Wann können Geschäftsanteile in der Zwei-Personen-GmbH eingezogen werden?

06.01.2022

Autoren

Rechtsanwalt

Dr. Boris Jan Schiemzik

Handels- und Gesellschaftsrecht
EnglischDeutsch 1 mehr anzeigen
Zusammenfassung des Autors

Und: Können die Gesellschafter sich gegenseitig abberufen?

Mittelständische Unternehmen, insbesondere GmbHs, verfügen regelmäßig nur über zwei Gesellschafter. Anteilig hält dabei häufig jeder 50 % am Unternehmen. Das wird jedoch spätestens wenn es zum Streitfall zwischen den beiden Gesellschaftern kommt problematisch und führt zwangsläufig dazu, dass Entscheidungsprozesse der GmbH gelähmt werden. Ziel des Gesellschafterstreits ist es dann meistens, den anderen Gesellschafter aus der Zwei-Personen-GmbH hinauszuwerfen. In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung gewissermaßen ein Sonderrecht für solche „Unternehmensformen“ entwickelt.

Vor Einziehung oder Gesellschafterausschluss muss Abwägung erfolgen

Bevor radikale Maßnahmen wie die Einziehung von Geschäftsanteilen oder der Gesellschafterausschluss aus wichtigem Grund getroffen werden können, muss unter anderem das jeweilige Verhalten des „bösen“ Gesellschafters (der eine Pflichtverletzung begangen hat) sowie des „guten“ (der den anderen aus der GmbH ausschließen oder dessen Anteile einziehen will) abgewogen werden. 

Denn sobald Letzterer ebenfalls einen wichtigen Grund zum Ausschluss des anderen beigetragen hat und somit Mitverantwortung für die Pflichtverletzung des anderen trägt, kann sein Kollege nicht mehr so einfach aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden.

Anteilseinziehung und Ausschluss des anderen Gesellschafter = Ultima Ratio!

Auch in der Zwei-Personen-GmbH gilt: Die Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen sowie der Gesellschafterausschluss können nur Ultima Ratio sein. Wenn man auf mildere Mittel zurückgreift, wird zunächst die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers diskutiert. Für den Fall, dass in der GmbH-Satzung die Einziehung von Geschäftsanteilen oder der Gesellschafterausschluss nicht ausdrücklich geregelt sind, wird für deren Durchsetzung ein rechtskräftiges Gerichtsurteil benötigt.

Anwendbarkeit des § 38 GmbHG auf die Zwei-Personen-GmbH?

Für die Bestellung der GmbH-Geschäftsführer einer Zwei-Personen-GmbH gilt § 38 Abs. 1, 2 GmbHG entsprechend, da für diese Rechtsform keine spezielleren eigenen Normen existieren. Wenn also innerhalb einer Satzung das Vorliegen wichtiger Gründe erforderlich ist, wird deren Maßstab an § 38 Abs. 2 GmbHG gemessen. 

Danach muss zumindest eine grobe Pflichtverletzung durch den Geschäftsführer inklusive der Unzumutbarkeit der Weiterführung seiner Geschäftsführertätigkeit bis zum Vertragsende vorliegen. Ein Vertrauensentzug alleine genügt den Anforderungen nicht. Dieser müsste nach der Einschätzung eines verständigen Beobachters qualifiziert auf berechtigten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit und/oder Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführungstätigkeit beruhen.

Unter welchen Voraussetzungen wird die Abberufung wirksam?

Mit dem Berufen auf einen wichtigen Grund wird die Abberufung eines der Gesellschafter-Geschäftsführer innerhalb der Zwei-Personen-GmbH allerdings nicht sofort wirksam. Dessen Wirksamkeit ist abhängig davon, ob der genannte wichtige Grund tatsächlich vorgelegen hat.

Wenn dies der Fall ist, wird die Abberufung nach Fassung des Gesellschafterbeschlusses und mit Zugang beim Geschäftsführer wirksam. Andernfalls würde die Abberufung zu keinem Zeitpunkt Wirksamkeit entfalten.

Es gibt also einige Umstände beim Gesellschafterstreit in einer Zwei-Personen-GmbH zu beachten was die Einziehung von Geschäftsanteilen, den Gesellschafterausschluss oder die Abberufung eines Gesellschafters angeht. Das Einholen von professioneller Beratung ist in diesem Kontext empfehlenswert. Ganz grundsätzlich ist das Team von ROSE & PARTNER Ihnen bei allen Fragen rund um das Thema Gesellschafterstreit sehr gern behilflich. Weitere Informationen zum Thema Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen finden Sie auf unserer Webseite: https://www.rosepartner.de/einziehung-gmbh-geschaeftsanteilen.html 

Gesetze

Gesetze

1 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 38 Widerruf der Bestellung


(1) Die Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen. (2) Im Gesellschaftsvertrag kann die Zulässigkeit des Widerrufs auf den Fall beschränkt werden, daß wichtige

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Gesellschafterstreit

Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen - Gibt es eine Alternative zu dieser Abfindungsmöglichkeit?

20.12.2021

Wenn es in einem Unternehmen mit vielen Gesellschaftern zu Meinungsverschiedenheiten oder im Fall von illegalen Verhaltensweisen zum Machtkampf zwischen den Gesellschaftern kommt, steht nicht selten der Ausschluss eines oder mehrerer Gesellschafter bevor.  Die unausweichliche Frage, die sich in diesem Zusammenhang dann stellt, ist wie der Ausschluss eines Gesellschafters innerhalb einer GmbH organisiert und durchgeführt wird. Das Oberlandesgericht München hat sich im Sommer diesen Jahres mit den in GmbH-Gesellschaftsverträgen typischerweise verwendeten Klauseln, die die Einziehung bzw. Abtretung von Geschäftsanteilen ermöglich, auseinandergesetzt (OLG München, Urteil vom 21.06.2021 – 23 W 784/21)

Referenzen

(1) Die Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen.

(2) Im Gesellschaftsvertrag kann die Zulässigkeit des Widerrufs auf den Fall beschränkt werden, daß wichtige Gründe denselben notwendig machen. Als solche Gründe sind insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung anzusehen.

(3) Der Geschäftsführer hat das Recht, um den Widerruf seiner Bestellung zu ersuchen, wenn er wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen kann und mindestens ein weiterer Geschäftsführer bestellt ist. Macht ein Geschäftsführer von diesem Recht Gebrauch, muss die Bestellung dieses Geschäftsführers

1.
widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes genannten Schutzfristen zugesichert werden,
2.
in den Fällen der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Geschäftsführers zugesichert werden; von dem Widerruf der Bestellung kann abgesehen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
In den in Satz 2 Nummer 2 genannten Fällen kann die Bestellung des Geschäftsführers auf dessen Verlangen für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten widerrufen werden. § 77a Absatz 2 findet auf Bestellungen während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 keine Anwendung, wenn das Beteiligungsgebot ohne den Widerruf eingehalten wäre.