Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG | § 9a Verdeckte Mitarbeiter

(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf eigene Mitarbeiter unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende (Verdeckte Mitarbeiter) zur Aufklärung von Bestrebungen unter den Voraussetzungen des § 9 Absatz 1 einsetzen. Ein dauerhafter Einsatz zur Aufklärung von Bestrebungen nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 und 4 ist nur bei Bestrebungen von erheblicher Bedeutung zulässig, insbesondere wenn sie darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten.

(2) Verdeckte Mitarbeiter dürfen weder zur Gründung von Bestrebungen nach § 3 Absatz 1 Nummer 1, 3 oder 4 noch zur steuernden Einflussnahme auf derartige Bestrebungen eingesetzt werden. Sie dürfen in solchen Personenzusammenschlüssen oder für solche Personenzusammenschlüsse, einschließlich strafbare Vereinigungen, tätig werden, um deren Bestrebungen aufzuklären. Im Übrigen ist im Einsatz eine Beteiligung an Bestrebungen zulässig, wenn sie

1.
nicht in Individualrechte eingreift,
2.
von den an den Bestrebungen Beteiligten derart erwartet wird, dass sie zur Gewinnung und Sicherung der Informationszugänge unumgänglich ist und
3.
nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts steht.
Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Verdeckte Mitarbeiter rechtswidrig einen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung verwirklicht haben, soll der Einsatz unverzüglich beendet und die Strafverfolgungsbehörde unterrichtet werden. Über Ausnahmen nach Satz 4 entscheidet der Behördenleiter oder sein Vertreter.

(3) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung von im Einsatz begangenen Vergehen absehen oder eine bereits erhobene Klage in jeder Lage des Verfahrens zurücknehmen und das Verfahren einstellen, wenn

1.
der Einsatz zur Aufklärung von Bestrebungen erfolgte, die auf die Begehung von in § 3 Absatz 1 des Artikel 10-Gesetzes bezeichneten Straftaten gerichtet sind, und
2.
die Tat von an den Bestrebungen Beteiligten derart erwartet wurde, dass sie zur Gewinnung und Sicherung der Informationszugänge unumgänglich war.
Dabei ist das Verhältnis der Bedeutung der Aufklärung der Bestrebungen zur Schwere der begangenen Straftat und Schuld des Täters zu berücksichtigen. Ein Absehen von der Verfolgung ist ausgeschlossen, wenn eine höhere Strafe als ein Jahr Freiheitsstrafe zu erwarten ist. Ein Absehen von der Verfolgung ist darüber hinaus stets ausgeschlossen, wenn zu erwarten ist, dass die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden würde. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch in Fällen der Landesbehörden für Verfassungsschutz.

ra.de-OnlineKommentar zu

OnlineKommentar schreiben

0 OnlineKommentare

Referenzen - Gesetze |

zitiert oder wird zitiert von 4 §§.

wird zitiert von 1 anderen §§ im .

Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG | § 9b Vertrauensleute


(1) Für den Einsatz von Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz Dritten nicht bekannt ist (Vertrauensleute), ist § 9a entsprechend anzuwenden. Die Bundesregierung trägt dem Parlamentarischen
zitiert 1 §§ in anderen Gesetzen.

Artikel 10-Gesetz - G10 2001 | § 3 Voraussetzungen


(1) Beschränkungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand 1. Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats (§§ 80a bis 8
zitiert 2 andere §§ aus dem .

Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG | § 3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden


(1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitli

Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG | § 9 Besondere Formen der Datenerhebung


(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, mit den Mitteln gemäß § 8 Abs. 2 erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß 1. auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeite

Referenzen - Urteile |

Urteil einreichen

1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren .

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2017 - StB 9/17

bei uns veröffentlicht am 19.04.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 9/17 vom 19. April 2017 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a. ECLI:DE:BGH:2017:190417BSTB9.17.0 Der 3. Strafsenat des Bun

Referenzen

(1) Beschränkungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand 1. Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats (§§ 80a bis 83 des...