Amtsgericht Bayreuth Endurteil, 20. Juli 2016 - 103 C 1647/14

published on 20/07/2016 00:00
Amtsgericht Bayreuth Endurteil, 20. Juli 2016 - 103 C 1647/14
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Subsequent court decisions
Landgericht Bayreuth, 12 S 78/16, 06/09/2016

Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vorläufig vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.543,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

Am 03.12.2013 stieß die Beklagte zu 2) mit einem von ihr gelenkten Opel Corsa, dessen Halterin die Beklagte zu 1) ist und welcher bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert ist, auf der C. Straße in Speichersdorf unter Verletzung des Vorfahrtsrechts der Klägerin gegen das von der Klägerin gelenkte Fahrzeug, an welchem wirtschaftlicher Totalschaden entstand, den die Beklagten zu 3) bereits vollständig ausgeglichen hat. Die Haftung dem Grunde nach steht zwischen den Parteien außer Streit.

Die Klägerin ist Trägerin einer Knietotalendoprothese (TEP) im linken Bein. Mit der Klage macht sie einen unbezifferten Schmerzensgeldanspruch geltend, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts stellt, aber mindestens 3.000,00 EUR betragen sollte sowie die Feststellung, dass die Beklagten alle weiteren immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis zu ersetzen haben sowie Zahlung in Höhen von 43,00 EUR, gebildet aus aus 5,00 EUR für die Anschaffung einer neuen Schadstoffplakette für das Ersatzfahrzeug sowie 38,00 EUR Zuzahlung zu Physiotherapiekosten. Vorgerichtlich wurden 500,00 EUR als Schmerzensgeld bezahlt.

Die Klägerin behauptet, sie habe durch das Unfallereignis eine massive Knieprellung erlitten, was zur Lockerung der TEP führte, so dass sie sich höchstwahrscheinlich eines weiteren operativen Eingriff unterziehen müsse und ein Dauerschaden drohe. Vor dem Unfall sei sie im linken Kniegelenk beschwerdefrei gewesen und habe ohne Behinderung Sport treiben können, aufgrund des Unfalls habe sie ständig Knieschmerzen und bedingt durch die nachfolgende Fehlbelastung des gesamten Bewegungsapparates starke Rückenschmerzen, weswegen sie ständig Schmerztabletten einnehmen müsse und sich in andauernder physiotherapeutischer Behandlung befinde. Sie sei unfallbedingt vom 03.12.2013 bis 12.01.2014 arbeitsunfähig krank gewesen. Der von der Beklagten zu 3) geleistete Schmerzensgeldvorschuss sei somit nicht ausreichend. Die physiotherapeutische Behandlung sei auf das Unfallereignis zurückzuführen. Hierauf habe sie 76,00 EUR bezahlen müssen, wovon beklagtenseits nur 38,00 EUR erstattet wurden.

Die Klägerin beantragt,

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. Die Beklagte werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 43,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, allen weiteren zukünftigen immateriellen Sachen, welcher der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 03.12.2013 noch entsteht zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten, dass die Klägerin unfallbedingt eine Knieprellung erlitten habe und verweisen auf das Unfallgeschehen und den fehlenden Kontakt zwischen Knie und Innenraum sowie fehlende Prellmarken bzw. das Fehlen eines Gelenkergusses. Zudem sei bereits vorher die TEP bereits zweimal gewechselt worden, auch habe sie schon vor dem Unfall unter einer Gornathrose gelitten. Sie bestreiten die Unfallbedingtheit der ärztlichen und physiotherapeutischen Behandlungen sowie der Einnahme von Schmerzmitteln und sehen den Schmerzensgeldbetrag überhöht an. Ferner bestreiten sie, dass unfallbedingt weitere Eingriffe erforderlich werden und ein Dauerschaden verbleibe. Die Kosten der Schadstoffplakette seien bereits im Wiederbeschaffungswert enthalten.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Auf das schriftliche Gutachten des Prof. … vom 04.12.2015 (Bl. 194 ff.) nebst Ergänzung vom 02.03.2016 (Bl. 243 ff.) sowie dessen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2016 wird Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

Der Klägerin stehen keine weitergehenden Ansprüche aus dem Unfallereignis gegen die Beklagten gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 823 BGB, 115 VVG zu.

1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Ersatz der Schadstoffplakette in Höhe von 5,00 EUR zu. Die von der Klägerin vorgenommen Ersatzbeschaffung aufgrund des wirtschaftlichen Totalschadens beinhaltet alle Schadenspositionen, die auf das beschädigte Fahrzeug entfallen, also auch die von ihr aufgewendeten Kosten der Schadstoffplakette. Die Schäden hat die Beklagte zu 3) bereits vor dem Unfallereignis vollumfänglich ausgeglichen.

2. Der Klägerin steht auch weder ein Anspruch auf Schmerzensgeld i.S.v. § 253 BGB zu noch kann sie Erstattung der durch Heilbehandlungsmaßnahmen entstanden Kosten verlangen, weil sie nicht nachgewiesen hat, dass die behaupteten Verletzungsfolgen durch das Unfallereignis verursacht wurden. Daher scheitert die Feststellungsklage zur Erstattung künftiger Schäden bzw. eines Dauerschadens.

2.1. Zwar ist als Folge des Unfallereignisses von einer Knieprellung auszugehen, weil die Beklagte zu 3) sowohl vorprozessual als auch im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren eine solche Verletzung ihrer eigenen Regulierung zu Grund gelegt hat und sich mit dem Bestreiten im Klageverfahren dazu in Widerspruch setzt als auch das Vorliegen einer Knieprellung sowohl im Bericht des Durchgangsarztes vom 04.12.2013 (Bl. 36) wie im Bericht des Krankenhauses Kemnath vom 18.12.2013 (Bl. 37 ff.) bestätigt wird. Somit hat das Gericht auch unter Berücksichtigung des Kollisionsablaufs keinen Zweifel am Vorliegen einer unfallbedingten Knieprellung, was auch die danach verspürten Schmerzen schlüssig erklärt.

Das hierfür geleistete Schmerzensgeld von 500,00 EUR trägt aber unter Berücksichtigung aller Umstände im Hinblick auf den behaupteten Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit vom 03.12.2013 bis 12.01.2014 dem hierfür zu leistenden Schmerzensgeld hinreichend Rechnung, weil es sich nur um eine leichte Knieprellung handelt, wie sie üblicherweise Verkehrsunfällen dieser Art auftritt und regelmäßig innerhalb kurzer Zeit abheilt, ohne dass Hämatome oder offene Wunden vorlagen.

Das hierfür zustehende Schmerzensgeld bewegt sich in einem Rahmen bis zu 400,00 EUR (vgl. Slizyk, IMDAT plus, Knieverletzungen, unter Hinweis auf OLG Braunschweig, 20.11.2002, AG Kandel, 08.02.201, AG Mettmann, 06.11.2001 und LG Augsburg, 24.04.1991).

2.2. Dagegen ist der gem. § 287 ZPO zu erbringende Nachweis, dass die Lockerung der Knieprothese und die anhaltenden Beschwerden und Schmerzen auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, nicht geglückt.

Zwar sind vorliegend die Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichts nach § 287 ZPO reduziert, weil eine mehr oder minder hohe, jedenfalls aber überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Kausalitätsnachweis genügen kann (vgl. BGH NJW 2015, 934; NJW-RR 2006, 1238).

Allerdings bestehen bei einer Würdigung aller Gesamtumstände, insbesondere der Begutachtung durch Prof. … erhebliche Zweifel am Zusammenhang zwischen Unfall und einer Lockerung der TEP, so dass keine auch nur annähernde Wahrscheinlichkeit gegeben ist, sondern vielmehr der Kausalzusammenhang zwischen dem bestehenden Beschwerden und dem Unfallereignis äußerst unwahrscheinlich erscheint.

Der Sachverständige kommt nachvollziehbar zum Ergebnis, dass die Lockerung der TEP ihre Ursache in einem chronischen Krankheitsverlauf hat und auf eine Sklerosierung der Knochen im Anschlussbereich der Prothese zurückzuführen ist. Hierbei kann das Gericht insbesondere seine Wertung nachvollziehen, dass der ca. 12 Stunden nach dem Unfallereignis aufgenommene Röntgenbefund des Krankenhauses Kemnath deutliche Veränderungen des Knochens im Kniebereich erkennen lässt, was die Ursache für die Lockerung der Prothese schlüssig erklärt und solche Veränderungen, insbesondere im gegebenen Umfang nicht innerhalb des kurzen Zeitraums zwischen Unfall und Röntgendiagnose entstehen können. Seine Erläuterung, dies könne nur über einen längeren, Zeitraum geschehen, ist für das Gericht plausibel nachvollziehbar und entkräftet jede auch noch so geringe Wahrscheinlichkeit, dass dies auf den Unfall zurückzuführen ist.

Ferner hat der Sachverständige widerspruchsfrei und nachvollziehbar ausgeführt, dass die von der Klägerin vorgetragenen Schmerzen und die Einnahme von Schmerzmitteln mit dem Unfallereignis nicht im Zusammenhang gebracht werden kann, zumal - gerichtsbekannt - Schmerzangaben immer subjektiver Natur sind und somit kaum objektivierbar. Zudem lag eine Knieprellung vor, die bekanntermaßen schmerzhaft ist, wie das Gericht aus eigener Anschauung weiß. Die behaupteten dauerhaften Beeinträchtigung lassen sich aus Sicht des Gerichts also auch mit einer zeitgleichen Folge des chronischen Abbauprozesses im Knochen der Klägerin erklären.

Das Gericht macht sich die Begutachtung durch den Sachverständigen zu eigen, der dem Gericht langjährig auf diesem Fachgebiet als besonders kompetent bekannt ist und an seiner Sachkunde für orthopädische Fragestellungen als Emeritus der LMU München keine Zweifel bestehen, zumal er seit vielen Jahren bayernweit als medizinischer Sachverständiger tätig ist und auch vor dem erkennenden Gericht bereits mehrere Gutachten erstattet hat.

Das Beweisergebnis der Begutachtung wird weder mit dem klägerseits vorgelegten Attest des Dr. E. vom 02.05.2016 noch mit den im Schriftsatz vom 13.07.2016 vorgebrachten Tatsachen entkräften.

Auch wenn hiernach die Beschwerdefreiheit der Klägerin vor dem Unfall sowie das Auftreten von Beschwerden nach dem Verkehrsunfall attestiert wird, bleibt der vom Sachverständigen erkannte Befund der Sklerosierung und die dadurch nachvollziehbare Lockerung der TEP unangegriffen.

Zum einen hat die Klägerin auf Nachfrage des Gerichtes im Termin vom 29.06.2016 ausgeführt, dass das die letzte Konsultation des Dr. E. zumindest einen gewissen Zeitraum vor dem Unfallereignis lag, den sie zwar nicht näher eingrenzen konnte, aber zumindest im Zeitraum von 3 bis 4 Monaten benannte. Im nachgelassenen Schriftsatz wurde angegeben, dass das Knie am 17.04.2013 ausgeheilt war und die letzte Kontrolluntersuchung für den 30.09.2013 benannt. Selbst wenn die Klägerin beim letzten Besuch vor dem Unfallereignis beschwerdefrei war, erscheint das Auftreten der Beschwerden unabhängig vom Unfallereignis als möglich, zumal der gerichtliche Sachverständige sich in seinem Gutachten bereits hiermit auseinandergesetzt und seine Begutachtung schon unter diesen Angaben erstattet hat (vgl. Seite 16 GA).

Daher war die Einvernahme des Zeugen … insbesondere auch nicht zur Gegenüberstellung mit dem Sachverständigen anzuordnen. Der Zeugenbeweis dient zum Beweis streitiger Tatsachenbehauptungen, das Sachverständigengutachten dagegen zur Wertung, welche Rückschlüsse aufgrund dieser erwiesenen Tatsachen zu führen sind. Für diese Wertung hat das Gericht den gerichtlichen Sachverständigen beauftragt und dessen Wertungen zugrundezulegen. Hierbei ändert sich das Ergebnis selbst dann nicht, wenn man den nachgeschobenen Tatsachenvortrag als wahr unterstellt, da allenfalls der Zustand zum 30.09.2013 als „beschwerdefrei“ aufgeklärt werden kann, was aber wegen der Sklerosierung, die bildbefundet ist, nicht den zu erbringenden Nachweis ersetzen kann.

Auch vom persönlich gewonnenen Eindruck und der Würdigung der anderen, vorgelegten Atteste, kann das Gericht sich nicht die Überzeugung bilden, dass die Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, vielmehr bleibt es bezüglich der Schmerzangaben bei den rein subjektiven Empfindungen der Klägerin, die durchaus unmittelbar im Zusammenhang mit dem Unfallereignis aufgetreten sein können, aber, wie gerichtsbekannt ist, wegen des menschlichen Bestrebens, jeder Folge eine bestimmte Ursache zuzuordnen, auch rein subjektiv bleiben können, ohne dass sie tatsächlich im Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehen.

Nachvollziehbar ist somit allenfalls anhand der nach dem Unfallereignis erstellten Attestierungen eine Knieprellung, die mit dem geleisteten Schmerzensgeld hinreichend abgegolten ist, so dass der Anspruch auf ein weiteres Schmerzensgeld nicht besteht.

Gleiches gilt für die Kosten der physiotherapeutischen Behandlung, das auch insoweit der Nachweis des Kausalzusammenhangs zu führen ist, § 287 ZPO, der allerdings nicht gegeben ist.

Somit ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr., 11, 711 ZPO.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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published on 06/09/2016 00:00

Tenor Der Klägerin wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren versagt. Gründe Der Klägerin kann für die beabsichtigte Berufung gegen das Endurteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 20.07
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Annotations

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.