Strafrecht: In einer Todesdrohung kommt nicht zwingend zugleich die Miss- oder Nichtachtung eines anderen Menschen zum Ausdruck
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Das Amtsgericht Meppen hat den Angeklagten am 13. 9. 2007 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 10,00 € verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 29. 5. 2008 mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 10,00 € verurteilt wird.
Die gegen das Berufungsurteil gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung, materiellen Rechts rügt, hat Erfolg und führt unter Aufhebung der Urteile zum Freispruch des Angeklagten.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 29. 10. 2008 u. a. Folgendes ausgeführt:
„Die tatsächlichen Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch der Beleidigung (§ 185 StGB).
Der Tatbestand der Beleidigung verlangt eine Kundgabe der Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung. Vorausgesetzt wird eine Äußerung, die dem Betroffenen einen nicht vorhandenen Mangel an personalem Geltungswert ausdrücklich oder in Form einer Implikation nachsagt. Die dem Angeklagten zur Last gelegte Äußerung; „Wenn nicht Sie dort säßen, sondern der Herr ... und ich eine Pistole dabei hätte - dann würde ich ihn erschießen“, unterstellt dem Verwaltungsbeamten ... keinen Makel, der dessen personalen oder sozialen Geltungswert herabmindern würde: Ebenso wie nicht jede Missachtung der körperlichen Integrität oder der Willensbetätigungsfreiheit in ein Beleidigungsdelikt umgewandelt werden kann, ist allein in der Drohung, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen, noch nicht dessen Miss- oder Nichtachtung zu sehen.
Eine Umwandlung des Schuldspruchs in eine Verurteilung wegen Bedrohung (§ 241 StGB) dürfte ebenfalls nicht in Betracht kommen. Der Angeklagte hat dem Zeugen ... nicht mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahe stehende Person gerichteten Verbrechens bedroht. Eine „nahe stehende Person“ muss dem Bedrohten so verbunden sein, dass er eine Gefahr für diese Person auch für sich selbst als Drucksituation empfinden kann. Das ist bei Verwandten, Lebensgefährten, nahen Freunden oder Hausgenossen, nicht aber bei einem Mitarbeiter der Fall.
Da auszuschließen ist, dass eine neue Hauptverhandlung eine weitere Sachaufklärung zu erbringen vermag, wird das Revisionsgericht auf Freispruch erkennen können (§ 354 Abs. 1 StPO).“
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Da der Angeklagte sich keiner Straftat schuldig gemacht hat, war er freizusprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.
Annotations
Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.
(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.
(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
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die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.