Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen - Gibt es eine Alternative zu dieser Abfindungsmöglichkeit?

bei uns veröffentlicht am20.12.2021

Autoren

Rechtsanwalt

Dr. Boris Jan Schiemzik

Handels- und Gesellschaftsrecht
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Zusammenfassung des Autors

Wenn es in einem Unternehmen mit vielen Gesellschaftern zu Meinungsverschiedenheiten oder im Fall von illegalen Verhaltensweisen zum Machtkampf zwischen den Gesellschaftern kommt, steht nicht selten der Ausschluss eines oder mehrerer Gesellschafter bevor. 

Die unausweichliche Frage, die sich in diesem Zusammenhang dann stellt, ist wie der Ausschluss eines Gesellschafters innerhalb einer GmbH organisiert und durchgeführt wird. Das Oberlandesgericht München hat sich im Sommer diesen Jahres mit den in GmbH-Gesellschaftsverträgen typischerweise verwendeten Klauseln, die die Einziehung bzw. Abtretung von Geschäftsanteilen ermöglich, auseinandergesetzt (OLG München, Urteil vom 21.06.2021 – 23 W 784/21)

Aus der gemeinsamen Kasse in die eigene Tasche? Das kostet Geschäftsanteile

Bei der Aufsetzung von Gesellschaftsverträgen wird hinsichtlich der Möglichkeit eines Gesellschafterausschlusses meistens auf eine Dualität gesetzt. Für den Fall, dass wichtige Beweggründe für die Hinauskündigung eines unliebsamen Gesellschafters gegeben sind – beispielsweise kann man davon ausgehen, wenn sich ein Gesellschafter an der gemeinsamen Kasse bedient hat – ermöglicht eine klassische Satzung die Einziehung oder Zwangsabtretung der GmbH-Geschäftsanteile des betroffenen Gesellschafters. 

Dabei sind die beiden Ausschlussmöglichkeiten alternativ zu verstehen. Der Gesellschafterversammlung steht es damit entweder zu den Gesellschafterausschluss durch das Einziehen der Geschäftsanteile oder durch eine Zwangsabtretung zu erreichen.

Einziehung der Geschäftsanteile ohne Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters

Im dem OLG München vorgelegenen Fall hatten mehrere Gesellschafter beschlossen, einen treuwidrig agierenden Gesellschafter aus der GmbH auszuschließen. Infolgedessen sei der ausgeschlossene Gesellschafter dazu verpflichtet gewesen, seine Geschäftsanteile an einen der verbleibenden Gesellschafter abzutreten. Im Anschluss an den Gesellschafterbeschluss zur Ausschließung des Gesellschafters wurde – über den Kopf des betroffenen Gesellschafters hinweg, ohne seine Mitwirkung – die Zwangsabtretung seiner Anteile durch die übrigen Gesellschafter beschlossen.

Die Münchner Richter waren der Auffassung, dass dieser Beschluss keine wirksame dingliche Abtretung ausgelöst hat. Begründet wurde dies damit, dass eine Abtretungsklausel aus dem Gesellschaftsvertrag lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung des betroffenen Gesellschafters begründen kann. Eine solche satzungsmäßige Verpflichtung könne jedoch per Klage auf Abgabe einer Abtretungserklärung vor ordentlichen Gerichten erzwungen werden, für den Fall, dass das Mitwirken des auszuschließenden Gesellschafters nicht gewünscht ist – so die Richter aus München.

Abfindungsalternative: Zwangsabtretung

Das Münchner Urteil ist sachgerecht. Regelmäßig werden für den potentiellen Fall eines unauflösbaren Gesellschafterstreits in der GmbH bereits in der Satzung die entsprechenden Klauseln zur Zwangsabtretung in Form von Verpflichtungstatbeständen formuliert. Im Gegensatz zur beschlossenen Einziehung von Geschäftsanteilen, die ab Zugang beim betroffenen Gesellschafter dingliche Wirkung entfaltet, wirkt eine satzungsrechtliche Abtretungsklausel lediglich auf schuldrechtlicher Ebene im Sinne einer Verpflichtung zur Anteilsabtretung.

Auch die andere Abfindungsalternative, die Zwangsabtretung, kann man verschärft normieren. Einerseits kann man bereits über den Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft dazu verpflichten, die Abtretungserklärung im Namen des auszuschließenden Gesellschafters zu erklären (sogenannte Ermächtigungslösung). Demzufolge wird bereits durch die Erklärung der GmbH der in Frage stehende Geschäftsanteil auf einen Dritten übertragen und gleichzeitig eine schnelle dingliche Lösung sichergestellt. Andererseits ist es möglich die Zwangsabtretung in Verbindung mit einer aufschiebenden Bedingung im Gesellschaftervertrag zu versehen (Call-Option-Lösung).

Einziehung von Geschäftsanteilen und Alternativen essentiell für Beratungspraxis

In der anwaltlichen Praxis im Rahmen der Corporate Disputes ist es essentiell, dass es neben der Möglichkeit zur Einziehung der Geschäftsanteile auch die Möglichkeit zur Zwangsabtretung gibt. Wenn dem Unternehmen beispielsweise nur ein geringes Eigenkapital zur Verfügung steht, kann ein Gesellschafterausschluss über den Einziehungsweg bereits daran scheitern, dass die gesetzliche vorgeschriebene Abfindung das Stammkapital in einer unzulässigen Weise berühren würde und im gleichen Atemzug der Einziehungsbeschluss nichtig würde.

Wenn das Leisten einer Abfindung erforderlich wird, vor allem im Rahmen der Abtretung an Dritte, ist der Anteilsinhaber verpflichtet diese zu leisten und grundsätzlich nicht die Gesellschaft. In diesem Zusammenhang bleibt der Grundsatz der Kapitalerhaltung immer erhalten. 

Bei weiteren Fragen rund um das Thema der Einziehung oder Abtretung von Geschäftsanteilen stehen Ihnen die Rechtsanwälte für Handels- und Gesellschaftsrecht von ROSE & PARTNER jederzeit zur Verfügung.

Genauere Informationen zur Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen und Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/einziehung-gmbh-geschaeftsanteilen.html

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Referenzen

(1) Das Kreditinstitut kann aus Guthaben, soweit es als Erhöhungsbetrag unpfändbar ist, mit befreiender Wirkung gegenüber dem Schuldner an den Gläubiger leisten, bis der Schuldner dem Kreditinstitut nachweist, dass es sich um Guthaben handelt, das nach § 902 nicht von der Pfändung erfasst wird. Der Nachweis ist zu führen durch Vorlage einer Bescheinigung

1.
der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder einer mit der Gewährung von Geldleistungen im Sinne des § 902 Satz 1 befassten Einrichtung,
2.
des Arbeitgebers oder
3.
einer geeigneten Person oder Stelle im Sinne des § 305 Absatz 1 Nummer 1 der Insolvenzordnung.

(2) Das Kreditinstitut hat Bescheinigungen nach Absatz 1 Satz 2 für die Dauer zu beachten, für die sie ausgestellt sind. Unbefristete Bescheinigungen hat das Kreditinstitut für die Dauer von zwei Jahren zu beachten. Nach Ablauf des in Satz 2 genannten Zeitraums kann das Kreditinstitut von dem Kontoinhaber, der eine Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 vorgelegt hat, die Vorlage einer neuen Bescheinigung verlangen. Vor Ablauf des in Satz 2 genannten Zeitraums kann das Kreditinstitut eine neue Bescheinigung verlangen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Angaben in der Bescheinigung unrichtig sind oder nicht mehr zutreffen.

(3) Jede der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Stellen, die Leistungen im Sinne des § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c sowie Nummer 2 bis 6 durch Überweisung auf ein Zahlungskonto des Schuldners erbringt, ist verpflichtet, auf Antrag des Schuldners eine Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 über ihre Leistungen auszustellen. Die Bescheinigung muss folgende Angaben enthalten:

1.
die Höhe der Leistung,
2.
in welcher Höhe die Leistung zu welcher der in § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c sowie Nummer 2 bis 6 genannten Leistungsarten gehört,
3.
für welchen Zeitraum die Leistung gewährt wird.
Darüber hinaus ist die in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannte Stelle verpflichtet, soweit sie Kenntnis hiervon hat, Folgendes zu bescheinigen:
1.
die Anzahl der Personen, denen der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt,
2.
das Geburtsdatum der minderjährigen unterhaltsberechtigten Personen.

(4) Das Kreditinstitut hat die Angaben in der Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 ab dem zweiten auf die Vorlage der Bescheinigung folgenden Geschäftstag zu beachten.