Die Kehrseite des Erinnerns – Das LG verneint den Auslistungsanspruch des Klägers aufgrund eines öffentlichen Interesses an der Berichterstattung

erstmalig veröffentlicht: 07.09.2020, letzte Fassung: 19.10.2022
Zusammenfassung des Autors

Der Kläger begehrte die Löschung eines auf Google veröffentlichten Artikels, welcher unter Nennung seines vollen Namens einen unliebsamen Bericht über seine Handlungen aus der Vergangenheit (insb. persönlicher Gesundheitsdaten) erstattete. Das LG verneinte einen solchen Auslistungsanspruch mit der Begründung, dass an der Berichterstattung noch ein öffentliches Interesse bestehe. – Streifler & Kollegen, Benedikt Mick – Anwalt für Strafrecht

 

Nicht jedwede Berichterstattung muss unter Hinweis auf das Recht auf Vergessen in den Tiefen des Internets unauffindbar gemacht werden. Das hat auch das LG Frankfurt a.M. (AZ 2-03 O 190/16) mit bekannt gewordener Entscheidung vom 26. Oktober 2017 deutlich gemacht. Mit welchen Gründen es seine Entscheidung begründet, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Auslistungsbegehren des Klägers gegen Google, Art. 17 I DSGVO 

Der Kläger, als Geschäftsführer eines Regionalverbandes einer Wohlfahrtsorganisation, wollte einen Auslistungsanspruch, d.h. einen Löschungsanspruch, gegen Google geltend machen. Grund hierfür war folgendes Prozedere:
 
Im Jahr 2011 wies der Regionalverband ein finanzielles Defizit in Höhe von knapp einer Million Euro auf. Kurz zuvor meldete sich der Kläger krank – Über beides, insbesondere von Gesundheitsdaten des Klägers, erstattete die regionale Tagespresse Bericht und nannte insbesondere den vollen Namen des handelnden Geschäftsführers.  Der Kläger begehrte nunmehr von der Beklagten, namentlich der Verantwortlichen für die Internetsuchmaschine „Google“, es zu unterlassen, diese Presseartikel bei einer Suche nach seinem Namen in der Ergebnisliste anzuzeigen.

Wie entschied das LG? – Auslistungsanspruch wird aufgrund einem öffentlichen Interesse an der Berichterstattung durch das LG abgelehnt

Ob dem Bürger in der digitalen Welt infolge eines gewissen Zeitablaufs ein Vorrang des Vergessens vor dem Erinnern eingeräumt wird und ob dem Einzelnen ein solches Recht auf Vergessen ein Auslistungsanspruch gegenüber unliebsamen Berichten aus der Vergangenheit gewährt, befand das LG:
 
Das LG Frankfurt (AZ 2-03 O 190/16) wies die Klage ab mit der Begründung, dass bei einem öffentlichen Interesse an einer Berichterstattung kein „Recht auf Vergessenwerden“ bestehe. Ein ehemaliger Geschäftsführer eines Unternehmens habe keinen Auslistungsanspruch von Suchergebnissen von über 6 Jahre alten Berichten, falls an dieser Berichterstattung noch ein öffentliches Interesse bestehe. 
 
Im strittigen Falle sei der Kläger der Öffentlichkeit bekannt und für vielfache soziale Tätigkeiten von Bedeutung. Finanzielle Schwierigkeiten des Regionalverbandes des Klägers würde eine Vielzahl von Personen in unmittelbarer Weise betreffen, die von diesen Dienstleistungen abhängig seien.
Bezüglich sensibler Daten, wie zB. die Gesundheitsdaten des Klägers, sei eine weitere Abwägung erforderlich. Seien die Abgaben über den Gesundheitszustand wie im strittigen Fall jedoch eher allgemein und nicht näher konkretisiert, bestehe diesbezüglich kein Löschungsanspruch. Aus der Erwähnung der damaligen Erkrankung des Klägers sei vorliegend kein absolutes Berichterstattungsverbot abzuleiten. Vielmehr ließe sich der Auslistungsanspruch der Klägerin nicht aus der Tatsache begründen, dass die Darstellung bereits mehrere Jahre zurückliege. 

Fazit

Das Recht auf Vergessen ist kein absolutes Recht des Bürgers, unliebsame Berichterstattungen aus der Vergangenheit im Internet entfernen zu lassen (Absolute Rechte verleihen dem Berechtigten ein ausschließliches, rechtlich geschütztes Herrschaftsrecht über eine bestimmte Rechtsposition, die von jedermann zu akzeptieren ist) - Die Umstände des Einzelfalles müssen berücksichtigt werden. Eine sorgfältige Interessenabwägung ist stets erforderlich. Artikel 17 der Datenschutz-Grundverordnung führt nur nach sorgfältiger Betrachtung des Einzelfalls zum Sperren von Suchergebnissen. Besteht für die erfolgte Berichterstattung noch ein öffentliches Interesse, so muss ein solches mit der Privatsphäre des Bürgers abgewogen werden. 
 

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Referenzen

(1) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 wird das Verfahren auf Antrag einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern oder der obersten Arbeitsbehörde des Bundes oder der obersten Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt, eingeleitet.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 4 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vereinigung, über deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit zu entscheiden ist, ihren Sitz hat.

(2a) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend.

(3) Der rechtskräftige Beschluss über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung wirkt für und gegen jedermann. Die Vorschrift des § 63 über die Übersendung von Urteilen gilt entsprechend für die rechtskräftigen Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4.

(4) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit darauf beruht, daß ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.

(5) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlußverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 auszusetzen. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlußverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 antragsberechtigt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen, des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstleister e. V. sowie der Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP).

2

Antragsteller sind die zu 1. beteiligte Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und das zu 2. beteiligte Land Berlin.

3

Der Organisationsbereich von ver.di umfasst nach § 4 Nr. 1 ver.di-Satzung idF vom 12./14. März 2008 ua. Unternehmen, Betriebe, Einrichtungen und Verwaltungen der im Anhang 1 zur Satzung abschließend aufgeführten Bereiche. Danach ist ver.di ua. zuständig für Druckereien, Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, Zeitschriftenbetriebe sowie Nebenbetriebe dieser Bereiche einschließlich Kantinen, Kasinos, Auslieferungs-, Zustell- und anderer Servicebetriebe (Nr. 1.3 Anhang 1 ver.di-Satzung). Zu den erfassten Organisationseinheiten im Bereich Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zählen ua. Verwaltungen, Betriebe und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens sowie des öffentlichen und privaten Nah- und Fernverkehrs einschließlich der Flughäfen (Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung). Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung lautet:

        

„1.2.4

Sonstiger privater Dienstleistungsbereich

        

Sonstige Unternehmen und Organisationen des Dienstleistungsbereichs einschließlich rechtlich ausgegliederter bzw. selbständiger, jedoch wirtschaftlich-organisatorisch zugeordneter Dienstleistungsbetriebe, z.B. Datenverarbeitung, Organisation, Verwaltung und Bildungseinrichtungen sowie ihre Verbände.

        

…       

        

1.2.4.3

Verleihwesen

        

Leasingunternehmen, Autoverleiher und sonstige Verleihunternehmen“

4

Der Gewerkschaftsrat von ver.di befasste sich auf seiner Sitzung vom 15. - 17. Juni 2009 mit einer Änderung des in Anhang 1 enthaltenen Organisationskatalogs. Nach einer vom Bundesvorstand eingebrachten Vorlage sollten dem Satz 1 von Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung folgende Sätze 2 und 3 angefügt werden:

        

„Dies umfasst auch Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Die Zuständigkeit erstreckt sich außerdem auf Arbeitnehmer/innen, die von einem Verleihbetrieb an die vom Organisationsbereich der ver.di erfassten Betriebe (Entleihbetrieb) zur Arbeitsleistung überlassen sind.“

5

Die zu 3. beteiligte CGZP ist am 11. Dezember 2002 von Mitgliedern des zu 5. beteiligten Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB) gegründet worden. Die erste Satzung der CGZP ist auf ihrer Mitgliederversammlung vom 15. Januar 2003 angenommen worden. § 1 und § 3 Abs. 1 ihrer am 5. Dezember 2005 geänderten Satzung lauteten:

        

„§ 1 Name und Zweck

        

Die Tarifgemeinschaft vertritt die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG und schließt für deren Mitglieder Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden ab, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitnehmerüberlassung überlassen wollen.

        

…       

        

§ 3 Mitgliedschaft

        

(1)     

Mitglieder können die Gewerkschaften im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) werden, die ihren Beitritt zur Tarifgemeinschaft erklären.“

6

Nach einer Satzungsänderung vom 8. Oktober 2009 heißt es in dem angefügten § 1 Abs. 2 sowie in § 7 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009:

        

„§ 1   

Name und Zweck

        

…       

        
        

(2)     

Die Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften, die bei Arbeitgebern beschäftigt sind, die als Verleiher Dritten Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen, erfolgt über haupt- und ehrenamtliche Funktionsträger der Mitgliedsgewerkschaften. Dazu gehören insbesondere: die gewerkschaftliche Betreuung und die rechtliche Vertretung der Mitglieder in den Mitgliedsgewerkschaften, sowie das Vorbereiten und Führen von Tarifverhandlungen sowie von Maßnahmen zur Durchsetzung und Einhaltung von tariflichen Lohn- und Arbeitsbedingungen.

        

…       

        
        

§ 7     

Abschluss von Tarifverträgen

        

(1)     

Tarifvertragsschließende Partei in der Zeitarbeit ist die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP). Durch ihren Beitritt zur CGZP erkennen die Mitgliedsgewerkschaften die Satzung der CGZP an.

                 

Das Recht der Mitgliedsgewerkschaften, im Rahmen ihrer Zuständigkeit selbst Tarifverträge mit Unternehmen oder Verbänden zu schließen, die Arbeitnehmer an Dritte zur Dienstleistung überlassen, bleibt unberührt. Bevor eine Mitgliedsgewerkschaft einen Tarifvertrag für Arbeitnehmer abschließt, die an Dritte zur Arbeitsleistung überlassen werden, ist sie zur Vermeidung von Tarifkollisionen verpflichtet, die Zustimmung der CGZP einzuholen.“

7

Die CGZP hat nach den beim Tarifregister des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingereichten Vereinbarungen seit dem 12. Dezember 2002, dem Tag nach ihrer Gründung, eine Vielzahl von Firmen- und Verbandstarifverträgen abgeschlossen.

8

Zum Zeitpunkt der Satzungsänderung am 8. Oktober 2009 waren die zu 8. beteiligte Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), die zu 10. beteiligte DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV) sowie die zu 11. beteiligte Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) Mitglieder der CGZP. Die von den Vorinstanzen zu 9. beteiligte Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) hat mit Wirkung zum 30. Juni 2009 ihren Austritt aus der CGZP erklärt.

9

§ 1 Abs. 3 und § 3 Abs. 1 der am 21. Oktober 2007 in Kraft getretenen Satzung der CGM lauten:

        

§ 1   

        

Name, Sitz und Organisationsbereich

        

…       

        
        

3.    

Die Christliche Gewerkschaft Metall ist eine unabhängige Gewerkschaft gegenüber politischen Parteien, Kirchen, Regierungen und Unternehmen. Der Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und umfasst die Bereiche der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, des Metallhandwerks, der Elektroindustrie und der sonstigen Metallbetriebe.

        

…       

        
        

§ 3     

        

Beitrittsvoraussetzungen

        

1.    

Mitglied bei der Christlichen Gewerkschaft Metall kann jeder in der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, in dem Metallhandwerk, in der Elektroindustrie und in den sonstigen Metallbetrieben Beschäftigte ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Herkunft, Nationalität, politische und konfessionelle Bindung werden.“

10

In der seit dem 12. Juni 2009 geltenden Satzung der DHV ist bestimmt:

        

§ 2 Aufgaben und Ziele

        

1.    

Die DHV ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen. Sie ist damit zuständig zum Abschluss von Tarifverträgen für diese Arbeitnehmergruppen.

                 

Andere Arbeitnehmergruppen können in Tarifverträge einbezogen werden, wenn sie in einer Branche oder in Unternehmen beschäftigt sind, die durch kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten geprägt sind. Hierzu gehören der Groß-, Außen- und Einzelhandel und die Warenlogistik, die Finanz- und Versicherungswirtschaft, die gesetzliche Sozialversicherung sowie diesen Branchen zuzuordnende Dienstleistungsbetriebe.

                 

In Tarifverträge können auch andere Arbeitnehmergruppen einbezogen werden, soweit sie in Unternehmen oder Branchen beschäftigt werden, in denen die DHV Tarifpartner ist oder in denen die DHV über eine hinreichende Repräsentativität verfügt. Diese sind im Anhang zur Satzung abschließend aufgeführt. Der Anhang ist Bestandteil der Satzung.

                 

Die Tarifzuständigkeit erstreckt sich auch auf Arbeitnehmer, die in einer in Ziff. 1. Abs. 2 oder im Anhang aufgeführten Branchen bzw. Unternehmen im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes überlassen werden.“

11

Im Anhang zu § 2 DHV-Satzung sind im Einzelnen bezeichnete Branchen und Unternehmen aufgeführt.

12

§ 2 und § 5 der Satzung der GÖD idF vom 20./21. April 2005 lauteten:

        

„§ 2 Organisationsbereich

        

Der räumliche Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

        

…       

        

§ 5 Mitgliedschaft

        

Mitglieder der GÖD können werden:

        

1)    

Arbeitnehmer/innen, Angestellte und Beamte/Beamtinnen, die im Dienst des Bundes, der Länder, der kommunalen Verwaltungen und Betriebe oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, sowie Richter/Richterinnen, Soldaten/Soldatinnen der Bundeswehr, Zivilbedienstete der Stationierungsstreitkräfte, Versorgungsempfänger, Rentner/innen und Auszubildende, sowie Arbeitnehmer/innen von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen, die auch die Grundsätze und die Satzung der GÖD anerkennen und bereit sind, ihre Ziele zu fördern und keiner konkurrierenden Gewerkschaft angehören.

        

2)    

Die GÖD kann sich durch Beschluss des Bundesvorstandes für andere Tarifbereiche zuständig erklären.“

13

Nach einer am 1. Oktober 2009 beschlossenen Satzungsänderung heißt es in § 2, § 5 und § 21 Abs. 1 der GÖD-Satzung:

        

„§ 2 Organisationsbereich/Zuständigkeitsbereich

        

1)    

Der räumliche Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Der sachliche Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf den Bereich des öffentlichen Dienstes, insbesondere … Er erstreckt sich auch auf den gesamten privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich.

                 

Um den Bestimmtheitsgrundsätzen zu genügen, kann dieser Satzung eine Anlage beigefügt werden, die einzelne Branchen aufführt.

        

2)    

Die GÖD kann sich durch Beschluss des Bundesvorstandes für andere Tarifbereiche zuständig erklären.

        

…       

        

§ 5 Mitgliedschaft

        

Mitglieder der GÖD können werden:

        

Arbeitnehmer und Beamte, die im Dienst des Bundes, der Länder, der kommunalen Verwaltungen und Betriebe oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, sowie Richter, Soldaten der Bundeswehr, Zivilbedienstete der Stationierungsstreitkräfte, Versorgungsempfänger, Rentner und Auszubildende und Arbeitnehmer von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen. …

        

§ 21 Kooperationen/Fusionen

        

1)    

Der Bundesvorstand kann durch Beschluss mit einfacher Mehrheit andere, nicht konkurrierende Gewerkschaften, Berufsverbände oder Arbeitnehmervereinigungen in die GÖD aufnehmen oder andere Formen der Kooperation mit diesen eingehen.“

14

Die in § 2 Abs. 1 GÖD-Satzung in Aussicht gestellte Anlage ist der Satzung der GÖD bisher nicht beigefügt worden.

15

In der Anhörung vor dem Arbeitsgericht haben sich die CGM, die DHV und die GÖD zu ihren Mitgliederzahlen am Jahresende 2008 erklärt. Danach soll die CGM 90.000 Mitglieder, die DHV 78.000 Mitglieder und die GÖD 57.000 Mitglieder haben. Nach Angaben der CGZP in der Beschwerdebegründung waren am 31. Dezember 2008 in ihren Mitgliedsgewerkschaften 1.383 Leiharbeitnehmer organisiert (CGM: 900 Mitglieder; DHV: 312 Mitglieder; GÖD: 171 Mitglieder). Im Jahr 2008 wurden nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit durchschnittlich 760.604 Leiharbeitnehmer beschäftigt.

16

Die Vorinstanzen haben aufgrund der Angaben in der Antragsschrift den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Beteiligten zu 4., die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) als Beteiligte zu 6. sowie das BMAS als Beteiligten zu 7. angehört. Daneben sind auf Anregung der CGZP der zu 12. beteiligte Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) sowie die zu 13. beteiligte Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. (BVD) in das Verfahren einbezogen worden.

17

Bei Eingang der Antragsschrift im vorliegenden Verfahren war bereits seit dem 15. April 2008 ein später an das Arbeitsgericht Berlin verwiesenes Beschlussverfahren zur Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP anhängig (- 63 BV 9415/08 -). Dieses Verfahren wurde aufgrund eines Aussetzungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16. April 2008 in dem Verfahren - 2 Ca 249/08 -, der in der Folgezeit durch die Beschlüsse vom 21. November 2008 und vom 6. Februar 2009 ergänzt wurde, eingeleitet. Streitgegenstand jenes Verfahrens sind Vergütungsansprüche aus einem Leiharbeitsverhältnis für die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2008. Für diese ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts Bamberg die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West“ am 22. Juli 2003 vorgreiflich. Nach der Aussetzung des Verfahrens - 2 Ca 249/08 - leitete der dortige Kläger das Verfahren - 63 BV 9415/08 - ein. Sein angekündigter Antrag richtete sich auf die Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist.

18

Die Antragsteller haben die Tariffähigkeit der CGZP sowohl nach § 2 Abs. 1 TVG als auch als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG in Abrede gestellt. Der CGZP fehle die für eine Gewerkschaft erforderliche soziale Mächtigkeit. Die von ihr bisher abgeschlossenen Tarifverträge indizierten diese nicht, da es sich um Gefälligkeitstarifverträge handele, mit denen von der Öffnungsklausel in § 9 Nr. 2 AÜG Gebrauch gemacht werde. Mit diesen Vereinbarungen werde im Interesse der Arbeitgeber der gesetzliche Mindestschutz der Leiharbeitnehmer einseitig zu deren Lasten verschlechtert. Der CGZP fehle die Tariffähigkeit auch dann, wenn es sich bei ihr um eine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG handele, für deren Tariffähigkeit die ihrer Mitglieder ausreiche. Diese bestehe nur im Bereich der satzungsmäßigen Zuständigkeit, für die Arbeitnehmerüberlassung sei aber keines der Mitglieder der CGZP zuständig.

19

Ver.di, das Land Berlin sowie in den Vorinstanzen der DGB haben beantragt

        

festzustellen, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen nicht tariffähig ist.

20

Die CGZP, der CGB, die CGM, die DHV, die GÖD, der AMP sowie die BVD haben beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

21

Die BDA und das BMAS haben von einer Antragstellung abgesehen.

22

Die CGZP, der AMP und die BVD haben die Anträge für unzulässig gehalten. Es liege eine doppelte Rechtshängigkeit vor, die zur Unzulässigkeit einer Sachentscheidung führe. Den Antragstellern fehle die Antragsbefugnis. Ver.di sei für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung nicht zuständig. Diese werde von den im Anhang 1 ver.di-Satzung bezeichneten Bereichen nicht erfasst. Die von ver.di behauptete Satzungsänderung durch den Gewerkschaftsrat im Jahr 2009 sei nicht wirksam erfolgt. Das Land Berlin sei nicht antragsbefugt, da sich die Tätigkeit der CGZP auf das gesamte Bundesgebiet erstrecke und eine unmittelbare Betroffenheit des Landes in einer geschützten Rechtsstellung nicht ersichtlich sei. Das Verfahren werde von den Antragstellern rechtsmissbräuchlich betrieben. Ver.di gehe es um die Ausschaltung eines missliebigen Konkurrenten, während das Land Berlin das Verfahren aus parteipolitischen Gründen betreibe. Der Antrag sei auch unbegründet. Bei der CGZP handele es sich um eine nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähige Spitzenorganisation, zu deren satzungsgemäßen Aufgaben der Abschluss von Tarifverträgen gehöre. Für ihre Tariffähigkeit genüge es, dass zwei ihrer Mitglieder tariffähig sind. Die Tariffähigkeit des CGM und der DHV sei gerichtlich festgestellt worden. Unabhängig davon erfülle die CGZP selbst die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit. Sie sei tarifwillig, verfüge mit dem Zugriff auf die hauptamtlichen Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften über eine leistungsfähige Organisation und besitze die erforderliche Durchsetzungskraft, durch die sie vom sozialen Gegenspieler wahrgenommen werde. Dies werde durch die Vielzahl der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge belegt. Auf die Tarifzuständigkeit ihrer Mitgliedsgewerkschaften für die Arbeitnehmerüberlassung komme es nicht an. Selbst wenn diesen die Tarifzuständigkeit im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung fehle, hätte dies nicht die Tarifunfähigkeit ihrer Spitzenorganisation zur Folge.

23

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des DGB und von ver.di zurückgewiesen und dem Antrag des Landes Berlin entsprochen. Gegen diesen Beschluss haben ver.di, die CGZP, der DGB, der AMP sowie die BVD Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat der Beschwerde von ver.di stattgegeben und die Beschwerden der CGZP, des DGB, des AMP sowie der BVD zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP sowie der BVD, mit denen diese weiterhin ihren Abweisungsantrag verfolgen. Das Land Berlin hat in der Anhörung vor dem Senat seinen Antrag um einen im Schriftsatz vom 9. November 2010 angekündigten Hilfsantrag ergänzt, wonach die Tarifunfähigkeit der CGZP in zeitlicher Abhängigkeit von der Satzungsänderung am 8. Oktober 2009 festgestellt werden soll. Die CGZP, der AMP sowie die BVD haben beantragt, auch diesen Antrag abzuweisen.

24

Die nach dem Geschäftsverteilungsplan ursprünglich für die Anhörung vor dem Senat herangezogene ehrenamtliche Richterin S hat fernmündlich am 30. November 2010 ihre Verhinderung angezeigt und die dafür maßgeblichen Gründe in einer E-Mail vom 1. Dezember 2010 näher ausgeführt. Zu Beginn der Anhörung hat der AMP erklärt, nach seiner Auffassung sei der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt, da bei Frau S ein Verhinderungsgrund nicht vorgelegen habe.

25

B. Die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP und der BVD sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen von ver.di und dem Hauptantrag des Landes Berlin im Ergebnis zu Recht entsprochen. Sein Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

26

I. Der Senat war entgegen der vom AMP erhobenen Rüge ordnungsgemäß besetzt. Die Heranziehung des ehrenamtlichen Richters K zum Sitzungstermin am 14. Dezember 2010 entsprach dem in der Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 9. Dezember 2009 und dem in C. 4 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesarbeitsgerichts für das Geschäftsjahr 2010 vorgesehenen Verfahren. Die zunächst herangezogene ehrenamtliche Richterin S war an der Wahrnehmung ihres Richteramts gehindert. An ihre Stelle ist der ehrenamtliche Richter K getreten.

27

1. Nach § 43 Abs. 3 ArbGG iVm. § 31 Abs. 1 ArbGG sollen die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge einer Liste herangezogen werden, die der Senatsvorsitzende nach näherer Maßgabe des § 31 Abs. 1 ArbGG aufstellt. Für die Heranziehung von Vertretern bei unvorhergesehener Verhinderung kann eine Hilfsliste von ehrenamtlichen Richtern aufgestellt werden, die am Gerichtssitz oder in der Nähe wohnen oder ihren Dienstsitz haben (§ 31 Abs. 2 ArbGG).

28

2. Erklärt sich ein zu einem Terminstag herangezogener ehrenamtlicher Richter unter Angabe eines Grundes für verhindert, so muss das Gericht das Vorliegen des angeführten Hinderungsgrundes nicht näher nachprüfen. Vielmehr darf es bei den auf gewissenhafte Amtsführung vereidigten ehrenamtlichen Richtern (§ 45 DRiG) grundsätzlich davon ausgehen und sich ohne weitere Ermittlungen darauf verlassen, dass sie sich ihrer richterlichen Pflicht nicht ohne triftigen Grund entziehen, sondern nach pflichtgemäßer Abwägung zu dem Ergebnis gelangt sind, verhindert zu sein (BFH 22. Dezember 2004 - II B 166/03 - zu II 1 b aa der Gründe, BFH/NV 2005, 705; BVerwG 28. Februar 1984 - 9 C 136/82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 18). Nur wenn Anhaltspunkte für eine pflichtwidrige Entscheidung des ehrenamtlichen Richters vorliegen, kann Veranlassung bestehen, den angegebenen Hinderungsgrund nachzuprüfen und ggf. auf einer Teilnahme des ehrenamtlichen Richters an der Sitzung zu bestehen (BVerwG 30. August 1983 - 9 C 281/82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 17).

29

3. Solche Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall weder vom AMP vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die von der ehrenamtlichen Richterin S zunächst fernmündlich und anschließend in ihrer an das Bundesarbeitsgericht gerichteten E-Mail vom 1. Dezember 2010 angeführte Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft stellt einen Grund für eine unvorhergesehene Verhinderung iSd. § 31 Abs. 2 ArbGG dar. Die Teilnahme an einer Aufsichtsratsratssitzung und die Erledigung der hierfür erforderlichen Vorbereitungstätigkeiten haben zu einer Pflichtenkollision mit der Ausübung des Richteramts geführt, über deren Auflösung die ehrenamtliche Richterin nach pflichtgemäßer Abwägung selbst zu befinden hatte. Für den Senat hat kein Anlass bestanden, den von ihr angeführten Hinderungsgrund nachzuprüfen oder auf ihrer Teilnahme an der Sitzung vom 14. Dezember 2010 zu bestehen. Da sich die auf der Liste des erkennenden Senats an nächstbereiter Stelle befindlichen ehrenamtlichen Richter B und H nach einem bei der Akte befindlichen Vermerk für verhindert erklärt haben, ist zunächst der ehrenamtliche Richter Dr. K herangezogen worden. Nachdem dieser aufgrund seiner vom Senat durch Beschluss vom 14. Dezember 2010 als begründet erachteten Selbstablehnung aus dem Verfahren ausgeschieden war, ist der ihm auf der Liste nachfolgende ehrenamtliche Richter K für dieses Verfahren herangezogen worden.

30

II. Die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP und der BVD sind zulässig. Die Rechtsbeschwerdeführer sind durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts beschwert. Dies gilt nicht nur für die CGZP, sondern auch für die beiden anderen Beteiligten, deren Beschwerden vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden sind.

31

III. Der von ver.di als alleiniger und vom Land Berlin im Rechtsbeschwerdeverfahren als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist zulässig.

32

1. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren im Wege subjektiver Antragshäufung. Dies unterliegt keinen Bedenken. Zwar sind die §§ 59 ff. ZPO in § 80 Abs. 2 ArbGG nicht in Bezug genommen. Gleichwohl ist eine notwendige Streitgenossenschaft auch im Beschlussverfahren zulässig, wenn - wie vorliegend - über einen identischen Antrag nur eine einheitliche Sachentscheidung ergehen kann (BAG 13. März 2007 - 1 ABR 24/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 121, 362). Die einzelnen Prozessvoraussetzungen sind jedoch für sämtliche Antragsteller getrennt zu prüfen.

33

2. Der Antrag von ver.di und der Hauptantrag des Landes Berlin sind auf die Gegenwart gerichtet und nicht vergangenheitsbezogen. Beiden Antragstellern geht es ersichtlich um die gegenwärtige Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Dies folgt aus der ausdrücklich auf die Gegenwart bezogenen Antragsformulierung („tarifunfähig ist“) und der dazu gegebenen Begründung. Der Wortlaut ihrer Feststellungsanträge ist in den Vorinstanzen unverändert geblieben, während die Antragsteller ihren Vortrag im Verfahrensverlauf an der jeweils geltenden Satzung der CGZP ausgerichtet haben. Dies war zunächst die Satzung vom 5. Dezember 2005 und nach deren Änderung ihre seit dem 8. Oktober 2009 geltende Fassung. Auch das Landesarbeitsgericht hat die Anträge als auf eine gegenwärtige Feststellung gerichtet verstanden.

34

3. Den gegenwartsbezogenen Anträgen steht das Verfahrenshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nicht entgegen.

35

a) Nach dem auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO bewirkt die Rechtshängigkeit einer Streitsache, dass sie von keinem Beteiligten anderweitig anhängig gemacht werden kann. Die doppelte Rechtshängigkeit begründet ein Verfahrenshindernis, das in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz, von Amts wegen zu beachten ist und zur Unzulässigkeit des Antrags führt. Sie liegt vor, wenn die Beteiligten und die Streitgegenstände beider Verfahren identisch sind.

36

b) Die frühere Rechtshängigkeit des vor dem Arbeitsgericht Berlin geführten Beschlussverfahrens - 63 BV 9415/08 - führt nicht zur Unzulässigkeit der gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge. Die Streitgegenstände des vorliegenden und des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - sind trotz der übereinstimmenden Antragsformulierung nicht identisch. Es kann daher offenbleiben, ob wegen der über die Verfahrensbeteiligten hinausgehenden Rechtskraftwirkung einer Entscheidung im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG das Verfahrenshindernis nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auch bei fehlender Identität der Beteiligten bestanden hätte.

37

aa) Der Streitgegenstand richtet sich nicht nur nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel), sondern auch nach dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird. Nach der prozessrechtlichen Auffassung vom zweigliedrigen Streitgegenstand, der nach der Senatsrechtsprechung auch für das Beschlussverfahren zu folgen ist (19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, EzA BetrVG 2001 § 23 Nr. 4), wird der Streitgegenstand nicht allein durch das Antragsziel bestimmt. Die Einheitlichkeit des Klageziels genügt deshalb nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein. Hieran fehlt es vorliegend.

38

bb) Streitgegenstand des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - ist die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West“ mit der Tarifgemeinschaft für Zeitarbeitsunternehmen in der BVD am 22. Juli 2003. Dies folgt aus dem vom dortigen Antragsteller zur Begründung seines Antrags angeführten Lebenssachverhalt. Dieser begehrt die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nur soweit dies zur Durchsetzung seines vor dem Arbeitsgericht Bamberg im Verfahren - 2 Ca 249/08 - erhobenen prozessualen Anspruchs erforderlich ist. Der Antragsteller hat zunächst im Urteilsverfahren auf den Equal-Pay-Grundsatz gestützte Vergütungsansprüche für die Zeit seines Leiharbeitsverhältnisses geltend gemacht. Das Arbeitsgericht Bamberg hat sich an einer Sachentscheidung gehindert gesehen, da nach seiner Auffassung der zur Entscheidung gestellte Anspruch von der Tariffähigkeit der CGZP am 22. Juli 2003 abhängt. Aus diesem Grund hat es jenes Verfahren ausgesetzt und dem dortigen Kläger die Möglichkeit eröffnet, als Antragsteller nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG ein Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit der CGZP einzuleiten. Der Aussetzungsbeschluss vom 16. April 2008 lässt allerdings den Zeitraum, für den das Arbeitsgericht die Tariffähigkeit der CGZP als entscheidungserheblich ansieht, nicht eindeutig erkennen. Aus der vom Arbeitsgericht ergänzten Begründung seines Aussetzungsbeschlusses, die bei der Auslegung der Beschlussformel zu berücksichtigen ist (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 164), wird jedoch deutlich, dass dieses die Tariffähigkeit der CGZP für das Verfahren - 2 Ca 249/08 - nur bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des dortigen Klägers als entscheidungserheblich ansieht. Der Streitgegenstand des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - ist daher auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP beschränkt. Ein darüber hinausgehendes Begehren wäre zudem von der dem Kläger des Ausgangsverfahrens durch den Aussetzungsbeschluss eröffneten Antragsbefugnis nicht erfasst. Diese beschränkt sich auf die Vorfrage, wegen derer das Gericht sein Verfahren ausgesetzt hat (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - aaO).

39

4. Ver.di und das Land Berlin sind nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsberechtigt.

40

a) Antragsberechtigt in einem Verfahren über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition sind nach § 97 Abs. 1 ArbGG neben anderen eine räumlich und sachlich zuständige Vereinigung von Arbeitnehmern und die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt.

41

b) Ver.di verfügt über die notwendige Antragsbefugnis.

42

aa) Die Antragsbefugnis einer konkurrierenden Arbeitnehmervereinigung in einem Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG setzt kein weitergehendes eigenes Recht der Gewerkschaft voraus. Aus § 97 Abs. 1 ArbGG folgt die prozessuale Befugnis einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern, die Tariffähigkeit einer anderen, ganz oder teilweise denselben Zuständigkeitsbereich beanspruchenden Arbeitnehmervereinigung gerichtlich klären zu lassen(BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 27, BAGE 117, 308). Entgegen der Auffassung der CGZP ist es ausreichend, wenn sich der räumliche und sachliche Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Gewerkschaft zumindest teilweise mit den Zuständigkeitsbereichen der Vereinigung deckt, deren Tariffähigkeit bestritten wird (BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 10/99 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 95, 36). Soweit eine antragstellende Koalition die Tariffähigkeit einer anderen Vereinigung bestreitet, muss sie selbst tariffähig sein (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 28 mwN, aaO). Die Tariffähigkeit von ver.di wird von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt.

43

bb) Die erforderliche Konkurrenz gegenüber der von der CGZP beanspruchten Tarifzuständigkeit für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009) liegt vor. Ver.di ist nach ihrem gleichermaßen arbeitgeber- und betriebsbezogen gefassten Organisationsbereich (§ 4 Nr. 1 ver.di-Satzung) auch für Arbeitgeber tarifzuständig, die gewerbsmäßig Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer einsetzen.

44

Der in Nr. 1.3 Anhang 1 ver.di-Satzung angeführte Begriff der Servicebetriebe von Zeitungsverlagen erfasst Arbeitgeber, die der gleichen Unternehmensgruppe wie der Zeitungsverlag angehören und an diesen aufgrund einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis Leiharbeitnehmer verleihen, damit diese im Betrieb des Zeitungsverlags tätig werden. Nach Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung organisiert ver.di Beschäftigte, die in einem öffentlich-rechtlich verfassten Krankenhaus als Leiharbeitnehmer eingesetzt werden, wenn diese von einem privatrechtlich verfassten Unternehmen, dessen Gesellschaftsanteile unmittelbar oder mittelbar von der öffentlichen Hand gehalten werden, eingestellt werden. Solche Sachverhalte waren auch bereits Gegenstand von Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zu Zeitungsverlagen: 21. Juli 2009 - 1 ABR 35/08 - Rn. 2, AP AÜG § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 12; zum Gesundheitswesen: 16. Juli 2008 - 7 ABR 13/07 - Rn. 4 bis 6, BAGE 127, 126; 21. Mai 2008 - 8 AZR 481/07 - Rn. 2 bis 9, AP BGB § 613a Nr. 354 = EzA BGB 2002 § 613a BGB Nr. 96). Ebenso ist ver.di nach Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung tarifzuständig für Leiharbeitnehmer aus einem konzernangehörigen Unternehmen eines Flughafenbetreibers, die dieser im Flughafenbetrieb einsetzt (zur Auslegung eines von ver.di für Leiharbeitnehmer des Fraport-Konzerns abgeschlossenen Tarifvertrags: 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 4 f., AP BAT § 53 Nr. 9).

45

cc) Auf die noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob ver.di nach Nr. 1.2.4.3 Anhang 1 ver.di-Satzung oder jedenfalls aufgrund der Anfügung der Sätze 2 und 3 an Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung umfassend für den Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung tarifzuständig ist, kommt es danach nicht an.

46

c) Auch das Land Berlin ist antragsbefugt.

47

aa) § 97 Abs. 1 ArbGG dient der Sicherung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie(BAG 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 - Rn. 18, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9). Da der Gesetzgeber bisher weitgehend von der Normierung der Voraussetzungen für die Tariffähigkeit abgesehen hat, kann jede Arbeitnehmervereinigung ohne vorherige Zulassung am Tarifgeschehen teilnehmen und für ihre Mitglieder Vereinbarungen abschließen, die für sich die Geltung als Tarifvertrag beanspruchen. Das objektivierte Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stellt das im Interesse einer funktionierenden Tarifautonomie dazu notwendige Korrektiv dar. Die gerichtliche Entscheidung soll klären, ob die Vereinigung die rechtlichen Voraussetzungen für den Abschluss von Tarifverträgen erfüllt.

48

bb) Die Antragsbefugnis zur Einleitung eines solchen Verfahrens hat der Gesetzgeber vorrangig den in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und Stellen übertragen, sofern deren Interessen von der Tätigkeit der Vereinigung berührt werden. Hiervon geht das Gesetz bei der obersten Arbeitsbehörde des Bundes stets und bei den obersten Arbeitsbehörden der Länder dann aus, wenn die Tätigkeit der Koalition, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, sich auf das räumliche Gebiet des jeweiligen Bundeslandes erstreckt. Eine darüber hinausgehende Betroffenheit muss nicht vorliegen. Es steht mit dem Normzweck der § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1 ArbGG in Einklang, wenn neben der obersten Arbeitsbehörde des Bundes auch die nach Landesrecht zuständigen obersten Arbeitsbehörden zugunsten der auf ihrem Landesgebiet tätigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine gerichtliche Entscheidung über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung herbeiführen können, die für ihre Mitglieder die normative Regelung von Arbeitsbedingungen beansprucht.

49

cc) Die Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Landes steht nicht unter dem Vorbehalt, dass sich die Tätigkeit der Vereinigung auf das Gebiet der antragstellenden Arbeitsbehörde eines Bundeslandes beschränkt (BAG 15. März 1977 - 1 ABR 16/75 - zu II 1 der Gründe, BAGE 29, 72; ebenso GK-ArbGG/Dörner Stand November 2010 § 97 Rn. 33; GMP Matthes/Schlewing ArbGG 7. Aufl. § 97 Rn. 18; Schwab/Weth/Walker ArbGG 3. Aufl. § 97 Rn. 12; offengelassen HWK/Bepler 4. Aufl. § 97 ArbGG Rn. 7). Eine ausschließliche, die Zuständigkeit der obersten Arbeitsbehörden der Länder verdrängende Antragsbefugnis sieht § 97 Abs. 1 ArbGG - anders als die Zuständigkeitsverteilung im Bereich der Heimarbeit(§ 3 HAG) - gerade nicht vor. Neben dem Wortlaut spricht auch der Zweck eines Verfahrens zur Feststellung der Tariffähigkeit einer Vereinigung für eine vorbehaltlose Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Bundeslandes. Ein solches Verfahren ist darauf gerichtet, mit allgemeiner Wirkung von Amts wegen zu ermitteln, ob eine Vereinigung in der Lage ist, mit den Mitteln des staatlichen Tarifrechts die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu regeln. Angesichts der ordnungspolitischen Funktion dieses Verfahrens, das der Stärkung der Tarifautonomie dient, ist kein Grund dafür ersichtlich, die Antragsbefugnis bei einer länderübergreifenden Tätigkeit der Vereinigung ausschließlich dem Bund zuzuweisen und den gleichermaßen betroffenen Ländern vorzuenthalten. Hinzu kommt, dass auch in diesem Fall für die obersten Arbeitsbehörden der jeweils betroffenen Bundesländer keine rechtlich abgesicherte Möglichkeit besteht, das BMAS zur Einleitung eines Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhalten und auf dessen Verfahrensführung einzuwirken.

50

dd) Entgegen der Auffassung der CGZP ist § 97 Abs. 1 ArbGG in Bezug auf die Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörden der Länder auch nicht wegen der Freiheitsrechte der betroffenen Arbeitnehmerkoalition teleologisch zu reduzieren. Die Vorschrift schafft weder ein gerichtliches Konzessionierungsverfahren für Tarifvertragsparteien noch wird die Freiheit der Koalitionsbildung nach Art. 9 Abs. 3 GG berührt. Die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG nicht begründet, sondern nur festgestellt.

51

ee) Für die der obersten Arbeitsbehörde eines Landes durch § 97 Abs. 1 ArbGG ausdrücklich verliehene Antragsbefugnis bedarf es keiner weiteren Voraussetzungen.

52

5. Ver.di und das Land Berlin haben an der begehrten gegenwartsbezogenen Feststellung das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse.

53

a) Das Gesetz räumt den nach § 97 Abs. 1 ArbGG Antragsberechtigten die Möglichkeit ein, ein Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung einzuleiten. Für einen solchen Antrag besteht ein Feststellungsinteresse, wenn diese Eigenschaft von dem Antragsteller oder sonst im Arbeitsleben in Zweifel gezogen wird. Eine Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern hat daher stets zu gewärtigen, dass ihre Tariffähigkeit Gegenstand eines Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG sein kann, wenn sie für sich in Anspruch nimmt, durch den Abschluss von Tarifverträgen zur Ordnung des Arbeitslebens beizutragen. Andererseits eröffnet das Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG einer Vereinigung, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, selbst die Möglichkeit, eine der Rechtskraft zugängliche Klärung herbeizuführen. In einem solchen Verfahren kann auch die (positive) Feststellung beantragt werden, dass eine bestimmte Vereinigung tariffähig oder tarifzuständig ist. Diese Grundsätze gelten nicht nur für Vereinigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sondern gleichermaßen für einen Zusammenschluss von Gewerkschaften.

54

b) Die Konkurrenzsituation zwischen der CGZP sowie ihren Mitgliedern und ver.di führt danach nicht dazu, dass deren Antrag als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Derart widerstreitende Interessen sind allen Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG immanent, in denen über die Tariffähigkeit einer Vereinigung auf Arbeitnehmerseite gestritten wird(BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 25; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 32, BAGE 117, 308). Ebenso unterliegt es in Bezug auf das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse keinen rechtlichen Bedenken, wenn sich das Land Berlin zur Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP des hierfür vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG bedient. Anhaltspunkte dafür, dass es den Antragstellern nicht um eine Feststellung zur Tariffähigkeit geht, sondern darum, die CGZP oder ihre Mitglieder in einer mit Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG nicht zu vereinbarenden Weise in ihrer koalitionsmäßigen Betätigungsfreiheit zu behindern, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die in der Antragsschrift verwandte Diktion („Schmutzkonkurrenz“) lässt nicht erkennen, dass die Antragsteller mit diesem Verfahren nicht nur eine Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP anstreben, sondern deren Betätigungsfreiheit oder die ihrer Mitglieder beschränken wollen.

55

6. Über die von den Vorinstanzen angehörten Beteiligten hinaus sind am Verfahren keine weiteren Personen, Vereinigungen oder Stellen beteiligt.

56

a) Die Beteiligung an einem Verfahren zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern ist - wie auch sonst in Beschlussverfahren - noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Personen und Stellen, die bis dahin zu Unrecht nicht gehört wurden, sind auch ohne Rüge zum Verfahren hinzuzuziehen. Dagegen ist im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht von Amts wegen zu prüfen, ob sämtliche in den Vorinstanzen beteiligten Personen, Vereinigungen und Stellen zu Recht angehört wurden (BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 51/03 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 113, 82).

57

b) In dem Verfahren um die Tariffähigkeit einer Vereinigung ist der Antragsteller notwendiger Beteiligter. Dies ist nicht nur die Vereinigung oder Stelle, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, sondern auch die antragsbefugte Vereinigung oder oberste Arbeitsbehörde, sofern sie im Verfahren einen eigenen Sachantrag gestellt hat. Dieser kann neben den des ursprünglichen Antragstellers oder den der Arbeitnehmervereinigung treten, deren Tariffähigkeit vom Antragsteller oder einer Mehrheit von Antragstellern bestritten wird (BAG 25. November 1986 - 1 ABR 22/85 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 53, 347). Daher kann auch der Antrag, der auf die Abweisung eines oder mehrerer Anträge gerichtet ist, die Beteiligtenstellung einer der in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und obersten Arbeitsbehörden begründen.

58

c) Die weiteren Beteiligten ergeben sich aus § 83 Abs. 3 ArbGG, der gemäß § 97 Abs. 2 ArbGG aber nur entsprechende Anwendung findet. Maßgeblich ist die unmittelbare Betroffenheit in der Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung. Daher ist stets die Vereinigung beteiligt, über deren Tariffähigkeit gestritten wird, selbst wenn diese keinen eigenen Antrag gestellt hat. Beteiligt sind ferner die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, soweit die Entscheidung sie berühren kann. Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 19, BAGE 117, 308).

59

d) Hingegen sind einzelne Arbeitgeber, die Vereinbarungen mit einer Arbeitnehmervereinigung abgeschlossen haben, deren Tariffähigkeit umstritten ist, nicht im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhören. Dessen Zweck bringt es mit sich, dass die Interessen dieser Arbeitgeber durch die Beteiligung der Spitzenverbände auf Arbeitgeberseite als ausreichend gewahrt gelten, selbst wenn die Arbeitgeber keinem Arbeitgeberverband angehören und es insoweit an einer mitgliedschaftlichen Legitimation des Spitzenverbands fehlt. Dies ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten schon deshalb unbedenklich, weil sie dort, wo sie in ihrer Rechtsstellung als Tarifvertragspartei betroffen sind, die Rechtswirksamkeit der von ihnen abgeschlossenen Vereinbarung als Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG im Rahmen einer Verbandsklage(§ 9 TVG) feststellen lassen können. Im Rahmen eines solchen Rechtsstreits muss das Arbeitsgericht das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG aussetzen, wenn entweder die Tariffähigkeit der abschließenden Arbeitnehmervereinigung streitig ist oder wenn gegen diese Bedenken bestehen, wobei im Arbeitsleben geäußerte Vorbehalte zu berücksichtigen und vom Arbeitsgericht aufzugreifen sind(BAG 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 - Rn. 17, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9). Unter diesen Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht auch ein Verfahren nach § 9 TVG auszusetzen, um dessen Parteien die Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG über die Tariffähigkeit der Arbeitnehmervereinigung oder des Spitzenverbands zu ermöglichen. In dieses Beschlussverfahren sind die Arbeitgeber, die mit der in ihrer Tariffähigkeit umstrittenen Vereinigung einen „Firmentarifvertrag“ abgeschlossen haben, entweder als Antragsteller oder als Beteiligte einbezogen (§ 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG). Mit der Interessenwahrnehmung durch den auf Arbeitgeberseite am Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stets beteiligten Spitzenverband sowie die aufgezeigte Rechtsschutzmöglichkeit über das Verbandsklageverfahren erhalten auch die betroffenen Arbeitgeber eine Rechtsschutzmöglichkeit, die den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip(Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes genügt.

60

Die Beschränkung der nach § 97 Abs. 2 ArbGG iVm. § 83 Abs. 3 ArbGG anzuhörenden Stellen ist auch aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten. Ein Verfahren über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern kann sein Ziel nur erreichen, wenn seine Durchführung nicht durch eine Vielzahl von anzuhörenden Personen oder Stellen gefährdet wird. Dies wäre aber der Fall, wenn auch einzelne Arbeitgeber in ein solches Verfahren einzubeziehen wären. Der Abschluss und die Beendigung von Firmentarifverträgen würden zu einem unüberschaubaren und ständigen Wechsel der anzuhörenden Personen und Stellen führen, was einem zügigen und rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden Verfahrensabschluss entgegenstünde.

61

e) Hiernach ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Verfahren die Anhörung einer Vereinigung oder Stelle unterblieben wäre, die durch die zu treffende Entscheidung in ihrer Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung unmittelbar betroffen ist. Neben den Antragstellern sowie den Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite haben die Vorinstanzen die CGZP und die nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsbefugten Arbeitgeberverbände angehört, die einen eigenen Sachantrag gestellt haben.

62

f) Die Verfahrensrüge des AMP, mit der dieser die unterbliebene Anhörung einzelner Arbeitgeber beanstandet, ist jedenfalls unbegründet. Die Arbeitgeber, mit denen die CGZP Firmentarifverträge abgeschlossen hat, sind nicht nach § 97 Abs. 2 ArbGG am Verfahren beteiligt. Es ist auch weder ersichtlich noch von den Beteiligten geltend gemacht, dass die Anhörung einer Person oder Stelle unterblieben ist, die in Bezug auf die gegenwartsbezogenen Anträge nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG am Verfahren beteiligt ist. Dahinstehen kann, ob auch die Mitglieder der CGZP im Verfahren anzuhören waren. Insoweit hat keiner der Beteiligten eine Verfahrensrüge erhoben.

63

IV. Die gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge sind begründet. Die CGZP ist weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation tariffähig.

64

1. Der Begriff der Tariffähigkeit ist gesetzlich nicht definiert. § 2 Abs. 1 bis 3 TVG bestimmt zwar, wer Partei eines Tarifvertrags sein kann, enthält aber selbst keine nähere Definition der Tariffähigkeit. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, der hiervon zur besseren Lesbarkeit des Gesetzestextes und größeren Verständlichkeit für den Laien abgesehen hat (Herschel ZfA 1973, 183, 189). Die Tariffähigkeit wird in § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 ArbGG deshalb als Eigenschaft vorausgesetzt. Es handelt sich um die rechtliche Fähigkeit, durch Vereinbarung mit dem sozialen Gegenspieler Arbeitsbedingungen tarifvertraglich mit der Wirkung zu regeln, dass sie für die tarifgebundenen Personen unmittelbar und unabdingbar wie Rechtsnormen gelten (BVerfG 19. Oktober 1966 - 1 BvL 24/65 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 20, 312; BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 35, BAGE 117, 308). Die Tariffähigkeit ist Voraussetzung für den Abschluss von Tarifverträgen iSd. § 1 Abs. 1 TVG. Die in § 2 TVG enthaltene Aufzählung der möglichen Tarifvertragsparteien ist abschließend. Auf Arbeitnehmerseite kann Partei eines Tarifvertrags nur eine Gewerkschaft (§ 2 Abs. 1 TVG) oder ein Zusammenschluss von Gewerkschaften (§ 2 Abs. 2 und 3 TVG) sein.

65

2. Nach der Rechtsprechung des Senats muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um als Gewerkschaft nach § 2 Abs. 1 TVG tariffähig zu sein.

66

a) Die an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Anforderungen sind gesetzlich nicht bestimmt. Die Regelung in A III 2 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 und dem Gemeinsamen Protokoll über Leitsätze, die nahezu wortgleich den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen entspricht, stellt ebenfalls keine gesetzliche Normierung der an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Voraussetzungen dar. Sie hat zwar durch das Zustimmungsgesetz des Deutschen Bundestags vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) Aufnahme in den Willen des Gesetzgebers gefunden. Materielles Gesetz ist sie dadurch aber nicht geworden ( BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 c der Gründe, BAGE 95, 47 ). Es ist daher Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, im Rahmen der an sie herangetragenen Streitigkeit den unbestimmten Rechtsbegriff durch Auslegung im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG auszufüllen(vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 - 1 BvR 404/78 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233) und dabei die im Zustimmungsgesetz vom 25. Juni 1990 zum Ausdruck genommene Willensbekundung der Gesetzgebungsorgane der Bundesrepublik Deutschland zu beachten (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 36, BAGE 117, 308).

67

b) Eine Arbeitnehmervereinigung ist nach der Senatsrechtsprechung tariffähig, wenn sie sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt hat und willens ist, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehören die durch ihre Mitglieder vermittelte Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und eine leistungsfähige Organisation (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 30; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 34, BAGE 117, 308). Eine Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG liegt schon dann nicht vor, wenn die Satzung der Vereinigung die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern nicht vorsieht.

68

3. Auch der Begriff der Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG ist gesetzlich nicht näher geregelt. Die an eine Spitzenorganisation zu stellenden Anforderungen erschließen sich jedoch durch Auslegung dieser Bestimmung.

69

a) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern können nach § 2 Abs. 2 TVG Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn sie im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen und eine entsprechende Vollmacht haben. Solche Verbindungen von Gewerkschaften werden vom Gesetz nach dem in § 2 Abs. 2 TVG enthaltenen Klammerzusatz als Spitzenorganisationen bezeichnet. Wird eine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 2 TVG bevollmächtigt, handelt sie als Stellvertreter für den von ihr vertretenen Verband oder für die von ihr vertretene Mehrheit von Verbänden. Nicht die Spitzenorganisation, sondern die von ihr vertretene Tarifvertragspartei iSd. § 2 Abs. 1 TVG wird Partei des von der Spitzenorganisation abgeschlossenen Tarifvertrags.

70

b) Eine Spitzenorganisation kann auch selbst Partei eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört (§ 2 Abs. 3 TVG). Die Abschlussbefugnis muss nicht ausdrücklich in der Satzung der Spitzenorganisation aufgeführt werden; es genügt, wenn sich diese Aufgabe durch Auslegung der Satzung ermitteln lässt (vgl. BAG 22. März 2000 - 4 ABR 79/98 - zu II 1 b aa der Gründe, BAGE 94, 126). Die einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Mitglieder der in der Spitzenorganisation zusammengefassten Verbände sind dann an die von ihr im eigenen Namen abgeschlossenen Tarifverträge gebunden (BAG 6. Mai 2003 - 1 AZR 241/02 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 106, 124).

71

c) Eine Spitzenorganisation verfügt weder nach § 2 Abs. 2 TVG noch nach § 2 Abs. 3 TVG über eine originäre Tariffähigkeit(aA wohl Ricken Autonomie und tarifliche Rechtsetzung S. 305). Diese Vorschriften bestimmen lediglich, unter welchen zusätzlichen zu den in § 2 Abs. 1 TVG genannten Voraussetzungen ein solcher Verband Partei eines Tarifvertrags sein kann. Ihre Tariffähigkeit leitet eine Spitzenorganisation ausschließlich von ihren Mitgliedern ab. Dies folgt für die in Vollmacht handelnde Spitzenorganisation aus § 2 Abs. 2 TVG. Nichts anderes gilt bei einem Zusammenschluss von Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern nach § 2 Abs. 3 TVG. Die Spitzenorganisation kann zwar selbst Partei eines Tarifvertrags sein, sie wird dabei aber ausschließlich für ihre Mitgliedsverbände tätig. Diese können der Spitzenorganisation deren Tariffähigkeit daher nur im Rahmen ihrer eigenen Tariffähigkeit vermitteln (Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 437; Franzen BB 2009, 1472, 1474; Jacobs ZfA 2010, 27, 41).

72

d) Die sich zu einer Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammenschließenden Arbeitnehmerkoalitionen müssen selbst tariffähig sein. Dies setzt die Tariffähigkeit von sämtlichen das Tarifgeschehen der Spitzenorganisation bestimmenden Gewerkschaften voraus.

73

aa) Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 2 TVG und der Gesetzessystematik. Nach § 2 Abs. 2 TVG ist eine Spitzenorganisation ua. der Zusammenschluss von Gewerkschaften. Dabei folgt das TVG einem einheitlichen Gewerkschaftsbegriff. Nach § 2 Abs. 1 TVG sind auf Arbeitnehmerseite nur Gewerkschaften zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Dies setzt ihre Tariffähigkeit voraus. Dieses Verständnis liegt ersichtlich auch § 2 Abs. 2 TVG zugrunde, denn nur eine tariffähige Arbeitnehmerkoalition kann die Spitzenorganisation zum Abschluss eines Tarifvertrags bevollmächtigen. Für Zusammenschlüsse von Gewerkschaften nach § 2 Abs. 3 TVG gilt nichts anderes.

74

bb) Hierfür spricht auch der Normzweck. Die §§ 2 bis 4 TVG sollen einen rechtlichen Rahmen schaffen, auf dessen Grundlage sich die Normsetzung der Tarifvertragsparteien vollzieht. Dazu definiert das Gesetz in § 2 TVG zunächst die Parteien, die einen Tarifvertrag nach § 1 Abs. 1 TVG schließen können. Durch § 3 TVG wird der persönliche und zeitliche Geltungsbereich festgelegt, für den die von den Tarifvertragsparteien geschlossenen Rechtsnormen ihre Wirkung entfalten. Anschließend gestaltet § 4 TVG den Umfang der Normenwirkung für die erfassten Arbeitsverhältnisse der tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus. Da eine Spitzenorganisation über keine originäre Tariffähigkeit verfügt, sondern diese nur von ihren Mitgliedern ableitet, kann sie nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG geltende Tarifnormen auch nur für diese oder für die Mitglieder der ihr angeschlossenen Vereinigungen schaffen(Franzen BB 2009, 1472, 1475). Dies setzt aber deren Tariffähigkeit voraus (zu einer von Arbeitgebern gebildeten Spitzenorganisation: BAG 2. November 1960 - 1 ABR 18/59 - AP ArbGG 1953 § 97 Nr. 1). Ansonsten könnte auch eine nach § 2 Abs. 1 TVG nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalition entgegen der Konzeption des TVG durch einen Beitritt zu einer Spitzenorganisation die Geltung von Tarifnormen für ihre Mitglieder herbeiführen.

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cc) Das Erfordernis, dass eine Spitzenorganisation von Arbeitnehmervereinigungen nur aus tariffähigen Mitgliedern gebildet werden kann, schließt nicht aus, dass ihr vereins- oder verbandsrechtlich andere Vereinigungen angehören können, ohne dass hierdurch die Eigenschaft als Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG stets in Frage gestellt wäre(Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 112; Franzen BB 2009, 1472, 1474; Wiedemann/Thüsing RdA 1995, 280, 282; dazu tendierend auch Wiedemann/Oetker § 2 Rn. 426). Eine solche Befugnis wird ihr durch die Verbandsautonomie eröffnet. Es begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn eine von Gewerkschaften iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildete Spitzenorganisation in ihrer Satzung vorsieht, dass ihr auch andere, nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalitionen angehören können, soweit diese die tarifpolitischen Entscheidungen der Spitzenorganisation nicht beeinflussen können und eine solche Einwirkungsmöglichkeit auch satzungsrechtlich wirksam ausgeschlossen ist(für eine Vereinigung von Arbeitgebern: BAG 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 29, BAGE 130, 264; bestätigt durch BVerfG 1. Dezember 2010 - 1 BvR 2593/09 -). Danach könnte die Satzung einer solchen Spitzenorganisation zwar eine Form der Mitgliedschaft vorsehen, die nicht zu einer Tarifbindung führt. Es ist ihr aber verwehrt, die Geltung der nach § 2 Abs. 2 und 3 TVG abgeschlossenen Tarifverträge auf die Mitglieder der nicht tariffähigen Arbeitnehmerkoalition zu erstrecken.

76

e) Die zu einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften müssen dieser ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln. Dies setzt voraus, dass sich die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften in ihrem Organisationsbereich nicht nur teilweise, sondern vollständig miteinander verbinden. Dies folgt aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und einem am Normzweck orientierten Verständnis.

77

aa) Der Gesetzeswortlaut erfordert keine rechtliche Verbindung, bei der die vor dem Zusammengehen selbständigen Vereinigungen ihre Eigenständigkeit aufgeben. § 2 Abs. 2 TVG geht von dem Fortbestand der zusammengeschlossenen Verbände aus, für die von der Spitzenorganisation Tarifverträge abgeschlossen werden. Allerdings verlangt die Vorschrift einen „Zusammenschluss“ und damit eine vollständige Verbindung der Gewerkschaften zu einer Spitzenorganisation. Hieran fehlt es, wenn die sich miteinander verbindenden Verbände sich nur in Teilen ihrer Organisationsbereiche zusammenschließen.

78

bb) Dies folgt auch aus der Entstehungsgeschichte.

79

Nach dem Tarifvertragsrecht der Weimarer Republik konnten Parteien eines Tarifvertrags grundsätzlich nur Vereinigungen von Arbeitnehmern, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern sein (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Tarifvertragsordnung vom 23. Dezember 1918, RGBl. 1456). Spitzenorganisationen konnten keine Tarifverträge abschließen, da ihnen keine Arbeitgeber oder Arbeitnehmer unmittelbar als Mitglieder angehört haben. Nach § 1 Abs. 2 des vom Zentralamt für Arbeit in der britischen Besatzungszone vorgelegten Referentenentwurfs(sog. Lemgoer Entwurf) sollten Spitzenorganisationen nur tariffähig sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört. Mit dieser Regelung sollte den Bundesinnungsverbänden der Abschluss von Tarifverträgen für die örtlichen Organisationen des Handwerks ermöglicht werden. Der Gesetzgeber hat jedoch von einer Sonderregelung für den Bereich des Handwerks abgesehen und die nunmehr in § 2 Abs. 2 bis 4 TVG enthaltene differenzierende Regelung geschaffen. Hierdurch sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bedürfnis nach zentralen Regelungen und dem Autonomiebewusstsein der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände hergestellt werden (Herschel ZfA 1973, 183, 189 f.). Dabei ging auch der Gesetzgeber des TVG offensichtlich davon aus, dass der Zusammenschluss der Vereinigungen zu einem Spitzenverband - wie im Bereich des Handwerks - insgesamt und nicht nur in Teilen ihres Organisationsbereichs erfolgt.

80

cc) Dieses Verständnis gibt auch der das Tarifrecht beherrschende Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit vor.

81

(1) Nach der Senatsrechtsprechung ist die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG für den von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereich einheitlich und unteilbar. Für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung genügt es, dass diese über Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unerheblichen Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs verfügt. Eine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit gibt es nicht (5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 24; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 56, BAGE 117, 308). Der Senat hat es allerdings für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung ausreichen lassen, wenn diese in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs über eine ausreichende Mächtigkeit verfügt. Dies lässt regelmäßig erwarten, dass sich die Arbeitnehmerkoalition auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehlt, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwirft. Danach kann einer Arbeitnehmervereinigung einerseits die Tariffähigkeit insgesamt nicht versagt werden, wenn die Durchsetzungskraft oder die organisatorische Leistungsfähigkeit in irgendeinem Teilbereich fehlt, während sie andererseits nicht festgestellt werden kann, wenn sie nur in irgendeinem Teilbereich ihrer Tarifzuständigkeit über eine Durchsetzungskraft verfügt (28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 59 f., aaO).

82

(2) Die Vermittlung eines Teils der Tariffähigkeit der einer Spitzenorganisation angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften ist nicht ausreichend.

83

Durch den Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit erfährt eine Arbeitnehmerkoalition zwar insoweit eine Begünstigung, als ihr die Tariffähigkeit auch für die Teile des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs zugestanden wird, in denen es ihr an der erforderlichen Durchsetzungskraft fehlt. Anderseits führt dieses Verständnis von der Tariffähigkeit zugleich zu einer Beschränkung ihrer Möglichkeit, sich mit anderen Gewerkschaften zu einer Spitzenorganisation zusammenzuschließen. Denn sie kann nicht uneingeschränkt über ihre Tariffähigkeit verfügen, sondern muss diese der Spitzenorganisation insgesamt vermitteln. Fehlt es hieran, kann die Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit nicht auf die der ihr angeschlossenen Gewerkschaften stützen. Die vollständige Vermittlung der Tariffähigkeit der Mitgliedsgewerkschaften erfordert auch die Rechtssicherheit und die darauf beruhende Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Schließen sich tariffähige Gewerkschaften nicht in ihrem gesamten Organisationsbereich zu einer Spitzenorganisation zusammen, könnte zweifelhaft werden, ob diese in den ihr übertragenen Organisationsbereichen die notwendige Durchsetzungsfähigkeit besitzt. Es bestünde die Gefahr, dass die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften dieser nur die Bereiche übertragen, in denen sie selbst nur über eine unzureichende Durchsetzungskraft verfügen, was zugleich deren Fähigkeit in Frage stellt, durch Tarifverträge eine angemessene Regelung der Arbeitsbedingungen für die Mitglieder der Einzelgewerkschaften herbeizuführen.

84

f) Ebenso sind die tarifrechtlichen Anforderungen an eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG nicht erfüllt, wenn deren satzungsmäßige Zuständigkeit für den Abschluss von Tarifverträgen über die Organisationsbereiche der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften hinausgeht.

85

aa) Übersteigt der Organisationsbereich des Spitzenverbands die Zuständigkeiten der ihm angeschlossenen tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen, handelt es sich schon begrifflich nicht mehr nur um einen Zusammenschluss von Gewerkschaften. Eine solche Verbindung kann ihre Tariffähigkeit nicht mehr von den ihr angeschlossenen Gewerkschaften ableiten. Der Abschluss von Tarifverträgen für Arbeitsverhältnisse außerhalb des von ihnen selbst gewählten Organisationsbereichs beruht dann nicht mehr auf der eingegangenen Verbindung, sondern erfolgt davon losgelöst.

86

bb) Für eine Übereinstimmung der Zuständigkeit der Spitzenorganisation mit den Organisationsbereichen der Mitgliedsgewerkschaften spricht auch der Normzweck. Die Rechtssetzung durch Tarifnormen ist nach § 3 Abs. 1 TVG beschränkt auf die Mitglieder der tarifschließenden Parteien und den Arbeitgeber, der selbst Partei eines Tarifvertrags ist. Lediglich Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist (§ 3 Abs. 2 TVG). Der Abschluss von Tarifverträgen durch eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG führt daher zur Tarifbindung der Mitglieder der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften, sofern diese vom tariflichen Geltungsbereich erfasst werden. Ein Tarifvertragsschluss in einem Bereich, der außerhalb der Organisationsbereiche der Mitgliedsgewerkschaften liegt, kann auf Arbeitnehmerseite keine Tarifbindung erzeugen und geht ins Leere.

87

4. Diese Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation sichern die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie und sind gemessen an diesem Regelungsziel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

88

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung von gewissen Mindestvoraussetzungen abhängig gemacht wird. Allerdings dürften keine Anforderungen an die Tariffähigkeit gestellt werden, die die Bildung und Betätigung einer Koalition unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und -betätigung führen(20. Oktober 1981 - 1 BvR 404/78 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233; zuletzt 31. Juli 2007 - 2 BvR 1831/06 ua. - AP LPVG NW § 22 Nr. 2 = EzA GG Art. 9 Nr. 93). Anforderungen, die nicht zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie geeignet, erforderlich und angemessen sind, überschreiten die Grenze der Ausgestaltung. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit wäre verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 35).

89

b) Das Erfordernis, dass die in einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften dieser ihre gesamte Tariffähigkeit vermitteln müssen, schränkt weder die Bildung noch die Betätigung der zu einer Spitzenorganisation zusammengeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen unverhältnismäßig ein.

90

aa) Die kollektive Koalitionsfreiheit gewährleistet die Autonomie bei der Festlegung von verbandsinternen Organisationsstrukturen (ErfK/Dieterich 11. Aufl. Art. 9 GG Rn. 40). Die Entscheidung einer Gewerkschaft, auf welcher Gliederungsebene sie die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit erfüllen will, fällt daher in den durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Bereich. Dies betrifft zwar vornehmlich ihre Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang ihre eigenen Untergliederungen (Bezirks-, Landes- oder Bundesebene) Partei eines Tarifvertrags sein sollen. Der Grundrechtsschutz betrifft aber gleichermaßen ihren Entschluss, mit anderen Gewerkschaften eine Spitzenorganisation zu bilden, die für ihre Mitglieder entweder als Bevollmächtigte (§ 2 Abs. 2 TVG) oder kraft eigenen Satzungsrechts (§ 2 Abs. 3 TVG) Tarifverträge abschließt.

91

bb) Es ist nicht unverhältnismäßig, die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation an die vollständige Übertragung der Organisationsbereiche ihrer Mitgliedsgewerkschaften zu binden. Die damit verbundene Vermittlung ihrer Tariffähigkeit ist zur Wahrung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie geeignet und erforderlich und führt auch nicht zu einer unangemessenen Beschränkung der Koalitionsfreiheit der Mitgliedsgewerkschaften. Die zur Rechtssicherheit gebotene umfassende Übertragung des Organisationsbereichs auf die Spitzenorganisation schränkt die Handlungsmöglichkeiten der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften nicht nennenswert ein. Ihre Fähigkeit, selbst Tarifverträge für die von ihnen repräsentierten Arbeitnehmer abzuschließen, wird durch den Zusammenschluss nicht berührt, weil die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation neben die ihrer Mitglieder tritt. Darüber hinaus können Gewerkschaften mit unterschiedlichen Organisationsbereichen ohne die Bildung einer Spitzenorganisation jeweils im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit einen einheitlichen Tarifvertrag mit einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband im Wege einer Tarifgemeinschaft abschließen, bei der sie entweder gemeinsam oder einzeln Vertragspartei werden (BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84; 29. Juni 2004 - 1 AZR 143/03 - zu III 4 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Nr. 36 = EzA TVG § 1 Nr. 46).

92

cc) Ebenso ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, das Vorliegen einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG von der Begrenzung ihrer Zuständigkeit auf die Organisationsbereiche ihrer Mitgliedsgewerkschaften abhängig zu machen. Es ist schon fraglich, ob insoweit überhaupt die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigungsfreiheit der Mitgliedsgewerkschaften berührt wird, weil sich diese auf den von ihnen selbst gewählten Organisationsbereich beschränkt. Jedenfalls ist es nicht unverhältnismäßig, einem Verband von Gewerkschaften die Tariffähigkeit nach § 2 Abs. 3 TVG zu versagen, wenn dieser auch außerhalb des Zuständigkeitsbereichs seiner Mitglieder Tarifverträge abschließen soll. Die Tariffähigkeit einer von Gewerkschaften gebildeten Spitzenorganisation beruht auf der sozialen Mächtigkeit der von ihren Mitgliedern repräsentierten Arbeitnehmer. Dass es bei einem Tarifvertragsabschluss außerhalb der Organisationsbereiche der Mitgliedsgewerkschaften an einer solchen Durchsetzungskraft fehlt, ist offensichtlich. Solche Tarifabschlüsse können für sich nicht in Anspruch nehmen, eine durch Druck und Gegendruck bewirkte angemessene Regelung von Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das widerspricht der Funktion der Tarifautonomie, den von staatlicher Rechtssetzung freigelassenen Raum des Arbeitslebens durch Tarifverträge sinnvoll zu ordnen (BVerfG 6. Mai 1964 - 1 BvR 79/62 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 18, 18). Die damit verbundene Gefährdung der Tarifautonomie ist auch nicht deswegen hinzunehmen, weil bestimmte Vertragsformen des Arbeitslebens - wie etwa die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung - nicht rechtssicher und zwingend vom bisherigen Organisationsbereich der Arbeitnehmervereinigungen erfasst werden. Um auch solche Arbeitnehmer zu organisieren, bleibt einer Mitgliedsgewerkschaft die Möglichkeit der satzungsrechtlichen Erweiterung des eigenen Organisationsbereichs.

93

5. Die CGZP ist keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG, da sie nach ihrer Satzung keine Arbeitnehmer organisiert. Nach § 3 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 können nur die im CGB zusammengeschlossenen Arbeitnehmerkoalitionen ihren Beitritt zur CGZP erklären.

94

6. Die CGZP ist auch keine tariffähige Spitzenorganisation. Die tarifrechtlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 TVG liegen nicht vor. Die Mitglieder der CGZP haben ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Zudem geht der Organisationsbereich der CGZP über den ihrer Mitglieder hinaus. Daher kann dahinstehen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vielzahl der von ihr mit Arbeitgebern abgeschlossenen Vereinbarungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung eine soziale Mächtigkeit der CGZP belegt.

95

a) Die CGM, die DHV und die GÖD haben ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Die CGZP ist nicht in dem gesamten durch die Satzungen ihrer Mitglieder bestimmten Organisationsbereich zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Ihre Tarifzuständigkeit ist nach § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 auf Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden beschränkt, die oder deren Mitglieder als Verleiher Dritten(Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung überlassen wollen. Dass der Organisationsbereich der CGZP auf den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung beschränkt ist, wird von der CGZP selbst und ihren Mitgliedern nicht in Frage gestellt.

96

b) Die Zuständigkeit der CGZP geht zudem über die ihrer Mitglieder hinaus. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Der Organisationsbereich der CGM, der DHV und der GÖD erfasst weder für sich allein noch bei einer Gesamtschau sämtliche Arbeitsverhältnisse im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung iSd. § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009.

97

aa) Die fehlende Zuständigkeit der Mitglieder der CGZP für den gesamten Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ist im vorliegenden Verfahren zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben. Weder die CGZP noch ihre am Verfahren beteiligten Mitglieder haben in den Vorinstanzen geltend gemacht, dass deren Organisationsbereich entweder einzeln oder in der Summe die gesamte gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung umfasst. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Auslegung der Satzungen der CGM, der DHV und der GÖD.

98

bb) Das Landesarbeitsgericht hat die Satzung der CGM dahingehend ausgelegt, dass diese für Leiharbeitnehmer zuständig ist, die in den in § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 CGM-Satzung angeführten Unternehmen oder Betrieben als Leiharbeitnehmer beschäftigt werden, wenn diese von einem dort genannten Metallarbeitgeber überlassen worden sind. Es kann dahinstehen, ob die CGM nach ihrer Satzung tatsächlich nur für Leiharbeitnehmer zuständig ist, wenn die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Metallarbeitgebern erfolgt. Hierfür könnte allerdings sprechen, dass die CGM einem solchen Satzungsverständnis in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht entgegengetreten ist und auch nach ihrem Vortrag eine darüber hinausgehende Zuständigkeit bisher nicht beansprucht hat. Jedenfalls ist der Organisationsbereich der CGM auf Arbeitnehmer beschränkt, die mit einem in § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 CGM-Satzung angeführten Unternehmen oder Betrieb ein Leiharbeitsverhältnis begründet haben.

99

cc) Die DHV war nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung vom 12. März 2007 für Arbeitnehmer „insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen“ zuständig. Diese Bestimmung hat der Senat in seiner Entscheidung vom 10. Februar 2009 dahingehend ausgelegt, dass die DHV für Arbeitnehmer in anderen als kaufmännischen und verwaltenden Berufen nicht tarifzuständig ist (- 1 ABR 36/08 - Rn. 25, BAGE 129, 322). Danach war der Organisationsbereich der DHV im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung bis zu ihrer Satzungsänderung im Jahr 2009 jedenfalls auf Leiharbeitnehmer beschränkt, mit denen zugleich die Tätigkeit in kaufmännischen und verwaltenden Berufen vereinbart worden ist. Nach § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 und 4 der am 12. Juni 2009 in das Vereinsregister eingetragenen Satzung ist die DHV nunmehr auch für Arbeitnehmer zuständig, die in eine Branche oder in Unternehmen überlassen werden, die in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 DHV-Satzung 2009 oder im Anhang zur Satzung aufgeführt sind. Selbst nach dieser Satzungsänderung erstreckt sich der Organisationsbereich der DHV aber allenfalls auf Leiharbeitnehmer für die Dauer ihres Einsatzes in Betrieben des Groß-, Außen- und Einzelhandels, der Warenlogistik, der Finanz- und Versicherungswirtschaft, der gesetzlichen Sozialversicherung sowie in Dienstleistungsbetrieben, die diesen Branchen zugeordnet sind, sowie in den im Anhang 1 genannten Branchen und Unternehmen.

100

dd) Die GÖD ist nur für Leiharbeitsverhältnisse zuständig, die mit öffentlichen Arbeitgebern begründet werden.

101

(1) Die GÖD organisierte nach § 2, § 5 Abs. 1 ihrer Satzung vom 20./21. April 2005 bundesweit neben den aktiven und den ausgeschiedenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes „Arbeitnehmer/innen von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen, die auch die Grundsätze und die Satzung der GÖD anerkennen und bereit sind, ihre Ziele zu fördern und keiner konkurrierenden Gewerkschaft angehören“.

102

(2) Die GÖD hat ihren Organisationsbereich bisher nicht auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung erweitert. Zwar ist die zuvor in § 5 Abs. 1 GÖD-Satzung 2005 enthaltene personenbezogene Einschränkung in der aktuellen Satzung der GÖD aus dem Jahr 2009 nicht mehr enthalten. Daneben spricht auch der Wortlaut von § 2 Abs. 1, § 5 GÖD-Satzung 2009 für eine umfassende Zuständigkeit der GÖD für den gesamten privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich, zu dem auch die Arbeitnehmerüberlassung zählt. Eine entsprechende Ausdehnung ihres Organisationsbereichs setzt aber voraus, dass die Arbeitnehmerüberlassung in einer Anlage zur Satzung der GÖD gesondert aufgeführt wird. Dies folgt aus dem Regelungszusammenhang der GÖD-Satzung 2009 und dem Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung.

103

(a) Die GÖD hat ihre Zuständigkeit für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich bisher noch nicht abschließend festgelegt. Während ihr Organisationsbereich für den Bereich des öffentlichen Dienstes nach Beschäftigtengruppen, Arbeitgebern und Einrichtungen unverändert in § 2 Abs. 1 GÖD-Satzung detailliert beschrieben wird, fehlt es für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich noch an einer entsprechenden Ausgestaltung, die aus Sicht der GÖD den Bestimmtheitserfordernissen genügt. Eine solche Konkretisierung soll nach ihrer Satzung durch die in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 GÖD-Satzung 2009 in Aussicht gestellte Beifügung einer Anlage erfolgen, in der einzelne Branchen aufgeführt werden, für die von der GÖD eine Tarifzuständigkeit beansprucht wird. Bis zur Aufnahme der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung in eine solche Anlage hat die GÖD ihren Organisationsbereich im privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich gegenüber der Satzung aus dem Jahr 2005 nicht erweitert.

104

(b) Eine Zuständigkeit der GÖD für den gesamten Bereich der Arbeitnehmerüberlassung würde zudem die Mitgliedschaft der GÖD in der CGZP in Frage stellen. Nach § 21 Abs. 1 ihrer Satzung aus dem Jahr 2009 kann die GÖD eine Zusammenarbeit nur mit nicht konkurrierenden Gewerkschaften, Berufsverbänden oder Arbeitnehmervereinigungen eingehen. Ein solches, nach dem Willen der Satzungsgeber der GÖD offensichtlich unerwünschtes Konkurrenzverhältnis zu anderen im CGB organisierten Gewerkschaften würde aber entstehen, wenn die GÖD ua. für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung umfassend zuständig wäre.

105

(c) Einer Auslegung der GÖD-Satzung 2009, wonach die GÖD ohne Beschränkung auf einzelne Branchen für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich zuständig wäre, stünde überdies das Verbot der existenzgefährdenden Auslegung entgegen.

106

(aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist bei der Auslegung einer Satzung einer Arbeitnehmerkoalition zu berücksichtigen, dass ein zur möglichen Bestandsgefährdung der Vereinigung führendes Satzungsverständnis dem Sinn und Zweck der Bestimmungen und dem darin objektivierten Willen des Satzungsgebers widerspricht. Bei der Auslegung von Satzungsbestimmungen zum Umfang der Tarifzuständigkeit einer Arbeitnehmerkoalition hat daher eine Sichtweise zu unterbleiben, welche zum Wegfall der Tariffähigkeit führen würde, solange eine andere Auslegung nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen möglich ist (10. Februar 2009 - 1 ABR 36/08 - Rn. 44, BAGE 129, 322).

107

(bb) Eine umfassende Tarifzuständigkeit der GÖD für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit deren Tarifunfähigkeit zur Folge, weil sie für diesen erweiterten Organisationsbereich angesichts der von ihr behaupteten Mitgliederzahl von nur 57.000 Mitgliedern nicht mehr über die nach § 2 Abs. 1 TVG erforderliche soziale Mächtigkeit verfügen würde. In der öffentlichen Verwaltung waren bundesweit im Jahresdurchschnitt 2009 2,823 Mio. Erwerbstätige und im übrigen Dienstleistungsbereich 14,374 Mio. Erwerbstätige beschäftigt (Quelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2009 S. 30). Bei einer Zuständigkeit der GÖD für die privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbetriebe wäre ihr Organisationsbereich um mehr als das Fünffache erweitert, was mit einem Absinken des Organisationsgrads der dort beschäftigten Erwerbstätigen in der GÖD auf ca. 0,3 % verbunden wäre. Eine Ausweitung der Zuständigkeit der GÖD auf den privaten Dienstleistungsbereich würde ihre Durchsetzungskraft als sozialer Gegenspieler der Arbeitgeberseite nicht nur in einem kleinen Teilbereich, sondern umfassend in Frage stellen. Dass die GÖD im privaten Dienstleistungsbereich überhaupt über eine nennenswerte Mitgliederzahl verfügt oder auf eine hinreichend leistungsfähige Organisation zurückgreifen kann, ist angesichts ihrer historischen Ausrichtung auf den öffentlichen Dienst kaum anzunehmen.

108

(3) Der Organisationsbereich der GÖD ist danach gegenwärtig auf Leiharbeitsverhältnisse beschränkt, die von einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes begründet werden.

109

ee) Einer Auslegung der Satzung der CGZP, wonach sich deren Organisationsbereich nicht auf den ihrer Mitglieder beschränkt, steht auch das Verbot der existenzgefährdenden Satzungsauslegung nicht entgegen. Die CGZP-Satzung 2009 lässt die vom AMP unter Hinweis auf § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 geforderte einschränkende Auslegung nicht zu.

110

Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 entspricht § 1 CGZP-Satzung 2005 und ist eindeutig. Der fachliche Organisationsbereich erstreckt sich danach auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Er wird lediglich personenbezogen für die Mitglieder der ihr angeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen eingeschränkt. Dies entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über die Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Die in § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 enthaltene Regelung ist für das systematische Verständnis unergiebig. Sie regelt nur das Verfahren für einen Tarifvertragsabschluss von Mitgliedern der CGZP, den diese im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit vornehmen. Daneben beruht die jetzige Fassung von § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 auf den Ausführungen des Arbeitsgerichts Berlin über die „Abtretung der Tarifhoheit“ der Mitglieder der CGZP. Eine auf den fachlichen Organisationsbereich ihrer Mitglieder beschränkte Zuständigkeit hat die CGZP im vorliegenden Verfahren selbst nicht geltend gemacht. Dagegen spräche auch ihre Tarifpraxis. Die CGZP hat bis zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg Firmen- und Verbandstarifverträge außerhalb des Organisationsbereichs ihrer Mitglieder abgeschlossen und schließt diese nach wie vor ab.

111

c) Nachdem den Anträgen bereits aus anderen Gründen entsprochen wird, kann dahinstehen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird.

112

d) Da es schon an den tarifrechtlichen Voraussetzungen einer Spitzenorganisation fehlt und eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG Tariffähigkeit nur durch ihre Mitglieder erlangen kann, kommt es nicht darauf an, ob die CGZP ihre soziale Mächtigkeit durch die Anzahl der von ihr mit Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Vereinbarungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung unter Beweis stellen konnte. Es war deshalb auch nicht zu klären, ob Tarifverträge, deren Gegenstand allein darauf gerichtet ist, unter Nutzung der Tariföffnungsklausel in § 9 Nr. 2 AÜG von dem gesetzlichen Gleichstellungsgebot(§ 3 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 4 AÜG) abzuweichen, die soziale Mächtigkeit einer neu gegründeten Arbeitnehmervereinigung belegen können.

113

V. Der vom Land Berlin im Schriftsatz vom 9. November 2010 angekündigte Antrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist nach seinem Wortlaut nur für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellt worden. Diese interprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten. Es kann daher dahinstehen, ob das Land Berlin gehalten war, die im Hilfsantrag liegende Antragserweiterung durch eine Anschlussrechtsbeschwerde in das Verfahren einzuführen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Olaf Kunz    

        

    Hann    

                 

Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 wird das Verfahren auf Antrag einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern oder der obersten Arbeitsbehörde des Bundes oder der obersten Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt, eingeleitet.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 4 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vereinigung, über deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit zu entscheiden ist, ihren Sitz hat.

(2a) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend.

(3) Der rechtskräftige Beschluss über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung wirkt für und gegen jedermann. Die Vorschrift des § 63 über die Übersendung von Urteilen gilt entsprechend für die rechtskräftigen Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4.

(4) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit darauf beruht, daß ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.

(5) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlußverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 auszusetzen. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlußverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 antragsberechtigt.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 wird das Verfahren auf Antrag einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern oder der obersten Arbeitsbehörde des Bundes oder der obersten Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt, eingeleitet.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 4 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vereinigung, über deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit zu entscheiden ist, ihren Sitz hat.

(2a) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend.

(3) Der rechtskräftige Beschluss über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung wirkt für und gegen jedermann. Die Vorschrift des § 63 über die Übersendung von Urteilen gilt entsprechend für die rechtskräftigen Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4.

(4) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit darauf beruht, daß ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.

(5) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlußverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 auszusetzen. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlußverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 antragsberechtigt.


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 25. März 2011 - 8 Ca 1031/99 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Der beschwerdeführende Kläger wendet sich gegen die gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG erfolgte Aussetzung seines am 29. Juni 2009 eingeleiteten Klageverfahrens, mit welchem er als verliehener Arbeitnehmer ab August 2003 bis einschließlich Januar 2009 equal-pay Ansprüche sowie Urlaubsabgeltungsansprüche in Höhe von insgesamt 90.860,21 € verfolgt.

2

Die ursprünglich unter dem Namen E Personal- und Service GmbH firmierende Beklagte des Ausgangsverfahrens verleiht gewerbsmäßig Arbeitnehmer in andere Betriebe.

3

Der Kläger war im Anspruchszeitraum als Leiharbeitnehmer beschäftigt.

4

Der unter dem 01. August 2003 geschlossene Formular-Arbeitsvertrag enthält in § 3 folgende Regelung:

5

§ 3 Anzuwendender Tarifvertrag
Die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis regeln sich nach dem Tarifvertrag Zeitarbeit und PSA. hier dem Manteltarifvertrag (MTV) zwischen der Tarifgemeinschaft C Gewerkschaften Zeitarbeit und P nachfolgend CGZP - und der Interessengemeinschaft N Zeitarbeitnehmen e. V. - nachfolgend INZ - in der jeweils gültigen Fassung.

6

Ergänzend finden die gesetzlichen Regelungen Anwendung.

7

Zur Vergütung enthält § 4 des Arbeitsvertrages folgende Regelung:

8

§ 4 Vergütung
Der Mitarbeiter wird entsprechend der ausgeübten Tätigkeit auf Grundlage des Entgeltrahmentarifvertrages bzw. Entgelttarifvertrages, abgeschlossen zwischen der CGZP und der INZ in die tarifliche Entgeltgruppe E 4 eingestuft. Auf Grundlage dieser Einstufung errechnet sich folgender Brutto-Stundenlohn:

9

Entgeltgruppe E 4

        

Grundlohn pro Stunde

7,80 €

Produktivlohn pro Stunde

9,50 €

Vermögenswirksame Leistungen pro Monat

 13,50 €

10

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern, welches den Rechtsstreit bis zur Vorlage der vollständigen Begründung des Urteils des BAG vom 14. Dezember 2010 - AZ: 1 ABR 19/10 - mit Beschluss vom 26. Januar 2011 "ausgesetzt" hatte, fasste nach Wideraufruf des Verfahrens durch den Kläger am 25. März 2011 folgenden Beschluss:

11

Der Rechtsstreit wird/bleibt gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft C Gewerkschaften für Z und P S Agenturen (CGZP) im Zeitpunkt des Abschlusses der für den Zeitraum August 2003 bis Dezember 2008 einschlägigen Tarifverträge, geschlossen zwischen der CGZP und dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP), ausgesetzt.

12

Gegen den am 29. März 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12. April 2011 eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers. In ihr wird eine mangelnde Erkennbarkeit deren Aussetzung und ihre Berechtigung sowie die Vorgehensweise des Arbeitsgerichtes beanstandet.

13

Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf die Schriftsätze vom 28. April 2011 (Bl. 174 - 176 d. A.) und 6. Juni 2011 (Bl. 268 - 271 d. A.) Bezug genommen.

14

Die Beklagte hat in ihrem Zurückweisungsantrag insbesondere darauf abgestellt, dass das Bundesarbeitsgericht in der maßgeblichen Entscheidung vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - für die streitigen Zeiträume keine rechtskräftigen Entscheidungen getroffen habe. In den Beschlussgründen sei ausgeführt, dass aufgrund der erfolgten Antragstellung nur eine gegenwartsbezogene Entscheidung habe getroffen werden können.

15

Auf die diesbezügliche Begründung im Schriftsatz vom 28. März 2011 (Bl. 160 - 161 d. A.) sowie die jeweiligen späteren Ergänzungen im Schriftsatz vom 14. Juni 2011 (Bl. 328 - 330 d. A.) wird Bezug genommen.

II.

16

Die statthafte und insgesamt zulässige sofortige Beschwerde ist n i c h t begründet.

17

Die Aussetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts vom 25. März 2011 ist nach § 95 Abs. 5 ArbGG gerechtfertigt. Sie stellt die Reaktion auf den ausdrücklich zuletzt gestellten Aussetzungsantrag der Beklagten dar und ist entgegen der Ansicht des Klägers auch inhaltlich deutlich. Die Formulierung des unter I der Gründe dargestellten Tenors des angefochtenen Beschlusses ("wird/bleibt" "ausgesetzt") ist an § 97 Abs. 5 ArbGG festgemacht und will zugleich erkennbar an der Aussetzungsberechtigung gemäß dem ursprünglichen Beschluss vom 26. Januar 2011 festhalten.

18

Für das Beschwerdeverfahren ist von rechtlicher Bedeutung, dass die Auffassung des aussetzenden Gerichts über die Entscheidungserheblichkeit der Tariffähigkeit nur begrenzt nachprüfbar ist. Sie ist solange anzunehmen, wie der Mangel der Entscheidungserheblichkeit n i c h t o f f e n s i c h t l i c h ist (zutreffend: Schwab/Weth/Walker, Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz, 3. Aufl., § 97 Rz. 48 m. w. N. auf BAG Beschluss vom 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 = NZA 2008, 489 BAG Beschluss vom 26. Oktober 2009 - 3 AZB 24/99 = NZA 2009, 1436). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

19

§ 97 Abs. 5 ArbGG, wonach das Gericht das Verfahren auszusetzen hat, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits u. a. von der Tariffähigkeit einer Vereinigung abhängt, will mit der normierten Notwendigkeit im Procedere ein Höchstmaß an Klarheit für die Befugnis zur Normsetzung erreichen (vgl. BAG Beschluss vom 25. September 1996 - 1 ABR 25/96 = NZA 1997, 668 (670) m. zust. Anm. Oetker in AP Nr. 4 zu § 97 ArbGG 1979). Die Annahme des Arbeitsgerichts, dass die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits von der Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft C Gewerkschaften Z und P -CGZP - abhängt, ist angesichts des dargestellten eingeschränkten Prüfungsmaßstabes nicht offensichtlich unzutreffend. Die Klageforderung kann nämlich nur begründet sein, wenn die in arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge unwirksam sind. Dies könnte sich ersichtlich lediglich aus einer fehlenden Tariffähigkeit der CGZP im Anspruchszeitraum ergeben. Dies wird auch aus § 9 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) deutlich, wonach Vereinbarungen unwirksam sind, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechter als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgeltes vorsehen, falls nicht eine zeitlich begrenzte Überlassung eines zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmers gegeben ist.

20

Die Auffassung der Beklagten, wonach im Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - ausdrücklich darauf abgehoben wird, dass "die gegenwartsbezogene Feststellungsanträge" begründet sind (Ziffer 63 des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichtes) hat im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung daher rechtliche Relevanz. Dass für die klagegegenständlichen Zeiträume noch keine rechtskräftige Entscheidung getroffen wurde und damit letztlich ein Aussetzungsbedarf besteht, ist nicht von der Hand zu weisen. Mit dem Kläger ist für die Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft zwar vom Tenor der Entscheidung auszugehen; maßgeblich bleibt jedoch auch der Klageantrag über den entschieden wurde, wenn der Inhalt der Entscheidung anhand des Tenors nicht eindeutig bestimmt werden kann. In den Gründen des Beschlusses des BAG vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - wird auf die Gegenwartsbezogenheit des Antrages hingewiesen, so dass ein möglicher Aussetzungsgrund wegen der klagegegenständlichen Zeiträume vor dem Entscheidungsdatum des BAG-Beschlusses besteht.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

22

Der Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 72 Abs. 2, 78 Satz 2 ArbGG.


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz, AZ: 4 Ca 1451/11, vom 01.07.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten im Verfahren 4 Ca 1451/11, anhängig beim Arbeitsgericht Koblenz, über Equal-Pay-Ansprüche des Klägers aus einem Beschäftigungszeitraum vom 01.07.2010 bis einschließlich 31.12.2010.

2

Das Arbeitsverhältnis der Parteien, das nach Vortrag des Klägers zum 31.01.2011 sein Ende gefunden hat, beruht auf dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 20.07.2010 (Bl. 13 bis 20 d.A.), welcher auszugsweise nachfolgenden Inhalt hat:

3

§ 1 Tarifvertrag; Geltungsvorrang; Nachwirkung; Geltung anderweitiger Tarifverträge; Einsichtsmöglichkeit

4

(1) Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen der Tarifgemeinschaft ABC Gewerkschaften Zeitarbeit und P. (ABC) und T. geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen- und Entgelttarifvertrag sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der Mitgliedsgewerkschaften der ABC ist. im Falle eines Tarifwechsels nach Maßgabe von § 19 treten die neuen Tarifverträge anstelle der in Satz 1 genannten Tarifverträge.

5

(2) Die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge gehen den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vor. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine Abweichung durch Arbeitsvertrag ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 TVG, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

6

(3) Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

7

(4) Ab dem Zeitpunkt, für den erstmals durch eine gerichtliche Entscheidung mit Rechtskraft gegenüber dem Mitarbeiter festgestellt wird, dass die ABC im Hinblick auf die Unternehmen der Zeitarbeitsbranche nicht tariffähig und/oder nicht tarifzuständig ist, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen, sondern nach den zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. (iGZ) und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften ist. Sobald ein Fall gemäß Satz 1 eintritt und T. hiervon Kenntnis erhält, wird T. den Mitarbeiter schriftlich darüber informieren, ab welchem Zeitpunkt für ihn die zwischen dem IGZ und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträge gelten.

8

9

§ 19 Tarifwechsel

10

(1) Sofern T. in einen für T. zuständigen Arbeitgeberverband eintritt, treten die von diesem Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge (Tarifwechsel bei Verbandseintritt). Es gelten ggf. folgende Regelungen:

11

a) Soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge im Zeitpunkt des Verbandseintritts günstigere Leistungen zu Gunsten des Mitarbeiters vorsehen, hat der Mitarbeiter für den Zeitraum nach dem Verbandseintritt Anspruch auf diese günstigeren Leistungen nach Maßgabe der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge in der Fassung, die im Zeitpunkt des Verbandseintritts gültig ist sofern in den in § 1 Abs1 genannten Tarifverträgen bereits eine Erhöhung der Leistungen zu Gunsten des Mitarbeiters für die Zukunft vorgesehen ist, nimmt der Mitarbeiter an dieser Erhöhung nicht teil.

12

b) Im Hinblick auf die Entgeltbedingungen sind für die Durchführung dieses Günstigkeitsvergleichs die Gesamtsummen der Entgeltansprüche einschließlich etwaiger Aufwendungsersatzansprüche pro Kalenderjahr miteinander zu vergleichen, die dem Mitarbeiter nach Maßgabe der jeweiligen Tarifverträge in der im Zeitpunkt des Verbandseintritts geltenden Fassung zustehen.

13

c) Für die übrigen Ansprüche des Mitarbeiters gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz entsprechend.

14

Der Kläger war vom 27.07.2010 bis einschließlich 31.01.2011 bei dem beklagten Leiharbeitsunternehmen im Rahmen einer 35-Stunden-Woche zu 10,15 € brutto die Stunde beschäftigt. Im Zeitraum 01.07.2010 bis 31.12.2010 war er an die Fa. K. ausgeliehen, die ihren festangestellten Mitarbeitern einen tariflichen Stundenlohn von 15,39 € brutto entrichtet.

15

Zwischen der Beklagten und der Tarifgemeinschaft ABC Gewerkschaften Zeitarbeit und P. (ABC) wurden für den vorliegenden streitgegenständlichen Zeitraum Haustarifverträge geschlossen, die bei der Beklagten am 06.10.2009 vollständig unterzeichnet vorlagen und zum 01.11.2009 in Kraft traten.

16

Am 30.05.2011 hat das Arbeitsgericht Berlin, AZ: 29 BV 13947/10, hinsichtlich der ABC festgestellt, dass diese zu den Daten 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008 nicht tariffähig war. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin ist nicht rechtskräftig. Das Beschwerdeverfahren ist unter dem AZ: 24 TaBV 1285/11 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg derzeit anhängig.

17

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen,

18

sie bestreite die Tarifunfähigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt des Abschluss der hier streitigen Haustarifverträge. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 zur Tarifunfähigkeit der ABC gelte lediglich für zukünftige Zeiträume. Die Haustarifverträge würden von der Rechtskraftwirkung der BAG-Entscheidung nicht erfasst.

19

Die Beklagte hat beantragt,

20

den Rechtsstreit gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens m Sinne des § 2 a Abs. 1 Ziffer 4 ArbGG, in dem die Frage der Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft ABC Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (ABC) im Zeitpunkt des Abschlusses der für die streitgegenständlichen Monate Juli 2010 bis Dezember 2010 einschlägigen Tarifverträge, geschlossen zwischen der Tarifgemeinschaft ABC Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (ABC) und der Beklagten, zu klären ist, auszusetzen.

21

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

22

den Aussetzungsantrag abzulehnen.

23

Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, vertritt er die Ansicht, die Rechtskraftwirkung dieser Entscheidung erfasse auch den Zeitraum des Abschlusses des hier vorliegenden Tarifvertrages. Für die Rechtskraftwirkung sei nicht auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 07.12.2009 sondern auf die Antragstellung beim Arbeitsgericht Berlin im März 2008 abzustellen. Darüber hinaus sei Gegenstand der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes die Satzung der ABC vom 08.10.2009 gewesen. Diese habe das Bundesarbeitsgericht geprüft. Darüber hinaus habe das BAG in den Entscheidungsgründen festgestellt, die Satzung aus 2005 der ABC entspräche der des Jahres 2009 inhaltlich.

24

Das Arbeitsgericht hat mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss vom 01.07.2011, AZ. 4 Ca 1451/11 den Rechtsstreit gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG ausgesetzt. Es hat unter Darstellung der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Rechtsansichten festgestellt, der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, habe die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der ABC, auf Grundlage der dort gestellten Anträge gegenwartsbezogenen getroffen. Prüfungsgegenstand sei die Tariffähigkeit der ABC anhand der Satzung vom 08.10.2009 gewesen. Die materielle Rechtskraft dieser Entscheidung erfasse daher nur den Zeitraum ab Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 07.12.2009. Eine Rückwirkung des Beschlusses nach § 97 Abs. 1 ArbGG komme aufgrund der ausdrücklich gegenwartsbezogen gestellten Anträge nicht in Betracht.

25

Eine rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit der ABC läge im Zeitpunkt des Abschlusses der hier einschlägigen Haustarifverträge nicht vor. Das Ausgangsverfahren müsse gemäß § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG daher ausgesetzt werden. Dies selbst wenn das Gericht der Überzeugung wäre, dass die ABC nicht tariffähig sei.

26

Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist dem Beschwerdeführer am 11.07.2011 (Bl. 146 d. A) zugestellt worden. Mit per Fax (vorab) am 20.07.2011 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger und Beschwerdeführer sofortige Beschwerde eingelegt und diese wie folgt begründet.

27

Das Bundesarbeitsgericht habe am 14.12.2010 die fehlende Tariffähigkeit der ABC festgestellt. Diese Entscheidung im Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG begründe oder beende die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft nicht, sondern stelle dieselbige lediglich fest. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 sei losgelöst von einem etwaigen Zeitmoment zu betrachten. Sie habe inhaltlich festgestellt, dass die ABC nicht tariffähig sei, mit der Folge, der Nichtigkeit sämtlicher durch diese Vereinigung abgeschlossenen Tarifverträge. Zur Bestimmung der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht bloß auf den Tenor dieser Entscheidung abzustellen. Vielmehr sei zudem auf den gestellten Antrag und den zugehörigen Lebenssachverhalt zurückzugreifen. Bei verständiger Würdigung des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 sei daher festzustellen, dass die Anträge lediglich deshalb gegenwartsbezogen gestellt worden seien, um dem Einwand der ABC hinsichtlich angeblich doppelter Rechtshängigkeit entgegen zu wirken. Mit der gegenwartsbezogenen Antragstellung habe man daher ein prozessuales Hindernis umschifft, um eine materielle Entscheidung des BAG zu ermöglichen. Das Bundesarbeitsgericht habe in den Entscheidungsgründen die Satzung der ABC aus dem Jahre 2009, die im entscheidenden Gesichtspunkt wortidentisch sei mit der aus dem Jahre 2005, der Entscheidung zu Grunde gelegt. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache sei bei konsequenter Betrachtung des zweigliedrigen Streitgegenstands festzustellen, dass die ABC auch in der Vergangenheit nicht tariffähig gewesen sei.

28

Eine formelle Unterscheidung der Verfahren nach §§ 97 Abs. 1 ArbGG und 97 Abs. 5 ArbGG sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2006, 10 AZR 665/05 unzulässig.

29

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin verteidigt den Aussetzungsbeschluss und weist erneut darauf hin, der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts sei ausdrücklich gegenwartsbezogen. Das Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG könne von der Antragstellung her ohne weiteres Vergangenheitsbezug aufweisen oder aber auch wie im Verfahren des Bundesarbeitsgerichts nur gegenwartsbezogen sein. Im Verfahren des Bundesarbeitsgerichts (1 ABR 19/10) seien ausdrücklich ausschließlich gegenwartsbezogene Anträge gestellt worden. Folglich sei am 14.12.2010 eine gegenwartsbezogene Entscheidung getroffen worden, die ggfls. noch für die Zukunft Wirkung zeige, aber keine Rückwirkung habe.

30

Für die weitere Sachdarstellung wird Bezug genommen auf den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 01.07.2011 und auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze.

II.

31

Die statthafte und insgesamt zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

32

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft.

33

Gemäß § 252 ZPO ist das statthafte Rechtsmittel, auch bei Aussetzung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen außerhalb der ZPO, die sofortige Beschwerde gemäß § 567 ff. ZPO.

34

Eine sonstige gesetzliche Bestimmung außerhalb der ZPO die von § 252 ZPO erfasst wird, ist § 97 Abs. 5 ArbGG (vgl. BAG, 28.01.2008, 3 AZB 30/07; im weiteren soweit nicht anders gekennzeichnet jeweils zitiert nach juris).

35

2. Der Beschwerdeführer hat auch gemäß § 569 Abs. 1 und 2 ZPO die Beschwerde innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Koblenz vom 07.07.2011 mit Gerichtseingang am 21.07.2011 fristgerecht eingelegt und zugleich begründet.

36

3. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

37

Die Aussetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts vom 01.07.2011 ist gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG gerechtfertigt.

38

Gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG ist für den Fall, dass die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder tarifzuständig ist, das Verfahren auszusetzen, bis im Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit und -zuständigkeit dieser Vereinigung entschieden ist. Damit hängt die Entscheidung gemäß § 97 Absatz 5 ArbGG über die Aussetzung davon ab, ob einerseits Streit über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung besteht und darüber hinaus diese Frage sich streitentscheidend auf das Verfahren auswirkt.

39

a) Hinsichtlich letztere Frage ist im Beschwerdeverfahren von Bedeutung, dass die Ansicht der Vorinstanz über die im ausgesetzten Rechtsstreit maßgebenden Rechtsfragen solange zu Grunde zu legen ist, wie der Mangel der Entscheidungserheblichkeit nicht offensichtlich ist (vgl. BAG, 26.10.2009, 3 AZB 24/09, 28.01.2008, 3 AZB 30/07).

40

Das Arbeitsgericht hat ausgehend von der Regelung der §§ 10 Abs. 4 i. V. m. 9 Ziffer 2 AÜG angenommen, die am 06.10.2009 unterzeichneten und am 01.11.2009 in Kraft getretenen Haustarifverträge der Beklagten mit der ABC seien für die Frage der Entscheidung des Equal-Pay-Anspruchs des Klägers im Zeitraum Juli 2010 bis einschließlich 31.12.2010 aufgrund der In Bezugnahme dieser Tarifverträge in § 1 des Arbeitsvertrages ausschlaggebend. Es käme daher gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit der ABC an. Diese Ansicht des Arbeitsgerichts ist nicht offensichtlich fehlerhaft.

41

Es kann nicht angenommen werden, dass die Tarifverträge offensichtlich keine Anwendung fänden.

42

(1) Ein Fall des § 19 des Arbeitsvertrages, der einen etwaigen Tarifwechsel vorsieht, ist von den Parteien nicht vorgetragen. Auch die Regelung in § 1 Abs. 4 des Arbeitsvertrages (deren Wirksamkeit offen bleiben kann) lässt die Entscheidungserheblichkeit der hier streitigen Tarifverträge nicht offensichtlich entfallen.

43

Gemäß § 1 Abs. 4 des Arbeitsvertrages der Parteien, bestimmen sich nach gerichtlicher rechtskräftigen Feststellung der Tarifunfähigkeit/Tarifunzuständigkeit der ABC die arbeitsvertraglichen Rechte nach den Tarifverträgen des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (IGZ) und der Mitgliedsgewerkschaften des DGB.

44

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 entfaltet auch zwischen den hiesigen Parteien Rechtswirkung. Die Rechtskraft eines Beschlusses zur Tariffähigkeit einer Vereinigung besteht gegenüber jedermann (vgl. BAG, 25.11.1986 AP-TVG § 2 Nr. 36). Jedoch soll die Ablösung der von der ABC geschlossenen Tarifverträge nach der arbeitsvertraglichen Regelung erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung eintreten. Dies wäre im Sinne formeller Rechtskraft erst mit dem 14.12.2010 der Fall. Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt bliebe die Frage der Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit ABC entscheidungserheblich.

45

(2) Mit dem Beschluss vom 01.07.2011 hat das Arbeitsgericht für die Frage der Erheblichkeit der Tarifverträge und seiner Bewertung der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 als Zeitpunkt der materiellen Rechtskraft nach Ansicht der Kammer zutreffend den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, somit den 07.12.2009 angenommen.

46

Es hat eine Rückwirkung ausgeschlossen und damit konkludent angenommen, es stehe jedoch nicht fest, dass die ABC schon zuvor tarifunfähig gewesen sei. Verliert jedoch eine Vereinigung nachträglich die Tariffähigkeit (vgl. BAG 28.05.1997 AP-TVG § 4 Nachwirkung Nr. 26) endet der Tarifvertrag und wirkt gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Auflage 2011, § 4 TVG Rd-Nr. 60; vgl. BAG, 28.05.1997, 4 AZR 545/95; 23.01.2008, 4 AZR 212/01).

47

Ob auch nachwirkende Tarifverträge im Rahmen der §§ 3 Abs. 1, 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG anspruchsbegründete Wirkung haben, ist in der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch (27.06.1978, 6 AZR 59/77) die verdrängende Wirkung nachwirkender Tarifnormen im Hinblick auf § 13 BUrlG angenommen. Da aus dem Wortlaut der zitierten Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes keine weitergehenden Schlussfolgerungen gezogen werden können, ist zumindest Offensichtlichkeit der fehlenden Entscheidungserheblichkeit nicht gegeben.

48

b) Der Annahme des Arbeitsgerichts die Frage der Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit der ABC sei bisher noch nicht rechtskräftig, auch für den Zeitpunkt des Abschluss des hiesigen Tarifvertrages festgestellt, schließt sich die Kammer voll umfänglich an. Das Beschwerdevorbringen gibt jedoch Anlass zu nachfolgenden Ausführungen:

49

Eine Aussetzung gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG kommt dann nicht in Betracht, wenn zwischen den Parteien (BAG, 19.09.2006, 1 ABR 53/05) die Tarifunfähigkeit unstreitig ist, wenn das Gericht diesbezüglich keine Zweifel hat oder wenn diese Frage bereits rechtskräftig entschieden ist (BAG 01.12.1983, AP ZPO § 322 Nr. 14).

50

Voraussetzung einer Aussetzung nach § 97 Abs. 5 ArbGG ist daher das vernünftige Zweifel an der Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit einer Vereinigung bestehen. Das schließt nicht aus, dass das Gericht von der Tarifunfähigkeit oder Tarifunzuständigkeit überzeugt ist (vgl. Schwaab/Weth 2. Auflage ArbGG § 97 Rd-Nr. 44 m.w.N.).

51

Vorliegend sind Zweifel an der Tariffähigkeit/Tarifzuständigkeit der ABC ohne weiteres geboten. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin 29 BV 13947/10 (Beschwerdeverfahren beim LAG Berlin-Brandenburg AZ: 24 TaBV 1285/11) hat für die Zeitpunkte 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008 die Tarifunfähigkeit der ABC festgestellt. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 14.12.2010 die Tarifunfähigkeit der ABC ab 07.12.2009 festgestellt. Zweifel dass die ABC im Zeitraum zwischen 09.07.2008 und 07.12.2009 tariffähig war, sind offensichtlich geboten.

52

Die Tatsache, dass die ABC im hier entscheidenden Zeitraum 09.07.2008 - 07.12.2009 (Abschluss der Haustarifverträge) tarifunfähig war, ist jedoch rechtkräftig noch nicht festgestellt.

53

(1) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.05.2011 (29 BV 13947/10) ist derzeit im Beschwerdeverfahren beim LAG Berlin-Brandenburg, AZ: 24 TaBV 1285/11 anhängig.

54

(2) Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, 1 ABR 9/10, hat wie auch das Arbeitsgericht zutreffend annahm, die Tarifunfähigkeit der ABC nicht für die Vergangenheit festgestellt.

55

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nur gegenwartsbezogen. Das Bundesarbeitsgericht hat selbst in seiner Entscheidung vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10 Rd-Nr. 37 darauf hingewiesen, dass auch im Beschlussverfahren für die Beurteilung der materiellen Rechtskraft der zweigliedrige Streitgegenstandsbegriff ausschlaggebend ist. Der Streitgegenstand und somit die Rechtskraft werden durch den gestellten Antrag und den dazugehörigen Lebenssachverhalt, der zur Begründung der Rechtsfolge vorgetragen wird, charakterisiert. Ausgehend von diesem Grundsatz hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10 Rd-Nr. 36 und 38) festgestellt, die Streitgegenstände im bundesarbeitsgerichtlichen Verfahren und im Verfahren des Arbeitsgerichts Berlin (63 BV 9054/08) seien nicht identisch. Das Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin bezog sich auf einen Individualrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Bamberg (2 Ca 249/08) über Equal-Pay-Vergütungsansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, daher erkennbar auf Ansprüche aus der Zeit vor dem Jahr 2009. Trotz übereinstimmender Antragsformulierung in beiden Verfahren hat das Bundesarbeitsgericht einen identischen Streitgegenstand nicht angenommen, sondern einen gegenwartsbezogenen Streitgegenstand postuliert. Dies obwohl auch das Verfahren gem. § 97 Abs. 1 ArbGG der vergangenheitsbezogenen Feststellung der Tarifunfähigkeit oder -unzuständigkeit offen steht.

56

Aus der vom Bundesarbeitsgericht im Verfahren 1 ABR 19/10 getroffenen Antrags- und auch Streitgegenstandsauslegung folgt deshalb entgegen Brors (Arbeit und Recht 2011, 138 ff.) und anders als in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2006 (10 AZR 665/05), dass dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 keine rückwirkende Wirkung zuerkannt werden kann. Aus der Begründung der Entscheidung vom 15.11.2006 (10 AZR 665/05) ergibt sich, dass das Bundesarbeitsgericht dieser einen weitergehenden Streitgegenstand zugewiesen hat. Das Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG kann daher auch nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich vergangenheitsbezogen sein.

57

Während das Verfahren nach § 97 Abs. 5 BetrVG grundsätzlich, da es erst nach Aussetzung des Streitverfahrens beginnt, systematisch Vergangenheitsbezug aufweist, ist dies im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG nur dann der Fall, wenn die Antragstellung und der Vortrag des Antragstellers dies ausreichend deutlich macht. Dies war wie zuvor dargestellt im Verfahren des Bundesarbeitsgerichts 1 ABR 19/10 nicht der Fall.

58

Nach § 97 ArbGG ist es dem Arbeitsgerichts im Ausgangsverfahren nicht erlaubt, die Frage der Tarifzuständigkeit oder Tariffähigkeit soweit dies streitig bleibt oder Zweifel bestehen, mit zu entscheiden. Vielmehr ist die Aussetzung des Verfahrens, sobald der Rechtsstreit im Sinne von § 97 Abs. 5 ArbGG von dieser Frage abhängt, zwingend. Ein Ermessensspielraum besteht nicht (vgl. Erfurter Kommentar 11. Auflage 2011, § 97 Rd-Nr. 5). Da keine Mitentscheidungsbefugnis besteht, kommt auch im Falle der Überzeugung des Ausgangsgerichtes von der Tarifunzuständigkeit einer Vereinigung ein Durchentscheiden nicht in Betracht.

59

Im Ergebnis lässt sich daher feststellen, dass das Arbeitsgericht das Verfahren vorliegend zu Recht ausgesetzt hat.

II.

60

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

61

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 78 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG, da die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 wird das Verfahren auf Antrag einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern oder der obersten Arbeitsbehörde des Bundes oder der obersten Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt, eingeleitet.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 4 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vereinigung, über deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit zu entscheiden ist, ihren Sitz hat.

(2a) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend.

(3) Der rechtskräftige Beschluss über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung wirkt für und gegen jedermann. Die Vorschrift des § 63 über die Übersendung von Urteilen gilt entsprechend für die rechtskräftigen Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4.

(4) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit darauf beruht, daß ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.

(5) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlußverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 auszusetzen. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlußverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 antragsberechtigt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen, des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstleister e. V. sowie der Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP).

2

Antragsteller sind die zu 1. beteiligte Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und das zu 2. beteiligte Land Berlin.

3

Der Organisationsbereich von ver.di umfasst nach § 4 Nr. 1 ver.di-Satzung idF vom 12./14. März 2008 ua. Unternehmen, Betriebe, Einrichtungen und Verwaltungen der im Anhang 1 zur Satzung abschließend aufgeführten Bereiche. Danach ist ver.di ua. zuständig für Druckereien, Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, Zeitschriftenbetriebe sowie Nebenbetriebe dieser Bereiche einschließlich Kantinen, Kasinos, Auslieferungs-, Zustell- und anderer Servicebetriebe (Nr. 1.3 Anhang 1 ver.di-Satzung). Zu den erfassten Organisationseinheiten im Bereich Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zählen ua. Verwaltungen, Betriebe und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens sowie des öffentlichen und privaten Nah- und Fernverkehrs einschließlich der Flughäfen (Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung). Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung lautet:

        

„1.2.4

Sonstiger privater Dienstleistungsbereich

        

Sonstige Unternehmen und Organisationen des Dienstleistungsbereichs einschließlich rechtlich ausgegliederter bzw. selbständiger, jedoch wirtschaftlich-organisatorisch zugeordneter Dienstleistungsbetriebe, z.B. Datenverarbeitung, Organisation, Verwaltung und Bildungseinrichtungen sowie ihre Verbände.

        

…       

        

1.2.4.3

Verleihwesen

        

Leasingunternehmen, Autoverleiher und sonstige Verleihunternehmen“

4

Der Gewerkschaftsrat von ver.di befasste sich auf seiner Sitzung vom 15. - 17. Juni 2009 mit einer Änderung des in Anhang 1 enthaltenen Organisationskatalogs. Nach einer vom Bundesvorstand eingebrachten Vorlage sollten dem Satz 1 von Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung folgende Sätze 2 und 3 angefügt werden:

        

„Dies umfasst auch Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Die Zuständigkeit erstreckt sich außerdem auf Arbeitnehmer/innen, die von einem Verleihbetrieb an die vom Organisationsbereich der ver.di erfassten Betriebe (Entleihbetrieb) zur Arbeitsleistung überlassen sind.“

5

Die zu 3. beteiligte CGZP ist am 11. Dezember 2002 von Mitgliedern des zu 5. beteiligten Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB) gegründet worden. Die erste Satzung der CGZP ist auf ihrer Mitgliederversammlung vom 15. Januar 2003 angenommen worden. § 1 und § 3 Abs. 1 ihrer am 5. Dezember 2005 geänderten Satzung lauteten:

        

„§ 1 Name und Zweck

        

Die Tarifgemeinschaft vertritt die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG und schließt für deren Mitglieder Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden ab, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitnehmerüberlassung überlassen wollen.

        

…       

        

§ 3 Mitgliedschaft

        

(1)     

Mitglieder können die Gewerkschaften im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) werden, die ihren Beitritt zur Tarifgemeinschaft erklären.“

6

Nach einer Satzungsänderung vom 8. Oktober 2009 heißt es in dem angefügten § 1 Abs. 2 sowie in § 7 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009:

        

„§ 1   

Name und Zweck

        

…       

        
        

(2)     

Die Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften, die bei Arbeitgebern beschäftigt sind, die als Verleiher Dritten Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen, erfolgt über haupt- und ehrenamtliche Funktionsträger der Mitgliedsgewerkschaften. Dazu gehören insbesondere: die gewerkschaftliche Betreuung und die rechtliche Vertretung der Mitglieder in den Mitgliedsgewerkschaften, sowie das Vorbereiten und Führen von Tarifverhandlungen sowie von Maßnahmen zur Durchsetzung und Einhaltung von tariflichen Lohn- und Arbeitsbedingungen.

        

…       

        
        

§ 7     

Abschluss von Tarifverträgen

        

(1)     

Tarifvertragsschließende Partei in der Zeitarbeit ist die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP). Durch ihren Beitritt zur CGZP erkennen die Mitgliedsgewerkschaften die Satzung der CGZP an.

                 

Das Recht der Mitgliedsgewerkschaften, im Rahmen ihrer Zuständigkeit selbst Tarifverträge mit Unternehmen oder Verbänden zu schließen, die Arbeitnehmer an Dritte zur Dienstleistung überlassen, bleibt unberührt. Bevor eine Mitgliedsgewerkschaft einen Tarifvertrag für Arbeitnehmer abschließt, die an Dritte zur Arbeitsleistung überlassen werden, ist sie zur Vermeidung von Tarifkollisionen verpflichtet, die Zustimmung der CGZP einzuholen.“

7

Die CGZP hat nach den beim Tarifregister des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingereichten Vereinbarungen seit dem 12. Dezember 2002, dem Tag nach ihrer Gründung, eine Vielzahl von Firmen- und Verbandstarifverträgen abgeschlossen.

8

Zum Zeitpunkt der Satzungsänderung am 8. Oktober 2009 waren die zu 8. beteiligte Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), die zu 10. beteiligte DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV) sowie die zu 11. beteiligte Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) Mitglieder der CGZP. Die von den Vorinstanzen zu 9. beteiligte Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) hat mit Wirkung zum 30. Juni 2009 ihren Austritt aus der CGZP erklärt.

9

§ 1 Abs. 3 und § 3 Abs. 1 der am 21. Oktober 2007 in Kraft getretenen Satzung der CGM lauten:

        

§ 1   

        

Name, Sitz und Organisationsbereich

        

…       

        
        

3.    

Die Christliche Gewerkschaft Metall ist eine unabhängige Gewerkschaft gegenüber politischen Parteien, Kirchen, Regierungen und Unternehmen. Der Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und umfasst die Bereiche der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, des Metallhandwerks, der Elektroindustrie und der sonstigen Metallbetriebe.

        

…       

        
        

§ 3     

        

Beitrittsvoraussetzungen

        

1.    

Mitglied bei der Christlichen Gewerkschaft Metall kann jeder in der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, in dem Metallhandwerk, in der Elektroindustrie und in den sonstigen Metallbetrieben Beschäftigte ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Herkunft, Nationalität, politische und konfessionelle Bindung werden.“

10

In der seit dem 12. Juni 2009 geltenden Satzung der DHV ist bestimmt:

        

§ 2 Aufgaben und Ziele

        

1.    

Die DHV ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen. Sie ist damit zuständig zum Abschluss von Tarifverträgen für diese Arbeitnehmergruppen.

                 

Andere Arbeitnehmergruppen können in Tarifverträge einbezogen werden, wenn sie in einer Branche oder in Unternehmen beschäftigt sind, die durch kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten geprägt sind. Hierzu gehören der Groß-, Außen- und Einzelhandel und die Warenlogistik, die Finanz- und Versicherungswirtschaft, die gesetzliche Sozialversicherung sowie diesen Branchen zuzuordnende Dienstleistungsbetriebe.

                 

In Tarifverträge können auch andere Arbeitnehmergruppen einbezogen werden, soweit sie in Unternehmen oder Branchen beschäftigt werden, in denen die DHV Tarifpartner ist oder in denen die DHV über eine hinreichende Repräsentativität verfügt. Diese sind im Anhang zur Satzung abschließend aufgeführt. Der Anhang ist Bestandteil der Satzung.

                 

Die Tarifzuständigkeit erstreckt sich auch auf Arbeitnehmer, die in einer in Ziff. 1. Abs. 2 oder im Anhang aufgeführten Branchen bzw. Unternehmen im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes überlassen werden.“

11

Im Anhang zu § 2 DHV-Satzung sind im Einzelnen bezeichnete Branchen und Unternehmen aufgeführt.

12

§ 2 und § 5 der Satzung der GÖD idF vom 20./21. April 2005 lauteten:

        

„§ 2 Organisationsbereich

        

Der räumliche Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

        

…       

        

§ 5 Mitgliedschaft

        

Mitglieder der GÖD können werden:

        

1)    

Arbeitnehmer/innen, Angestellte und Beamte/Beamtinnen, die im Dienst des Bundes, der Länder, der kommunalen Verwaltungen und Betriebe oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, sowie Richter/Richterinnen, Soldaten/Soldatinnen der Bundeswehr, Zivilbedienstete der Stationierungsstreitkräfte, Versorgungsempfänger, Rentner/innen und Auszubildende, sowie Arbeitnehmer/innen von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen, die auch die Grundsätze und die Satzung der GÖD anerkennen und bereit sind, ihre Ziele zu fördern und keiner konkurrierenden Gewerkschaft angehören.

        

2)    

Die GÖD kann sich durch Beschluss des Bundesvorstandes für andere Tarifbereiche zuständig erklären.“

13

Nach einer am 1. Oktober 2009 beschlossenen Satzungsänderung heißt es in § 2, § 5 und § 21 Abs. 1 der GÖD-Satzung:

        

„§ 2 Organisationsbereich/Zuständigkeitsbereich

        

1)    

Der räumliche Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Der sachliche Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf den Bereich des öffentlichen Dienstes, insbesondere … Er erstreckt sich auch auf den gesamten privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich.

                 

Um den Bestimmtheitsgrundsätzen zu genügen, kann dieser Satzung eine Anlage beigefügt werden, die einzelne Branchen aufführt.

        

2)    

Die GÖD kann sich durch Beschluss des Bundesvorstandes für andere Tarifbereiche zuständig erklären.

        

…       

        

§ 5 Mitgliedschaft

        

Mitglieder der GÖD können werden:

        

Arbeitnehmer und Beamte, die im Dienst des Bundes, der Länder, der kommunalen Verwaltungen und Betriebe oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, sowie Richter, Soldaten der Bundeswehr, Zivilbedienstete der Stationierungsstreitkräfte, Versorgungsempfänger, Rentner und Auszubildende und Arbeitnehmer von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen. …

        

§ 21 Kooperationen/Fusionen

        

1)    

Der Bundesvorstand kann durch Beschluss mit einfacher Mehrheit andere, nicht konkurrierende Gewerkschaften, Berufsverbände oder Arbeitnehmervereinigungen in die GÖD aufnehmen oder andere Formen der Kooperation mit diesen eingehen.“

14

Die in § 2 Abs. 1 GÖD-Satzung in Aussicht gestellte Anlage ist der Satzung der GÖD bisher nicht beigefügt worden.

15

In der Anhörung vor dem Arbeitsgericht haben sich die CGM, die DHV und die GÖD zu ihren Mitgliederzahlen am Jahresende 2008 erklärt. Danach soll die CGM 90.000 Mitglieder, die DHV 78.000 Mitglieder und die GÖD 57.000 Mitglieder haben. Nach Angaben der CGZP in der Beschwerdebegründung waren am 31. Dezember 2008 in ihren Mitgliedsgewerkschaften 1.383 Leiharbeitnehmer organisiert (CGM: 900 Mitglieder; DHV: 312 Mitglieder; GÖD: 171 Mitglieder). Im Jahr 2008 wurden nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit durchschnittlich 760.604 Leiharbeitnehmer beschäftigt.

16

Die Vorinstanzen haben aufgrund der Angaben in der Antragsschrift den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Beteiligten zu 4., die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) als Beteiligte zu 6. sowie das BMAS als Beteiligten zu 7. angehört. Daneben sind auf Anregung der CGZP der zu 12. beteiligte Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) sowie die zu 13. beteiligte Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. (BVD) in das Verfahren einbezogen worden.

17

Bei Eingang der Antragsschrift im vorliegenden Verfahren war bereits seit dem 15. April 2008 ein später an das Arbeitsgericht Berlin verwiesenes Beschlussverfahren zur Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP anhängig (- 63 BV 9415/08 -). Dieses Verfahren wurde aufgrund eines Aussetzungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16. April 2008 in dem Verfahren - 2 Ca 249/08 -, der in der Folgezeit durch die Beschlüsse vom 21. November 2008 und vom 6. Februar 2009 ergänzt wurde, eingeleitet. Streitgegenstand jenes Verfahrens sind Vergütungsansprüche aus einem Leiharbeitsverhältnis für die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2008. Für diese ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts Bamberg die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West“ am 22. Juli 2003 vorgreiflich. Nach der Aussetzung des Verfahrens - 2 Ca 249/08 - leitete der dortige Kläger das Verfahren - 63 BV 9415/08 - ein. Sein angekündigter Antrag richtete sich auf die Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist.

18

Die Antragsteller haben die Tariffähigkeit der CGZP sowohl nach § 2 Abs. 1 TVG als auch als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG in Abrede gestellt. Der CGZP fehle die für eine Gewerkschaft erforderliche soziale Mächtigkeit. Die von ihr bisher abgeschlossenen Tarifverträge indizierten diese nicht, da es sich um Gefälligkeitstarifverträge handele, mit denen von der Öffnungsklausel in § 9 Nr. 2 AÜG Gebrauch gemacht werde. Mit diesen Vereinbarungen werde im Interesse der Arbeitgeber der gesetzliche Mindestschutz der Leiharbeitnehmer einseitig zu deren Lasten verschlechtert. Der CGZP fehle die Tariffähigkeit auch dann, wenn es sich bei ihr um eine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG handele, für deren Tariffähigkeit die ihrer Mitglieder ausreiche. Diese bestehe nur im Bereich der satzungsmäßigen Zuständigkeit, für die Arbeitnehmerüberlassung sei aber keines der Mitglieder der CGZP zuständig.

19

Ver.di, das Land Berlin sowie in den Vorinstanzen der DGB haben beantragt

        

festzustellen, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen nicht tariffähig ist.

20

Die CGZP, der CGB, die CGM, die DHV, die GÖD, der AMP sowie die BVD haben beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

21

Die BDA und das BMAS haben von einer Antragstellung abgesehen.

22

Die CGZP, der AMP und die BVD haben die Anträge für unzulässig gehalten. Es liege eine doppelte Rechtshängigkeit vor, die zur Unzulässigkeit einer Sachentscheidung führe. Den Antragstellern fehle die Antragsbefugnis. Ver.di sei für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung nicht zuständig. Diese werde von den im Anhang 1 ver.di-Satzung bezeichneten Bereichen nicht erfasst. Die von ver.di behauptete Satzungsänderung durch den Gewerkschaftsrat im Jahr 2009 sei nicht wirksam erfolgt. Das Land Berlin sei nicht antragsbefugt, da sich die Tätigkeit der CGZP auf das gesamte Bundesgebiet erstrecke und eine unmittelbare Betroffenheit des Landes in einer geschützten Rechtsstellung nicht ersichtlich sei. Das Verfahren werde von den Antragstellern rechtsmissbräuchlich betrieben. Ver.di gehe es um die Ausschaltung eines missliebigen Konkurrenten, während das Land Berlin das Verfahren aus parteipolitischen Gründen betreibe. Der Antrag sei auch unbegründet. Bei der CGZP handele es sich um eine nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähige Spitzenorganisation, zu deren satzungsgemäßen Aufgaben der Abschluss von Tarifverträgen gehöre. Für ihre Tariffähigkeit genüge es, dass zwei ihrer Mitglieder tariffähig sind. Die Tariffähigkeit des CGM und der DHV sei gerichtlich festgestellt worden. Unabhängig davon erfülle die CGZP selbst die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit. Sie sei tarifwillig, verfüge mit dem Zugriff auf die hauptamtlichen Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften über eine leistungsfähige Organisation und besitze die erforderliche Durchsetzungskraft, durch die sie vom sozialen Gegenspieler wahrgenommen werde. Dies werde durch die Vielzahl der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge belegt. Auf die Tarifzuständigkeit ihrer Mitgliedsgewerkschaften für die Arbeitnehmerüberlassung komme es nicht an. Selbst wenn diesen die Tarifzuständigkeit im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung fehle, hätte dies nicht die Tarifunfähigkeit ihrer Spitzenorganisation zur Folge.

23

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des DGB und von ver.di zurückgewiesen und dem Antrag des Landes Berlin entsprochen. Gegen diesen Beschluss haben ver.di, die CGZP, der DGB, der AMP sowie die BVD Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat der Beschwerde von ver.di stattgegeben und die Beschwerden der CGZP, des DGB, des AMP sowie der BVD zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP sowie der BVD, mit denen diese weiterhin ihren Abweisungsantrag verfolgen. Das Land Berlin hat in der Anhörung vor dem Senat seinen Antrag um einen im Schriftsatz vom 9. November 2010 angekündigten Hilfsantrag ergänzt, wonach die Tarifunfähigkeit der CGZP in zeitlicher Abhängigkeit von der Satzungsänderung am 8. Oktober 2009 festgestellt werden soll. Die CGZP, der AMP sowie die BVD haben beantragt, auch diesen Antrag abzuweisen.

24

Die nach dem Geschäftsverteilungsplan ursprünglich für die Anhörung vor dem Senat herangezogene ehrenamtliche Richterin S hat fernmündlich am 30. November 2010 ihre Verhinderung angezeigt und die dafür maßgeblichen Gründe in einer E-Mail vom 1. Dezember 2010 näher ausgeführt. Zu Beginn der Anhörung hat der AMP erklärt, nach seiner Auffassung sei der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt, da bei Frau S ein Verhinderungsgrund nicht vorgelegen habe.

25

B. Die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP und der BVD sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen von ver.di und dem Hauptantrag des Landes Berlin im Ergebnis zu Recht entsprochen. Sein Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

26

I. Der Senat war entgegen der vom AMP erhobenen Rüge ordnungsgemäß besetzt. Die Heranziehung des ehrenamtlichen Richters K zum Sitzungstermin am 14. Dezember 2010 entsprach dem in der Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 9. Dezember 2009 und dem in C. 4 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesarbeitsgerichts für das Geschäftsjahr 2010 vorgesehenen Verfahren. Die zunächst herangezogene ehrenamtliche Richterin S war an der Wahrnehmung ihres Richteramts gehindert. An ihre Stelle ist der ehrenamtliche Richter K getreten.

27

1. Nach § 43 Abs. 3 ArbGG iVm. § 31 Abs. 1 ArbGG sollen die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge einer Liste herangezogen werden, die der Senatsvorsitzende nach näherer Maßgabe des § 31 Abs. 1 ArbGG aufstellt. Für die Heranziehung von Vertretern bei unvorhergesehener Verhinderung kann eine Hilfsliste von ehrenamtlichen Richtern aufgestellt werden, die am Gerichtssitz oder in der Nähe wohnen oder ihren Dienstsitz haben (§ 31 Abs. 2 ArbGG).

28

2. Erklärt sich ein zu einem Terminstag herangezogener ehrenamtlicher Richter unter Angabe eines Grundes für verhindert, so muss das Gericht das Vorliegen des angeführten Hinderungsgrundes nicht näher nachprüfen. Vielmehr darf es bei den auf gewissenhafte Amtsführung vereidigten ehrenamtlichen Richtern (§ 45 DRiG) grundsätzlich davon ausgehen und sich ohne weitere Ermittlungen darauf verlassen, dass sie sich ihrer richterlichen Pflicht nicht ohne triftigen Grund entziehen, sondern nach pflichtgemäßer Abwägung zu dem Ergebnis gelangt sind, verhindert zu sein (BFH 22. Dezember 2004 - II B 166/03 - zu II 1 b aa der Gründe, BFH/NV 2005, 705; BVerwG 28. Februar 1984 - 9 C 136/82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 18). Nur wenn Anhaltspunkte für eine pflichtwidrige Entscheidung des ehrenamtlichen Richters vorliegen, kann Veranlassung bestehen, den angegebenen Hinderungsgrund nachzuprüfen und ggf. auf einer Teilnahme des ehrenamtlichen Richters an der Sitzung zu bestehen (BVerwG 30. August 1983 - 9 C 281/82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 17).

29

3. Solche Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall weder vom AMP vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die von der ehrenamtlichen Richterin S zunächst fernmündlich und anschließend in ihrer an das Bundesarbeitsgericht gerichteten E-Mail vom 1. Dezember 2010 angeführte Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft stellt einen Grund für eine unvorhergesehene Verhinderung iSd. § 31 Abs. 2 ArbGG dar. Die Teilnahme an einer Aufsichtsratsratssitzung und die Erledigung der hierfür erforderlichen Vorbereitungstätigkeiten haben zu einer Pflichtenkollision mit der Ausübung des Richteramts geführt, über deren Auflösung die ehrenamtliche Richterin nach pflichtgemäßer Abwägung selbst zu befinden hatte. Für den Senat hat kein Anlass bestanden, den von ihr angeführten Hinderungsgrund nachzuprüfen oder auf ihrer Teilnahme an der Sitzung vom 14. Dezember 2010 zu bestehen. Da sich die auf der Liste des erkennenden Senats an nächstbereiter Stelle befindlichen ehrenamtlichen Richter B und H nach einem bei der Akte befindlichen Vermerk für verhindert erklärt haben, ist zunächst der ehrenamtliche Richter Dr. K herangezogen worden. Nachdem dieser aufgrund seiner vom Senat durch Beschluss vom 14. Dezember 2010 als begründet erachteten Selbstablehnung aus dem Verfahren ausgeschieden war, ist der ihm auf der Liste nachfolgende ehrenamtliche Richter K für dieses Verfahren herangezogen worden.

30

II. Die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP und der BVD sind zulässig. Die Rechtsbeschwerdeführer sind durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts beschwert. Dies gilt nicht nur für die CGZP, sondern auch für die beiden anderen Beteiligten, deren Beschwerden vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden sind.

31

III. Der von ver.di als alleiniger und vom Land Berlin im Rechtsbeschwerdeverfahren als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist zulässig.

32

1. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren im Wege subjektiver Antragshäufung. Dies unterliegt keinen Bedenken. Zwar sind die §§ 59 ff. ZPO in § 80 Abs. 2 ArbGG nicht in Bezug genommen. Gleichwohl ist eine notwendige Streitgenossenschaft auch im Beschlussverfahren zulässig, wenn - wie vorliegend - über einen identischen Antrag nur eine einheitliche Sachentscheidung ergehen kann (BAG 13. März 2007 - 1 ABR 24/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 121, 362). Die einzelnen Prozessvoraussetzungen sind jedoch für sämtliche Antragsteller getrennt zu prüfen.

33

2. Der Antrag von ver.di und der Hauptantrag des Landes Berlin sind auf die Gegenwart gerichtet und nicht vergangenheitsbezogen. Beiden Antragstellern geht es ersichtlich um die gegenwärtige Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Dies folgt aus der ausdrücklich auf die Gegenwart bezogenen Antragsformulierung („tarifunfähig ist“) und der dazu gegebenen Begründung. Der Wortlaut ihrer Feststellungsanträge ist in den Vorinstanzen unverändert geblieben, während die Antragsteller ihren Vortrag im Verfahrensverlauf an der jeweils geltenden Satzung der CGZP ausgerichtet haben. Dies war zunächst die Satzung vom 5. Dezember 2005 und nach deren Änderung ihre seit dem 8. Oktober 2009 geltende Fassung. Auch das Landesarbeitsgericht hat die Anträge als auf eine gegenwärtige Feststellung gerichtet verstanden.

34

3. Den gegenwartsbezogenen Anträgen steht das Verfahrenshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nicht entgegen.

35

a) Nach dem auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO bewirkt die Rechtshängigkeit einer Streitsache, dass sie von keinem Beteiligten anderweitig anhängig gemacht werden kann. Die doppelte Rechtshängigkeit begründet ein Verfahrenshindernis, das in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz, von Amts wegen zu beachten ist und zur Unzulässigkeit des Antrags führt. Sie liegt vor, wenn die Beteiligten und die Streitgegenstände beider Verfahren identisch sind.

36

b) Die frühere Rechtshängigkeit des vor dem Arbeitsgericht Berlin geführten Beschlussverfahrens - 63 BV 9415/08 - führt nicht zur Unzulässigkeit der gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge. Die Streitgegenstände des vorliegenden und des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - sind trotz der übereinstimmenden Antragsformulierung nicht identisch. Es kann daher offenbleiben, ob wegen der über die Verfahrensbeteiligten hinausgehenden Rechtskraftwirkung einer Entscheidung im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG das Verfahrenshindernis nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auch bei fehlender Identität der Beteiligten bestanden hätte.

37

aa) Der Streitgegenstand richtet sich nicht nur nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel), sondern auch nach dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird. Nach der prozessrechtlichen Auffassung vom zweigliedrigen Streitgegenstand, der nach der Senatsrechtsprechung auch für das Beschlussverfahren zu folgen ist (19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, EzA BetrVG 2001 § 23 Nr. 4), wird der Streitgegenstand nicht allein durch das Antragsziel bestimmt. Die Einheitlichkeit des Klageziels genügt deshalb nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein. Hieran fehlt es vorliegend.

38

bb) Streitgegenstand des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - ist die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West“ mit der Tarifgemeinschaft für Zeitarbeitsunternehmen in der BVD am 22. Juli 2003. Dies folgt aus dem vom dortigen Antragsteller zur Begründung seines Antrags angeführten Lebenssachverhalt. Dieser begehrt die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nur soweit dies zur Durchsetzung seines vor dem Arbeitsgericht Bamberg im Verfahren - 2 Ca 249/08 - erhobenen prozessualen Anspruchs erforderlich ist. Der Antragsteller hat zunächst im Urteilsverfahren auf den Equal-Pay-Grundsatz gestützte Vergütungsansprüche für die Zeit seines Leiharbeitsverhältnisses geltend gemacht. Das Arbeitsgericht Bamberg hat sich an einer Sachentscheidung gehindert gesehen, da nach seiner Auffassung der zur Entscheidung gestellte Anspruch von der Tariffähigkeit der CGZP am 22. Juli 2003 abhängt. Aus diesem Grund hat es jenes Verfahren ausgesetzt und dem dortigen Kläger die Möglichkeit eröffnet, als Antragsteller nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG ein Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit der CGZP einzuleiten. Der Aussetzungsbeschluss vom 16. April 2008 lässt allerdings den Zeitraum, für den das Arbeitsgericht die Tariffähigkeit der CGZP als entscheidungserheblich ansieht, nicht eindeutig erkennen. Aus der vom Arbeitsgericht ergänzten Begründung seines Aussetzungsbeschlusses, die bei der Auslegung der Beschlussformel zu berücksichtigen ist (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 164), wird jedoch deutlich, dass dieses die Tariffähigkeit der CGZP für das Verfahren - 2 Ca 249/08 - nur bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des dortigen Klägers als entscheidungserheblich ansieht. Der Streitgegenstand des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - ist daher auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP beschränkt. Ein darüber hinausgehendes Begehren wäre zudem von der dem Kläger des Ausgangsverfahrens durch den Aussetzungsbeschluss eröffneten Antragsbefugnis nicht erfasst. Diese beschränkt sich auf die Vorfrage, wegen derer das Gericht sein Verfahren ausgesetzt hat (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - aaO).

39

4. Ver.di und das Land Berlin sind nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsberechtigt.

40

a) Antragsberechtigt in einem Verfahren über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition sind nach § 97 Abs. 1 ArbGG neben anderen eine räumlich und sachlich zuständige Vereinigung von Arbeitnehmern und die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt.

41

b) Ver.di verfügt über die notwendige Antragsbefugnis.

42

aa) Die Antragsbefugnis einer konkurrierenden Arbeitnehmervereinigung in einem Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG setzt kein weitergehendes eigenes Recht der Gewerkschaft voraus. Aus § 97 Abs. 1 ArbGG folgt die prozessuale Befugnis einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern, die Tariffähigkeit einer anderen, ganz oder teilweise denselben Zuständigkeitsbereich beanspruchenden Arbeitnehmervereinigung gerichtlich klären zu lassen(BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 27, BAGE 117, 308). Entgegen der Auffassung der CGZP ist es ausreichend, wenn sich der räumliche und sachliche Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Gewerkschaft zumindest teilweise mit den Zuständigkeitsbereichen der Vereinigung deckt, deren Tariffähigkeit bestritten wird (BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 10/99 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 95, 36). Soweit eine antragstellende Koalition die Tariffähigkeit einer anderen Vereinigung bestreitet, muss sie selbst tariffähig sein (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 28 mwN, aaO). Die Tariffähigkeit von ver.di wird von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt.

43

bb) Die erforderliche Konkurrenz gegenüber der von der CGZP beanspruchten Tarifzuständigkeit für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009) liegt vor. Ver.di ist nach ihrem gleichermaßen arbeitgeber- und betriebsbezogen gefassten Organisationsbereich (§ 4 Nr. 1 ver.di-Satzung) auch für Arbeitgeber tarifzuständig, die gewerbsmäßig Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer einsetzen.

44

Der in Nr. 1.3 Anhang 1 ver.di-Satzung angeführte Begriff der Servicebetriebe von Zeitungsverlagen erfasst Arbeitgeber, die der gleichen Unternehmensgruppe wie der Zeitungsverlag angehören und an diesen aufgrund einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis Leiharbeitnehmer verleihen, damit diese im Betrieb des Zeitungsverlags tätig werden. Nach Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung organisiert ver.di Beschäftigte, die in einem öffentlich-rechtlich verfassten Krankenhaus als Leiharbeitnehmer eingesetzt werden, wenn diese von einem privatrechtlich verfassten Unternehmen, dessen Gesellschaftsanteile unmittelbar oder mittelbar von der öffentlichen Hand gehalten werden, eingestellt werden. Solche Sachverhalte waren auch bereits Gegenstand von Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zu Zeitungsverlagen: 21. Juli 2009 - 1 ABR 35/08 - Rn. 2, AP AÜG § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 12; zum Gesundheitswesen: 16. Juli 2008 - 7 ABR 13/07 - Rn. 4 bis 6, BAGE 127, 126; 21. Mai 2008 - 8 AZR 481/07 - Rn. 2 bis 9, AP BGB § 613a Nr. 354 = EzA BGB 2002 § 613a BGB Nr. 96). Ebenso ist ver.di nach Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung tarifzuständig für Leiharbeitnehmer aus einem konzernangehörigen Unternehmen eines Flughafenbetreibers, die dieser im Flughafenbetrieb einsetzt (zur Auslegung eines von ver.di für Leiharbeitnehmer des Fraport-Konzerns abgeschlossenen Tarifvertrags: 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 4 f., AP BAT § 53 Nr. 9).

45

cc) Auf die noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob ver.di nach Nr. 1.2.4.3 Anhang 1 ver.di-Satzung oder jedenfalls aufgrund der Anfügung der Sätze 2 und 3 an Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung umfassend für den Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung tarifzuständig ist, kommt es danach nicht an.

46

c) Auch das Land Berlin ist antragsbefugt.

47

aa) § 97 Abs. 1 ArbGG dient der Sicherung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie(BAG 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 - Rn. 18, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9). Da der Gesetzgeber bisher weitgehend von der Normierung der Voraussetzungen für die Tariffähigkeit abgesehen hat, kann jede Arbeitnehmervereinigung ohne vorherige Zulassung am Tarifgeschehen teilnehmen und für ihre Mitglieder Vereinbarungen abschließen, die für sich die Geltung als Tarifvertrag beanspruchen. Das objektivierte Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stellt das im Interesse einer funktionierenden Tarifautonomie dazu notwendige Korrektiv dar. Die gerichtliche Entscheidung soll klären, ob die Vereinigung die rechtlichen Voraussetzungen für den Abschluss von Tarifverträgen erfüllt.

48

bb) Die Antragsbefugnis zur Einleitung eines solchen Verfahrens hat der Gesetzgeber vorrangig den in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und Stellen übertragen, sofern deren Interessen von der Tätigkeit der Vereinigung berührt werden. Hiervon geht das Gesetz bei der obersten Arbeitsbehörde des Bundes stets und bei den obersten Arbeitsbehörden der Länder dann aus, wenn die Tätigkeit der Koalition, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, sich auf das räumliche Gebiet des jeweiligen Bundeslandes erstreckt. Eine darüber hinausgehende Betroffenheit muss nicht vorliegen. Es steht mit dem Normzweck der § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1 ArbGG in Einklang, wenn neben der obersten Arbeitsbehörde des Bundes auch die nach Landesrecht zuständigen obersten Arbeitsbehörden zugunsten der auf ihrem Landesgebiet tätigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine gerichtliche Entscheidung über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung herbeiführen können, die für ihre Mitglieder die normative Regelung von Arbeitsbedingungen beansprucht.

49

cc) Die Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Landes steht nicht unter dem Vorbehalt, dass sich die Tätigkeit der Vereinigung auf das Gebiet der antragstellenden Arbeitsbehörde eines Bundeslandes beschränkt (BAG 15. März 1977 - 1 ABR 16/75 - zu II 1 der Gründe, BAGE 29, 72; ebenso GK-ArbGG/Dörner Stand November 2010 § 97 Rn. 33; GMP Matthes/Schlewing ArbGG 7. Aufl. § 97 Rn. 18; Schwab/Weth/Walker ArbGG 3. Aufl. § 97 Rn. 12; offengelassen HWK/Bepler 4. Aufl. § 97 ArbGG Rn. 7). Eine ausschließliche, die Zuständigkeit der obersten Arbeitsbehörden der Länder verdrängende Antragsbefugnis sieht § 97 Abs. 1 ArbGG - anders als die Zuständigkeitsverteilung im Bereich der Heimarbeit(§ 3 HAG) - gerade nicht vor. Neben dem Wortlaut spricht auch der Zweck eines Verfahrens zur Feststellung der Tariffähigkeit einer Vereinigung für eine vorbehaltlose Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Bundeslandes. Ein solches Verfahren ist darauf gerichtet, mit allgemeiner Wirkung von Amts wegen zu ermitteln, ob eine Vereinigung in der Lage ist, mit den Mitteln des staatlichen Tarifrechts die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu regeln. Angesichts der ordnungspolitischen Funktion dieses Verfahrens, das der Stärkung der Tarifautonomie dient, ist kein Grund dafür ersichtlich, die Antragsbefugnis bei einer länderübergreifenden Tätigkeit der Vereinigung ausschließlich dem Bund zuzuweisen und den gleichermaßen betroffenen Ländern vorzuenthalten. Hinzu kommt, dass auch in diesem Fall für die obersten Arbeitsbehörden der jeweils betroffenen Bundesländer keine rechtlich abgesicherte Möglichkeit besteht, das BMAS zur Einleitung eines Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhalten und auf dessen Verfahrensführung einzuwirken.

50

dd) Entgegen der Auffassung der CGZP ist § 97 Abs. 1 ArbGG in Bezug auf die Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörden der Länder auch nicht wegen der Freiheitsrechte der betroffenen Arbeitnehmerkoalition teleologisch zu reduzieren. Die Vorschrift schafft weder ein gerichtliches Konzessionierungsverfahren für Tarifvertragsparteien noch wird die Freiheit der Koalitionsbildung nach Art. 9 Abs. 3 GG berührt. Die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG nicht begründet, sondern nur festgestellt.

51

ee) Für die der obersten Arbeitsbehörde eines Landes durch § 97 Abs. 1 ArbGG ausdrücklich verliehene Antragsbefugnis bedarf es keiner weiteren Voraussetzungen.

52

5. Ver.di und das Land Berlin haben an der begehrten gegenwartsbezogenen Feststellung das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse.

53

a) Das Gesetz räumt den nach § 97 Abs. 1 ArbGG Antragsberechtigten die Möglichkeit ein, ein Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung einzuleiten. Für einen solchen Antrag besteht ein Feststellungsinteresse, wenn diese Eigenschaft von dem Antragsteller oder sonst im Arbeitsleben in Zweifel gezogen wird. Eine Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern hat daher stets zu gewärtigen, dass ihre Tariffähigkeit Gegenstand eines Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG sein kann, wenn sie für sich in Anspruch nimmt, durch den Abschluss von Tarifverträgen zur Ordnung des Arbeitslebens beizutragen. Andererseits eröffnet das Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG einer Vereinigung, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, selbst die Möglichkeit, eine der Rechtskraft zugängliche Klärung herbeizuführen. In einem solchen Verfahren kann auch die (positive) Feststellung beantragt werden, dass eine bestimmte Vereinigung tariffähig oder tarifzuständig ist. Diese Grundsätze gelten nicht nur für Vereinigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sondern gleichermaßen für einen Zusammenschluss von Gewerkschaften.

54

b) Die Konkurrenzsituation zwischen der CGZP sowie ihren Mitgliedern und ver.di führt danach nicht dazu, dass deren Antrag als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Derart widerstreitende Interessen sind allen Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG immanent, in denen über die Tariffähigkeit einer Vereinigung auf Arbeitnehmerseite gestritten wird(BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 25; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 32, BAGE 117, 308). Ebenso unterliegt es in Bezug auf das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse keinen rechtlichen Bedenken, wenn sich das Land Berlin zur Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP des hierfür vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG bedient. Anhaltspunkte dafür, dass es den Antragstellern nicht um eine Feststellung zur Tariffähigkeit geht, sondern darum, die CGZP oder ihre Mitglieder in einer mit Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG nicht zu vereinbarenden Weise in ihrer koalitionsmäßigen Betätigungsfreiheit zu behindern, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die in der Antragsschrift verwandte Diktion („Schmutzkonkurrenz“) lässt nicht erkennen, dass die Antragsteller mit diesem Verfahren nicht nur eine Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP anstreben, sondern deren Betätigungsfreiheit oder die ihrer Mitglieder beschränken wollen.

55

6. Über die von den Vorinstanzen angehörten Beteiligten hinaus sind am Verfahren keine weiteren Personen, Vereinigungen oder Stellen beteiligt.

56

a) Die Beteiligung an einem Verfahren zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern ist - wie auch sonst in Beschlussverfahren - noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Personen und Stellen, die bis dahin zu Unrecht nicht gehört wurden, sind auch ohne Rüge zum Verfahren hinzuzuziehen. Dagegen ist im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht von Amts wegen zu prüfen, ob sämtliche in den Vorinstanzen beteiligten Personen, Vereinigungen und Stellen zu Recht angehört wurden (BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 51/03 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 113, 82).

57

b) In dem Verfahren um die Tariffähigkeit einer Vereinigung ist der Antragsteller notwendiger Beteiligter. Dies ist nicht nur die Vereinigung oder Stelle, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, sondern auch die antragsbefugte Vereinigung oder oberste Arbeitsbehörde, sofern sie im Verfahren einen eigenen Sachantrag gestellt hat. Dieser kann neben den des ursprünglichen Antragstellers oder den der Arbeitnehmervereinigung treten, deren Tariffähigkeit vom Antragsteller oder einer Mehrheit von Antragstellern bestritten wird (BAG 25. November 1986 - 1 ABR 22/85 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 53, 347). Daher kann auch der Antrag, der auf die Abweisung eines oder mehrerer Anträge gerichtet ist, die Beteiligtenstellung einer der in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und obersten Arbeitsbehörden begründen.

58

c) Die weiteren Beteiligten ergeben sich aus § 83 Abs. 3 ArbGG, der gemäß § 97 Abs. 2 ArbGG aber nur entsprechende Anwendung findet. Maßgeblich ist die unmittelbare Betroffenheit in der Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung. Daher ist stets die Vereinigung beteiligt, über deren Tariffähigkeit gestritten wird, selbst wenn diese keinen eigenen Antrag gestellt hat. Beteiligt sind ferner die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, soweit die Entscheidung sie berühren kann. Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 19, BAGE 117, 308).

59

d) Hingegen sind einzelne Arbeitgeber, die Vereinbarungen mit einer Arbeitnehmervereinigung abgeschlossen haben, deren Tariffähigkeit umstritten ist, nicht im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhören. Dessen Zweck bringt es mit sich, dass die Interessen dieser Arbeitgeber durch die Beteiligung der Spitzenverbände auf Arbeitgeberseite als ausreichend gewahrt gelten, selbst wenn die Arbeitgeber keinem Arbeitgeberverband angehören und es insoweit an einer mitgliedschaftlichen Legitimation des Spitzenverbands fehlt. Dies ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten schon deshalb unbedenklich, weil sie dort, wo sie in ihrer Rechtsstellung als Tarifvertragspartei betroffen sind, die Rechtswirksamkeit der von ihnen abgeschlossenen Vereinbarung als Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG im Rahmen einer Verbandsklage(§ 9 TVG) feststellen lassen können. Im Rahmen eines solchen Rechtsstreits muss das Arbeitsgericht das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG aussetzen, wenn entweder die Tariffähigkeit der abschließenden Arbeitnehmervereinigung streitig ist oder wenn gegen diese Bedenken bestehen, wobei im Arbeitsleben geäußerte Vorbehalte zu berücksichtigen und vom Arbeitsgericht aufzugreifen sind(BAG 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 - Rn. 17, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9). Unter diesen Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht auch ein Verfahren nach § 9 TVG auszusetzen, um dessen Parteien die Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG über die Tariffähigkeit der Arbeitnehmervereinigung oder des Spitzenverbands zu ermöglichen. In dieses Beschlussverfahren sind die Arbeitgeber, die mit der in ihrer Tariffähigkeit umstrittenen Vereinigung einen „Firmentarifvertrag“ abgeschlossen haben, entweder als Antragsteller oder als Beteiligte einbezogen (§ 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG). Mit der Interessenwahrnehmung durch den auf Arbeitgeberseite am Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stets beteiligten Spitzenverband sowie die aufgezeigte Rechtsschutzmöglichkeit über das Verbandsklageverfahren erhalten auch die betroffenen Arbeitgeber eine Rechtsschutzmöglichkeit, die den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip(Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes genügt.

60

Die Beschränkung der nach § 97 Abs. 2 ArbGG iVm. § 83 Abs. 3 ArbGG anzuhörenden Stellen ist auch aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten. Ein Verfahren über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern kann sein Ziel nur erreichen, wenn seine Durchführung nicht durch eine Vielzahl von anzuhörenden Personen oder Stellen gefährdet wird. Dies wäre aber der Fall, wenn auch einzelne Arbeitgeber in ein solches Verfahren einzubeziehen wären. Der Abschluss und die Beendigung von Firmentarifverträgen würden zu einem unüberschaubaren und ständigen Wechsel der anzuhörenden Personen und Stellen führen, was einem zügigen und rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden Verfahrensabschluss entgegenstünde.

61

e) Hiernach ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Verfahren die Anhörung einer Vereinigung oder Stelle unterblieben wäre, die durch die zu treffende Entscheidung in ihrer Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung unmittelbar betroffen ist. Neben den Antragstellern sowie den Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite haben die Vorinstanzen die CGZP und die nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsbefugten Arbeitgeberverbände angehört, die einen eigenen Sachantrag gestellt haben.

62

f) Die Verfahrensrüge des AMP, mit der dieser die unterbliebene Anhörung einzelner Arbeitgeber beanstandet, ist jedenfalls unbegründet. Die Arbeitgeber, mit denen die CGZP Firmentarifverträge abgeschlossen hat, sind nicht nach § 97 Abs. 2 ArbGG am Verfahren beteiligt. Es ist auch weder ersichtlich noch von den Beteiligten geltend gemacht, dass die Anhörung einer Person oder Stelle unterblieben ist, die in Bezug auf die gegenwartsbezogenen Anträge nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG am Verfahren beteiligt ist. Dahinstehen kann, ob auch die Mitglieder der CGZP im Verfahren anzuhören waren. Insoweit hat keiner der Beteiligten eine Verfahrensrüge erhoben.

63

IV. Die gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge sind begründet. Die CGZP ist weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation tariffähig.

64

1. Der Begriff der Tariffähigkeit ist gesetzlich nicht definiert. § 2 Abs. 1 bis 3 TVG bestimmt zwar, wer Partei eines Tarifvertrags sein kann, enthält aber selbst keine nähere Definition der Tariffähigkeit. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, der hiervon zur besseren Lesbarkeit des Gesetzestextes und größeren Verständlichkeit für den Laien abgesehen hat (Herschel ZfA 1973, 183, 189). Die Tariffähigkeit wird in § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 ArbGG deshalb als Eigenschaft vorausgesetzt. Es handelt sich um die rechtliche Fähigkeit, durch Vereinbarung mit dem sozialen Gegenspieler Arbeitsbedingungen tarifvertraglich mit der Wirkung zu regeln, dass sie für die tarifgebundenen Personen unmittelbar und unabdingbar wie Rechtsnormen gelten (BVerfG 19. Oktober 1966 - 1 BvL 24/65 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 20, 312; BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 35, BAGE 117, 308). Die Tariffähigkeit ist Voraussetzung für den Abschluss von Tarifverträgen iSd. § 1 Abs. 1 TVG. Die in § 2 TVG enthaltene Aufzählung der möglichen Tarifvertragsparteien ist abschließend. Auf Arbeitnehmerseite kann Partei eines Tarifvertrags nur eine Gewerkschaft (§ 2 Abs. 1 TVG) oder ein Zusammenschluss von Gewerkschaften (§ 2 Abs. 2 und 3 TVG) sein.

65

2. Nach der Rechtsprechung des Senats muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um als Gewerkschaft nach § 2 Abs. 1 TVG tariffähig zu sein.

66

a) Die an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Anforderungen sind gesetzlich nicht bestimmt. Die Regelung in A III 2 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 und dem Gemeinsamen Protokoll über Leitsätze, die nahezu wortgleich den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen entspricht, stellt ebenfalls keine gesetzliche Normierung der an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Voraussetzungen dar. Sie hat zwar durch das Zustimmungsgesetz des Deutschen Bundestags vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) Aufnahme in den Willen des Gesetzgebers gefunden. Materielles Gesetz ist sie dadurch aber nicht geworden ( BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 c der Gründe, BAGE 95, 47 ). Es ist daher Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, im Rahmen der an sie herangetragenen Streitigkeit den unbestimmten Rechtsbegriff durch Auslegung im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG auszufüllen(vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 - 1 BvR 404/78 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233) und dabei die im Zustimmungsgesetz vom 25. Juni 1990 zum Ausdruck genommene Willensbekundung der Gesetzgebungsorgane der Bundesrepublik Deutschland zu beachten (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 36, BAGE 117, 308).

67

b) Eine Arbeitnehmervereinigung ist nach der Senatsrechtsprechung tariffähig, wenn sie sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt hat und willens ist, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehören die durch ihre Mitglieder vermittelte Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und eine leistungsfähige Organisation (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 30; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 34, BAGE 117, 308). Eine Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG liegt schon dann nicht vor, wenn die Satzung der Vereinigung die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern nicht vorsieht.

68

3. Auch der Begriff der Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG ist gesetzlich nicht näher geregelt. Die an eine Spitzenorganisation zu stellenden Anforderungen erschließen sich jedoch durch Auslegung dieser Bestimmung.

69

a) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern können nach § 2 Abs. 2 TVG Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn sie im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen und eine entsprechende Vollmacht haben. Solche Verbindungen von Gewerkschaften werden vom Gesetz nach dem in § 2 Abs. 2 TVG enthaltenen Klammerzusatz als Spitzenorganisationen bezeichnet. Wird eine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 2 TVG bevollmächtigt, handelt sie als Stellvertreter für den von ihr vertretenen Verband oder für die von ihr vertretene Mehrheit von Verbänden. Nicht die Spitzenorganisation, sondern die von ihr vertretene Tarifvertragspartei iSd. § 2 Abs. 1 TVG wird Partei des von der Spitzenorganisation abgeschlossenen Tarifvertrags.

70

b) Eine Spitzenorganisation kann auch selbst Partei eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört (§ 2 Abs. 3 TVG). Die Abschlussbefugnis muss nicht ausdrücklich in der Satzung der Spitzenorganisation aufgeführt werden; es genügt, wenn sich diese Aufgabe durch Auslegung der Satzung ermitteln lässt (vgl. BAG 22. März 2000 - 4 ABR 79/98 - zu II 1 b aa der Gründe, BAGE 94, 126). Die einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Mitglieder der in der Spitzenorganisation zusammengefassten Verbände sind dann an die von ihr im eigenen Namen abgeschlossenen Tarifverträge gebunden (BAG 6. Mai 2003 - 1 AZR 241/02 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 106, 124).

71

c) Eine Spitzenorganisation verfügt weder nach § 2 Abs. 2 TVG noch nach § 2 Abs. 3 TVG über eine originäre Tariffähigkeit(aA wohl Ricken Autonomie und tarifliche Rechtsetzung S. 305). Diese Vorschriften bestimmen lediglich, unter welchen zusätzlichen zu den in § 2 Abs. 1 TVG genannten Voraussetzungen ein solcher Verband Partei eines Tarifvertrags sein kann. Ihre Tariffähigkeit leitet eine Spitzenorganisation ausschließlich von ihren Mitgliedern ab. Dies folgt für die in Vollmacht handelnde Spitzenorganisation aus § 2 Abs. 2 TVG. Nichts anderes gilt bei einem Zusammenschluss von Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern nach § 2 Abs. 3 TVG. Die Spitzenorganisation kann zwar selbst Partei eines Tarifvertrags sein, sie wird dabei aber ausschließlich für ihre Mitgliedsverbände tätig. Diese können der Spitzenorganisation deren Tariffähigkeit daher nur im Rahmen ihrer eigenen Tariffähigkeit vermitteln (Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 437; Franzen BB 2009, 1472, 1474; Jacobs ZfA 2010, 27, 41).

72

d) Die sich zu einer Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammenschließenden Arbeitnehmerkoalitionen müssen selbst tariffähig sein. Dies setzt die Tariffähigkeit von sämtlichen das Tarifgeschehen der Spitzenorganisation bestimmenden Gewerkschaften voraus.

73

aa) Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 2 TVG und der Gesetzessystematik. Nach § 2 Abs. 2 TVG ist eine Spitzenorganisation ua. der Zusammenschluss von Gewerkschaften. Dabei folgt das TVG einem einheitlichen Gewerkschaftsbegriff. Nach § 2 Abs. 1 TVG sind auf Arbeitnehmerseite nur Gewerkschaften zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Dies setzt ihre Tariffähigkeit voraus. Dieses Verständnis liegt ersichtlich auch § 2 Abs. 2 TVG zugrunde, denn nur eine tariffähige Arbeitnehmerkoalition kann die Spitzenorganisation zum Abschluss eines Tarifvertrags bevollmächtigen. Für Zusammenschlüsse von Gewerkschaften nach § 2 Abs. 3 TVG gilt nichts anderes.

74

bb) Hierfür spricht auch der Normzweck. Die §§ 2 bis 4 TVG sollen einen rechtlichen Rahmen schaffen, auf dessen Grundlage sich die Normsetzung der Tarifvertragsparteien vollzieht. Dazu definiert das Gesetz in § 2 TVG zunächst die Parteien, die einen Tarifvertrag nach § 1 Abs. 1 TVG schließen können. Durch § 3 TVG wird der persönliche und zeitliche Geltungsbereich festgelegt, für den die von den Tarifvertragsparteien geschlossenen Rechtsnormen ihre Wirkung entfalten. Anschließend gestaltet § 4 TVG den Umfang der Normenwirkung für die erfassten Arbeitsverhältnisse der tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus. Da eine Spitzenorganisation über keine originäre Tariffähigkeit verfügt, sondern diese nur von ihren Mitgliedern ableitet, kann sie nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG geltende Tarifnormen auch nur für diese oder für die Mitglieder der ihr angeschlossenen Vereinigungen schaffen(Franzen BB 2009, 1472, 1475). Dies setzt aber deren Tariffähigkeit voraus (zu einer von Arbeitgebern gebildeten Spitzenorganisation: BAG 2. November 1960 - 1 ABR 18/59 - AP ArbGG 1953 § 97 Nr. 1). Ansonsten könnte auch eine nach § 2 Abs. 1 TVG nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalition entgegen der Konzeption des TVG durch einen Beitritt zu einer Spitzenorganisation die Geltung von Tarifnormen für ihre Mitglieder herbeiführen.

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cc) Das Erfordernis, dass eine Spitzenorganisation von Arbeitnehmervereinigungen nur aus tariffähigen Mitgliedern gebildet werden kann, schließt nicht aus, dass ihr vereins- oder verbandsrechtlich andere Vereinigungen angehören können, ohne dass hierdurch die Eigenschaft als Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG stets in Frage gestellt wäre(Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 112; Franzen BB 2009, 1472, 1474; Wiedemann/Thüsing RdA 1995, 280, 282; dazu tendierend auch Wiedemann/Oetker § 2 Rn. 426). Eine solche Befugnis wird ihr durch die Verbandsautonomie eröffnet. Es begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn eine von Gewerkschaften iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildete Spitzenorganisation in ihrer Satzung vorsieht, dass ihr auch andere, nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalitionen angehören können, soweit diese die tarifpolitischen Entscheidungen der Spitzenorganisation nicht beeinflussen können und eine solche Einwirkungsmöglichkeit auch satzungsrechtlich wirksam ausgeschlossen ist(für eine Vereinigung von Arbeitgebern: BAG 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 29, BAGE 130, 264; bestätigt durch BVerfG 1. Dezember 2010 - 1 BvR 2593/09 -). Danach könnte die Satzung einer solchen Spitzenorganisation zwar eine Form der Mitgliedschaft vorsehen, die nicht zu einer Tarifbindung führt. Es ist ihr aber verwehrt, die Geltung der nach § 2 Abs. 2 und 3 TVG abgeschlossenen Tarifverträge auf die Mitglieder der nicht tariffähigen Arbeitnehmerkoalition zu erstrecken.

76

e) Die zu einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften müssen dieser ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln. Dies setzt voraus, dass sich die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften in ihrem Organisationsbereich nicht nur teilweise, sondern vollständig miteinander verbinden. Dies folgt aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und einem am Normzweck orientierten Verständnis.

77

aa) Der Gesetzeswortlaut erfordert keine rechtliche Verbindung, bei der die vor dem Zusammengehen selbständigen Vereinigungen ihre Eigenständigkeit aufgeben. § 2 Abs. 2 TVG geht von dem Fortbestand der zusammengeschlossenen Verbände aus, für die von der Spitzenorganisation Tarifverträge abgeschlossen werden. Allerdings verlangt die Vorschrift einen „Zusammenschluss“ und damit eine vollständige Verbindung der Gewerkschaften zu einer Spitzenorganisation. Hieran fehlt es, wenn die sich miteinander verbindenden Verbände sich nur in Teilen ihrer Organisationsbereiche zusammenschließen.

78

bb) Dies folgt auch aus der Entstehungsgeschichte.

79

Nach dem Tarifvertragsrecht der Weimarer Republik konnten Parteien eines Tarifvertrags grundsätzlich nur Vereinigungen von Arbeitnehmern, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern sein (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Tarifvertragsordnung vom 23. Dezember 1918, RGBl. 1456). Spitzenorganisationen konnten keine Tarifverträge abschließen, da ihnen keine Arbeitgeber oder Arbeitnehmer unmittelbar als Mitglieder angehört haben. Nach § 1 Abs. 2 des vom Zentralamt für Arbeit in der britischen Besatzungszone vorgelegten Referentenentwurfs(sog. Lemgoer Entwurf) sollten Spitzenorganisationen nur tariffähig sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört. Mit dieser Regelung sollte den Bundesinnungsverbänden der Abschluss von Tarifverträgen für die örtlichen Organisationen des Handwerks ermöglicht werden. Der Gesetzgeber hat jedoch von einer Sonderregelung für den Bereich des Handwerks abgesehen und die nunmehr in § 2 Abs. 2 bis 4 TVG enthaltene differenzierende Regelung geschaffen. Hierdurch sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bedürfnis nach zentralen Regelungen und dem Autonomiebewusstsein der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände hergestellt werden (Herschel ZfA 1973, 183, 189 f.). Dabei ging auch der Gesetzgeber des TVG offensichtlich davon aus, dass der Zusammenschluss der Vereinigungen zu einem Spitzenverband - wie im Bereich des Handwerks - insgesamt und nicht nur in Teilen ihres Organisationsbereichs erfolgt.

80

cc) Dieses Verständnis gibt auch der das Tarifrecht beherrschende Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit vor.

81

(1) Nach der Senatsrechtsprechung ist die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG für den von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereich einheitlich und unteilbar. Für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung genügt es, dass diese über Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unerheblichen Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs verfügt. Eine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit gibt es nicht (5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 24; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 56, BAGE 117, 308). Der Senat hat es allerdings für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung ausreichen lassen, wenn diese in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs über eine ausreichende Mächtigkeit verfügt. Dies lässt regelmäßig erwarten, dass sich die Arbeitnehmerkoalition auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehlt, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwirft. Danach kann einer Arbeitnehmervereinigung einerseits die Tariffähigkeit insgesamt nicht versagt werden, wenn die Durchsetzungskraft oder die organisatorische Leistungsfähigkeit in irgendeinem Teilbereich fehlt, während sie andererseits nicht festgestellt werden kann, wenn sie nur in irgendeinem Teilbereich ihrer Tarifzuständigkeit über eine Durchsetzungskraft verfügt (28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 59 f., aaO).

82

(2) Die Vermittlung eines Teils der Tariffähigkeit der einer Spitzenorganisation angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften ist nicht ausreichend.

83

Durch den Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit erfährt eine Arbeitnehmerkoalition zwar insoweit eine Begünstigung, als ihr die Tariffähigkeit auch für die Teile des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs zugestanden wird, in denen es ihr an der erforderlichen Durchsetzungskraft fehlt. Anderseits führt dieses Verständnis von der Tariffähigkeit zugleich zu einer Beschränkung ihrer Möglichkeit, sich mit anderen Gewerkschaften zu einer Spitzenorganisation zusammenzuschließen. Denn sie kann nicht uneingeschränkt über ihre Tariffähigkeit verfügen, sondern muss diese der Spitzenorganisation insgesamt vermitteln. Fehlt es hieran, kann die Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit nicht auf die der ihr angeschlossenen Gewerkschaften stützen. Die vollständige Vermittlung der Tariffähigkeit der Mitgliedsgewerkschaften erfordert auch die Rechtssicherheit und die darauf beruhende Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Schließen sich tariffähige Gewerkschaften nicht in ihrem gesamten Organisationsbereich zu einer Spitzenorganisation zusammen, könnte zweifelhaft werden, ob diese in den ihr übertragenen Organisationsbereichen die notwendige Durchsetzungsfähigkeit besitzt. Es bestünde die Gefahr, dass die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften dieser nur die Bereiche übertragen, in denen sie selbst nur über eine unzureichende Durchsetzungskraft verfügen, was zugleich deren Fähigkeit in Frage stellt, durch Tarifverträge eine angemessene Regelung der Arbeitsbedingungen für die Mitglieder der Einzelgewerkschaften herbeizuführen.

84

f) Ebenso sind die tarifrechtlichen Anforderungen an eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG nicht erfüllt, wenn deren satzungsmäßige Zuständigkeit für den Abschluss von Tarifverträgen über die Organisationsbereiche der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften hinausgeht.

85

aa) Übersteigt der Organisationsbereich des Spitzenverbands die Zuständigkeiten der ihm angeschlossenen tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen, handelt es sich schon begrifflich nicht mehr nur um einen Zusammenschluss von Gewerkschaften. Eine solche Verbindung kann ihre Tariffähigkeit nicht mehr von den ihr angeschlossenen Gewerkschaften ableiten. Der Abschluss von Tarifverträgen für Arbeitsverhältnisse außerhalb des von ihnen selbst gewählten Organisationsbereichs beruht dann nicht mehr auf der eingegangenen Verbindung, sondern erfolgt davon losgelöst.

86

bb) Für eine Übereinstimmung der Zuständigkeit der Spitzenorganisation mit den Organisationsbereichen der Mitgliedsgewerkschaften spricht auch der Normzweck. Die Rechtssetzung durch Tarifnormen ist nach § 3 Abs. 1 TVG beschränkt auf die Mitglieder der tarifschließenden Parteien und den Arbeitgeber, der selbst Partei eines Tarifvertrags ist. Lediglich Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist (§ 3 Abs. 2 TVG). Der Abschluss von Tarifverträgen durch eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG führt daher zur Tarifbindung der Mitglieder der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften, sofern diese vom tariflichen Geltungsbereich erfasst werden. Ein Tarifvertragsschluss in einem Bereich, der außerhalb der Organisationsbereiche der Mitgliedsgewerkschaften liegt, kann auf Arbeitnehmerseite keine Tarifbindung erzeugen und geht ins Leere.

87

4. Diese Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation sichern die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie und sind gemessen an diesem Regelungsziel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

88

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung von gewissen Mindestvoraussetzungen abhängig gemacht wird. Allerdings dürften keine Anforderungen an die Tariffähigkeit gestellt werden, die die Bildung und Betätigung einer Koalition unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und -betätigung führen(20. Oktober 1981 - 1 BvR 404/78 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233; zuletzt 31. Juli 2007 - 2 BvR 1831/06 ua. - AP LPVG NW § 22 Nr. 2 = EzA GG Art. 9 Nr. 93). Anforderungen, die nicht zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie geeignet, erforderlich und angemessen sind, überschreiten die Grenze der Ausgestaltung. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit wäre verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 35).

89

b) Das Erfordernis, dass die in einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften dieser ihre gesamte Tariffähigkeit vermitteln müssen, schränkt weder die Bildung noch die Betätigung der zu einer Spitzenorganisation zusammengeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen unverhältnismäßig ein.

90

aa) Die kollektive Koalitionsfreiheit gewährleistet die Autonomie bei der Festlegung von verbandsinternen Organisationsstrukturen (ErfK/Dieterich 11. Aufl. Art. 9 GG Rn. 40). Die Entscheidung einer Gewerkschaft, auf welcher Gliederungsebene sie die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit erfüllen will, fällt daher in den durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Bereich. Dies betrifft zwar vornehmlich ihre Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang ihre eigenen Untergliederungen (Bezirks-, Landes- oder Bundesebene) Partei eines Tarifvertrags sein sollen. Der Grundrechtsschutz betrifft aber gleichermaßen ihren Entschluss, mit anderen Gewerkschaften eine Spitzenorganisation zu bilden, die für ihre Mitglieder entweder als Bevollmächtigte (§ 2 Abs. 2 TVG) oder kraft eigenen Satzungsrechts (§ 2 Abs. 3 TVG) Tarifverträge abschließt.

91

bb) Es ist nicht unverhältnismäßig, die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation an die vollständige Übertragung der Organisationsbereiche ihrer Mitgliedsgewerkschaften zu binden. Die damit verbundene Vermittlung ihrer Tariffähigkeit ist zur Wahrung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie geeignet und erforderlich und führt auch nicht zu einer unangemessenen Beschränkung der Koalitionsfreiheit der Mitgliedsgewerkschaften. Die zur Rechtssicherheit gebotene umfassende Übertragung des Organisationsbereichs auf die Spitzenorganisation schränkt die Handlungsmöglichkeiten der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften nicht nennenswert ein. Ihre Fähigkeit, selbst Tarifverträge für die von ihnen repräsentierten Arbeitnehmer abzuschließen, wird durch den Zusammenschluss nicht berührt, weil die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation neben die ihrer Mitglieder tritt. Darüber hinaus können Gewerkschaften mit unterschiedlichen Organisationsbereichen ohne die Bildung einer Spitzenorganisation jeweils im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit einen einheitlichen Tarifvertrag mit einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband im Wege einer Tarifgemeinschaft abschließen, bei der sie entweder gemeinsam oder einzeln Vertragspartei werden (BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84; 29. Juni 2004 - 1 AZR 143/03 - zu III 4 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Nr. 36 = EzA TVG § 1 Nr. 46).

92

cc) Ebenso ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, das Vorliegen einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG von der Begrenzung ihrer Zuständigkeit auf die Organisationsbereiche ihrer Mitgliedsgewerkschaften abhängig zu machen. Es ist schon fraglich, ob insoweit überhaupt die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigungsfreiheit der Mitgliedsgewerkschaften berührt wird, weil sich diese auf den von ihnen selbst gewählten Organisationsbereich beschränkt. Jedenfalls ist es nicht unverhältnismäßig, einem Verband von Gewerkschaften die Tariffähigkeit nach § 2 Abs. 3 TVG zu versagen, wenn dieser auch außerhalb des Zuständigkeitsbereichs seiner Mitglieder Tarifverträge abschließen soll. Die Tariffähigkeit einer von Gewerkschaften gebildeten Spitzenorganisation beruht auf der sozialen Mächtigkeit der von ihren Mitgliedern repräsentierten Arbeitnehmer. Dass es bei einem Tarifvertragsabschluss außerhalb der Organisationsbereiche der Mitgliedsgewerkschaften an einer solchen Durchsetzungskraft fehlt, ist offensichtlich. Solche Tarifabschlüsse können für sich nicht in Anspruch nehmen, eine durch Druck und Gegendruck bewirkte angemessene Regelung von Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das widerspricht der Funktion der Tarifautonomie, den von staatlicher Rechtssetzung freigelassenen Raum des Arbeitslebens durch Tarifverträge sinnvoll zu ordnen (BVerfG 6. Mai 1964 - 1 BvR 79/62 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 18, 18). Die damit verbundene Gefährdung der Tarifautonomie ist auch nicht deswegen hinzunehmen, weil bestimmte Vertragsformen des Arbeitslebens - wie etwa die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung - nicht rechtssicher und zwingend vom bisherigen Organisationsbereich der Arbeitnehmervereinigungen erfasst werden. Um auch solche Arbeitnehmer zu organisieren, bleibt einer Mitgliedsgewerkschaft die Möglichkeit der satzungsrechtlichen Erweiterung des eigenen Organisationsbereichs.

93

5. Die CGZP ist keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG, da sie nach ihrer Satzung keine Arbeitnehmer organisiert. Nach § 3 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 können nur die im CGB zusammengeschlossenen Arbeitnehmerkoalitionen ihren Beitritt zur CGZP erklären.

94

6. Die CGZP ist auch keine tariffähige Spitzenorganisation. Die tarifrechtlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 TVG liegen nicht vor. Die Mitglieder der CGZP haben ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Zudem geht der Organisationsbereich der CGZP über den ihrer Mitglieder hinaus. Daher kann dahinstehen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vielzahl der von ihr mit Arbeitgebern abgeschlossenen Vereinbarungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung eine soziale Mächtigkeit der CGZP belegt.

95

a) Die CGM, die DHV und die GÖD haben ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Die CGZP ist nicht in dem gesamten durch die Satzungen ihrer Mitglieder bestimmten Organisationsbereich zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Ihre Tarifzuständigkeit ist nach § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 auf Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden beschränkt, die oder deren Mitglieder als Verleiher Dritten(Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung überlassen wollen. Dass der Organisationsbereich der CGZP auf den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung beschränkt ist, wird von der CGZP selbst und ihren Mitgliedern nicht in Frage gestellt.

96

b) Die Zuständigkeit der CGZP geht zudem über die ihrer Mitglieder hinaus. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Der Organisationsbereich der CGM, der DHV und der GÖD erfasst weder für sich allein noch bei einer Gesamtschau sämtliche Arbeitsverhältnisse im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung iSd. § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009.

97

aa) Die fehlende Zuständigkeit der Mitglieder der CGZP für den gesamten Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ist im vorliegenden Verfahren zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben. Weder die CGZP noch ihre am Verfahren beteiligten Mitglieder haben in den Vorinstanzen geltend gemacht, dass deren Organisationsbereich entweder einzeln oder in der Summe die gesamte gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung umfasst. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Auslegung der Satzungen der CGM, der DHV und der GÖD.

98

bb) Das Landesarbeitsgericht hat die Satzung der CGM dahingehend ausgelegt, dass diese für Leiharbeitnehmer zuständig ist, die in den in § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 CGM-Satzung angeführten Unternehmen oder Betrieben als Leiharbeitnehmer beschäftigt werden, wenn diese von einem dort genannten Metallarbeitgeber überlassen worden sind. Es kann dahinstehen, ob die CGM nach ihrer Satzung tatsächlich nur für Leiharbeitnehmer zuständig ist, wenn die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Metallarbeitgebern erfolgt. Hierfür könnte allerdings sprechen, dass die CGM einem solchen Satzungsverständnis in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht entgegengetreten ist und auch nach ihrem Vortrag eine darüber hinausgehende Zuständigkeit bisher nicht beansprucht hat. Jedenfalls ist der Organisationsbereich der CGM auf Arbeitnehmer beschränkt, die mit einem in § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 CGM-Satzung angeführten Unternehmen oder Betrieb ein Leiharbeitsverhältnis begründet haben.

99

cc) Die DHV war nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung vom 12. März 2007 für Arbeitnehmer „insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen“ zuständig. Diese Bestimmung hat der Senat in seiner Entscheidung vom 10. Februar 2009 dahingehend ausgelegt, dass die DHV für Arbeitnehmer in anderen als kaufmännischen und verwaltenden Berufen nicht tarifzuständig ist (- 1 ABR 36/08 - Rn. 25, BAGE 129, 322). Danach war der Organisationsbereich der DHV im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung bis zu ihrer Satzungsänderung im Jahr 2009 jedenfalls auf Leiharbeitnehmer beschränkt, mit denen zugleich die Tätigkeit in kaufmännischen und verwaltenden Berufen vereinbart worden ist. Nach § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 und 4 der am 12. Juni 2009 in das Vereinsregister eingetragenen Satzung ist die DHV nunmehr auch für Arbeitnehmer zuständig, die in eine Branche oder in Unternehmen überlassen werden, die in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 DHV-Satzung 2009 oder im Anhang zur Satzung aufgeführt sind. Selbst nach dieser Satzungsänderung erstreckt sich der Organisationsbereich der DHV aber allenfalls auf Leiharbeitnehmer für die Dauer ihres Einsatzes in Betrieben des Groß-, Außen- und Einzelhandels, der Warenlogistik, der Finanz- und Versicherungswirtschaft, der gesetzlichen Sozialversicherung sowie in Dienstleistungsbetrieben, die diesen Branchen zugeordnet sind, sowie in den im Anhang 1 genannten Branchen und Unternehmen.

100

dd) Die GÖD ist nur für Leiharbeitsverhältnisse zuständig, die mit öffentlichen Arbeitgebern begründet werden.

101

(1) Die GÖD organisierte nach § 2, § 5 Abs. 1 ihrer Satzung vom 20./21. April 2005 bundesweit neben den aktiven und den ausgeschiedenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes „Arbeitnehmer/innen von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen, die auch die Grundsätze und die Satzung der GÖD anerkennen und bereit sind, ihre Ziele zu fördern und keiner konkurrierenden Gewerkschaft angehören“.

102

(2) Die GÖD hat ihren Organisationsbereich bisher nicht auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung erweitert. Zwar ist die zuvor in § 5 Abs. 1 GÖD-Satzung 2005 enthaltene personenbezogene Einschränkung in der aktuellen Satzung der GÖD aus dem Jahr 2009 nicht mehr enthalten. Daneben spricht auch der Wortlaut von § 2 Abs. 1, § 5 GÖD-Satzung 2009 für eine umfassende Zuständigkeit der GÖD für den gesamten privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich, zu dem auch die Arbeitnehmerüberlassung zählt. Eine entsprechende Ausdehnung ihres Organisationsbereichs setzt aber voraus, dass die Arbeitnehmerüberlassung in einer Anlage zur Satzung der GÖD gesondert aufgeführt wird. Dies folgt aus dem Regelungszusammenhang der GÖD-Satzung 2009 und dem Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung.

103

(a) Die GÖD hat ihre Zuständigkeit für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich bisher noch nicht abschließend festgelegt. Während ihr Organisationsbereich für den Bereich des öffentlichen Dienstes nach Beschäftigtengruppen, Arbeitgebern und Einrichtungen unverändert in § 2 Abs. 1 GÖD-Satzung detailliert beschrieben wird, fehlt es für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich noch an einer entsprechenden Ausgestaltung, die aus Sicht der GÖD den Bestimmtheitserfordernissen genügt. Eine solche Konkretisierung soll nach ihrer Satzung durch die in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 GÖD-Satzung 2009 in Aussicht gestellte Beifügung einer Anlage erfolgen, in der einzelne Branchen aufgeführt werden, für die von der GÖD eine Tarifzuständigkeit beansprucht wird. Bis zur Aufnahme der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung in eine solche Anlage hat die GÖD ihren Organisationsbereich im privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich gegenüber der Satzung aus dem Jahr 2005 nicht erweitert.

104

(b) Eine Zuständigkeit der GÖD für den gesamten Bereich der Arbeitnehmerüberlassung würde zudem die Mitgliedschaft der GÖD in der CGZP in Frage stellen. Nach § 21 Abs. 1 ihrer Satzung aus dem Jahr 2009 kann die GÖD eine Zusammenarbeit nur mit nicht konkurrierenden Gewerkschaften, Berufsverbänden oder Arbeitnehmervereinigungen eingehen. Ein solches, nach dem Willen der Satzungsgeber der GÖD offensichtlich unerwünschtes Konkurrenzverhältnis zu anderen im CGB organisierten Gewerkschaften würde aber entstehen, wenn die GÖD ua. für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung umfassend zuständig wäre.

105

(c) Einer Auslegung der GÖD-Satzung 2009, wonach die GÖD ohne Beschränkung auf einzelne Branchen für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich zuständig wäre, stünde überdies das Verbot der existenzgefährdenden Auslegung entgegen.

106

(aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist bei der Auslegung einer Satzung einer Arbeitnehmerkoalition zu berücksichtigen, dass ein zur möglichen Bestandsgefährdung der Vereinigung führendes Satzungsverständnis dem Sinn und Zweck der Bestimmungen und dem darin objektivierten Willen des Satzungsgebers widerspricht. Bei der Auslegung von Satzungsbestimmungen zum Umfang der Tarifzuständigkeit einer Arbeitnehmerkoalition hat daher eine Sichtweise zu unterbleiben, welche zum Wegfall der Tariffähigkeit führen würde, solange eine andere Auslegung nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen möglich ist (10. Februar 2009 - 1 ABR 36/08 - Rn. 44, BAGE 129, 322).

107

(bb) Eine umfassende Tarifzuständigkeit der GÖD für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit deren Tarifunfähigkeit zur Folge, weil sie für diesen erweiterten Organisationsbereich angesichts der von ihr behaupteten Mitgliederzahl von nur 57.000 Mitgliedern nicht mehr über die nach § 2 Abs. 1 TVG erforderliche soziale Mächtigkeit verfügen würde. In der öffentlichen Verwaltung waren bundesweit im Jahresdurchschnitt 2009 2,823 Mio. Erwerbstätige und im übrigen Dienstleistungsbereich 14,374 Mio. Erwerbstätige beschäftigt (Quelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2009 S. 30). Bei einer Zuständigkeit der GÖD für die privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbetriebe wäre ihr Organisationsbereich um mehr als das Fünffache erweitert, was mit einem Absinken des Organisationsgrads der dort beschäftigten Erwerbstätigen in der GÖD auf ca. 0,3 % verbunden wäre. Eine Ausweitung der Zuständigkeit der GÖD auf den privaten Dienstleistungsbereich würde ihre Durchsetzungskraft als sozialer Gegenspieler der Arbeitgeberseite nicht nur in einem kleinen Teilbereich, sondern umfassend in Frage stellen. Dass die GÖD im privaten Dienstleistungsbereich überhaupt über eine nennenswerte Mitgliederzahl verfügt oder auf eine hinreichend leistungsfähige Organisation zurückgreifen kann, ist angesichts ihrer historischen Ausrichtung auf den öffentlichen Dienst kaum anzunehmen.

108

(3) Der Organisationsbereich der GÖD ist danach gegenwärtig auf Leiharbeitsverhältnisse beschränkt, die von einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes begründet werden.

109

ee) Einer Auslegung der Satzung der CGZP, wonach sich deren Organisationsbereich nicht auf den ihrer Mitglieder beschränkt, steht auch das Verbot der existenzgefährdenden Satzungsauslegung nicht entgegen. Die CGZP-Satzung 2009 lässt die vom AMP unter Hinweis auf § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 geforderte einschränkende Auslegung nicht zu.

110

Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 entspricht § 1 CGZP-Satzung 2005 und ist eindeutig. Der fachliche Organisationsbereich erstreckt sich danach auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Er wird lediglich personenbezogen für die Mitglieder der ihr angeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen eingeschränkt. Dies entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über die Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Die in § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 enthaltene Regelung ist für das systematische Verständnis unergiebig. Sie regelt nur das Verfahren für einen Tarifvertragsabschluss von Mitgliedern der CGZP, den diese im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit vornehmen. Daneben beruht die jetzige Fassung von § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 auf den Ausführungen des Arbeitsgerichts Berlin über die „Abtretung der Tarifhoheit“ der Mitglieder der CGZP. Eine auf den fachlichen Organisationsbereich ihrer Mitglieder beschränkte Zuständigkeit hat die CGZP im vorliegenden Verfahren selbst nicht geltend gemacht. Dagegen spräche auch ihre Tarifpraxis. Die CGZP hat bis zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg Firmen- und Verbandstarifverträge außerhalb des Organisationsbereichs ihrer Mitglieder abgeschlossen und schließt diese nach wie vor ab.

111

c) Nachdem den Anträgen bereits aus anderen Gründen entsprochen wird, kann dahinstehen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird.

112

d) Da es schon an den tarifrechtlichen Voraussetzungen einer Spitzenorganisation fehlt und eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG Tariffähigkeit nur durch ihre Mitglieder erlangen kann, kommt es nicht darauf an, ob die CGZP ihre soziale Mächtigkeit durch die Anzahl der von ihr mit Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Vereinbarungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung unter Beweis stellen konnte. Es war deshalb auch nicht zu klären, ob Tarifverträge, deren Gegenstand allein darauf gerichtet ist, unter Nutzung der Tariföffnungsklausel in § 9 Nr. 2 AÜG von dem gesetzlichen Gleichstellungsgebot(§ 3 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 4 AÜG) abzuweichen, die soziale Mächtigkeit einer neu gegründeten Arbeitnehmervereinigung belegen können.

113

V. Der vom Land Berlin im Schriftsatz vom 9. November 2010 angekündigte Antrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist nach seinem Wortlaut nur für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellt worden. Diese interprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten. Es kann daher dahinstehen, ob das Land Berlin gehalten war, die im Hilfsantrag liegende Antragserweiterung durch eine Anschlussrechtsbeschwerde in das Verfahren einzuführen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Olaf Kunz    

        

    Hann    

                 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 25. März 2011 - 8 Ca 1031/99 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Der beschwerdeführende Kläger wendet sich gegen die gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG erfolgte Aussetzung seines am 29. Juni 2009 eingeleiteten Klageverfahrens, mit welchem er als verliehener Arbeitnehmer ab August 2003 bis einschließlich Januar 2009 equal-pay Ansprüche sowie Urlaubsabgeltungsansprüche in Höhe von insgesamt 90.860,21 € verfolgt.

2

Die ursprünglich unter dem Namen E Personal- und Service GmbH firmierende Beklagte des Ausgangsverfahrens verleiht gewerbsmäßig Arbeitnehmer in andere Betriebe.

3

Der Kläger war im Anspruchszeitraum als Leiharbeitnehmer beschäftigt.

4

Der unter dem 01. August 2003 geschlossene Formular-Arbeitsvertrag enthält in § 3 folgende Regelung:

5

§ 3 Anzuwendender Tarifvertrag
Die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis regeln sich nach dem Tarifvertrag Zeitarbeit und PSA. hier dem Manteltarifvertrag (MTV) zwischen der Tarifgemeinschaft C Gewerkschaften Zeitarbeit und P nachfolgend CGZP - und der Interessengemeinschaft N Zeitarbeitnehmen e. V. - nachfolgend INZ - in der jeweils gültigen Fassung.

6

Ergänzend finden die gesetzlichen Regelungen Anwendung.

7

Zur Vergütung enthält § 4 des Arbeitsvertrages folgende Regelung:

8

§ 4 Vergütung
Der Mitarbeiter wird entsprechend der ausgeübten Tätigkeit auf Grundlage des Entgeltrahmentarifvertrages bzw. Entgelttarifvertrages, abgeschlossen zwischen der CGZP und der INZ in die tarifliche Entgeltgruppe E 4 eingestuft. Auf Grundlage dieser Einstufung errechnet sich folgender Brutto-Stundenlohn:

9

Entgeltgruppe E 4

        

Grundlohn pro Stunde

7,80 €

Produktivlohn pro Stunde

9,50 €

Vermögenswirksame Leistungen pro Monat

 13,50 €

10

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern, welches den Rechtsstreit bis zur Vorlage der vollständigen Begründung des Urteils des BAG vom 14. Dezember 2010 - AZ: 1 ABR 19/10 - mit Beschluss vom 26. Januar 2011 "ausgesetzt" hatte, fasste nach Wideraufruf des Verfahrens durch den Kläger am 25. März 2011 folgenden Beschluss:

11

Der Rechtsstreit wird/bleibt gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft C Gewerkschaften für Z und P S Agenturen (CGZP) im Zeitpunkt des Abschlusses der für den Zeitraum August 2003 bis Dezember 2008 einschlägigen Tarifverträge, geschlossen zwischen der CGZP und dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP), ausgesetzt.

12

Gegen den am 29. März 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12. April 2011 eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers. In ihr wird eine mangelnde Erkennbarkeit deren Aussetzung und ihre Berechtigung sowie die Vorgehensweise des Arbeitsgerichtes beanstandet.

13

Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf die Schriftsätze vom 28. April 2011 (Bl. 174 - 176 d. A.) und 6. Juni 2011 (Bl. 268 - 271 d. A.) Bezug genommen.

14

Die Beklagte hat in ihrem Zurückweisungsantrag insbesondere darauf abgestellt, dass das Bundesarbeitsgericht in der maßgeblichen Entscheidung vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - für die streitigen Zeiträume keine rechtskräftigen Entscheidungen getroffen habe. In den Beschlussgründen sei ausgeführt, dass aufgrund der erfolgten Antragstellung nur eine gegenwartsbezogene Entscheidung habe getroffen werden können.

15

Auf die diesbezügliche Begründung im Schriftsatz vom 28. März 2011 (Bl. 160 - 161 d. A.) sowie die jeweiligen späteren Ergänzungen im Schriftsatz vom 14. Juni 2011 (Bl. 328 - 330 d. A.) wird Bezug genommen.

II.

16

Die statthafte und insgesamt zulässige sofortige Beschwerde ist n i c h t begründet.

17

Die Aussetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts vom 25. März 2011 ist nach § 95 Abs. 5 ArbGG gerechtfertigt. Sie stellt die Reaktion auf den ausdrücklich zuletzt gestellten Aussetzungsantrag der Beklagten dar und ist entgegen der Ansicht des Klägers auch inhaltlich deutlich. Die Formulierung des unter I der Gründe dargestellten Tenors des angefochtenen Beschlusses ("wird/bleibt" "ausgesetzt") ist an § 97 Abs. 5 ArbGG festgemacht und will zugleich erkennbar an der Aussetzungsberechtigung gemäß dem ursprünglichen Beschluss vom 26. Januar 2011 festhalten.

18

Für das Beschwerdeverfahren ist von rechtlicher Bedeutung, dass die Auffassung des aussetzenden Gerichts über die Entscheidungserheblichkeit der Tariffähigkeit nur begrenzt nachprüfbar ist. Sie ist solange anzunehmen, wie der Mangel der Entscheidungserheblichkeit n i c h t o f f e n s i c h t l i c h ist (zutreffend: Schwab/Weth/Walker, Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz, 3. Aufl., § 97 Rz. 48 m. w. N. auf BAG Beschluss vom 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 = NZA 2008, 489 BAG Beschluss vom 26. Oktober 2009 - 3 AZB 24/99 = NZA 2009, 1436). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

19

§ 97 Abs. 5 ArbGG, wonach das Gericht das Verfahren auszusetzen hat, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits u. a. von der Tariffähigkeit einer Vereinigung abhängt, will mit der normierten Notwendigkeit im Procedere ein Höchstmaß an Klarheit für die Befugnis zur Normsetzung erreichen (vgl. BAG Beschluss vom 25. September 1996 - 1 ABR 25/96 = NZA 1997, 668 (670) m. zust. Anm. Oetker in AP Nr. 4 zu § 97 ArbGG 1979). Die Annahme des Arbeitsgerichts, dass die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits von der Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft C Gewerkschaften Z und P -CGZP - abhängt, ist angesichts des dargestellten eingeschränkten Prüfungsmaßstabes nicht offensichtlich unzutreffend. Die Klageforderung kann nämlich nur begründet sein, wenn die in arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge unwirksam sind. Dies könnte sich ersichtlich lediglich aus einer fehlenden Tariffähigkeit der CGZP im Anspruchszeitraum ergeben. Dies wird auch aus § 9 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) deutlich, wonach Vereinbarungen unwirksam sind, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechter als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgeltes vorsehen, falls nicht eine zeitlich begrenzte Überlassung eines zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmers gegeben ist.

20

Die Auffassung der Beklagten, wonach im Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - ausdrücklich darauf abgehoben wird, dass "die gegenwartsbezogene Feststellungsanträge" begründet sind (Ziffer 63 des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichtes) hat im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung daher rechtliche Relevanz. Dass für die klagegegenständlichen Zeiträume noch keine rechtskräftige Entscheidung getroffen wurde und damit letztlich ein Aussetzungsbedarf besteht, ist nicht von der Hand zu weisen. Mit dem Kläger ist für die Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft zwar vom Tenor der Entscheidung auszugehen; maßgeblich bleibt jedoch auch der Klageantrag über den entschieden wurde, wenn der Inhalt der Entscheidung anhand des Tenors nicht eindeutig bestimmt werden kann. In den Gründen des Beschlusses des BAG vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - wird auf die Gegenwartsbezogenheit des Antrages hingewiesen, so dass ein möglicher Aussetzungsgrund wegen der klagegegenständlichen Zeiträume vor dem Entscheidungsdatum des BAG-Beschlusses besteht.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

22

Der Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 72 Abs. 2, 78 Satz 2 ArbGG.


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz, AZ: 4 Ca 1451/11, vom 01.07.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten im Verfahren 4 Ca 1451/11, anhängig beim Arbeitsgericht Koblenz, über Equal-Pay-Ansprüche des Klägers aus einem Beschäftigungszeitraum vom 01.07.2010 bis einschließlich 31.12.2010.

2

Das Arbeitsverhältnis der Parteien, das nach Vortrag des Klägers zum 31.01.2011 sein Ende gefunden hat, beruht auf dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 20.07.2010 (Bl. 13 bis 20 d.A.), welcher auszugsweise nachfolgenden Inhalt hat:

3

§ 1 Tarifvertrag; Geltungsvorrang; Nachwirkung; Geltung anderweitiger Tarifverträge; Einsichtsmöglichkeit

4

(1) Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen der Tarifgemeinschaft ABC Gewerkschaften Zeitarbeit und P. (ABC) und T. geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen- und Entgelttarifvertrag sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der Mitgliedsgewerkschaften der ABC ist. im Falle eines Tarifwechsels nach Maßgabe von § 19 treten die neuen Tarifverträge anstelle der in Satz 1 genannten Tarifverträge.

5

(2) Die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge gehen den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vor. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine Abweichung durch Arbeitsvertrag ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 TVG, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

6

(3) Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

7

(4) Ab dem Zeitpunkt, für den erstmals durch eine gerichtliche Entscheidung mit Rechtskraft gegenüber dem Mitarbeiter festgestellt wird, dass die ABC im Hinblick auf die Unternehmen der Zeitarbeitsbranche nicht tariffähig und/oder nicht tarifzuständig ist, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen, sondern nach den zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. (iGZ) und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften ist. Sobald ein Fall gemäß Satz 1 eintritt und T. hiervon Kenntnis erhält, wird T. den Mitarbeiter schriftlich darüber informieren, ab welchem Zeitpunkt für ihn die zwischen dem IGZ und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträge gelten.

8

9

§ 19 Tarifwechsel

10

(1) Sofern T. in einen für T. zuständigen Arbeitgeberverband eintritt, treten die von diesem Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge (Tarifwechsel bei Verbandseintritt). Es gelten ggf. folgende Regelungen:

11

a) Soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge im Zeitpunkt des Verbandseintritts günstigere Leistungen zu Gunsten des Mitarbeiters vorsehen, hat der Mitarbeiter für den Zeitraum nach dem Verbandseintritt Anspruch auf diese günstigeren Leistungen nach Maßgabe der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge in der Fassung, die im Zeitpunkt des Verbandseintritts gültig ist sofern in den in § 1 Abs1 genannten Tarifverträgen bereits eine Erhöhung der Leistungen zu Gunsten des Mitarbeiters für die Zukunft vorgesehen ist, nimmt der Mitarbeiter an dieser Erhöhung nicht teil.

12

b) Im Hinblick auf die Entgeltbedingungen sind für die Durchführung dieses Günstigkeitsvergleichs die Gesamtsummen der Entgeltansprüche einschließlich etwaiger Aufwendungsersatzansprüche pro Kalenderjahr miteinander zu vergleichen, die dem Mitarbeiter nach Maßgabe der jeweiligen Tarifverträge in der im Zeitpunkt des Verbandseintritts geltenden Fassung zustehen.

13

c) Für die übrigen Ansprüche des Mitarbeiters gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz entsprechend.

14

Der Kläger war vom 27.07.2010 bis einschließlich 31.01.2011 bei dem beklagten Leiharbeitsunternehmen im Rahmen einer 35-Stunden-Woche zu 10,15 € brutto die Stunde beschäftigt. Im Zeitraum 01.07.2010 bis 31.12.2010 war er an die Fa. K. ausgeliehen, die ihren festangestellten Mitarbeitern einen tariflichen Stundenlohn von 15,39 € brutto entrichtet.

15

Zwischen der Beklagten und der Tarifgemeinschaft ABC Gewerkschaften Zeitarbeit und P. (ABC) wurden für den vorliegenden streitgegenständlichen Zeitraum Haustarifverträge geschlossen, die bei der Beklagten am 06.10.2009 vollständig unterzeichnet vorlagen und zum 01.11.2009 in Kraft traten.

16

Am 30.05.2011 hat das Arbeitsgericht Berlin, AZ: 29 BV 13947/10, hinsichtlich der ABC festgestellt, dass diese zu den Daten 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008 nicht tariffähig war. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin ist nicht rechtskräftig. Das Beschwerdeverfahren ist unter dem AZ: 24 TaBV 1285/11 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg derzeit anhängig.

17

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen,

18

sie bestreite die Tarifunfähigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt des Abschluss der hier streitigen Haustarifverträge. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 zur Tarifunfähigkeit der ABC gelte lediglich für zukünftige Zeiträume. Die Haustarifverträge würden von der Rechtskraftwirkung der BAG-Entscheidung nicht erfasst.

19

Die Beklagte hat beantragt,

20

den Rechtsstreit gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens m Sinne des § 2 a Abs. 1 Ziffer 4 ArbGG, in dem die Frage der Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft ABC Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (ABC) im Zeitpunkt des Abschlusses der für die streitgegenständlichen Monate Juli 2010 bis Dezember 2010 einschlägigen Tarifverträge, geschlossen zwischen der Tarifgemeinschaft ABC Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (ABC) und der Beklagten, zu klären ist, auszusetzen.

21

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

22

den Aussetzungsantrag abzulehnen.

23

Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, vertritt er die Ansicht, die Rechtskraftwirkung dieser Entscheidung erfasse auch den Zeitraum des Abschlusses des hier vorliegenden Tarifvertrages. Für die Rechtskraftwirkung sei nicht auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 07.12.2009 sondern auf die Antragstellung beim Arbeitsgericht Berlin im März 2008 abzustellen. Darüber hinaus sei Gegenstand der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes die Satzung der ABC vom 08.10.2009 gewesen. Diese habe das Bundesarbeitsgericht geprüft. Darüber hinaus habe das BAG in den Entscheidungsgründen festgestellt, die Satzung aus 2005 der ABC entspräche der des Jahres 2009 inhaltlich.

24

Das Arbeitsgericht hat mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss vom 01.07.2011, AZ. 4 Ca 1451/11 den Rechtsstreit gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG ausgesetzt. Es hat unter Darstellung der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Rechtsansichten festgestellt, der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, habe die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der ABC, auf Grundlage der dort gestellten Anträge gegenwartsbezogenen getroffen. Prüfungsgegenstand sei die Tariffähigkeit der ABC anhand der Satzung vom 08.10.2009 gewesen. Die materielle Rechtskraft dieser Entscheidung erfasse daher nur den Zeitraum ab Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 07.12.2009. Eine Rückwirkung des Beschlusses nach § 97 Abs. 1 ArbGG komme aufgrund der ausdrücklich gegenwartsbezogen gestellten Anträge nicht in Betracht.

25

Eine rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit der ABC läge im Zeitpunkt des Abschlusses der hier einschlägigen Haustarifverträge nicht vor. Das Ausgangsverfahren müsse gemäß § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG daher ausgesetzt werden. Dies selbst wenn das Gericht der Überzeugung wäre, dass die ABC nicht tariffähig sei.

26

Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist dem Beschwerdeführer am 11.07.2011 (Bl. 146 d. A) zugestellt worden. Mit per Fax (vorab) am 20.07.2011 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger und Beschwerdeführer sofortige Beschwerde eingelegt und diese wie folgt begründet.

27

Das Bundesarbeitsgericht habe am 14.12.2010 die fehlende Tariffähigkeit der ABC festgestellt. Diese Entscheidung im Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG begründe oder beende die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft nicht, sondern stelle dieselbige lediglich fest. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 sei losgelöst von einem etwaigen Zeitmoment zu betrachten. Sie habe inhaltlich festgestellt, dass die ABC nicht tariffähig sei, mit der Folge, der Nichtigkeit sämtlicher durch diese Vereinigung abgeschlossenen Tarifverträge. Zur Bestimmung der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht bloß auf den Tenor dieser Entscheidung abzustellen. Vielmehr sei zudem auf den gestellten Antrag und den zugehörigen Lebenssachverhalt zurückzugreifen. Bei verständiger Würdigung des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 sei daher festzustellen, dass die Anträge lediglich deshalb gegenwartsbezogen gestellt worden seien, um dem Einwand der ABC hinsichtlich angeblich doppelter Rechtshängigkeit entgegen zu wirken. Mit der gegenwartsbezogenen Antragstellung habe man daher ein prozessuales Hindernis umschifft, um eine materielle Entscheidung des BAG zu ermöglichen. Das Bundesarbeitsgericht habe in den Entscheidungsgründen die Satzung der ABC aus dem Jahre 2009, die im entscheidenden Gesichtspunkt wortidentisch sei mit der aus dem Jahre 2005, der Entscheidung zu Grunde gelegt. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache sei bei konsequenter Betrachtung des zweigliedrigen Streitgegenstands festzustellen, dass die ABC auch in der Vergangenheit nicht tariffähig gewesen sei.

28

Eine formelle Unterscheidung der Verfahren nach §§ 97 Abs. 1 ArbGG und 97 Abs. 5 ArbGG sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2006, 10 AZR 665/05 unzulässig.

29

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin verteidigt den Aussetzungsbeschluss und weist erneut darauf hin, der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts sei ausdrücklich gegenwartsbezogen. Das Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG könne von der Antragstellung her ohne weiteres Vergangenheitsbezug aufweisen oder aber auch wie im Verfahren des Bundesarbeitsgerichts nur gegenwartsbezogen sein. Im Verfahren des Bundesarbeitsgerichts (1 ABR 19/10) seien ausdrücklich ausschließlich gegenwartsbezogene Anträge gestellt worden. Folglich sei am 14.12.2010 eine gegenwartsbezogene Entscheidung getroffen worden, die ggfls. noch für die Zukunft Wirkung zeige, aber keine Rückwirkung habe.

30

Für die weitere Sachdarstellung wird Bezug genommen auf den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 01.07.2011 und auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze.

II.

31

Die statthafte und insgesamt zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

32

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft.

33

Gemäß § 252 ZPO ist das statthafte Rechtsmittel, auch bei Aussetzung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen außerhalb der ZPO, die sofortige Beschwerde gemäß § 567 ff. ZPO.

34

Eine sonstige gesetzliche Bestimmung außerhalb der ZPO die von § 252 ZPO erfasst wird, ist § 97 Abs. 5 ArbGG (vgl. BAG, 28.01.2008, 3 AZB 30/07; im weiteren soweit nicht anders gekennzeichnet jeweils zitiert nach juris).

35

2. Der Beschwerdeführer hat auch gemäß § 569 Abs. 1 und 2 ZPO die Beschwerde innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Koblenz vom 07.07.2011 mit Gerichtseingang am 21.07.2011 fristgerecht eingelegt und zugleich begründet.

36

3. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

37

Die Aussetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts vom 01.07.2011 ist gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG gerechtfertigt.

38

Gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG ist für den Fall, dass die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder tarifzuständig ist, das Verfahren auszusetzen, bis im Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit und -zuständigkeit dieser Vereinigung entschieden ist. Damit hängt die Entscheidung gemäß § 97 Absatz 5 ArbGG über die Aussetzung davon ab, ob einerseits Streit über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung besteht und darüber hinaus diese Frage sich streitentscheidend auf das Verfahren auswirkt.

39

a) Hinsichtlich letztere Frage ist im Beschwerdeverfahren von Bedeutung, dass die Ansicht der Vorinstanz über die im ausgesetzten Rechtsstreit maßgebenden Rechtsfragen solange zu Grunde zu legen ist, wie der Mangel der Entscheidungserheblichkeit nicht offensichtlich ist (vgl. BAG, 26.10.2009, 3 AZB 24/09, 28.01.2008, 3 AZB 30/07).

40

Das Arbeitsgericht hat ausgehend von der Regelung der §§ 10 Abs. 4 i. V. m. 9 Ziffer 2 AÜG angenommen, die am 06.10.2009 unterzeichneten und am 01.11.2009 in Kraft getretenen Haustarifverträge der Beklagten mit der ABC seien für die Frage der Entscheidung des Equal-Pay-Anspruchs des Klägers im Zeitraum Juli 2010 bis einschließlich 31.12.2010 aufgrund der In Bezugnahme dieser Tarifverträge in § 1 des Arbeitsvertrages ausschlaggebend. Es käme daher gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit der ABC an. Diese Ansicht des Arbeitsgerichts ist nicht offensichtlich fehlerhaft.

41

Es kann nicht angenommen werden, dass die Tarifverträge offensichtlich keine Anwendung fänden.

42

(1) Ein Fall des § 19 des Arbeitsvertrages, der einen etwaigen Tarifwechsel vorsieht, ist von den Parteien nicht vorgetragen. Auch die Regelung in § 1 Abs. 4 des Arbeitsvertrages (deren Wirksamkeit offen bleiben kann) lässt die Entscheidungserheblichkeit der hier streitigen Tarifverträge nicht offensichtlich entfallen.

43

Gemäß § 1 Abs. 4 des Arbeitsvertrages der Parteien, bestimmen sich nach gerichtlicher rechtskräftigen Feststellung der Tarifunfähigkeit/Tarifunzuständigkeit der ABC die arbeitsvertraglichen Rechte nach den Tarifverträgen des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (IGZ) und der Mitgliedsgewerkschaften des DGB.

44

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 entfaltet auch zwischen den hiesigen Parteien Rechtswirkung. Die Rechtskraft eines Beschlusses zur Tariffähigkeit einer Vereinigung besteht gegenüber jedermann (vgl. BAG, 25.11.1986 AP-TVG § 2 Nr. 36). Jedoch soll die Ablösung der von der ABC geschlossenen Tarifverträge nach der arbeitsvertraglichen Regelung erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung eintreten. Dies wäre im Sinne formeller Rechtskraft erst mit dem 14.12.2010 der Fall. Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt bliebe die Frage der Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit ABC entscheidungserheblich.

45

(2) Mit dem Beschluss vom 01.07.2011 hat das Arbeitsgericht für die Frage der Erheblichkeit der Tarifverträge und seiner Bewertung der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 als Zeitpunkt der materiellen Rechtskraft nach Ansicht der Kammer zutreffend den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, somit den 07.12.2009 angenommen.

46

Es hat eine Rückwirkung ausgeschlossen und damit konkludent angenommen, es stehe jedoch nicht fest, dass die ABC schon zuvor tarifunfähig gewesen sei. Verliert jedoch eine Vereinigung nachträglich die Tariffähigkeit (vgl. BAG 28.05.1997 AP-TVG § 4 Nachwirkung Nr. 26) endet der Tarifvertrag und wirkt gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Auflage 2011, § 4 TVG Rd-Nr. 60; vgl. BAG, 28.05.1997, 4 AZR 545/95; 23.01.2008, 4 AZR 212/01).

47

Ob auch nachwirkende Tarifverträge im Rahmen der §§ 3 Abs. 1, 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG anspruchsbegründete Wirkung haben, ist in der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch (27.06.1978, 6 AZR 59/77) die verdrängende Wirkung nachwirkender Tarifnormen im Hinblick auf § 13 BUrlG angenommen. Da aus dem Wortlaut der zitierten Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes keine weitergehenden Schlussfolgerungen gezogen werden können, ist zumindest Offensichtlichkeit der fehlenden Entscheidungserheblichkeit nicht gegeben.

48

b) Der Annahme des Arbeitsgerichts die Frage der Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit der ABC sei bisher noch nicht rechtskräftig, auch für den Zeitpunkt des Abschluss des hiesigen Tarifvertrages festgestellt, schließt sich die Kammer voll umfänglich an. Das Beschwerdevorbringen gibt jedoch Anlass zu nachfolgenden Ausführungen:

49

Eine Aussetzung gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG kommt dann nicht in Betracht, wenn zwischen den Parteien (BAG, 19.09.2006, 1 ABR 53/05) die Tarifunfähigkeit unstreitig ist, wenn das Gericht diesbezüglich keine Zweifel hat oder wenn diese Frage bereits rechtskräftig entschieden ist (BAG 01.12.1983, AP ZPO § 322 Nr. 14).

50

Voraussetzung einer Aussetzung nach § 97 Abs. 5 ArbGG ist daher das vernünftige Zweifel an der Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit einer Vereinigung bestehen. Das schließt nicht aus, dass das Gericht von der Tarifunfähigkeit oder Tarifunzuständigkeit überzeugt ist (vgl. Schwaab/Weth 2. Auflage ArbGG § 97 Rd-Nr. 44 m.w.N.).

51

Vorliegend sind Zweifel an der Tariffähigkeit/Tarifzuständigkeit der ABC ohne weiteres geboten. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin 29 BV 13947/10 (Beschwerdeverfahren beim LAG Berlin-Brandenburg AZ: 24 TaBV 1285/11) hat für die Zeitpunkte 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008 die Tarifunfähigkeit der ABC festgestellt. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 14.12.2010 die Tarifunfähigkeit der ABC ab 07.12.2009 festgestellt. Zweifel dass die ABC im Zeitraum zwischen 09.07.2008 und 07.12.2009 tariffähig war, sind offensichtlich geboten.

52

Die Tatsache, dass die ABC im hier entscheidenden Zeitraum 09.07.2008 - 07.12.2009 (Abschluss der Haustarifverträge) tarifunfähig war, ist jedoch rechtkräftig noch nicht festgestellt.

53

(1) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.05.2011 (29 BV 13947/10) ist derzeit im Beschwerdeverfahren beim LAG Berlin-Brandenburg, AZ: 24 TaBV 1285/11 anhängig.

54

(2) Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, 1 ABR 9/10, hat wie auch das Arbeitsgericht zutreffend annahm, die Tarifunfähigkeit der ABC nicht für die Vergangenheit festgestellt.

55

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nur gegenwartsbezogen. Das Bundesarbeitsgericht hat selbst in seiner Entscheidung vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10 Rd-Nr. 37 darauf hingewiesen, dass auch im Beschlussverfahren für die Beurteilung der materiellen Rechtskraft der zweigliedrige Streitgegenstandsbegriff ausschlaggebend ist. Der Streitgegenstand und somit die Rechtskraft werden durch den gestellten Antrag und den dazugehörigen Lebenssachverhalt, der zur Begründung der Rechtsfolge vorgetragen wird, charakterisiert. Ausgehend von diesem Grundsatz hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10 Rd-Nr. 36 und 38) festgestellt, die Streitgegenstände im bundesarbeitsgerichtlichen Verfahren und im Verfahren des Arbeitsgerichts Berlin (63 BV 9054/08) seien nicht identisch. Das Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin bezog sich auf einen Individualrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Bamberg (2 Ca 249/08) über Equal-Pay-Vergütungsansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, daher erkennbar auf Ansprüche aus der Zeit vor dem Jahr 2009. Trotz übereinstimmender Antragsformulierung in beiden Verfahren hat das Bundesarbeitsgericht einen identischen Streitgegenstand nicht angenommen, sondern einen gegenwartsbezogenen Streitgegenstand postuliert. Dies obwohl auch das Verfahren gem. § 97 Abs. 1 ArbGG der vergangenheitsbezogenen Feststellung der Tarifunfähigkeit oder -unzuständigkeit offen steht.

56

Aus der vom Bundesarbeitsgericht im Verfahren 1 ABR 19/10 getroffenen Antrags- und auch Streitgegenstandsauslegung folgt deshalb entgegen Brors (Arbeit und Recht 2011, 138 ff.) und anders als in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2006 (10 AZR 665/05), dass dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 keine rückwirkende Wirkung zuerkannt werden kann. Aus der Begründung der Entscheidung vom 15.11.2006 (10 AZR 665/05) ergibt sich, dass das Bundesarbeitsgericht dieser einen weitergehenden Streitgegenstand zugewiesen hat. Das Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG kann daher auch nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich vergangenheitsbezogen sein.

57

Während das Verfahren nach § 97 Abs. 5 BetrVG grundsätzlich, da es erst nach Aussetzung des Streitverfahrens beginnt, systematisch Vergangenheitsbezug aufweist, ist dies im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG nur dann der Fall, wenn die Antragstellung und der Vortrag des Antragstellers dies ausreichend deutlich macht. Dies war wie zuvor dargestellt im Verfahren des Bundesarbeitsgerichts 1 ABR 19/10 nicht der Fall.

58

Nach § 97 ArbGG ist es dem Arbeitsgerichts im Ausgangsverfahren nicht erlaubt, die Frage der Tarifzuständigkeit oder Tariffähigkeit soweit dies streitig bleibt oder Zweifel bestehen, mit zu entscheiden. Vielmehr ist die Aussetzung des Verfahrens, sobald der Rechtsstreit im Sinne von § 97 Abs. 5 ArbGG von dieser Frage abhängt, zwingend. Ein Ermessensspielraum besteht nicht (vgl. Erfurter Kommentar 11. Auflage 2011, § 97 Rd-Nr. 5). Da keine Mitentscheidungsbefugnis besteht, kommt auch im Falle der Überzeugung des Ausgangsgerichtes von der Tarifunzuständigkeit einer Vereinigung ein Durchentscheiden nicht in Betracht.

59

Im Ergebnis lässt sich daher feststellen, dass das Arbeitsgericht das Verfahren vorliegend zu Recht ausgesetzt hat.

II.

60

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

61

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 78 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG, da die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat.


Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13.09.2011, Az.: 1 Ca 857/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über Equal-Pay-Ansprüche.

2

Die Klägerin war vom 16.09.2009 bis zum 13.01.2010 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Industriehilfskraft beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 16.09.2009 enthält u.a. folgende Regelungen:

3

„§ 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag; Geltungsvorrang; Tarifwechsel

4

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständische Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der Mitgliedsgewerkschaften der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

5


§ 21 Geltungsvorrang; Tarifwechsel

6


Sollte durch eine gerichtliche Entscheidung festgestellt werden, dass die in § 1 genannten Tarifverträge unwirksam sind oder bereits in der Vergangenheit unwirksam waren, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages ab Eintritt der Unwirksamkeit nach den zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) und der Tarifgemeinschaft der Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gütigen Fassung.
…“

7

Mit ihrer am 17.05.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin im Hinblick auf den Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) Differenzlohnansprüche in Höhe von € 3.106,27 brutto für den Zeitraum vom 16.09.2009 bis zum 13.01.2010 unter dem Gesichtspunkt des Equal-Pay geltend.

8

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Beschluss vom 13.09.2011 (Bl. 165-169 d.A.) den Rechtsstreit gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2 a Abs. 1 Ziff. 4 ArbGG zur Feststellung der Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) ausgesetzt. Gegen den am 20.09.2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer am 27.09.2011 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.

9

Sie ist der Ansicht, von einer Tarifunfähigkeit der CGZP sei nach der Rechtsprechung des BAG (15.11.2006 - 10 AZR 665/05) zwingend auszugehen. Die Verpflichtung zur Aussetzung eines Verfahrens wäre sinnlos und überflüssig, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung nur für den Zeitpunkt der Verkündung ggf. nach Verkündung gelten sollte. Dies gelte insbesondere, wenn seitens der Prozesspartei nicht geltend gemacht werde, dass andere satzungsmäßige Regelungen oder sonstige Tatsachen vorliegen, die für den Zeitpunkt vor der Entscheidung eine abweichende Rechtssicht zulassen könnten. Hierfür spreche sich Brors (Arbeit und Recht 2011, Seite 138 ff) mit guten Gründen aus. Auch wenn man der Gegenmeinung folge, sei der Aussetzungsbeschluss zumindest teilweise aufzuheben. Ein Teil der vorliegenden Forderungen sei nicht vom Aussetzungsbeschluss erfasst. Die Tarifunfähigkeit der CGZP stehe rechtskräftig seit (spätestens) 07.12.2009 fest. Im Übrigen mache sie die rechtlichen Ausführungen des LAG Sachsen-Anhalt im Beschluss vom 02.11.2011 (4 Ta 130/11) zum Gegenstand ihres Vortrags.

10

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 25.10.2011 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

11

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

12

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß § 78 Satz 1 ArbGG, §§ 252, 567 ff. ZPO zulässig.

13

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zu Recht ausgesetzt.

14

Gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG ist für den Fall, dass die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder tarifzuständig ist, das Verfahren auszusetzen, bis im Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit oder -zuständigkeit dieser Vereinigung entschieden ist. Damit hängt die Entscheidung über die Aussetzung davon ab, ob Streit über die Tariffähigkeit oder -zuständigkeit einer Vereinigung besteht und ob sich diese Frage streitentscheidend auf das Verfahren auswirkt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen eine Aussetzungsentscheidung ist die Ansicht der Vorinstanz über die im ausgesetzten Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsfragen solange zugrunde zu legen, wie der Mangel der Entscheidungserheblichkeit nicht offensichtlich ist (BAG vom 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9).

15

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen, ist gerechtfertigt. Die Klägerin begründet ihre Klageforderung mit dem Equal-Pay-Anspruch. Dieser steht ihr nur zu, wenn die in ihrem Arbeitsvertrag vom 16.09.2009 in Bezug genommenen Tarifverträge zwischen der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) und des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) keine Rechtswirkung entfalten, weil sie mangels Tariffähigkeit der CGZP unwirksam sind.

16

Das BAG hat im Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10 - AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 6), entgegen der Auffassung der Klägerin, die Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht für die Vergangenheit festgestellt (so auch: LAG Rheinland-Pfalz vom 15.06.2011 - 6 Ta 99/11 und vom 17.08.2011 - 11 Ta 160/11; LAG Baden-Württemberg vom 21.06.2011 - 11 Ta 10/11; LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 15.08.2011 - 2 Ta 42/11 und vom 09.09.2011 - 2 Ta 45/11; LAG Köln vom 14.10.2011 - 13 Ta 284/11 ; LAG Hamm vom 28.09.2011 - 1 Ta 500/11; LAG Nürnberg vom 19.09.2011 - 2 Ta 128/11; LAG Sachsen vom 08.09.2011 und 05.09.2011 - 4 Ta 149/11 und 4 Ta 162/11; jeweils dokumentiert in Juris). Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf diese überzeugenden Ausführungen Bezug genommen, denen sich das Beschwerdegericht nach eigener Prüfung anschließt.

17

Entgegen LAG Sachsen-Anhalt (vom 02.11.2011 - 4 Ta 130/11) ist der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) nur gegenwartsbezogen. Aus der vom BAG vorgenommenen Antrags- und auch Streitgegenstandsauslegung folgt entgegen Brors (Arbeit und Recht 2011, 138 ff.) und anders als in der Entscheidung des BAG vom 15.11.2006 (10 AZR 665/05), dass dem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) keine rückwirkende Wirkung zuerkannt werden kann. Das BAG hat rechtskräftig festgestellt, dass die CGZP ab dem 07.12.2009 (letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz) keine Tariffähigkeit besitzt. Die Klägerin macht hier Ansprüche für den Zeitraum vom 16.09.2009 bis 13.01.2010 geltend. Bis zum 06.12.2009 ist die Tariffähigkeit der CGZP nicht rechtskräftig festgestellt, so dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts, das Verfahren auszusetzen, nicht zu beanstanden ist.

18

Entgegen der Ansicht der Klägerin war das Arbeitsgericht nicht verpflichtet, den Rechtsstreit zum Teil auszusetzen und ansonsten fortzuführen. Ob ein Teilurteil bei Vorliegen der Voraussetzungen erlassen wird, steht im richterlichen Ermessen, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 301 Abs. 2 ZPO ergibt. Dass das Arbeitsgericht vom Erlass eines Teilurteils nach § 301 ZPO abgesehen hat, stellt sich nicht als ermessensfehlerhaft dar. Für den Erlass eines Teilurteils besteht auch unter Berücksichtigung eines berechtigten Beschleunigungsinteresses der Klägerin kein dringendes Bedürfnis.

III.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

20

Die Rechtsbeschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, §§ 72 Abs. 2 Ziff. 1, 78 Satz 2 ArbGG.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 24.05.2011 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 16.05.2011 abgeändert:

Der Rechtsstreit wird bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens zur Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) zum Zeitpunkt des Abschlusses der zwischen dem 20.06.2007 und 15.04.2008 einschlägigen Tarifverträge ausgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Parteien streiten über Differenzlohnansprüche nach dem Equal-Pay-Grundsatz, insbesondere über die Wirksamkeit der von der Tarifgemeinschaft Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) mit dem Arbeitgeberverband Mittelständische Personaldienstleister (AMP) abgeschlossenen Tarifverträge.

2

Die am … 1976 geborene Klägerin war vom 20.06.2007 bis zum 15.04.2008 bei der Beklagten als Leiharbeitnehmerin mit den Aufgaben einer Bürokauffrau beschäftigt. Sie erhielt einen Stundenlohn von 7,63 Euro brutto.

3

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge der CGZP unwirksam seien, da diese Organisation nicht tariffähig sei, wie sich aus dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - (NZA 2011, 289) ergebe. Deshalb habe sie einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt der vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers und auf Auszahlung der Vergütungsdifferenzen.

4

Die Beklagte hingegen bestreitet, dass die CGZP bei Abschluss der im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Tarifverträge nicht tariffähig gewesen sei. Diese Tarifverträge seien wirksam. Der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 gelte nur gegenwartsbezogen, nicht aber für die Vergangenheit, also für den Zeitraum vor dem 14.12.2010. Ob die CGZP bei Abschluss der hier einschlägigen Tarifverträge nicht tariffähig gewesen sei, stehe gerade nicht fest. Diese Frage sei vielmehr Gegenstand des Beschlussverfahren vor dem ArbG Berlin - 29 BV 13947/10 -, dessen Ausgang abzuwarten sei. Deshalb müsse das Gericht den Rechtsstreit zunächst nach § 97 Abs. 5 ArbGG aussetzen.

5

Das Arbeitsgericht Schwerin hat eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Beschluss vom 16.05.2011, zugestellt am 18.05.2011, abgelehnt, da die Beklagte keine Anhaltspunkte vorgetragen habe, die eine abweichende Beurteilung der Tariffähigkeit in der Vergangenheit möglich erscheinen lassen. Eine Aussetzung führe lediglich zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung und sei mit dem Sinn des § 97 ArbGG nicht zu vereinbaren.

6

Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 24.05.2011, eingegangen am 27.05.2011, sofortige Beschwerde eingelegt, um eine Aussetzung des Rechtsstreits zu erreichen. Ob die CGZP auch zuvor nicht tariffähig gewesen sei, könne nur in einem entsprechenden Beschlussverfahren, das im Übrigen bereits anhängig sei, festgestellt werden. Andernfalls bestehe die Gefahr divergierender Entscheidungen. Das Arbeitsgericht Schwerin nehme die Entscheidung des Beschlussverfahrens vorweg, wenn es von einer Aussetzung absehe. Es könne nicht darauf ankommen, ob das Arbeitsgericht meine, die Frage der Tariffähigkeit selbst beurteilen zu können.

7

Die Klägerin tritt einer Aussetzung entgegen. Sie meint, dass der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 auch den hier streitgegenständlichen Zeitraum erfasse, da das BAG die Satzung der CGZP aus dem Jahre 2005 in seine Entscheidung miteinbezogen habe. Die Beklagte habe zudem keine Gesichtspunkte vorgetragen, die für eine Tariffähigkeit der CGZP in der Vergangenheit sprechen könnten.

8

Das Arbeitsgericht Berlin hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 30.05.2011 - 29 BV 13947/10 - (ArbuR 2011, 310) festgestellt, dass die CGZP zu folgenden Zeitpunkten nicht tariffähig war: 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008.

B.

I.

9

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig.

10

Nach § 252 ZPO findet die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen statt, durch die auf Grund der §§ 239 ff. ZPO oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird. Eine andere gesetzliche Bestimmung in diesem Sinne ist auch § 97 Abs. 5 ArbGG (BAG, Beschluss vom 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - NZA 2008, 489).

II.

11

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist begründet.

12

Der Rechtsstreit ist bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens zur vergangenheitsbezogenen Tariffähigkeit der CGZP auszusetzen (vgl. LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2011 - 11 Ta 10/11 - juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.06.2011 - 6 Ta 99/11 - juris; ArbG Freiburg, Beschluss vom 13.04.2011 - 3 Ca 497/10 - DB 2011, 1001; Neef, NZA 2011, 618; Löwisch, SAE 2011, 66; a. A. ArbG Frankfurt/Oder, Urteil vom 09.06.2011 - 3 Ca 422/11 - AiB 2011, 550; ArbG Dortmund, Beschluss vom 16.03.2011 - 8 Ca 18/11 - ArbuR 2011, 272; Brors, Anm. zu ArbG Freiburg, Beschluss vom 13.04.2011 - 3 Ca 497/10 - jurisPR-ArbR 18/2011).

13

Nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG haben die Gerichte für Arbeitssachen einen Rechtsstreit, wenn dessen Entscheidung davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig ist, auszusetzen, bis das Beschlussverfahren nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit dieser Vereinigung erledigt ist.

14

Eine Aussetzungspflicht besteht immer dann, wenn die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft entweder streitig ist oder Bedenken hiergegen bestehen (BAG, Beschluss vom 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - NZA 2008, 489). Die Tariffähigkeit ist angesichts ihrer Bedeutung für eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen nicht einzelfallbezogen im Urteilsverfahren zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern im Beschlussverfahren unter Hinzuziehung der Beteiligten, insbesondere auch der betroffenen Organisation, zu klären. Das Beschlussverfahren bietet wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 83 Abs. 1, § 97 Abs. 2 ArbGG) eine höhere Richtigkeitsgewähr als das Urteilsverfahren, dessen Ausgang weitgehend von dem Sachvortrag und dem Prozessverhalten der Parteien bestimmt wird (BAG, Beschluss vom 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - NZA 2008, 489; BAG, Beschluss vom 23.10.1996 - 4 AZR 409/95 - NZA 1997, 383). Eine rechtskräftige Entscheidung in dem Beschlussverfahren nach § 97 ArbGG wirkt zudem gegenüber jedermann, nicht nur zwischen den am Ursprungsprozess oder den am Beschlussverfahren Beteiligten (BAG, Beschluss vom 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - NZA 1987, 492; BAG, Beschluss vom 06.06.2000 - 1 ABR 21/99 - NZA 2001, 156). Eine Aussetzung setzt nicht voraus, dass ein solches Beschlussverfahren bereits anhängig ist (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2006 -6 Ta 89/06- juris).

15

Die Aussetzung steht nicht im Ermessen des Gerichts (ErfK/Koch, 11. Aufl. 2011, § 97 ArbGG, Rn. 5). Sie ist nicht von einem Antrag der Parteien abhängig, sondern von Amts wegen vorzunehmen (BAG, Beschluss vom 23.10.1996 - 4 AZR 409/95 - NZA 1997, 383). Die Aussetzungspflicht soll verhindern, dass über die Tariffähigkeit in einem oder mehreren einzelnen Urteilsverfahren entschieden wird. Vermieden werden damit zum einen divergierende Entscheidungen, zum anderen aber auch die bereits aufgezeigten Schwächen des Individualprozesses. Nicht zuletzt sprechen Gründe der Prozessökonomie dafür, die regelmäßig komplexe Rechtsfrage der Tariffähigkeit einer Organisation nicht in vielen einzelnen Rechtsstreiten, sondern einheitlich, endgültig und gegenüber jedermann zu klären.

1.

16

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob die CGZP bei Abschluss der für den Zeitraum Juni 2007 bis April 2008 maßgeblichen Tarifverträge tariffähig war. Die Klägerin fordert gemäß § 612 Abs. 2 BGB, § 9 Nr. 2 AÜG dasjenige Arbeitsentgelt, das ihr Entleiher an seine vergleichbaren Arbeitnehmer zahlt. Diesen Anspruch stützt sie ausschließlich auf die Unwirksamkeit der von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge, und zwar mangels Tariffähigkeit dieser Organisation.

2.

17

Das Beschlussverfahren nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP ist noch nicht erledigt.

18

Nach dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 steht fest, dass die CGZP nicht tariffähig ist, und zwar weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation. Umstritten ist hingegen, auf welchen Zeitraum sich diese - vom BAG ausdrücklich als gegenwartsbezogen bezeichnete - Feststellung erstreckt. Den Gegenwartsbezug folgert das BAG aus der Antragsformulierung ("... tarifunfähig ist") und der Antragsbegründung (a. a. O., Rn. 33). Deshalb stand diesem Verfahren auch nicht der bereits früher anhängige Feststellungsantrag zur Tariffähigkeit der CGZP vor dem ArbG Berlin - 63 BV 9415/08 - entgegen, da dieser einen anderen Streitgegenstand betrifft. Dieses Beschlussverfahren beim ArbG Berlin beruht auf einem Individualrechtsstreit eines Leiharbeitnehmers, in dem dieser Ansprüche für den Zeitraum 17.06.2006 bis 31.01.2008 geltend macht (ArbG Bamberg - 2 Ca 249/08 -). Der Streitgegenstand des hieran anknüpfenden Beschlussverfahrens ist dementsprechend auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP beschränkt (BAG, a. a. O., Rn. 38).

19

Die Beklagte ist der Ansicht, der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 stelle die Tarifunfähigkeit erst zum Entscheidungsdatum fest und erfasse nicht davor liegende Zeiträume (so auch Löwisch, SAE 2011, 64 und 66). Nach anderer Ansicht kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an, d. h. die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009 - 23 TaBV 1016/09 - (Neef, NZA 2011, 618). Welcher Auffassung zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche den Zeitraum Juni 2007 bis April 2008 betreffen, auf den sich die Entscheidung des BAG keinesfalls erstreckt. Dieser Zeitraum war gerade nicht Gegenstand des Verfahrens, wie sich aus den Ausführungen des BAG zu den Streitgegenständen der verschiedenen Beschlussverfahren ergibt.

20

Das vergangenheitsbezogene Beschlussverfahren nach § 97 ArbGG zur Tariffähigkeit der CGZP ist noch nicht abgeschlossen. Ein solches Beschlussverfahren ist vor dem ArbG Berlin - 29 BV 13947/10 - anhängig, das am 30.05.2011 eine Entscheidung verkündet hat, deren Rechtskraft abzuwarten bleibt. Das ArbG Berlin hat sich die Begründung des BAG zu eigen gemacht und die Tariffähigkeit der CGZP auch vergangenheitsbezogen verneint.

21

Die Feststellung der Tariffähigkeit, soweit sie die Vergangenheit betrifft und deshalb nicht von dem Beschluss des BAG erfasst wird, ist dem - bereits anhängigen - Beschlussverfahren vorbehalten. Den Gerichten ist es verwehrt, den Ausgang des Beschlussverfahrens bereits im Urteilsverfahren vorwegzunehmen.

3.

22

Die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss der für den Zeitraum Juni 2007 bis April 2008 maßgeblichen Tarifverträge ist trotz der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 streitig.

23

Die Aussetzung hängt nicht davon ab, ob die Parteien neue Umstände vortragen, die eine abweichende Bewertung der Tariffähigkeit möglich erscheinen lassen (a. A. Brors, Anm. zu ArbG Freiburg, Beschluss vom 13.04.2011 - 3 Ca 497/10 - jurisPR-ArbR 18/2011). Eine solche Voraussetzung lässt sich dem Urteil des BAG vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 - NZA 2007, 448 nicht entnehmen. Das BAG hat in diesem Rechtsstreit den bereits vorhandenen rechtskräftigen Beschluss aus dem Verfahren zur Feststellung der Tariffähigkeit dahingehend verstanden, dass dieser nicht nur für die Zeit nach Verkündung der Entscheidung gilt, sondern auch für einen vorangegangenen Zeitraum, d. h. bei Abschluss des Tarifvertrages, dessen Wirksamkeit zu beurteilen war (a. a. O., Rn. 21 und 22). Aus den Feststellungen des LAG ergab sich gerade nicht, wie das BAG weiter anführt (a. a. O., Rn. 22), dass der Beschluss zur Tariffähigkeit den Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses nicht erfasst. Dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 zur Tariffähigkeit der CGZP kommt eine solche Reichweite jedoch nicht zu. Dieser Beschluss wirkt ausschließlich gegenwartsbezogen, jedenfalls nicht für den im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Zeitraum.

24

Welches Ergebnis das vergangenheitsbezogene Beschlussverfahren angesichts der gegenwartsbezogenen Entscheidung des BAG voraussichtlich haben wird, ist unerheblich. Die Aussetzungpflicht entfällt nicht deshalb, weil sich die Begründung des BAG ggf. auch auf diesen Zeitraum übertragen lässt. Hierüber haben allein die für das entsprechende Beschlussverfahren zuständigen Gerichte zu befinden. Dieses Beschlussverfahren wäre zudem überflüssig und ohne jegliche Bedeutung, wenn die Gerichte für Arbeitssachen über die vergangenheitsbezogene Tariffähigkeit der CGZP im Urteilsverfahren entscheiden könnten. Darüber hinaus ist schon fraglich, ob die Parteien des Urteilsverfahrens überhaupt in der Lage sind, zur Tariffähigkeit vorzutragen, da sie nicht ohne Weiteres über den Informationsstand wie die am Beschlussverfahren beteiligte Gewerkschaft verfügen. Deshalb bedarf es zunächst einer rechtskräftigen Entscheidung in einem Beschlussverfahren.

25

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 78 Satz 2 ArbGG.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 24.05.2011 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 16.05.2011 abgeändert: Der Rechtsstreit wird bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens zur Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) zum Zeitpunkt des Abschlusses der zwischen dem 01.01.2007 und 31.03.2010 geltenden Tarifverträge ausgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Parteien streiten über Differenzlohnansprüche nach dem Equal-Pay-Grundsatz, insbesondere über die Wirksamkeit der von der Tarifgemeinschaft Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) mit dem Arbeitgeberverband Mittelständische Personaldienstleister (AMP) abgeschlossenen Tarifverträge.

2

Die am … 1980 geborene Klägerin war bei der Beklagten vom 01.08.2006 bis zum 31.12.2009 als vollzeitbeschäftigte Leiharbeitnehmerin und vom 01.02.2010 bis 31.03.2010 in Teilzeit tätig. Die Klägerin war als Wirtschaftsjuristin eingesetzt. Sie erhielt zuletzt einen Stundenlohn von 12,74 Euro brutto.

3

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge der CGZP unwirksam seien, da diese Organisation nicht tariffähig sei, wie sich aus dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - (NZA 2011, 289) ergebe. Deshalb habe sie einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt der vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers und auf Auszahlung der Vergütungsdifferenzen seit Januar 2007.

4

Die Beklagte hingegen bestreitet, dass die CGZP bei Abschluss der im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Tarifverträge nicht tariffähig gewesen sei. Diese Tarifverträge seien wirksam. Der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 gelte nur gegenwartsbezogen, nicht aber für die Vergangenheit, also für den Zeitraum vor dem 14.12.2010. Ob die CGZP bei Abschluss der hier einschlägigen Tarifverträge nicht tariffähig gewesen sei, stehe gerade nicht fest. Diese Frage sei vielmehr Gegenstand des Beschlussverfahren vor dem ArbG Berlin - 29 BV 13947/10 -, dessen Ausgang abzuwarten sei. Deshalb müsse das Gericht den Rechtsstreit zunächst nach § 97 Abs. 5 ArbGG auszusetzen.

5

Das Arbeitsgericht Schwerin hat eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Beschluss vom 16.05.2011, zugestellt am 18.05.2011, abgelehnt, da die Beklagte keine Anhaltspunkte vorgetragen habe, die eine abweichende Beurteilung der Tariffähigkeit in der Vergangenheit möglich erscheinen ließen. Eine Aussetzung führe lediglich zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung und sei mit dem Sinn des § 97 ArbGG nicht zu vereinbaren.

6

Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 24.05.2011, eingegangen am 26.05.2011, sofortige Beschwerde eingelegt, um eine Aussetzung des Rechtsstreits zu erreichen. Ob die CGZP auch zuvor nicht tariffähig gewesen sei, könne nur in einem entsprechenden Beschlussverfahren, das im Übrigen bereits anhängig sei, festgestellt werden. Andernfalls bestehe die Gefahr divergierender Entscheidungen. Das Arbeitsgericht Schwerin nehme die Entscheidung des Beschlussverfahrens vorweg, wenn es von einer Aussetzung absehe. Es könne nicht darauf ankommen, ob das Arbeitsgericht meine, die Frage der Tariffähigkeit selbst beurteilen zu können.

7

Die Klägerin tritt einer Aussetzung entgegen. Sie meint, dass der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 auch den hier streitgegenständlichen Zeitraum erfasse, da das BAG die Satzung der CGZP aus dem Jahre 2005 in seine Entscheidung miteinbezogen habe. Die Beklagte habe zudem keine Gesichtspunkte vorgetragen, die für eine Tariffähigkeit der CGZP in der Vergangenheit sprechen könnten.

8

Das Arbeitsgericht Berlin hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 30.05.2011 - 29 BV 13947/10 - (ArbuR 2011, 310) festgestellt, dass die CGZP zu folgenden Zeitpunkten nicht tariffähig war: 29.11.2004, 19.06.2006, 09.07.2008.

B.

I.

9

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig.

10

Nach § 252 ZPO findet die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen statt, durch die auf Grund der §§ 239 ff. ZPO oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird. Eine andere gesetzliche Bestimmung in diesem Sinne ist auch § 97 Abs. 5 ArbGG (BAG, Beschluss vom 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - NZA 2008, 489).

II.

11

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist begründet.

12

Der Rechtsstreit ist bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens zur vergangenheitsbezogenen Tariffähigkeit der CGZP auszusetzen (vgl. LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2011 - 11 Ta 10/11 - juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.06.2011 - 6 Ta 99/11 - juris; ArbG Freiburg, Beschluss vom 13.04.2011 - 3 Ca 497/10 - DB 2011, 1001; Neef, NZA 2011, 618; Löwisch, SAE 2011, 66; a. A. ArbG Frankfurt/Oder, Urteil vom 09.06.2011 - 3 Ca 422/11 - AiB 2011, 550; ArbG Dortmund, Beschluss vom 16.03.2011 - 8 Ca 18/11 - ArbuR 2011, 272; Brors, Anm. zu ArbG Freiburg, Beschluss vom 13.04.2011 - 3 Ca 497/10 - jurisPR-ArbR 18/2011).

13

Nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG haben die Gerichte für Arbeitssachen einen Rechtsstreit, wenn dessen Entscheidung davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig ist, auszusetzen, bis das Beschlussverfahren nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit dieser Vereinigung erledigt ist.

14

Eine Aussetzungspflicht besteht immer dann, wenn die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft entweder streitig ist oder Bedenken hiergegen bestehen (BAG, Beschluss vom 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - NZA 2008, 489). Die Tariffähigkeit ist angesichts ihrer Bedeutung für eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen nicht einzelfallbezogen im Urteilsverfahren zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern im Beschlussverfahren unter Hinzuziehung der Beteiligten, insbesondere auch der betroffenen Organisation, zu klären. Das Beschlussverfahren bietet wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 83 Abs. 1, § 97 Abs. 2 ArbGG) eine höhere Richtigkeitsgewähr als das Urteilsverfahren, dessen Ausgang weitgehend von dem Sachvortrag und dem Prozessverhalten der Parteien bestimmt wird (BAG, Beschluss vom 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - NZA 2008, 489; BAG, Beschluss vom 23.10.1996 - 4 AZR 409/95 - NZA 1997, 383). Eine rechtskräftige Entscheidung in dem Beschlussverfahren nach § 97 ArbGG wirkt zudem gegenüber jedermann, nicht nur zwischen den am Ursprungsprozess oder den am Beschlussverfahren Beteiligten (BAG, Beschluss vom 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - NZA 1987, 492; BAG, Beschluss vom 06.06.2000 - 1 ABR 21/99 - NZA 2001, 156). Eine Aussetzung setzt nicht voraus, dass ein solches Beschlussverfahren bereits anhängig ist (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2006 - 6 Ta 89/06 - juris).

15

Die Aussetzung steht nicht im Ermessen des Gerichts (ErfK/Koch, 11. Aufl. 2011, § 97 ArbGG, Rn. 5). Sie ist nicht von einem Antrag der Parteien abhängig, sondern von Amts wegen vorzunehmen (BAG, Beschluss vom 23.10.1996 - 4 AZR 409/95 - NZA 1997, 383). Die Aussetzungspflicht soll verhindern, dass über die Tariffähigkeit in einem oder mehreren einzelnen Urteilsverfahren entschieden wird. Vermieden werden damit zum einen divergierende Entscheidungen, zum anderen aber auch die bereits aufgezeigten Schwächen des Individualprozesses. Nicht zuletzt sprechen Gründe der Prozessökonomie dafür, die regelmäßig komplexe Rechtsfrage der Tariffähigkeit einer Organisation nicht in vielen einzelnen Rechtsstreiten, sondern einheitlich, endgültig und gegenüber jedermann zu klären.

1.

16

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob die CGZP bei Abschluss der für den Zeitraum Januar 2007 bis März 2010 maßgeblichen Tarifverträge tariffähig war. Die Klägerin fordert gemäß § 612 Abs. 2 BGB, § 9 Nr. 2 AÜG dasjenige Arbeitsentgelt, das ihr Entleiher an seine vergleichbaren Arbeitnehmer zahlt. Diesen Anspruch stützt sie ausschließlich auf die Unwirksamkeit der von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge, und zwar mangels Tariffähigkeit dieser Organisation.

2.

17

Das Beschlussverfahren nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP ist noch nicht erledigt.

18

Nach dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 steht fest, dass die CGZP nicht tariffähig ist, und zwar weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation. Umstritten ist hingegen, auf welchen Zeitraum sich diese - vom BAG ausdrücklich als gegenwartsbezogen bezeichnete - Feststellung erstreckt. Den Gegenwartsbezug folgert das BAG aus der Antragsformulierung (,... tarifunfähig ist") und der Antragsbegründung (a. a. O., Rn. 33). Deshalb stand diesem Verfahren auch nicht der bereits früher anhängige Feststellungsantrag zur Tariffähigkeit der CGZP vor dem ArbG Berlin - 63 BV 9415/08 - entgegen, da dieser einen anderen Streitgegenstand betrifft. Dieses Beschlussverfahren beim ArbG Berlin beruht auf einem Individualrechtsstreit eines Leiharbeitnehmers, in dem dieser Ansprüche für den Zeitraum 17.06.2006 bis 31.01.2008 geltend macht (ArbG Bamberg - 2 Ca 249/08 -). Der Streitgegenstand des hieran anknüpfenden Beschlussverfahrens ist dementsprechend auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP beschränkt (BAG, a. a. O., Rn. 38).

19

Die Beklagte ist der Ansicht, der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 stelle die Tarifunfähigkeit erst zum Entscheidungsdatum fest und erfasse nicht davor liegende Zeiträume (so auch Löwisch, SAE 2011, 64 und 66). Nach anderer Ansicht kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an, d. h. die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009 - 23 TaBV 1016/09 - (Neef, NZA 2011, 618). Welcher Auffassung zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche den Zeitraum Januar 2007 bis März 2010 betreffen, auf den sich die Entscheidung des BAG keinesfalls erstreckt. Dieser Zeitraum war gerade nicht Gegenstand des Verfahrens, wie sich aus den Ausführungen des BAG zu den Streitgegenständen der verschiedenen Beschlussverfahren ergibt.

20

Das vergangenheitsbezogene Beschlussverfahren nach § 97 ArbGG zur Tariffähigkeit der CGZP ist noch nicht abgeschlossen. Ein solches Beschlussverfahren ist vor dem ArbG Berlin - 29 BV 13947/10 - anhängig, das am 30.05.2011 eine Entscheidung verkündet hat, deren Rechtskraft abzuwarten bleibt. Das ArbG Berlin hat sich die Begründung des BAG zu eigen gemacht und die Tariffähigkeit der CGZP auch vergangenheitsbezogen verneint.

21

Die Feststellung der Tariffähigkeit, soweit sie die Vergangenheit betrifft und deshalb nicht von dem Beschluss des BAG erfasst wird, ist dem - bereits anhängigen - Beschlussverfahren vorbehalten. Den Gerichten ist es verwehrt, den Ausgang des Beschlussverfahrens bereits im Urteilsverfahren vorwegzunehmen.

3.

22

Die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss der für den Zeitraum Januar 2007 bis März 2010 maßgeblichen Tarifverträge ist trotz der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 streitig.

23

Die Aussetzung hängt nicht davon ab, ob die Parteien neue Umstände vortragen, die eine abweichende Bewertung der Tariffähigkeit möglich erscheinen lassen (a. A. Brors, Anm. zu ArbG Freiburg, Beschluss vom 13.04.2011 - 3 Ca 497/10 - jurisPR-ArbR 18/2011). Eine solche Voraussetzung lässt sich dem Urteil des BAG vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 - NZA 2007, 448 nicht entnehmen. Das BAG hat in diesem Rechtsstreit den bereits vorhandenen rechtskräftigen Beschluss aus dem Verfahren zur Feststellung der Tariffähigkeit dahingehend verstanden, dass dieser nicht nur für die Zeit nach Verkündung der Entscheidung gilt, sondern auch für einen vorangegangenen Zeitraum, d. h. bei Abschluss des Tarifvertrages, dessen Wirksamkeit zu beurteilen war (a. a. O., Rn. 21 und 22). Aus den Feststellungen des LAG ergab sich gerade nicht, wie das BAG weiter anführt (a. a. O., Rn. 22), dass der Beschluss zur Tariffähigkeit den Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses nicht erfasst. Dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 zur Tariffähigkeit der CGZP kommt eine solche Reichweite jedoch nicht zu. Dieser Beschluss wirkt ausschließlich gegenwartsbezogen, jedenfalls nicht für den im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Zeitraum.

24

Welches Ergebnis das vergangenheitsbezogene Beschlussverfahren angesichts der gegenwartsbezogenen Entscheidung des BAG voraussichtlich haben wird, ist unerheblich. Die Aussetzungpflicht entfällt nicht deshalb, weil sich die Begründung des BAG ggf. auch auf diesen Zeitraum übertragen lässt. Hierüber haben allein die für das entsprechende Beschlussverfahren zuständigen Gerichte zu befinden. Dieses Beschlussverfahren wäre zudem überflüssig und ohne jegliche Bedeutung, wenn die Gerichte für Arbeitssachen über die vergangenheitsbezogene Tariffähigkeit der CGZP im Urteilsverfahren entscheiden könnten. Darüber hinaus ist schon fraglich, ob die Parteien des Urteilsverfahrens überhaupt in der Lage sind, zur Tariffähigkeit vorzutragen, da sie nicht ohne Weiteres über den Informationsstand wie die am Beschlussverfahren beteiligte Gewerkschaft verfügen. Deshalb bedarf es zunächst einer rechtskräftigen Entscheidung in einem Beschlussverfahren.

25

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 78 Satz 2 ArbGG.

Tenor

Der Rechtsstreit wird ausgesetzt bis zur rechtskräftigen Erledigung eines gem. §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 und 5 ArbGG einzuleitenden Beschlussverfahrens über die Frage, ob die Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen am 19.6.2006 tariffähig war.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers als ehemaliger Leiharbeitnehmer gegen die Beklagte als Verleiher auf Zahlung des Lohns vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers nach dem Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag für das Schreinerhandwerk in Baden-Württemberg ("equal pay", §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG). Hilfsweise begehrt der Kläger Auskunft von der Beklagten über diejenigen Arbeitsbedingungen die vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährt werden sowie die Zahlung der sich hieraus ergebenden Differenzvergütung.
Der Kläger ist ausgebildeter Schreiner. Die Gesellenprüfung legte er 1983 ab. Er war zunächst vom 14.9.2005 bis 15.3.2007 und sodann erneut ab dem 16.4.2007 für die Beklagte tätig. Gemäß § 1 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages finden auf ihr Arbeitsverhältnis die tarifvertraglichen Regelungen zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister - nachfolgend: AMP - und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA - nachfolgend: CGZP - Anwendung. Der Kläger ist bei der Beklagten als Schreiner eingesetzt. Er war im Jahr 2007 in der Zeit vom 21.1. bis 21.12.2007 mit Unterbrechungen von der Beklagten an Handwerksbetriebe verliehen.
Der Kläger behauptet, er habe typische Arbeiten verrichtet, wie sie für einen Schreinergesellen üblich seien. Nach seinen Informationen richte sich die Vergütung der bei den Entleihern jeweils angestellten Mitarbeiter nach dem Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag für das Schreinerhandwerk in Baden-Württemberg - nachfolgend: LTV Schreinerhandwerk -. Konkrete Auskünfte seien ihm jedoch bisher verweigert worden. Ausgehend von dem LTV Schreinerhandwerk für den Zeitraum ab dem 1.1.2007 stehe ihm ein Lohn in der Lohngruppe 2 für Mitarbeiter im 2. Gesellenjahr in Höhe von 11,51 EUR brutto zu. Ab dem 1.9.2007 betrage der Bruttostundenlohn 11,75 EUR. Die Beklagte habe ihm jedoch durchgängig nur 8,81 EUR gezahlt.
Im Gütetermin ist mit den Parteien erörtert worden, inwiefern trotz der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - das vorliegende Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG auszusetzen ist. Der Kläger verneint dies nunmehr. Er beruft sich auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 -. Die Beklagte bejaht die Notwendigkeit der Aussetzung.
II.
Der Rechtsstreit ist bis zur rechtskräftigen Erledigung eines gem. §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 und 5 ArbGG einzuleitenden Beschlussverfahrens über die Frage, ob die CGZP am 19.6.2006 tariffähig war, auszusetzen. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Frage der Tariffähigkeit der CGZP zu diesem Zeitpunkt ab. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - hat die Frage für diesen Zeitpunkt nicht geklärt.
1. Nach § 97 Abs. 5 ArbGG hat das Gericht einen Rechtsstreit bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist. Dies ist vorliegend unstreitig der Fall.
a) Der Kläger macht "equal-pay-Ansprüche" geltend. Diese stehen ihm nur zu, wenn nicht ein (gültiger) Tarifvertrag im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung abweichende Regelungen zulässt. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren (§ 9 Nr. 2 AÜG i.V.m. § 10 Abs. 4 AÜG). Die Parteien haben im Arbeitsvertrag die Tarifverträge zur Zeitarbeit zwischen dem AMP und der CGZP zur Anwendung gebracht. Maßgeblich ist dabei zur Entscheidung des Rechtsstreits der Entgelttarifvertrag/West vom 19.6.2006 zwischen dem AMP und der CGZP. Auf den Manteltarifvertrag vom 29.11.2004 zwischen dem AMP und der CGZP - MTV - kommt es dagegen nicht an. Der Kläger macht zwar zum Teil auch Überstundenzuschläge geltend, die nicht im Entgelttarifvertrag/West geregelt sind, sondern in Nr. 5.1 MTV. Insofern besteht aber gerade kein Streit zwischen den Parteien. Die Beklagte zahlte den Überstundenzuschlag, wenn auch bezogen auf den niedrigeren Stundenlohn aus dem Entgelttarifvertrag/West.
b) War die CGZP auch zum Zeitpunkt des 19.6.2006 tarifunfähig, fehlte ihr die Befugnis, Tarifverträge abzuschließen. Schließt eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit einen Tarifvertrag ab, ist dieser Tarifvertrag unwirksam und damit nichtig (BAG 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 - Rdnr. 21 juris). In diesem Falle wäre auch die Vereinbarung schlechterer Arbeitsbedingungen als derjenigen, die im Betrieb des Entleihers gelten, unwirksam (§ 9 Nr. 2 AÜG). Die Beklagte müsste dem Kläger die Vergütung zahlen, die vergleichbare Arbeitnehmer der Entleiher erhalten. Die Frage der Tariffähigkeit der CGZP zum Zeitpunkt des Abschlusses des Entgelttarifvertrages/West am 19.6.2006 ist damit vorgreiflich für den vorliegenden Rechtsstreit im Sinne des § 97 Abs. 5 ArbGG.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - nicht rückwirkend für den Zeitpunkt am 19.6.2006 mit Rechtskraftwirkung geklärt, dass die CGZP bereits zu diesem Zeitpunkt tarifunfähig war. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat zwar Wirkung für und gegen alle (BAG 28.3.2006 - 1 ABR 58/04 - Rdnr. 31 juris). Auch ist in zeitlicher Hinsicht die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung im Verfahren nach §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG grundsätzlich nicht begrenzt (vgl. hierzu BAG 6.6.2000 - 1 ABR 21/99 - Rdnr. 30 juris). Von der Frage, wie lange eine rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung in der Zukunft verbindlich bleibt, ist jedoch die Frage zu trennen, für welchen Zeitraum eine Entscheidung, die die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft oder einer von Gewerkschaften gebildeten Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 3 TVG feststellt, in die Vergangenheit wirkt. Mit dem Kläger mag deshalb zwar grundsätzlich davon auszugehen sein, dass eine rechtskräftige Entscheidung nach §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG, die die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft oder einer von Gewerkschaften gebildeten Spitzenorganisation verneint, nicht nur für die Zukunft Rechtswirkungen gegenüber jedermann entfaltet, sondern auch rückwirkend (vgl. insofern BAG 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 - Rdnr. 22 f. juris). Hiervon gilt jedoch dann eine Ausnahme, wenn die gerichtliche Entscheidung wegen der von den Beteiligten verfolgten Antragstellung und der damit einhergehenden Beschränkung des Streitgegenstandes klarstellt, dass sie lediglich gegenwartsbezogen ist. Das korrespondiert mit der Frage, welche Vorfrage das Gericht, das einen Rechtsstreit nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG aussetzt, für entscheidungserheblich hält. Nur bezüglich dieser Frage sind die Parteien nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG antragsbefugt, die vom aussetzenden Gericht für entscheidungserheblich erachtete Frage der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit gerichtlich klären zu lassen. Der Beschluss, mit dem ein Gericht ein Verfahren nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG aussetzt, muss deshalb zuverlässig feststellen lassen, auf welchen Zeitpunkt es ankommt, zu dem die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit gegeben sein soll (vgl. hierzu BAG 18.7.2006 - 1 ABR 36/05 - Rdnr. 18 ff., insbesondere 21 f. juris).
10 
Ausgehend von diesen Grundsätzen, ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - nicht geeignet, eine Rückwirkung des Beschlusses auf den im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Zeitpunkt des 19.6.2006 anzunehmen.
11 
a) Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - ist lediglich festgestellt, dass die CGZP gegenwartsbezogen tarifunfähig ist. Das Bundesarbeitsgericht stellt dies in den Gründen B. III. 2. (Rdnr. 33 juris) ausdrücklich klar. Es führt aus:
12 
"Der Antrag von ver.di und der Hauptantrag des Landes Berlin sind auf die Gegenwart gerichtet und nicht vergangenheitsbezogen. Beiden Antragstellern geht es ersichtlich um die gegenwärtige Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Dies folgt aus der ausdrücklich auf die Gegenwart bezogenen Antragsformulierung ("tarifunfähig ist") und der dazu gegebenen Begründung. Der Wortlaut ihrer Feststellungsanträge ist in den Vorinstanzen unverändert geblieben, während die Antragsteller ihren Vortrag im Verfahrensverlauf an der jeweils geltenden Satzung der CGZP ausgerichtet haben. Dies war zunächst die Satzung vom 5.12.2005 und nach deren Änderung seit dem 8.10.2009 geltende Fassung. Auch das Landesarbeitsgericht hat die Anträge als auf eine gegenwärtige Feststellung gerichtet verstanden."
13 
Dementsprechend stand der Entscheidung auch nicht die frühere Rechtshängigkeit des vor dem Arbeitsgericht Berlin geführten Beschlussverfahrens - 63 BV 9415/08 - entgegen. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des "Entgelttarifvertrags West" mit der Tarifgemeinschaft für Zeitarbeitsunternehmen in der BVD am 22.7.2003. Der Streitgegenstand des Verfahrens ist auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP beschränkt.
14 
b) Die Feststellung des Bundesarbeitsgerichts über die Tarifunfähigkeit der CGZP hat damit Wirkung für und gegen alle lediglich ab dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Da hierbei auf die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen ist (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. vor § 322 Rdnr. 53), bezieht sich die Feststellung des Bundesarbeitsgerichts zur Tarifunfähigkeit der CGZP auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg als Tatsacheninstanz am 7.12.2009 - 23 TaBV 1016/09 - BB 2010, 1927 und nicht nur auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010. Bereits das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte seiner Entscheidung die am 8.10.2009 geänderte Satzung der CGZP zu Grunde gelegt. Neue Tatsachen sind zwischen dem Zeitpunkt der Entscheidung des Landearbeitsgerichts Berlin-Brandenburg am 7.12.2009 und derjenigen des Bundesarbeitsgerichtes am 14.12.2010 nicht eingetreten. Kommt es für die Entscheidung eines Rechtsstreits deshalb auf die Tariffähigkeit der CGZP ab dem 7.12.2009 an, ist die Frage rechtskräftig geklärt. Für die Zeitpunkte davor fehlt es aber an einer rechtskräftigen und damit bindenden Entscheidung.
15 
c) Soweit der Kläger sich darauf beruft, die rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit wäre weitgehend sinnlos und überflüssig, wenn sie nur für die Zeit nach der Verkündung der Entscheidung von Bedeutung wäre, ist dies unzutreffend. Wie der vom Bundesarbeitsgericht entschiedene Rechtsstreit deutlich macht, kann es für einen Beteiligten des Verfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG gerade maßgeblich sein, ob eine Gewerkschaft gegenwartsbezogen tariffähig ist oder nicht. Rückwirkung kommt einer Entscheidung nur dann zu, wenn der in der Vergangenheit liegende Zeitpunkt, zu dem die Tariffähigkeit festgestellt werden soll, streitgegenständlich gemacht wird. Dies war in dem vom Bundesarbeitsgericht am 14.12.2010 entschiedenen Verfahren nicht der Fall. Der Kläger beruft sich deshalb auch zu Unrecht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 - Rdnr. 21 ff. juris. In diesem Verfahren waren Ansprüche aus einem Zeitraum von Dezember 1998 bis November 1999 streitgegenständlich. Streitentscheidend war ein Tarifvertrag, der am 25.1.1999 abgeschlossen und zum 1.3.1999 in Kraft trat. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 17.10.2002 - 2 BV 3/00 - stellte das Arbeitsgericht Gera fest, dass die an dem Tarifvertrag beteiligte Christliche Gewerkschaft Deutschland (CGD) keine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne ist.
16 
Das Bundesarbeitsgericht führt zwar aus, dass der Tarifvertrag nicht erst mit dem Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 17.10.2002 unwirksam, sondern von Anfang an nichtig gewesen sei. Maßgeblich ist aber, dass das Bundesarbeitsgericht darauf abstellt, dass das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt habe, die CGD sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages am 25.1.1999 tariffähig gewesen, ihre Tariffähigkeit sei erst später entfallen und die Entscheidung des Arbeitsgerichts Gera erfasse den Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrag nicht. Das Bundesarbeitsgericht musste also davon ausgehen, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts Gera gerade auch den Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages am 25.1.1999 umfasst. Dies unterscheidet jenen Fall maßgeblich von dem vom Bundesarbeitsgericht am 14.12.2010 entschiedenen, in dem es ausdrücklich die Gegenwartsbezogenheit der festgestellten Tariffähigkeit betont.
17 
d) Zuzugeben ist, dass ein weiteres nach §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG durchzuführendes Beschlussverfahren über die Frage der Tariffähigkeit der CGZP am 19.6.2006 vom Ergebnis her vorgegeben sein dürfte. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar über die CGZP-Satzung in der Fassung der Änderung aus dem Jahr 2009 entschieden. Im vorliegenden Fall käme es dagegen noch auf die CGZP-Satzung aus dem Jahr 2005 an. Unterschiede dürften sich hieraus jedoch nicht ergeben. Auch wenn das Ergebnis deshalb festzustehen scheint, ist die Aussetzungspflicht nach § 97 Abs. 5 ArbGG dennoch zu berücksichtigen. Darin ist geregelt, dass das Gericht das Verfahren auszusetzen "hat". Ein Ermessensspielraum ist insofern nicht eröffnet. Auch wenn die Zweifel an der Tariffähigkeit der CGZP am 19.6.2006 sich aufgrund der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichtes im Beschluss vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - fast zur Sicherheit verdichten, ist eine Aussetzung unumgänglich.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.