Amtsgericht Augsburg Beschluss, 10. Okt. 2014 - 1 M 8256/14
Gericht
Principles
Gründe
Für 20.08.2013 wurde Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmt. Zu diesem Termin war der Schuldner unentschuldigt nicht erschienen. Mit Schreiben vom 01.08.2014, eingegangen am 13.08.2014 stellte die Gläubigerin Haftbefehlsantrag nach § 802g Absatz 2 ZPO. Mit Beschluss vom 10.09.2014 wurde der Haftbefehlsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 23.09.2014 hat die Gläubigerin hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt, weil es eine zeitliche Grenze für die Stellung eines Antrags auf Erlass eines Haftbefehls nicht gebe.
Der sofortigen Beschwerde wird aus den nachfolgenden Gründen nicht abgeholfen.
1) Der Gesetzgeber hat für die Stellung eines Antrags auf Erlass eines Haftbefehls in § 802g Absatz 1 keine Frist vorgesehen, was für eine zeitlich unbegrenzte Antragsstellung sprechen könnte.
Gleichwohl ist eine zeitliche Begrenzung aufgrund verfassungskonformer Auslegung vorzunehmen. Dabei ist in Anlehnung an § 185a Nr. 2 lit. a Absatz 2 Satz 4 GVGA a. F. (dazu unten) im Regelfall der Antrag innerhalb von 6 Monaten zu stellen.
Die Möglichkeit einen Haftbefehl zu beantragen, um die Abgabe der Vermögensauskunft zu erzwingen ist, verstößt nicht gegen das Grundgesetz (vgl. BVerfGE 48, 396 ff:: Beschluss vom 20.06.1978 und BVerfGE 61, 126 ff.: Beschluss vom 19.10.1982).
Jedoch muss das dabei zu beachtende Verfahren dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen, wobei im Hinblick auf den hohen Rang der persönlichen Freiheit des Schuldners strenge Maßstäbe anzulegen sind. Abzuwägen ist zwischen den Freiheitsrechten des Schuldners und dem ebenfalls grundrechtlich durch Art 14 GG geschützten Anspruch des Gläubigers auf eine effektive Vollstreckung.
Aus der Sicht des Schuldners spricht für eine zeitliche Begrenzung des Antragsrechts des Gläubigers, dass er nach dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht über die Antragsstellung des Gläubigers und auch nicht über den Erlass eines Haftbefehls informiert wird, sondern erst bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls erhält (§ 802g Absatz 2 Satz 2 ZPO). Bei zeitlich unbegrenzter Antragsstellung wäre der Schuldner ständig der Gefahr einer Verhaftung ausgesetzt.
Auch ist es denkbar, dass der Schuldner zwischenzeitlich Vermögen erworben hat, so dass der Gläubiger ohne in die Freiheitsrechte des Schuldners eingreifen zu müssen, durch Pfändung seine Rechte durchsetzen kann. Der Erlass eines Haftbefehls und dessen Vollstreckung sind dann nicht erforderlich.
Verfassungsrechtlich bedenklich ist ferner, dass der Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls im Belieben des Gläubigers steht und damit ohne persönliches Risiko letztlich die Verhaftung des Schuldners durchsetzen lassen kann, auch wenn die Verhaftung unverhältnismäßig wäre.
Eine zeitliche Begrenzung der Zwangsvollstreckung ist dem Zwangsvollstreckungsrecht nicht unbekannt. So wird auch im Rahmen der Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses nach § 758a Absatz 1 ZPO verlangt, dass der Vollstreckungsversuch in angemessenem zeitlichem Zusammenhang mit der Durchsuchungsanordnung stehen muss 8 (vgl. Zöller 30. Auflage § 758a ZPO RdNr. 20 a. E.). Im Rahmen des bis 31.12.2012 geltenden § 807 Absatz 1 Nr. 1 ZPO a. F. wurde davon ausgegangen, dass im Regelfall seit dem Tag des bescheinigten erfolglosen Vollstreckungsversuchs nicht mehr als sechs Monate vergangen sind (vgl. § 185a Nr. 2 lit. a Absatz 2 Satz 4 GVG a. F.).
Schließlich könnte bei einer unbefristeten Antragstellung der Gläubiger ohne ersichtlichen Grund missbräuchlich auf die Vollziehungsfrist eines Haftbefehls von 2 Jahren (§ 802h Absatz 1 ZPO) Einfluss nehmen, eine Frist die gerade verfassungsrechtlichen Bedenken berücksichtigen wollte, als es eine zeitliche Befristung noch nicht gab (erst mit Wirkung zum 01.01.1999 aufgrund des zweiten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften - 2. Zwangsvollstreckungsnovelle - vom 17.12.1997 hat der Gesetzgeber die zeitliche Befristung der Vollziehung des Haftbefehls auf drei Jahre - § 909 Absatz 2 ZPO a. F. - eingeführt).
Das Interesse des Gläubigers an einer effektiven Vollstreckung wird nun nicht dadurch unverhältnismäßig beeinträchtigt, dass man von ihm eine zeitlich befristete Entscheidung darüber verlangt, ob er von seinem Antragsrecht nach § 802g Absatz 1 Satz 1 ZPO Gebrauch machen will oder nicht.
2) Selbst wenn man eine generelle zeitliche Begrenzung ablehnt, muss man hier das Antragsrecht der Gläubigerin mangels Rechtsschutzbedürfnis verneinen. Es ist ein allgemein anerkanntes Rechtsprinzip, dass jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt. Diese allen Prozessordnungen gemeinsame Sachentscheidungsvoraussetzung wird abgeleitet aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Vorliegend hat die Gläubigerin überhaupt keine Ausführungen gemacht, weshalb erst nach einem Jahr der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gestellt wird.
Im Übrigen ist das Antragsrecht vorliegend verwirkt. So hat die Gläubigerin sich verspätet auf ihr Antragsrecht berufen (Zeitmoment) und ist unter Verhältnissen untätig geblieben, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (Umstandsmoment). Eine Festlegung auf eine abstrakte Frist, ab der stets von dem Vorliegen des Zeitmoments für die Verwirkung auszugehen wäre, ist nicht möglich. Ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, lässt sich letztlich nur bei einzelfallbezogener Abwägung der Umstände ermitteln. Zur Bestimmung der Dauer des Zeitmoments ist daher nicht auf eine starre Höchst- oder Regelfrist abzustellen, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls.
Unter Berücksichtigung der unter Ziffer 1 gemachten Ausführungen ist grundsätzlich bereits nach sechs Monaten das Recht auf Beantragung eines Haftbefehls nach § 802g Absatz 1 Satz 1 ZPO verwirkt, es sei denn es werden Umstände vorgetragen, weshalb ein Haftbefehl nicht früher beantragt wurde, was hier nicht der Fall ist.
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(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. In dem Haftbefehl sind der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Verhaftung zu bezeichnen. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung bedarf es nicht.
(2) Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus.
(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.
(2) Auf die Vollstreckung eines Titels auf Räumung oder Herausgabe von Räumen und auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 802g ist Absatz 1 nicht anzuwenden.
(3) Willigt der Schuldner in die Durchsuchung ein oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 1 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 1 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an der Wohnung des Schuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsamsinhabern sind zu vermeiden.
(4) Der Gerichtsvollzieher nimmt eine Vollstreckungshandlung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen nicht vor, wenn dies für den Schuldner und die Mitgewahrsamsinhaber eine unbillige Härte darstellt oder der zu erwartende Erfolg in einem Missverhältnis zu dem Eingriff steht, in Wohnungen nur auf Grund einer besonderen Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr.
(5) Die Anordnung nach Absatz 1 ist bei der Zwangsvollstreckung vorzuzeigen.
(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach Absatz 1 einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und
- 1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder - 2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.
(1) Die Vollziehung des Haftbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Haftbefehl erlassen wurde, zwei Jahre vergangen sind.
(2) Gegen einen Schuldner, dessen Gesundheit durch die Vollstreckung der Haft einer nahen und erheblichen Gefahr ausgesetzt würde, darf, solange dieser Zustand dauert, die Haft nicht vollstreckt werden.
(1) Das Kreditinstitut darf zum Zwecke der Überprüfung der Richtigkeit der Versicherung nach § 850k Absatz 3 Satz 2 Auskunfteien mitteilen, dass es für den Kontoinhaber ein Pfändungsschutzkonto führt. Nur zu diesem Zweck dürfen die Auskunfteien diese Angabe verarbeiten und sie nur auf Anfrage anderer Kreditinstitute an diese übermitteln. Die Verarbeitung zu einem anderen Zweck ist auch mit Einwilligung des Kontoinhabers unzulässig.
(2) Wird das Pfändungsschutzkonto für den Kontoinhaber nicht mehr geführt, hat das Kreditinstitut die Auskunfteien, die nach Absatz 1 Satz 1 eine Mitteilung erhalten haben, unverzüglich zu unterrichten. Die Auskunfteien haben nach Erhalt dieser Unterrichtung die Angabe über die Führung des Pfändungsschutzkontos unverzüglich zu löschen.
(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. In dem Haftbefehl sind der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Verhaftung zu bezeichnen. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung bedarf es nicht.
(2) Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. In dem Haftbefehl sind der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Verhaftung zu bezeichnen. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung bedarf es nicht.
(2) Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus.