtlichen - Fall aus 2014, sowie dem Verfahren 2005/4042 jeweils um eine bereits vollzogene Schenkung ging und es für den Kassationshof auf die Frage, ob die Morgengabe ohne standesamtliche Eheschließung wirksam sei, nicht ankam (vgl. auch OLG Nürnberg, 25.01.2001, 7 WF 3677/00 zur Rückforderung eines bereits geleisteten - vom OLG als sittenwidrig angesehenen - Brautgeldes); im Verfahren 2005/12279 ging um die Frage der Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung .

cc) Im Übrigen ist auf folgendes hinzuweisen: Auch wenn man der Ansicht der Antragstellerseite folgt, der Begriff „Eheleute“ beziehe sich auch auf die Verlobten als künftige Eheleute, verbleibt es gleichwohl dabei, dass das vorliegende aufgeschobene Schenkungsversprechen („sonra ödenmek sarti ile“) unter der Bedingung einer späteren Scheidung steht (vgl. Gutachten S. 4 - Bl. 129 d.A. unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des türkischen Kassationshofes). Die Trennung der Beteiligten nach religiöser Eheschließung reicht nicht aus, da die religiöse Eheschließung nichtig ist und die Morgengabevereinbarung als deren Bestandteil ihr Schicksal teilt, da ansonsten die zwingenden gesetzlichen Regelungen, wonach eine religiöse Ehe erst nach standesamtlicher Heirat durchgeführt werden darf, unterlaufen würden.

c) Soweit antragstellerseits vorgetragen wird, die Morgengabe sei unabhängig von der rechtlichen Wirksamkeit der kirchlichen oder gar einer standesamtlichen Trauung vereinbart worden, ist dem ebenfalls nicht zu folgen:

aa) Es ist der Antragstellerseite zuzugeben, dass ein Zahlungsversprechen auch völlig unabhängig von ehelichen Beziehungen und mit anderen Motivationslagen vereinbart werden kann. Ein solches liegt aber nicht vor (bb), bzw. ist nichtig (cc)

aa) Hiergegen spricht zum einen bereits der Zusammenhang mit der (nichtigen) kirchlichen Trauung einschließlich des Hinweises, dass die Antragstellerin nach Trennung für 4 Monate und 10 Tage nach Trennung nicht heiraten dürfe (Schriftsatz vom 14.09.2016 - Zweck des Heiratsverbots: vor der Scheidung gezeugter Nachwuchs soll erkennbar sein), sowie die Bezeichnung als „mehir“. Die Brautgabe war als Rechtsfolge der Trauung ausgelegt. Eine Brautgabe ohne Braut ist schwer vorstellbar. Ferner wäre diese aus sich heraus nicht verständlich, insbesondere der Zeitpunkt einer evtl. Fälligkeit der Forderung („Bedingung späterer Bezahlung“) nicht erkennbar. Dieser ergibt sich nur aus dem Zusammenhang mit der Eheschließung. Im Übrigen weist auch der Antragstellervertreter in seinem Schriftsatz vom 07.04.2016, dort S. 17 - Bl. 220 d. A. wörtlich darauf hin, die Vereinbarung sei den „ehebedingten (unbenannten) Zuwendungen“ zuzuordnen.

bb) Soweit - wie (später - zunächst wurde auf eine angeblich wirksame religiöse Eheschließung hingewiesen, auf deren Scheitern mit Trennung der Beteiligten es als Bedingungseintritt für die Fälligkeit der Morgengabe ankomme - vgl. Schriftsatz vom 12.09.2015 - Bl. 41 d.A.) von Antragstellerseite vorgetragen - ein von einer Eheschließung unabhängiges Schenkungsversprechen oder abstraktes Schuldanerkenntnis abgegeben werden sollte, ist dies nach türkischem Recht zwar grundsätzlich möglich. Insoweit ergibt jedoch der Blick auf die Geschäftsgrundlage der Vereinbarung, dass diese nichtig ist (vgl. auch KG Berlin, 07.04.2015, 13 WF 57/15 - Bl. 222 fd.A. -( hier waren die Beteiligte allerdings auch zivilrechtlich gültig verheiratet), wonach regelmäßig entscheidend ist, welche Ziele und Absichten mit der 002 F 808/15 - Seite 7 Vereinbarung der Morgengabe verfolgt wurden und von welchen Vorstellungen sich die Beteiligten dabei haben leiten lassen. Allein die Verwendung des Wortes „mehir“ führe noch nicht zu einem automatischen und bedingungslosen Zahlungsversprechen; vielmehr sei die Vereinbarung anhand ihres Sinns und Zwecks auszulegen (vgl. aaO, Bl. 226 d. A.).

Grundlage für die in der streitgegenständlichen Vereinbarung niedergelegte Zahlungspflicht (mit der „Bedingung späterer Zahlung“) des Antragsgegners war offenbar die „tatsächliche Eheschließung“, d. h. ein Ausgleich für die Durchführung des Geschlechtsverkehrs und den damit verbundenen Ehrverlust der Frau nach Trennung entsprechend einer im islamischen Rechts möglichen „Talak-Scheidung“ (Verstossung durch den Mann), wie sich aus dem Antragsschriftsatz vom 26.05.2015 und erneut 12.09.2015 („wo die Ehe vollzogen wurde“ - Bl. 3 d. A.; „die Beteiligten haben die Ehe bereits vor offizieller zivilrechtlicher Eheschließung vollzogen“; die Antragstellerin, die sich aufgrund des Bestehens einer wirksamen religiösen Ehe dem Antragsgegner als Frau hingegeben hat, wurde durch die Trennung zutiefst gedemütigt“ -Bl. 4 d.A.; „…so kam es zu einem Vollzug der Ehe“ u. „hat …natürlich auch Geschlechtsverkehr stattgefunden“ - Bl. 40 d.A.; „indem er sie drei Mal ins Gesicht geschlagen hat …am selben Tage aus der Wohnung verwiesen - Bl. 3 d. A.) wie auch der Erwiderung im Schriftsatz der Gegenseite vom 05.08.2015 („die Beteiligten haben nicht den Geschlechtsakt vollzogen“ - Bl. 30; „die Antragsgegnerin … ist gegangen“ - Bl. 31). Danach sollte die Zahlungsvereinbarung quasi als Vertragsstrafe oder Entschädigung für die „Entehrung“ aufgrund des erfolgten Geschlechtsverkehr gemeint sein und/oder als Mittel, eine (voreilige oder willkürliche) Trennung des Antragsgegners zu unterbinden. Eine derartig motivierte Vereinbarung ist jedoch sittenwidrig und damit nichtig: Die Talak-„Scheidung“ ist kein Bestandteil des türkischen Rechts; vielmehr kann die - weitere Rechtsfolgen auslösende - Scheidung nur durch richterliches Urteil erfolgen; sie ist auch kein Scheidungsgrund nach den Art. 129-134 tZGB; die Vereinbarung einer Entschädigung oder Zahlungspflicht für die Durchführung einer solchen „Scheidung“ ist mit der gesetzlichen Regelung im türkischen Recht zum Vorliegen einer Ehe sowie zu den Voraussetzungen einer Scheidung mit den dort festgelegten Scheidungsgründen und -folgen nicht vereinbar und damit nichtig. Im Übrigen würde - unabhängig vom türkischen Recht - eine derartige Entschädigungsregelung gem. Art. 6 EGBGB als mit der hiesigen Rechtsordnung nicht vereinbar anzusehen sein (Höhe der zwischen den Familien ausgehandelten Morgengabe als „Marktwert“ der Frau oder „Kranzgeld“ (in Deutschland abgeschafft, nachdem dieses entgegen früheren Moralvorstellungen als verfassungswidrig angesehen wurde) und Strafe für die Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft als sittenwidriger Verstoß gegen §§ 1, 2 GG - ebenso AG Darmstadt15.05.2014, 50 F 366/13) - nicht gefolgt wird der Argumentation des OLG Düsseldorf im Beschluss vom 03.01.1997, 1 UF 111/96, das offenbar die Frage des Vollzugs des Geschlechtsverkehrs auch zum Maßstab für die Bemessung der Höhe der Brautgabe gemacht hat (vgl. Bl. 95 d.A).; ebenfalls nicht gefolgt wird insbesondere auch OLG Köln 23.03.2006, 21 UF 144/05, das davon ausgeht, der „mehir“ Anspruch sei „mit dem geschlechtlichen Vollzug der Ehe entstanden). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Realität auch heute oft noch so aussieht, dass der „Preis“ des Mädchens zwischen den Familien ausgehandelt wird und für dieses nach Vollzug des Geschlechtsverkehrs und Beendigung der Verbindung, ggf. auch durch „Verstoßung“ die Aussichten auf eine spätere Heirat deutlich verringert sind .Insofern soll die Zubilligung der Morgengabe offenbar in manchen Entscheidungen den Schutz derartiger Frauen bewirken - vgl. in OLG Hamm, 04.07.2012, 8 UF 37/12: „Morgengabe dient nicht nur der finanziellen Absicherung der Frau sondern stellt gewissermaßen auch eine Gegengabe für die Erfüllung der ehelichen Pflichten durch die Ehefrau dar“ - wobei das Gericht sogar selbst auf die „ethische Bedenklichkeit“ hinweist, sowie OLG Stuttgart, 29.01.2008, 17 UF 239/07: Morgengabe schütze, insbesondere wenn sie besonders hoch bemessen ist, die Frau vor leichtfertiger einseitiger Verstoßung durch den Ehemann. Diese Entscheidungen waren aber mit dem vorliegenden Fall insofern nicht vergleichbar, als nach Heimatrecht wirksame Ehen bestanden, die Morgengabe Bestandteil des - gültigen! - Ehevertrags bzw wie im Fall des OLG Hamm sogar gesetzlich geregelt war und die Scheidung nach Heimatrecht eben auch durch Verstoßung ausgesprochen werden konnte . Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Eine derartige „Ehe“ und damit besondere Schutzwürdigkeit der Antragstellerin lag gerade nicht vor. Vielmehr hat diese sich in dem Wissen, nicht wirksam verheiratet zu sein, in eine Lebensgemeinschaft mit dem Antragsgegner begeben.

cc) Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Schriftsatz vom 04.02.2016 darauf hinweist, zahlreiche deutsche Urteile hätten keinen Verstoß gegen den ordre-public gesehen, kann dem so nicht pauschal gefolgt werden. Den entsprechenden Entscheidungen lag ein anderer Sachverhalt zugrunde, insbesondere bestand in sämtlichen Fällen eine wirksame Ehe. In den genannten Fällen wurde die Morgengabe zudem nicht - wie offenbar hier - als finanzieller Ausgleich für eine „Wertminderung“ der Frau durch den vollzogenen Geschlechtsverkehr oder eine Art Schmerzensgeld für die Entehrung im Rahmen der Talak-„Scheidung“ gesehen, sondern stellte sich als finanzielle Absicherung ähnlich einer Unterhaltszahlung oder güterrechtlichen Regelung (vgl. Grundsatzurteil des BGH 09.12.2009, XII ZR 107/08; OLG Hamm, 22.04.2016, 3 UF 262/15) dar. Soweit dies nicht der Fall war (s. o.) folgt das Gericht der dort genannten Ansicht nicht.

2.3 Auch bei einer Anwendung deutschen Rechts wäre die Vereinbarung nichtig: Als ehevertragliche oder Schenkungsvereinbarung wegen Verstosses gegen die Formvorschrift notarieller Beurkundung; als abstraktes Schuldversprechen wegen Sittenwidrigkeit vgl. oben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 II FamFG, 91 I ZPO; die Festsetzung des Verfahrenswertes aus § 35 FamGKG.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 518 Form des Schenkungsversprechens


(1) Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, ist die notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis der in den §§ 780, 781 bez

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 35 Geldforderung


Ist Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung, bemisst sich der Verfahrenswert nach deren Höhe, soweit nichts anderes bestimmt ist.

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Dez. 2009 - XII ZR 107/08

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 107/08 Verkündet am: 9. Dezember 2009 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

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Tenor 1. Der Antrag der Antragstellerin vom 26.05.2015 auf Zahlung einer „Morgengabe" wird als unbegründet zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. 3. Der Verfahrenswert wird auf 10.000,
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Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, ist die notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis der in den §§ 780, 781 bezeichneten Art schenkweise erteilt wird, von dem Versprechen oder der Anerkennungserklärung.

(2) Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 107/08 Verkündet am:
9. Dezember 2009
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
EGBGB Artt. 14, 15, 18; BGB § 313

a) Der Anspruch auf eine nach iranischem Recht vereinbarte Morgengabe unterliegt
- als allgemeine Wirkung der Ehe - dem von Art. 14 EGBGB berufenen
Sachrecht.

b) Zu den nach deutschem Sachrecht bestehenden Möglichkeiten, einen als
Morgengabe in iranischer Währung vereinbarten Betrag an die iranische
Geldwertentwicklung anzupassen.
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 - XII ZR 107/08 - OLG Hamburg
AG Hamburg-Barmbek
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Klinkhammer und Schilling

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. Mai 2008 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek - Familiengericht - vom 16. November 2006 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung einer vereinbarten und nach Maßgabe des iranischen Rechts an die iranische Geldwertentwicklung angepassten Morgengabe.
2
Die Parteien - damals iranische Staatsangehörige - schlossen 1992 in Teheran die Ehe. Dabei verpflichtete sich der Beklagte zur Leistung einer "Morgengabe". Diese sollte bestehen aus "Ein Koran, ein Spiegel, ein Paar Kerzen- träger und Rl. 15.000.000" (iranische Rial; nach dem Kursstand vom 29. März 2006 umgerechnet: 1.428,23 €), die "restlos zu Lasten des Ehemannes gehen" sollten "und bei Forderung seitens der Ehefrau ihr auszuzahlen" seien. Die Heiratsurkunde trägt die Unterschrift mehrerer Zeugen, darunter auch eine Unterschrift mit dem Namen des Vaters der Klägerin.
3
1993 verließen die Parteien den Iran und erwarben später die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Ehe wurde 2006 auf Antrag beider Parteien in Deutschland nach deutschem Recht rechtskräftig geschieden.
4
Die Klägerin beruft sich auf die Anwendbarkeit iranischen Rechts und verlangt vom Beklagten als Morgengabe die vereinbarte, aber nach Maßgabe des iranischen Rechts an die dortige Geldwertentwicklung angepasste Geldleistung in Höhe von (15.000.000 Rl. x 274,5 : 27,9 =) 147.580.500 Rl. (entspricht nach den Berechnungen der Klägerin: 13.204,60 €). Die Ehe sei wirksam geschlossen worden. Ihr Vater sei bei der Eheschließung persönlich anwesend gewesen und habe die Heiratsurkunde selbst unterschrieben.
5
Der Beklagte hält deutsches Recht für anwendbar. Bei Anwendung iranischen Rechts müsse zudem das iranische Scheidungsrecht einbezogen werden. Danach sei die Ehefrau bei einer von ihr initiierten Scheidung zur Zahlung einer Abfindung in Höhe der Morgengabe oder - nach Verhandlung - auch eines höheren oder niedrigeren Betrages verpflichtet. Da die Klägerin die Ehescheidung beantragt habe, rechne er vorsorglich mit diesem Abfindungsanspruch auf. Im Übrigen sei die Ehe nicht wirksam geschlossen, da der Vater der Klägerin bei der Eheschließung nicht anwesend gewesen sei; statt seiner habe ein Onkel der Klägerin die Heiratsurkunde mit dem Namen des Vaters unterschrieben.
6
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von lediglich 1.428,23 € (Nominalbetrag der Morgengabe, umgerechnet) verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage in vollem Umfang entsprochen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

7
Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

8
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist das Klagebegehren nach iranischem Recht zu beurteilen. Die Morgengabe sei güterrechtlich zu qualifizieren. Deshalb sei gemäß Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB das im Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten maßgebend. Das danach berufene iranische Recht sehe vor, den als Morgengabe in iranischer Währung vereinbarten Geldbetrag nach Maßgabe einer von der Zentralbank des Iran festgelegten Indexierung (Kennzahl der Inflationsrate im Jahr vor Scheidungsausspruch [hier 274,5] geteilt durch Kennzahl bei Eheschließung [hier 27,9]) an die iranische Geldwertentwicklung anzupassen (gesetzliche Anmerkung zu Art. 1082 iranisches ZGB; mit Wirkung auch für zuvor geschlossene Ehen in Geltung seit 1998; abgedruckt bei Bergmann/Ferid/ Henrich/Enayat Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran - Stand 1. Oktober 2002 - S. 123 sowie bei Yassari StAZ 2003, 198, 200 f. und Fn. 21; vgl. auch dies. FamRZ 2002, 1093 f.). Die Wirksamkeit der von den Parteien ge- schlossenen Ehe stehe auch dann außer Zweifel, wenn der Vater bei der Eheschließung nicht persönlich anwesend gewesen sei.

II.

9
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Das Oberlandesgericht geht zu Unrecht davon aus, dass die Vereinbarung über die Morgengabe nach iranischem Recht zu beurteilen und die Morgengabe deshalb auch nach Maßgabe dieses Rechts an die iranische Geldwertentwicklung anzupassen sei. Nach welchem Recht Vereinbarungen, in denen sich ein Ehegatte zur Zahlung einer sog. Morgengabe verpflichtet, zu beurteilen sind, bestimmt sich vorrangig danach, wie solche Vereinbarungen nach deutschem Internationalen Privatrecht zu qualifizieren sind.
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a) Die Frage nach der Qualifikation von Morgengabeversprechen konnte der Bundesgerichtshof bislang dahinstehen lassen (vgl. Senatsurteile vom 14. Oktober 1998 - XII ZR 66/97 - FamRZ 1999, 217 und vom 28. Januar 1987 - IVb ZR 10/86 - FamRZ 1987, 463, 464; vgl. auch Senatsurteil vom 6. Oktober 2004 - XII ZR 225/01 - FamRZ 2004, 1952, 1958). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur wird diese Frage unterschiedlich beantwortet.
12
Allgemein wird darauf verwiesen, dass sich das tief im islamischen Recht verwurzelte Rechtsinstitut der Morgengabe (auch "Brautgabe" oder "Mahr") in allen islamischen Rechtsordnungen ähnele, dabei aber - nach Tradition und aktueller Funktion - unterschiedliche Vorstellungen und Ziele verwirkliche. Angeführt wird etwa das überkommene Verständnis der Morgengabe als einer Gegenleistung für die körperliche Hingabe der Frau oder als Äquivalent für den dem Mann in der Ehe geschuldeten Gehorsam. In Rechtsordnungen, welche die Verstoßungsscheidung kennen, soll die Morgengabe (auch) den Zweck verfolgen , den Ehemann von einer missbräuchlichen Ausübung seines Verstoßungsrechts abzuhalten. Eine heute wohl vorrangige Funktion der Morgengabe wird im Aufbau von Vermögen für die Ehefrau gesehen, die bei Scheidung oder Tod des Mannes vielfach schutzlos dastehe. Insoweit wird auf den im klassischislamischen Recht seit alters her geltenden Güterstand der Gütertrennung und eine dort nur eng begrenzte Verpflichtung des Ehemannes zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt verwiesen (vgl. zum Ganzen etwa Wurmnest RabelsZ 2007, 527, 538 ff.; Yassari StAZ 2003, 198, 199 und 201; dies. FamRZ 2002, 1088, 1093 f.).
13
Hieraus werden, wie das Berufungsgericht näher dargelegt hat, für die international -privatrechtliche Qualifikation der Morgengabe unterschiedliche Schlüsse gezogen (Überblick über den Meinungsstand bei Staudinger/ Mankowski BGB [2003] Art. 14 EGBGB Rdn. 273 ff.; Johannsen/Henrich Eherecht 4. Aufl. Art. 14 EGBGB Rdn. 6; Palandt/Heldrich 68. Aufl. Art. 13 Rdn. 9; Henrich FS Sonnenberger 2004, 389; Wurmnest aaO S. 546 ff.). Zum Teil wird die Morgengabe jedenfalls dann, wenn sie nicht schon bei der Eheschließung bezahlt wird, den allgemeinen Wirkungen der Ehe zugeordnet und dem Art. 14 EGBGB unterstellt (OLG Köln FamRZ 2006, 1380, 1381; Staudinger/ Mankowski aaO Rdn. 273; Johannsen/Henrich aaO; Henrich Internationales Familienrecht aaO; ders. FS Sonnenberger aaO; ders. FamRZ 2004, 1958, 1959. Ebenso Palandt/Heldrich BGB 68. Aufl. Art. 13 Rdn. 9, der allerdings Art. 18 Abs. 4 EGBGB anwenden will, wenn die Morgengabe im Zusammenhang mit der Scheidung geltend gemacht wird; ebenso OLG Nürnberg FamRZ 2001, 1613). Andere Stimmen befürworten eine güterrechtliche Qualifikation (Art. 15 EGBGB; vgl. etwa OLG Bremen FamRZ 1980, 606; MünchKomm/Siehr BGB 4. Aufl. Art. 15 EGBGB; Soergel/Schurig BGB 12. Aufl. Art. 14 EGBGB Rdn. 48 und Art. 15 EGBGB Rdn. 35; Bamberger/Roth/Mörsdorf-Schulte BGB 2. Aufl. Art. 14 EGBGB Rdn. 20; Wurmnest aaO S. 553 ff.; vgl. auch OLG Köln IPrax 1983, 73). Nach wieder anderer Ansicht sind Vereinbarungen über die Morgengabe unterhaltsrechtlich zu qualifizieren (Art. 18 EGBGB; vgl. etwa OLG Celle FamRZ 1998, 374, 375; KG FamRZ 1988, 296; für Anwendung des Art. 18 Abs. 4 EGBGB bei Geltendmachung der Morgengabe im Zusammenhang mit der Scheidung vgl. bereits oben OLG Nürnberg aaO und Palandt /Heldrich aaO). Mitunter wird auch eine schuldrechtliche Qualifikation in den Kreis möglicher Lösungen einbezogen (Art. 28 EGBGB; so etwa OLG Köln OLGR 1993, 328 = NJW-RR 1994, 200; KG FamRZ 1980, 470). Nach einer weiteren Auffassung soll für die Qualifikation der Morgengabe der Kontext maßgebend sein, in dem die Ehefrau den Anspruch auf die Morgengabe geltend mache, mit der Folge, dass bei bestehender Ehe das Ehewirkungsstatut, bei Geltendmachung im Zuge einer Scheidung das Scheidungsstatut und bei Forderung der Morgengabe nach dem Tod des Ehemannes das Erbstatut Anwendung finde (vgl. etwa Heldrich IPrax 1983, 64 und die ausf. Nachw. bei Wurmnest aaO S. 548 Fn. 120).
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b) Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an, nach welcher der Anspruch auf die Morgengabe als eine allgemeine Wirkung der Ehe zu qualifizieren und deshalb dem Art. 14 EGBGB zu unterstellen ist. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Morgengabe - je nach Fallgestaltung - aus der Sicht des deutschen Rechts Berührungspunkte mit dem ehelichen bzw. nachehelichen Unterhaltsrecht, dem Ehegüterrecht, dem Scheidungs- und dem Erbrecht aufweisen kann, dass sie sich aber weder generell noch für den vorliegenden Fall schwerpunktmäßig einem dieser Institute zuordnen lässt.
15
aa) Gegen eine ausschließlich unterhaltsrechtliche Qualifikation spricht bereits, dass die Morgengabe weder eine Bedürftigkeit der Ehefrau verlangt noch auf eine bestimmte Bedürfnislage der Ehefrau abgestimmt ist. Während des Bestehens der Ehe trifft den Ehemann eine umfassende Unterhaltspflicht, die nicht nur die Aufbringung der Haushaltskosten, sondern in sozialadäquatem Rahmen auch die persönlichen Bedürfnisse der Ehefrau einbezieht und von der Morgengabe unabhängig ist (Wurmnest aaO S. 551). Im Scheidungsfall dient die Morgengabe zwar auch der Versorgung der Ehefrau - mithin einer Funktion, die im deutschen Recht vom nachehelichen Unterhalt erfüllt wird. Dies ändert aber nichts daran, dass die - wenn auch eng begrenzte - Verpflichtung zum nachehelichen Unterhalt neben die Verpflichtung zur Zahlung der Morgengabe tritt; materiell-rechtlich wird also zwischen dem laufenden Unterhalt und der Grundlage der eigenen Vermögensbildung der Frau unterschieden (wie hier etwa Staudinger/Mankowski BGB 13. Bearb. Art. 14 EGBGB Rdn. 273; Bamberger/Roth/Otte BGB 2. Aufl. Art. 14 EGBGB Rdn. 64; Johannsen/Henrich aaO Rdn. 6; Wurmnest aaO S. 551; Henrich Internationales Familienrecht 2. Aufl. S. 69).
16
bb) Gegen eine güterrechtliche Qualifikation spricht, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Morgengabe für sich genommen keinen Güterstand begründet. Zwar kann die Morgengabe mögliche Nachteile, welche die vom iranischen Recht vorgegebene Gütertrennung (vgl. Bergmann/Ferid/Henrich/Enayat aaO S. 50) für die Ehefrau im Scheidungsfall mit sich bringt, im Einzelfall in begrenztem Rahmen kompensieren. Sie zielt - etwa bei der Vereinbarung einer mehr symbolischen Gabe (Beispiel nach Johannsen/Henrich aaO Rdn. 6: Koran und Goldmünze) - aber nicht notwendig auf eine solche (begrenzte) vermögensmäßige Sicherung der Ehefrau. Zudem wird die Morgengabe generell auf der Grundlage der wirtschaftlichen Verhältnisse vor der Eheschließung berechnet und ist von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung des Mannesvermögens unabhängig; sie kann also nicht - wie der Zugewinnausgleich - als pauschalierte Teilhabe der Ehefrau an der vom Ehemann in der Ehe erzielten Ver- mögenssteigerung verstanden werden (wie hier: Staudinger/Mankowski aaO Rdn. 274; Johannsen/Henrich aaO Rdn. 6; Henrich Internationales Familienrecht 2. Aufl. S. 69).
17
cc) Eine schuldvertragliche Qualifikation lässt unberücksichtigt, dass die Morgengabe zwar in der Regel, aber nicht notwendig auf einer vertraglichen Grundlage beruht. Sie verkennt zudem, dass diese Grundlage nicht schuldrechtlichen , sondern eherechtlichen Charakter hat, und zwar auch dann, wenn die Morgengabe erst in einer auf den eigentlichen Eheschließungsvertrag folgenden Abrede vereinbart wurde. Eheverträge werden indes nicht den Artt. 27 bis 36 EGBGB unterstellt; für die Vereinbarung einer Morgengabe kann nichts anderes gelten (wie hier: Staudinger/Mankowski aaO Rdn. 276).
18
dd) Auch eine Anknüpfung, die danach differenziert, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf die Morgengabe erhoben wird, und deshalb etwa einen im Zusammenhang mit der Scheidung geltend gemachten Anspruch dem Scheidungsstatut, eine nach dem Tod des Ehemannes verfolgte Forderung auf die Morgengabe dagegen dem Erbstatut unterwirft, vermag nicht zu überzeugen. Denn sie berücksichtigt nicht, dass der Anspruch auf die Morgengabe mit der Eheschließung entsteht und, auch falls er gestundet wird, seinen Charakter dadurch nicht wandelt. Dies gilt auch für seine international-privatrechtliche Qualifikation (instruktiv Wurmnest aaO S. 549).
19
ee) Islamisch geprägte Rechtsordnungen, die - wie auch die des Iran - das Versprechen einer Morgengabe nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung der Eheschließung normieren, verstehen den Anspruch auf die Morgengabe als eine Ehewirkung. Daraus lässt sich freilich noch kein zwingender Schluss auf die Einordnung der Morgengabe in das Begriffssystem des deutschen Internationalen Privatrechts ziehen und die Annahme begründen, die Morgengabe müs- se notwendig unter Art. 14 EGBGB subsumiert werden. Dies gilt schon deshalb nicht, weil im islamisch-rechtlichen Schrifttum der Begriff der Ehewirkungen synonym für alle - vermögensrechtlichen wie nichtvermögensrechtlichen - Rechte und Pflichten gebraucht wird (Wurmnest aaO S. 546). Richtig ist auch, dass der Begriff der allgemeinen Wirkungen der Ehe in Art. 14 EGBGB im wesentlichen solche Sachbereiche erfasst, welche die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zueinander sowie ihr Verhältnis zu Dritten betreffen (vgl. etwa Kropholler Internationales Privatrecht 2004 S. 341). Dies folgt jedoch weniger aus dem Begriff der "allgemeinen Ehewirkungen" als vielmehr aus der Systematik des EGBGB, welche die Eheschließung, das Ehegüterrecht sowie das Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht speziellen Statuten unterstellt und damit dem unmittelbaren Anwendungsbereich des Art. 14 EGBGB nur einen Restbereich, im wesentlichen eben die personalen Rechtsbeziehungen, belässt. Von diesem systematischen Ausgangspunkt her lassen sich unter den allgemeinen Wirkungen der Ehe alle Wirkungen der Ehe verstehen, für die keine andere speziellere Verweisungsnorm bereitgestellt wird (MünchKomm/Siehr BGB 4. Aufl. Art. 14 EGBGB Rdn. 5). Art. 14 EGBGB wird damit zugleich zu einer Art Auffangtatbestand. In diesem Auffangtatbestand ist auch für den Anspruch auf die Morgengabe, weil von den spezielleren Familienstatuten nicht - auch nicht schwerpunktmäßig - erfasst, Raum. Einer "dehnenden" Anwendung des Ehewirkungsbegriffs (Wurmnest aaO S. 553) bedarf es dazu nicht.
20
Mit diesem kollisionsrechtlichen Verständnis der Morgengabe wird eine Lösung erreicht, die im praktischen Ergebnis auch von jenen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur befürwortet wird, die den Anspruch auf die Morgengabe , wenn er - wie auch hier - im Zusammenhang mit der Scheidung geltend gemacht wird, unterhaltsrechtlich qualifizieren und über die Verweisung des Art. 18 Abs. 4 EGBGB dem Scheidungsstatut und damit letztlich dem bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgebenden Ehewirkungsstatut (Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 EGBGB), hier also deutschem Recht, unterstellen wollen.
21
Deutliche Unterschiede ergeben sich dagegen zu der Auffassung, welche die Morgengabe als ein güterrechtlich einzuordnendes Rechtsinstitut versteht und dieses dem Art. 15 EGBGB - mithin dem bei Eheschließung geltenden Ehewirkungsstatut - zuordnet. Der Senat verkennt nicht den Vorteil, der mit dem unwandelbaren Ehegüterrechtsstatut für die Rechtssicherheit verbunden ist und den Ehegatten eine für die Dauer ihrer Ehe gleichbleibende, von allen Veränderungen ihrer Lebensumstände unabhängige kollisionsrechtliche Behandlung ihrer ehegüterrechtlichen Verhältnisse verbürgt. Diesem Vorzug ist indes der Gewinn gegenüberzustellen, den eine die gewandelten Lebensumstände berücksichtigende Anknüpfung namentlich dort mit sich bringt, wo - wie im vorliegenden Fall - Ehegatten den bisherigen Lebens- und Kulturraum aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses verlassen haben, eine neue gemeinsame Staatsangehörigkeit erwerben und in ein grundlegend anderes soziales und rechtliches Umfeld eingebunden werden. Dies gilt besonders in Ansehung von Rechtsinstituten, die - wie die Morgengabe - von einer starken kulturellreligiösen Tradition geprägt sind und die sich in ein dieser Tradition weitgehend fremdes Ehe-, Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht wie das deutsche Familienrecht kaum ohne innere Brüche einfügen lassen. Die Unterstellung der Morgengabe unter das wandelbare Ehewirkungsstatut und damit - im Ergebnis - unter das deutsche Sach- (Familien-)recht vermeidet solche Friktionen besser als das vom Güterrechtsstatut bewirkte starre Festhalten an einem Sachrecht, das aufgrund gewandelter Anknüpfung für andere, mit der Morgengabe in Zusammenhang stehende familienrechtliche Regelungen, wie hier: Scheidung und nachehelicher Unterhalt, keine Geltung beanspruchen kann.
22
Der vorliegende Fall verdeutlicht diesen Vorzug. Der Anspruch auf die Morgengabe wird mit der Subsumtion unter die allgemeinen Ehewirkungen - anders als bei einer güterrechtlichen Anknüpfung - einem wandelbaren Statut unterworfen. Die Anknüpfung an das wandelbare Ehewirkungsstatut sichert den Gleichlauf der international-rechtlichen Behandlung der Morgengabe mit der ebenfalls wandelbaren kollisionsrechtlichen Anknüpfung von Scheidung und nachehelichem Unterhalt: Scheidung, nachehelicher Unterhalt und Versprechen der Morgengabe unterstehen damit demselben Sachrecht. Der Ehemann kann deshalb dem Verlangen der Ehefrau nicht, wie hier geschehen, den Einwand entgegensetzen, bei einer nach iranischem Recht durchzuführenden Scheidung hätte die Ehefrau ihm für sein Einverständnis mit der Scheidung ein Entgelt leisten müssen, das nach iranischem Recht in einem Verzicht auf die Morgengabe oder in der Zuwendung eines anderen, mit der Morgengabe aber wertmäßig korrelierenden Vermögensgegenstandes liegen könne; dieses Vorteils dürfe er nicht durch eine unterschiedliche Anknüpfung des Scheidungsrechts und der damit - nach dem anwendbaren iranischen Recht - verwobenen Morgengabe verlustig gehen. Einer solchen Argumentation ist von vornherein der Boden entzogen , wenn Morgengabe und Scheidungsrecht demselben - hier deutschen - Sachrecht unterstellt werden (vgl. auch Wurmnest FamRZ 2005, 1878, 1883 f.). Entsprechendes gilt für die Frage, ob für das Versprechen der Morgengabe - etwa im Hinblick auf den sich nach deutschem Recht beurteilenden nachehelichen Unterhalt - nach iranischem Recht die Geschäftsgrundlage (in Analogie zu dem aus dem deutschen Recht bekannten Institut) entfallen ist. Morgengabe und nachehelicher Unterhalt unterliegen demselben - deutschen - Sachrecht. Die Frage eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage für das Versprechen der Morgengabe bestimmt sich deshalb allein nach deutschem Recht (vgl. hierzu Wurmnest FamRZ 2005, 1878, insbes. 1884). Einer - naturgemäß weitgehend fiktiven - Nachempfindung deutscher Rechtsgrundsätze in einem fremdrechtli- chen Regelungsgefüge, das auf einen ganz anderen kulturellen und sozialen Kontext zugeschnitten ist, bleiben die deutschen Gerichte damit weitgehend enthoben.
23
2. Da die Parteien deutsche Staatsangehörige sind, ist die Morgengabe - nach dem von Art. 14 Abs. 1 EGBGB berufenen deutschen Sachrecht - als eine ehevertragliche Zusage des Ehemannes anzusehen. Sie verpflichtet den Ehemann, der Ehefrau den in der Zusage genannten Geldbetrag zu zahlen. Eine Anpassung dieses Betrages an die iranische Geldwertentwicklung, wie sie das iranische Recht vorsieht, ist zwar auch nach deutschem Recht - im Wege der Auslegung der getroffenen Vereinbarung oder nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage - grundsätzlich möglich. Die Voraussetzungen des deutschen Rechts für eine solche Anpassung liegen hier jedoch nicht vor.
24
Eine Vertragsauslegung, die eine Anpassung des als Morgengabe geschuldeten Betrages an die iranische Geldwertentwicklung begründen könnte, kommt nicht in Betracht. Der Wortlaut der Abrede gibt für eine solche Anpassung - als von den Parteien gewollt - nichts her. Auch eine stillschweigende vertragliche Inbezugnahme der Parteien auf die iranische Anpassungsregelung scheidet aus, da diese Regelung erst 1998, also rund sechs Jahre nach der Eheschließung, iranisches Recht geworden ist.
25
Fehlt es - wie hier - an einer vertraglich vereinbarten Regelung über die Anpassung eines in einer fremden Währung als geschuldet vereinbarten Betrages , so kann dieser Betrag zwar gleichwohl - nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) - an die Wertentwicklung der ausländischen Währung anzupassen sein. Dies setzt allerdings voraus, dass der Wert der ausländischen Währung spürbar verfällt, dass diese Entwicklung bei der Vereinbarung nicht vorhersehbar war und dass dem Gläubiger ein Festhalten an der unveränderten Vereinbarung nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen liegen - worauf bereits das Amtsgericht hingewiesen hat - hier indes ebenfalls nicht vor. Zum einen ist nicht festgestellt und weder von der Klägerin dargetan noch sonst ersichtlich, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die iranische Währung stabil und die weitere Währungsentwicklung deshalb nicht vorhersehbar war; die damaligen Inflationsraten sprechen im Gegenteil für eine auch schon bei Vertragsschluss ungewisse Währungsentwicklung. Zum andern ist zu berücksichtigen, dass sich ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt und Versorgungsausgleich aufgrund des Statutenwechsels , der mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch beide Parteien einhergegangen ist, nach deutschem Scheidungsfolgenrecht bestimmt. Das deutsche Scheidungsfolgenrecht stellt die geschiedene Ehefrau deutlich besser als das iranische Recht. Diese vom deutschen Sachrecht bewirkte Besserstellung der geschiedenen Ehefrau kann es rechtfertigen, ihr - umgekehrt - Nachteile zuzumuten, die sich für sie im Einzelfall daraus ergeben können, dass das deutsche Sachrecht nunmehr auch für eine zwischen den Eheleuten getroffene Vereinbarung einer Morgengabe maßgebend ist.
26
So liegen die Dinge hier: Mit dem Wechsel des Ehewirkungsstatuts geht die Klägerin zwar die Vorteile einer "automatischen" Anpassung des als Morgengabe vereinbarten Betrages an die iranische Geldwertentwicklung nach Maßgabe des iranischen Index verlustig. Dem steht indes als Vorteil der - ebenfalls durch den Statutenwechsel bewirkte - Schutz gegenüber, den das deutsche Scheidungsfolgenrecht der Klägerin als geschiedener Ehefrau gewährt. Im Hinblick auf diesen Schutz ist es für die Klägerin nicht schlechthin unzumutbar, sich an dem als Morgengabe vereinbarten Betrag festhalten zu lassen. Auf die Frage, ob die Klägerin aus der Anwendbarkeit des deutschen Scheidungsfolgenrechts konkrete Vorteile zieht, ob sie also insbesondere nachehelichen Unterhalt oder Versorgungsausgleich beanspruchen kann, kommt es nicht an. Denn jedenfalls kann vom Beklagten nicht ohne weiteres erwartet werden, er hätte sich bei Vertragsschluss - in (hypothetischer) Kenntnis der künftigen Entwicklung und damit auch der späteren Geltung des deutschen Scheidungsfolgenrechts für seine Ehe - redlicherweise auf eine Regelung einlassen müssen, die der Ehefrau - neben möglichen mit dem Statutenwechsel einhergehenden Vorteilen - zusätzlich eine automatische Anpassung der Morgengabe an die iranische Währungsentwicklung verbürgt.
27
3. Damit bewendet es bei dem der Klägerin vom Amtsgericht bereits rechtskräftig zugesprochenen Betrag. Auf die von der Revision angesprochene Frage, ob ein Anspruch der Klägerin auf die Morgengabe - im Hinblick auf die behauptete Abwesenheit ihres Vaters bei der Eheschließung und einen damit möglicherweise einhergehenden Wirksamkeitsmangel der Ehe - überhaupt entstanden ist, kommt es nicht an. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit (bejahendenfalls) ein solcher Anspruch im Wege der Auslegung des Morgengabeversprechens um ein Entgelt zu mindern ist, das die Klägerin dem Beklagten bei einer nach iranischem Recht erfolgten Scheidung schulden würde (vgl. dazu OLG Hamburg FamRZ 2004, 459; ablehnend etwa Wurmnest FamRZ 2005, 1878, 1883)

III.

28
Nach allem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Senat vermag in der Sache abschließend zu entscheiden. Das Berufungsurteil war aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückzuweisen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Klinkhammer Schilling

Vorinstanzen:
AG Hamburg-Barmbek, Entscheidung vom 16.11.2006 - 891 F 21/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.05.2008 - 10 UF 83/06 -

Ist Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung, bemisst sich der Verfahrenswert nach deren Höhe, soweit nichts anderes bestimmt ist.