Verkehrsrecht: Unfall oder Versicherungsbetrug

published on 17/08/2017 15:05
Verkehrsrecht: Unfall oder Versicherungsbetrug
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Bei Beschädigung eines Autos durch zerkratzten Lack muss die Versicherung einen vermuteten Versicherungsbetrug nachweisen. Eine lediglich nachvollziehbare Vermutung genügt hierfür nicht.
Das LG Dortmund entschied, dass auch das Zerkratzen des Fahrzeugs einen Unfall im Sinne des Versicherungsvertrags darstellt. Unbeachtlich ist hierbei, ob sich der Versicherungsfall auf die vom Versicherungsnehmer geschilderte Weise ereignet haben könnte. Die nachvollziehbare Vermutung der Versicherung, der Unfall sei vorgetäuscht, steht dem noch nicht entgegen. Vielmehr muss der Versicherer die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls vortragen und beweisen.

Das Landgericht Dortmund hat in seinem Urteil vom 02.03.2017 (2 O 155/15) folgendes entschieden:

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.861,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 06.05.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 64 % und die Beklagte 36 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
 
Tatbestand:

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung mit 500,00 € Selbstbeteiligung für den erstmals am 28.12.2009 zugelassenen Pkw BMW mit dem amtlichen Kennzeichen #-######. Grundlage waren der Versicherungsantrag vom 11.12.2013, der Nachtrag zum Versicherungsschein vom 13.10.2014 und die AKB 01.07.2013 u. a. mit folgenden Regelungen:

„A. 2.3

Welche Ereignisse sind in der Vollkasko versichert?



Unfall

A. 2.3.2

Versichert sind Unfälle des Fahrzeugs. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis.



A. 2.6.7

Wiederbeschaffungswert ist der Preis, den Sie für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeugs am Tag des Schadensereignisses bezahlen müssen.



A. 2.6.10

Restwert ist der Veräußerungswert des Fahrzeugs im beschädigten oder zerstörten Zustand.



A. 2.7

Was zahlen wir bei Beschädigung?

Reparatur

A. 2.7.1

Wir das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen:

a) …

b) Wir das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert, zahlen wir die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts.

A. 2.9

Mehrwertsteuer

Mehrwertsteuer erstatten wir nicht, soweit Vorsteuerabzugsberechtigung besteht.

…“

Eigentümerin und Leasinggeberin des Fahrzeuges war die C-Bank GmbH.

Der Kläger zeigte der Beklagten am 31.10.2014 einen streitigen Vandalismusschaden am Fahrzeug an. Unter dem 16.11.2014 füllte er die formularmäßige Kaskoschadenanzeige aus. Die Fragen „Fahrzeug geleast/finanziert?“ und „falls Fahrer mit Versicherungsnehmer nicht identisch:“ beantwortete der Kläger nicht. Mit Schreiben vom 25.11.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Fahrzeug ausweislich ihrer Unterlagen geleast sei und bat um eine Freigabeerklärung der finanzierenden Bank sowie um Beantwortung diverser Fragen. Der Kläger antwortete mit Anwaltsschreiben vom 11.12.2014 wie folgt:

„Der Schadensfall ist von Herrn T zur Anzeige gebracht worden, da dieser am Morgen des 30.10.2014 mit dem Wagen zum Becker fahren wollte und dabei den Schaden bemerkte.

Der Pkw war in der O-Straße geparkt, da Herr V bei Herrn T zu Besuch war.



Das Fahrzeug hatte auf der rechten Seite im Türbereich einen Vorschaden, der durch die T2 reguliert wurde. Ein Reparaturnachweis liegt nicht vor.

…“

Dem Schreiben lag das Schreiben der C-Bank GmbH vom 12.11.2014 bei. Die C-Bank GmbH erklärte sich damit einverstanden, dass die unfallbedingten Kosten an die jeweiligen Firmen bzw. gegen Vorlage von bezahlten Rechnungen an den Leasingnehmer ausbezahlt werden können.

Die Beklagte lehnte Versicherungsleistungen mit Schreiben vom 06.05.2015 ab.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Bezahlung der streitigen, fiktiven Reparaturkosten.

Er behauptet, dass in der O-Straße in P abgestellte Fahrzeug sei in der Nacht vom 30.10.2014 auf den 31.10.2014 von unbekannten Tätern rundum zerkratzt worden. Die Reparaturkosten beliefen sich ausweislich des Kostenvoranschlages der Firma I GmbH vom 18.02.2015 auf brutto 7.921,16 €. Der Vorschaden sei vollständig und fachgerecht repariert worden.

Der Kläger beantragt nach teilweiser Klagerücknahme,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger 7.182,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.12.2014 zu zahlen und die Beklagte weiter zu verurteilen, die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 376,52 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers und behauptet, der Vandalismusschaden sei vorgetäuscht, weil er nicht plausibel sei und der Kläger die Versicherungsleistung für den Vorschaden nicht an die Leasinggeberin weitergeleitet habe. Dafür spreche auch die Überschreitung der im Leasingvertrag vereinbarten Laufleistung von 20.000 km jährlich um knapp das Dreifache und die Beitragsrückstände des Klägers im Jahr 2014.

Die Beklagte beruft sich zudem auf eine Obliegenheitsverletzung, weil der Kläger die Fragen zur Repräsentanz nicht beantwortet habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T2 vom 15.08.2016 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2017 Bezug genommen.

Gründe:

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen versicherungsvertraglichen Anspruch auf Zahlung von 2.861,35 €.

Zwischen den Parteien besteht unstreitig eine Vollkaskoversicherung.

Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich aus dem Schreiben der C-Bank GmbH vom 04.01.2016, Anlage K 12, Blatt 68 d. A. und aus F 2 AKB, wonach die Ausübung der Rechte der mitversicherten Person nur dem Versicherungsnehmer zusteht, soweit nichts anderes geregelt ist, was vorliegend nicht der Fall ist.

Der Versicherungsfall ist eingetreten. Versichert sind nach A. 2.3.2 AKB Unfälle des Fahrzeugs. Die in A.2.3.2 und A.2.3.3 AKB geregelten Versicherungsfälle „Unfall“ und „Mut- oder böswillige Handlungen“ schließen sich nicht aus, sondern überlagern sich teilweise. A.2.3.3 AKB ist keine Einschränkung von A.2.3.2 AKB sondern als zusätzliches versichertes Risiko formuliert

Wird die Außenhaut eines Fahrzeugs beschädigt, was im vorliegenden Fall unstreitig ist, dann liegen in der Vollkaskoversicherung ohne weiteres die Voraussetzungen des Versicherungsfalls „Unfall“ vor, insbesondere bei Zerkratzung des Lacks. Ein Unfall erfordert nämlich lediglich ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis auf das Fahrzeug. Unerheblich ist, ob sich der Versicherungsfall so ereignet haben kann, wie vom Versicherungsnehmer geschildert. Denn die Unfreiwilligkeit bzw. Zufälligkeit des Schadensereignisses gehört nicht zum Begriff des Unfalls im Sinne der AKB, da andernfalls die gegenläufige Regelung des § 81 VVG in der Schadensversicherung, um die es auch hier geht, zu Lasten des Versicherungsnehmers ausgehöhlt würde.

Der Versicherer muss die Voraussetzungen des § 81 VVG vortragen und beweisen mithin die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer, um leistungsfrei zu werden. Es kommt nicht darauf an, ob die Beklagte Umstände schlüssig vorgetragen hat, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des streitgegenständlichen Unfallschadens herleiten lässt, denn die Beklagte muss voll beweisen, wenn der Versicherungsfall „Unfall“ bewiesen ist. Der Versicherungsnehmer muss aus diesem Grund auch nicht den Nachweis erbringen, dass der Unfallschaden von Fremden verursacht worden ist.

Grundsätzlich entspricht nämlich die Beweisabsenkung zu Gunsten einer Partei des Versicherungsvertrages einer ähnlichen für die andere Partei. Dem Versicherer kommen die Beweiserleichterungen zur Vortäuschung nur dann zu Gute, wenn dem Versicherungsnehmer beim Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls solche Beweiserleichterungen zustehen. Ist hingegen der Versicherungsfall voll bewiesen oder unstreitig, dann muss auch der Versicherer den Vollbeweis für eine Herbeiführung durch den Versicherungsnehmer oder dessen Repräsentanten erbringen. Im Fall der Zerstörung oder Beschädigung eines Kraftfahrzeuges bedarf es einer Beweisführung mittels des äußeren Bildes von vornherein nicht, weil das versicherte Objekt zur Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist, besichtigt werden kann und im Fall vorliegenden Fall auch besichtigt worden ist.

Zu § 81 VVG hat die Beklagte keine hinreichenden Indiztatsachen vorgetragen. Die zur erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung vorgetragenen im Tatbestand im Einzelnen dargestellten Umstände reichen dafür nicht.

Die Beklagte ist auch nicht nach § 28 Abs. 2 VVG leistungsfrei. Die Beklagte hat schon nicht schlüssig vorgetragen, dass der Kläger Auskunftsobligenheiten verletzt hat. Die Frage zum Leasing hat er zunächst nicht ausgefüllt und mit Schreiben vom 11.12.2014 dann vollständig und richtig beantwortet. Die Frage 9 „falls Fahrer mit Versicherungsnehmer nicht identisch“ macht vorliegend keinen Sinn, weil kein Verkehrsunfall, sondern ein Vandalismusschaden Streitgegenstand ist. Zudem wurde der Ablauf mit Anwaltsschreiben vom 11.12.2014 dargestellt. Dass diese Darstellung der Wahrheit widerspricht hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Die Beklagte kann sich zudem nach § 28 Abs. 3 VVG nicht auf ihre Leistungsfreiheit wegen der Verletzung einer vertraglichen Auskunftsobliegenheit berufen, weil der Beklagten die Wahrheit vor dem Eintritt eines Feststellungsnachteiles bekannt war. Es fehlt damit an der notwendigen konkreten Kausalität.

Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Versicherungsnehmer Arglist zur Last fällt. Dafür sind keine Tatsachen ersichtlich oder vorgetragen.

Der Kläger kann nach A. 2.7 AKB die erforderlichen Reparaturkosten, die sich nach dem nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T2 auf netto 7.182,25 € belaufen, nicht in voller Höhe, sondern nur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswert mithin 3.361,35 € verlangen, weil die streitgegenständlichen Schäden an dem vollkaskoversicherten Fahrzeug nicht repariert wurden. Der Versicherer leistet keinen Schadensersatz nach §§ 249 ff. BGB, sondern eine vertraglich begründete und beschriebene Leistung. Verzichtet der Versicherungsnehmer, wie im vorliegenden Fall, auf die Reparatur, bezweckt A. 2.7.1 b) AKB ihn wirtschaftlich in die Lage zu versetzen, sich ein gleichwertiges Gebrauchsfahrzeug anzuschaffen.

Der Wiederbeschaffungswert beträgt nach dem nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T2 15.500,00 €. Maßgebend dafür sind die hohe Laufleistung, die Ausstattung, der Zeitpunkt der Erstzulassung und der unstreitige Unfallschaden, der Gegenstand des Haftpflichtgutachtens vom 16.04.2014 ist.

Dieser Unfallschaden war augenscheinlich sach- und fachgerecht, aber tatsächlich nicht vollständig fachgerecht instand gesetzt geworden. Die beschädigte rechte hintere Seitenwand wurde nicht ersetzt, sondern repariert, was deutlich weniger Kosten verursacht. Indiz dafür ist die auf dem Foto 144 des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen T2 vom 15.08.2016 dargestellte Messung der Dicke der Lackschicht mit einem Wert von 1.301.

Der Austausch der hinteren rechten Seitenwand war für eine fachgerechte Reparatur notwendig. Durch die Reparatur wird die Festigkeit des Stahlblechs deutlich reduziert.

Bei einer Versicherung auf fremde Rechnung ist bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes auf die Verhältnisse des Versicherten, im vorliegenden Fall also der Leasinggeberin als Eigentümerin des Pkws abzustellen. Die Leasinggeberin war ausweislich des Leasingvertrages vom 07.01.2014 vorsteuerabzugsberechtigt.

In dem Wiederbeschaffungswert in Höhe von 15.500,00 € sind nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T2 19 % Umsatzsteuer enthalten, weil das Fahrzeug zum Bewertungsstichtag im Kfz-Handel überwiegend regelbesteuert angeboten wurde.

Es ist demnach im vorliegenden Fall von einem Wiederbeschaffungswert von 15.500,00 € : 1,19 = 13.025,21 € anzugehen.

Unterliegt der Versicherte beim Fahrzeugverkauf der Umsatzsteuerpflicht, stellt lediglich der ihm nach Abführung der Umsatzsteuer verbleibende Nettoverkaufspreis den anzurechnenden Restwert dar. Der Restwert beläuft sich nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T2 auf bis zu 11.500,00 € und vermindert sich im Hinblick auf die Umsatzsteuerpflicht der C-Bank GmbH auf 11.500,00 € : 1,19 = 9.663,86 €.

Die Differenz von Wiederbeschaffungswert und Restwert beläuft sich demnach auf:

13.025,91 € - 9.663,36 € = 3.361,35 €.

Von diesem Betrag war die unstreitig vereinbarte Selbstbeteiligung in Höhe von 500,00 € nach A. 2.12 AKB abzuziehen, so dass ein versicherungsvertraglicher Zahlungsanspruch in Höhe von 2.861,35 € verbleibt.

Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 288 BGB.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann der Kläger nicht ersetzt verlangen, weil sich die Beklagte nicht in Verzug befand, als der Kläger seine Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und berücksichtigt das jeweilige Unterliegen der Parteien.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
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(1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Versicherungsfall herbeiführt.

(2) Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.