Strafrecht: Sexueller Missbrauch am Tag des 14. Geburtstags
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Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 24. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall 1 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses verurteilt worden ist, jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen mit Ausnahme derjenigen zur Tatzeit aufrechterhalten, im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses und wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Verurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den bisherigen Feststellungen ist, worauf die Revision zu Recht hingewiesen hat, zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass das Tatopfer sein 14. Lebensjahr bereits vollendet hatte, denn der Angeklagte beging die Tat zum Nachteil des am 8. Juli 1993 geborenen Tatopfers "in der Zeit vom 21.03.2007 bis zum 08.07.2007.“ Wurde die Tat am 14. Geburtstag des Tatopfers begangen, was nach den bisherigen Feststellungen nicht auszuschließen ist, war das Tatopfer aber bereits 14 Jahre alt, denn bei der Berechnung des Lebensalters wird der Tag der Geburt nicht mitgerechnet. Bei der Bezeichnung des in Betracht kommenden Tatzeitraums handelt es sich nicht lediglich um eine unpräzise Formulierung, denn hinsichtlich der weiteren Taten hat das Landgericht festgestellt, dass diese "nach dem 14. Geburtstag" des Tatopfers begangen wurden.
Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses. Eine Schuldspruchänderung kommt nicht in Betracht, weil nicht auszuschließen ist, dass festgestellt werden kann, dass die erste der Taten, was nach den mitgeteilten Behandlungsterminen in der Zeit von März bis Juni 2007 jedenfalls nicht fern liegt, vor dem 14. Geburtstag des Tatopfers begangen wurde. Die Aufhebung der Verurteilung in diesem Fall zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können mit Ausnahme derjenigen zur Tatzeit bestehen bleiben.
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BUNDESGERICHTSHOF
a) soweit der Angeklagte im Fall 1 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses verurteilt worden ist, jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen mit Ausnahme derjenigen zur Tatzeit aufrechterhalten,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses und wegen sexuellen Missbrauchs unter Aus- nutzung eines Behandlungsverhältnisses in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- Die Verurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den bisherigen Feststellungen ist, worauf die Revision zu Recht hingewiesen hat, zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass das Tatopfer sein 14. Lebensjahr bereits vollendet hatte, denn der Angeklagte beging die Tat zum Nachteil des am 8. Juli 1993 geborenen Tatopfers "in der Zeit vom 21.03.2007 bis zum 08.07.2007.“ Wurde die Tat am 14. Geburtstag des Tatopfers begangen, was nach den bisherigen Feststellungen nicht auszuschließen ist, war das Tatopfer aber bereits 14 Jahre alt, denn bei der Berechnung des Lebensalters wird der Tag der Geburt nicht mitgerechnet (§§ 187 Abs. 2 Satz 2, 188 Abs. 2 H.S. 2 BGB; vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 19 Rdn. 2). Bei der Bezeichnung des in Betracht kommenden Tatzeitraums handelt es sich nicht lediglich um eine unpräzise Formulierung , denn hinsichtlich der weiteren Taten hat das Landgericht festgestellt, dass diese "nach dem 14. Geburtstag" des Tatopfers begangen wurden.
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- Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses. Eine Schuldspruchänderung kommt nicht in Betracht, weil nicht auszuschließen ist, dass festgestellt werden kann, dass die erste der Taten, was nach den mitgeteilten Behandlungsterminen in der Zeit von März bis Juni 2007 jedenfalls nicht fern liegt, vor dem 14. Geburtstag des Tatopfers begangen wurde. Die Aufhebung der Verurteilung in diesem Fall zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
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- Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können mit Ausnahme derjenigen zur Tatzeit bestehen bleiben.
Ernemann Franke
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.