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| Die Klägerin war bei Klageerhebung befugt die Ansprüche auf Kindesunterhalt nach § 1623 Abs. 3 BGB im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen. |
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| Auszugehen ist bei der Ermittlung der beiderseitigen Betreuungsanteile von den Zeiten für welche der jeweiligen Partei die tatsächliche Sorge für die Kinder oblag. Dabei hat unberücksichtigt zu bleiben, ob die Betreuung an Werktagen oder nicht erfolgte, weil die Ausübung der tatsächlichen Sorge es unabhängig hiervon erfordert, für die Kinder zur Verfügung zu stehen. Aus gleichem Grunde erfolgt keine Differenzierung zwischen Tag- und Nachtzeiten oder Schulzeiten und anderen festen Terminen oder Freizeiten. Desweiteren ist nicht von den tatsächlich in der Vergangenheit abgeleisteten Betreuungszeiten auszugehen, sondern davon, welche Zeiten zwischen den Parteien vereinbart waren, weil sonst vom Grundsatz her eine Unterhaltsberechnung für die Zukunft nicht möglich wäre. |
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| Als Schulbeginn ist hierbei unabhängig vom konkreten Stundenplan der Kinder (weil ebenfalls in der Regel nur für ein halbes Jahr im voraus bekannt) 8.00 Uhr anzusetzen. |
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| Der Betreuungszeitraum von zwei Wochen umfasst 14 Tage x 24 Stunden, also 336 Stunden. In der Obhut des Beklagten befanden sich die Kinder in der jeweils einen Woche 2 Tage x 24 Stunden und in der jeweils anderen Woche 4 Tage x 24 Stunden + 14 Stunden, insgesamt also 158 Stunden. |
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| Auf den Beklagten entfielen also 158/336 = 47%, auf die Klägerin somit 53% der Betreuungszeit. |
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| Der (wenngleich geringe) Betreuungsvorsprung der Klägerin rechtfertigt es davon auszugehen, dass sich die Kinder in ihrer Obhut im Sinne von § 1629 Abs. 2 BGB befanden. |
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| So hat auch das OLG Düsseldorf (NJW 2001, 3344) ein geringfügiges Überwiegen des Betreuungsanteils als Voraussetzung der Anwendung von § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB ausreichen lassen, da bei Praktizierung eines strikten Wechselmodells der Sinn dieser Vorschrift, die Notwendigkeit einen Ergänzungspfleger zu bestellen oder ein sorgerechtliches Verfahren vorzuschalten, zu vermeiden, auf andere Weise nicht erreicht werden könne. Demgegenüber überzeugen die Entscheidungen des Kammergerichts (FamRZ 2003, 53 - Betreuungsquote 3/5 zu 2/5) und des OLG München (FamRZ 2003, 248 - Betreuungsquote 5/7 zu 2/7 bzw. Mo-Fr zu Sa + So) nicht, weil ansonsten in einer Konstellation wie der vorliegenden kein Elternteil zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen in der Lage wäre und der Vereinfachungszweck der gesetzlichen Regelung des § 1629 Abs. 2 und 3 BGB nicht erreicht würde. (vgl. i.E. auch Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. 2004, § 2 Rd. 316 a). |
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| Die Prozessstandschaft der Klägerin dauert über die Rechtskraft der Ehescheidung bis zum Abschluss des Unterhaltsprozesses fort (BGH, FamRZ 1990, 283). |
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| Zwar endet die Prozessstandschaft auch für rückständige Unterhaltsansprüche, sobald das Obhutsverhältnis auf den anderen Elternteil übergeht (OLG Hamm, FamRZ 1990, 890; OLG Nürnberg NJW-RR 2002,1158), vorliegend ist ein Übergehen des Obhutsverhältnisses für A jedoch noch nicht festzustellen. A war nach Konflikten mit der Klägerin und deren Lebensgefährten zunächst vollständig zum Beklagten gezogen. Ihre Vernehmung im Juni 2005 ergab, dass sie sich mittlerweile wieder regelmäßig mit der Klägerin traf und weder die Parteien noch A eine Entscheidung darüber getroffen haben, ob die Abkehr von einer Wechselbetreuung durch beide Parteien auf Dauer erfolgte. |
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| Die Klage ist jedoch nicht begründet. |
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| Eine alleinige Barunterhaltspflicht des Beklagten besteht vorliegend nicht. Das Gesetz kennt zum einen das Modell der beiderseitigen Barunterhaltspflicht nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB, wenn kein Elternteil das Kind selbst betreut (arg. e contr. aus S. 2). Zum anderen kennt es das Modell der einseitigen Betreuung des Kindes durch einen Elternteil mit alleiniger Barunterhaltspflicht des anderen Elternteils, § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB. |
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| Der Fall der Kinderbetreuung im Wechselmodell mit annähernd gleich hohen Betreuungsanteilen beider Eltern ist gesetzlich nicht geregelt. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wurden die Modalitäten der Unterhaltsberechnung in derartigen Fällen bislang noch nicht abschließend geklärt (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Wendl/Staudigl, a.a.O, Rd. 316 b). |
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| Der Richter ist der Auffassung, dass der vorliegende Fall eher dem Fall des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB zu vergleichen ist. Anders als in den Fällen, in denen das Kind durch keinen Elternteil betreut wird, wodurch sich der Barbedarf erhöht, wird vorliegend der Bedarf der Kinder durch beide Parteien im Rahmen des Naturalunterhalts überwiegend sichergestellt, so dass ein ergänzender anteiliger Barbedarf nur durch die Lebensverhältnisse geprägt sein kann, die durch das jeweilige Einkommen des Pflichtigen bestimmt werden. |
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| Hieraus ergibt sich, dass (anders als bei der Berechnung von Haftungsquoten bei anteiliger Barunterhaltspflicht nach den Nr. 12.3 i.V.m. Nr. 13.3 SüdL) für jeden Elternteil der Unterhaltsbedarf des Kindes nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen dieses Elternteils nach Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln ist. Dieser Bedarf ist sodann durch die von der Rechtsprechung angewandten Unterhaltsleitlinien und die hierin enthaltene Düsseldorfer Tabelle vorgegeben. Neben den Bedarfssätzen der Tabelle ist eine konkrete Bedarfsbemessung nicht anzuerkennen, da diese dem Gedanken der pauschalierten Bedarfsbemessung widerspricht. |
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| Soweit in der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass ein Mehrbedarf (z.B. durch Vorhaltung doppelter Wohnräume, Spielsachen und Arbeitsmaterialien oder durch eine Fremdbetreuung in einem Hort) festzustellen sei, widerspricht auch dies dem Gedanken der tabellenmäßigen Bedarfsbemessung bei einseitiger Barunterhaltspflicht. Darüberhinaus wird der durch die Betreuung im Wechselmodell entstehende Mehrbedarf überwiegend von beiden Elternteilen im Wege des Naturalunterhalts ausgeglichen und wirkt sich somit zumindest nur im Ausnahmefall auf den Barbedarf aus. |
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| Mit welchem Anteil jeder Elternteil für den verbleibenden Barbedarf der Kinder einzustehen hat, ist im wesentlichen im Rahmen einer wertenden Betrachtung festzustellen. |
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| Dies gilt zunächst für den Verteilungsschlüssel selbst. Dieser ist nicht anhand konkreter Betreuungszeiten festzustellen, weil keine stundengenaue Abrechnung des Bedarfs zu erfolgen hat, sondern an den im voraus vereinbarten und jedenfalls im wesentlichen durchgeführten Betreuungszeiten. Weder kann eine vorübergehende krankheitsbedingte Verhinderung eines Elternteils noch eine von der Regel abweichende Betreuung in den Ferienzeiten z.B. im Rahmen einer größeren Reise grundsätzlich Auswirkungen auf den Barbedarf der Kinder haben. Desweiteren muss im Grundsatz der Unterhalt bereits im voraus bestimmbar bleiben, so dass nicht erst nach Ablauf eines Unterhaltszeitraumes eine Abrechnung der Betreuungszeiten erfolgen kann. Schließlich ist eine kleinliche Unterscheidung zwischen Wochentagen und Wochenenden, Tag- und Nachtzeiten, Zeiten des Schulbesuchs und von Ferien oder Krankheit der Kinder zu vermeiden. |
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| Im Rahmen dieser Wertung soll deshalb angesichts der im vorhinein getroffenen und im wesentlichen praktizierten Betreuungsregelung von einem Verteilungsschlüssel von 53/47 wie oben bereits ausgeführt ausgegangen werden. |
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| Desweiteren ist im Rahmen der wertenden Veränderung der Unterhaltsanspruch auf den Betrag anzupassen, der als Differenz der Ansprüche gegen beide Elternteile verbleibt, da ansonsten das Kind genötigt wäre beide Elternteile gesondert auf Barunterhalt in Anspruch zu nehmen. Schließlich ist im Rahmen der wertenden Veränderung das von der Klägerin bezogene Kindergeld auf beide Parteien hälftig zu verteilen. |
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| Der Bedarf der Kinder belief sich somit ausgehend vom Einkommen der jeweiligen Partei nach Höherstufung um eine Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle auf: |
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| Eine Barunterhaltspflicht des Beklagten bestand damit im streitgegenständlichen Zeitraum bei einer wertenden Betrachtung des Unterhaltsbedarfs nicht. |
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| Auch die Geltendmachung von Trennungsunterhalt durch die Klägerin ist weiterhin zulässig. Insbesondere liegt in der zunächst erfolgten Ankündigung, keinen Trennungsunterhalt geltend machen zu wollen, kein wirksamer Verzicht. |
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| Der Anspruch ist jedoch nicht begründet. |
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| Ein Abzug von Baraufwendungen für die Kinder nur vom Einkommen der Beklagten ist nicht gerechtfertigt. Kindesunterhalt ist bei der Berechnung des zur Verfügung stehenden Einkommens zunächst lediglich vom Einkommen des Pflichtigen abzuziehen. Geht man wie vorliegend von einer beiderseitigen Barunterhaltspflicht der Parteien aus, erscheint es denkbar den Unterhalt auch vom Einkommen der Klägerin vorab abzuziehen. Nicht möglich ist es jedoch konkrete Baraufwendungen zu berücksichtigen, vielmehr kommen lediglich die Tabellenbeträge der Düsseldorfer Tabelle als Abzugsposten in Betracht und hier wiederum die jeweils auf die Partei entfallende Quote. Andernfalls müsste sich im Rahmen des Trennungsunterhalts der Pflichtige an den Unterhaltskosten der Kinder beteiligen, die diese gerade nicht geltend zu machen berechtigt waren. |
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| Es ergibt sich somit folgende Übersicht: |
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| Dieser rechnerische Betrag ist jedoch im Rahmen der abschließend vorzunehmenden wertenden Betrachtung ebenfalls auf Null zu reduzieren, da tatsächlich zwischen den Parteien kein Barunterhalt für die Kinder floss, die Klägerin das Kindergeld bezog und dem Beklagten, wie oben dargestellt, rechnerisch ein höherer Ausgleichsbetrag zustünde, als sich nunmehr als Trennungsunterhalt für die Klägerin errechnen lässt. Von daher erschiene es unbillig, der Klägerin, die durch den nicht ausgeglichenen Bezug des Kindergeldes bereits begünstigt ist, über eine Trennungsunterhaltszahlung nochmals besser zu stellen. |
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