Sexualstrafrecht: Das Abnötigen einer sexuellen Handlung allein reicht für eine Strafbarkeit gemäß § 177 Abs.1 StGB nicht aus

bei uns veröffentlicht am07.07.2010

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Der Tatbestand des § 177 Abs. 1 StGB lässt das Abnötigen einer sexuellen Handlung für sich genommen nicht ausreichen, vielmehr muss diese Handlung vom Täter ode
Der BGH hat mit dem Beschluss vom 21.05.2008 (Az:  5 StR 85/08) entschieden:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 11. Oktober 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO dahingehend geändert, dass der Angeklagte hinsichtlich der Tat II. 6 der Nötigung und hinsichtlich der Tat II. 10 der sexuellen Nötigung schuldig ist,in den Einzelstrafaussprüchen für die Taten II. 5 und 6 und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
 Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.



Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, wegen sexueller Nötigung in acht Fällen, wegen Vergewaltigung in vier Fällen, sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine mit der Sachrüge und mit Verfahrenrügen geführte Revision hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.

Der Schuldspruch im Fall II. 6 der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht das festgestellte Tatgeschehen als sexuelle Nötigung nach § 177 Abs. 1 StGB gewertet. Die Aufforderung zum Entkleiden und Spreizen der Beine stellt zwar eine nicht unerhebliche sexuelle Handlung dar. Der Tatbestand des § 177 Abs. 1 StGB lässt aber das Abnötigen einer sexuellen Handlung für sich genommen nicht ausreichen, vielmehr muss diese Handlung vom Täter oder von einem Dritten am Opfer oder vom Opfer am Täter oder an einem Dritten vorgenommen werden. Die Handlung vor dem Täter genügt nicht. Ein danach erforderlicher sexualbezogener Körperkontakt hat aber nicht stattgefunden. Jedoch liegt eine Nötigung vor.

Der Generalbundesanwalt hat hierzu zutreffend ausgeführt:
 „Allerdings ergibt sich bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Urteilsgründe sowie aufgrund der mit Ver- und Geboten einhergehenden (Stief-)Vaterrolle des Angeklagten und des wegen des erheblichen Altersunterschieds bestehenden ‚Machtgefälles’ als Mittel der Willensbeeinflussung, dass der Angeklagte insoweit wegen Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB zu verurteilen ist.

§ 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen. Der Senat wird ausschließen können, dass sich der die sexuellen Handlungen vollumfänglich bestreitende Angeklagte anders und erfolgreicher als geschehen gegen den veränderten Schuldvorwurf hätte verteidigen können.“
Soweit das Landgericht die Tat zu II. 10 der Urteilsgründe als Vergewaltigung ausgeurteilt hat, ist dies auf Antrag des Generalbundesanwalts zu berichtigen. Denn der Grundsatz, dass Strafzumessungsvorschriften nicht in den Urteilstenor aufzunehmen sind , wird nur durchbrochen für Fälle des Beischlafs und solchen, in denen die besonders erniedrigenden sexuellen Handlungen mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Für den Schuldspruch in den Fällen, in denen beischlafähnliche besonders erniedrigende Handlungen nicht mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind, § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 2. Variante StGB, gelten hingegen keine Besonderheiten. Die Verurteilung erfolgt wegen sexueller Nötigung ohne Kennzeichnung des Strafzumessungsgrundes.

Hinsichtlich der Tat zu II. 5 der Urteilsgründe hat der Schuldspruch trotz der teilweise rechtsfehlerhaften rechtlichen Würdigung des Geschehens Bestand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
„Die Feststellungen der Strafkammer rechtfertigen im Ergebnis auch hinsichtlich der Tat Ziffer II. 5 eine Verurteilung des Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen. Zwar ist diesen nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte sexuelle Handlungen an der Geschädigten vorgenommen oder von der Geschädigten an sich hat vornehmen lassen, § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. Indes liegen die Voraussetzungen des § 174 Abs. 2 Nr. 1 StGB a. F. vor. Den Feststellungen ist noch hinreichend zu entnehmen, dass der Angeklagte vor der Geschädigten sexuelle Handlungen vorgenommen hat, um sich sexuell zu erregen. Er hielt seinen Penis vor das Gesicht der Geschädigten, die die Augen weisungsgemäß zunächst geschlossen und den Mund geöffnet hielt (UA S. 5).

Soweit der Beschwerdeführer nunmehr vorträgt, es sei denkbar, dass diese Handlung dazu dienen sollte, die Geschädigte zu erschrecken (vgl. S. 2 der RB vom 30. November 2007), ist dies mehr als fernliegend; die Wertung der Strafkammer, dass eine sexuelle Handlung vorliegt, ist nicht zu beanstanden. Im Übrigen bedurfte es angesichts der hier festgestellten besonderen Gesamtumstände nicht der (zusätzlichen) Feststellung, ob das Geschlechtsteil des Angeklagten zum Zeitpunkt der Handlung erigiert war. Dass die Handlung Sexualbezug aufweist und seitens des Angeklagten erfolgte, um sich sexuell zu erregen, liegt auf der Hand.

Ein strafbefreiender Rücktritt des Angeklagten kam entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht in Betracht, weil die Tat – auch ohne die Durchführung des Oralverkehrs – bereits vollendet war.
§ 265 Abs. 1 StPO steht der abweichenden rechtlichen Würdigung nicht entgegen. Der Senat wird ausschließen können, dass sich der die sexuellen Handlungen vollumfänglich bestreitende Angeklagte anders und erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können.“
Dem schließt sich der Senat an.

 Die unzutreffende rechtliche Würdigung der Taten zu II. 5 und 6 der Urteilsgründe hat dazu geführt, dass das Landgericht seiner Strafzumessung strengere Strafrahmen – dies gilt für die Tat zu II. 5 selbst unter Berücksichtigung der Strafzumessungsregel des § 240 Abs. 4 Nr. 1 StGB – zugrunde gelegt hat. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die für die Taten zu II. 5 (Einzelfreiheitsstrafe: ein Jahr) und II. 6 (Einzelfreiheitsstrafe: ein Jahr und neun Monate) verhängten Einzelstrafen durch die Wahl des unzutreffenden Strafrahmens beeinflusst worden sind. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
Angesichts der hier vorliegenden Subsumtionsfehler können alle Feststellungen bestehen bleiben.



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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.