Medienrecht: Stellungnahme des Betroffenen im Vorfeld einer Berichterstattung nicht erforderlich
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Eine unterlassene Erklärung begründe grundsätzlich keine Obliegenheitsverletzung, welche einen Gegendarstellungsanspruch entfallen ließe. So entschied das BVerfG.
Bei der Auslegung und Anwendung der Normen zum Gegendarstellungsrecht haben die Zivilgerichte eine Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Betroffenen und der Pressefreiheit vorzunehmen. Dabei sind unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen zu vermeiden. An diesen Grundsätzen gemessen sind die Entscheidungen der Fachgerichte in verfassungskonformer Art und Weise ergangen.
Eine Obliegenheit, sich im Vorfeld einer geplanten Berichterstattung zu dieser zu äußern und Stellung zu beziehen, besteh nicht. Zumal die Gründe, von einer Stellungnahme abzusehen, sehr vielfältig sein können. Auch würde die Annahme einer Obliegenheit zur Stellungnahme zu einer Verpflichtung erwachsen, auch an einer gegen den eigenen Willen geplanten Berichterstattung mitzuwirken, um den Anspruch auf Gegendarstellung nicht zu verlieren. Schließlich hätte sie zur Folge, dass sich Medienunternehmen Gegendarstellungsansprüchen entziehen könnten, indem sie den Betroffenen vorab um Stellungnahme bitten. Dies würde zu einer Entwertung des Gegendarstellungsrechts führen.
Das Gegendarstellungsrecht soll Betroffenen die Möglichkeit einräumen, Tatsachenbehauptungen entgegen zu treten und damit deren Wahrheitsgehalt in Frage zu stellen. Der Schutzzweck umfasst dabei nicht nur die nachträgliche Möglichkeit zu Wort zu kommen, falls dies in der Erstberichterstattung nicht ausreichend geschehen ist. Zwar entfällt in der Regel der spätere Gegendarstellungsanspruch bei neutralen Darstellungen des vom Betroffenen geäußerten Standpunkts. Ein grundsätzlicher Verlust des Gegendarstellungsanspruchs bei unterlassener Stellungnahme würde dem Schutzzweck jedoch nicht gerecht.
Bei Entscheidungen über einen Gegendarstellungsanspruch ist eine einzelfallbezogene Grundrechtsabwägung regelmäßig nicht erforderlich. Vielmehr tragen die Pressegesetze der Länder sowie der Rundfunkstaatsvertrag dem Spannungsverhältnis zwischen den Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ausreichend Rechnung. Auch würde eine Einzelfallabwägung dazu führen, dass die generellen Voraussetzungen des Gegendarstellungsanspruchs aus § 11 HbgPrG unterlaufen würden. Die Besonderheiten des Einzelfalls erhalten über das Kriterium des "berechtigten Interesses" Einfluss auf die Entscheidung.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 09.04.2018 (1 BvR 840/15) folgendes entschieden:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Verurteilung zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung in dem von ihr herausgegebenen Nachrichtenmagazin …
In der Ausgabe vom 4. Februar 2013 des Nachrichtenmagazins … veröffentlichte die Beschwerdeführerin eine Berichterstattung, in der es um Schleichwerbevorwürfe gegenüber einem bekannten Fernsehmoderator G. ging, dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens. Der Artikel stellt Verdachtsmomente dar, wonach in Fernsehsendungen versteckt für die Produkte verschiedener Firmen, hier den Tiermarkt-Discounter F. und die Floristenbranche, Werbung betrieben werde.
Im Vorfeld der Berichterstattung hatte der Redakteur der Beschwerdeführerin den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers per E-Mail mit verschiedenen Aspekten der geplanten Veröffentlichung konfrontiert und diesbezüglich zur Stellungnahme aufgefordert. Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers der Beschwerdeführerin telefonisch mit, er und sein Mandant hätten nicht vor, die zahlreichen Fragen zu beantworten. Der Fernsehmoderator G. habe noch nicht einmal gewusst, dass es eine Firma namens F. gebe. Genauso sei es „Quatsch“, dass er auf Befehl „Valentinstag“ gesagt habe. Am Ende teilte der Prozessbevollmächtigte mit, dass der Inhalt des Gesprächs nicht in der geplanten Berichterstattung verwendet werden dürfe. Nach Veröffentlichung des streitgegenständlichen Artikels forderte der Antragsteller die Beschwerdeführerin zum Abdruck einer Gegendarstellung auf, was diese zurückwies.
Antragsgemäß erließ daraufhin das Landgericht mit angegriffenem Beschluss vom 11. März 2013 eine einstweilige Anordnung, mit der die Beschwerdeführerin zum Abdruck der folgenden Gegendarstellung verpflichtet wurde:
In … Nr. 6 vom 04.02.2013 heißt es in einem Artikel mit der Überschrift „Lasst Blumen sprechen! …Neue Fälle deuten auf noch weit raffiniertere Schleichwerbung hin.“:
„… bestand 2007 ein Kooperationsvertrag für ‚W.?‘ mit der Firma F. D., mit G.-Bruder C. an der Spitze, verkaufte … die Markenrechte der Show an die Tiermarktkette. … dass G. in seiner Anmoderation das Wort ‚F.‘ unterbrachte. Zur Wettpatin … gewandt: ‚Du musst sagen ja oder nein, Hunde-Fressnapf, Mann gegen Hund.‘“
Hierzu stelle ich fest:
Ich habe das Wort „F.“ nicht gewählt, um den Namen des Unternehmens zu erwähnen. Mir war nicht bekannt, dass es eine Firma mit diesem Namen gibt.
Weiter heißt es:
„Deal … mit der Fl. AG. … Den Namen Fl. erwähnte G. nicht. Dafür lenkte er aber die Aufmerksamkeit auf ein Ereignis, das zu den Festtagen der Floristenbranche zählt: den Valentinstag. … Gleich dreimal erinnerte G. an den Valentinstag.“
Hierzu stelle ich fest:
Bei der Erwähnung des Begriffs „Valentinstag“ war mir weder bekannt, dass es Kontakte zu der Firma Fl. gab, noch hat mich irgendjemand dazu aufgefordert, in der Sendung den Begriff „Valentinstag“ zu erwähnen.
Auf den Widerspruch der Beschwerdeführerin bestätigte das Landgericht mit angegriffenem Urteil vom 8. April 2013 die einstweilige Verfügung. Der Antragsteller habe gemäß § 11 des Hamburgischen Pressegesetzes einen Anspruch auf Veröffentlichung der Gegendarstellung. Auch in dem Fall, dass ein Betroffener auf die Anfrage der Presse reagiere, jedoch gleichzeitig untersage, seine Erläuterungen in die Berichterstattung einfließen zu lassen, bleibe ihm sein Anspruch auf Abdruck einer Gegendarstellung erhalten. Es bestehe keine Obliegenheit dazu, sich bereits im Vorfeld zu Tatsachenbehauptungen zu erklären, die ein Dritter zu veröffentlichen beabsichtige. Das folge schon daraus, dass der Abgabe einer solchen Stellungnahme zahlreiche Umstände entgegenstehen könnten wie mangelnde Zeit, die Auffassung, dass der Gegenstand ohnehin nicht öffentlich erörtert werden solle oder dürfe, vorangegangene Streitigkeiten mit dem Publikationsorgan, das die Anfrage ausspreche, und ein daraus resultierendes Misstrauen oder die Überzeugung, dass es ohnehin genügend andere Recherchemöglichkeiten gebe, die dazu führen würden, dass das Publikationsorgan von sich aus die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung erkennen werde. Derartige Denk- und Handlungsweisen seien Ausfluss der privaten Lebensauffassung und -gestaltung des Betroffenen, über die er keine Rechenschaft zu geben verpflichtet sei. Zwischen der Abgabe einer vorherigen Stellungnahme und der Erwiderung auf eine erfolgte Tatsachenbehauptung bestünden wesentliche Unterschiede, die es schon im Ansatz nicht zuließen, aus dem Unterlassen des einen den Verlust des Rechts zum anderen herzuleiten. Das Recht auf Gegendarstellung gebe dem Betroffenen nicht allein ein Recht darauf, auf eine Tatsachenbehauptung mit einer Tatsachenbehauptung zu erwidern. Vielmehr müsse der Abdruck der Gegendarstellung an bestimmter Stelle in bestimmter Form erfolgen. Eine Stellungnahme des Publikationsorgans zu der Gegendarstellung in derselben Ausgabe, in der sie erscheine, müsse sich auf tatsächliche Angaben beschränken. Hingegen könne der Betroffene, der von einem Publikationsorgan um Abgabe einer Stellungnahme zu einer ihn betreffenden Behauptung gebeten werde, sich in keinem Fall sicher sein, dass diese Stellungnahme in die Berichterstattung so eingearbeitet werde, dass dies in seiner Wertigkeit einer Gegendarstellung entspreche; mitunter könne er sogar Anlass zu der Befürchtung haben, dass das Publikationsorgan die von ihm abgegebene Stellungnahme dazu nutzen werde, den Eindruck zu erwecken, auch weitere Behauptungen in dem Beitrag beruhten auf eigenen Auskünften des Betroffenen, oder gar dazu, sich über ihn lustig zu machen oder ihn in ein schlechtes Licht zu rücken. Aus diesem Grund könne es kein widersprüchliches Verhalten darstellen, wenn der Betroffene zunächst die Veröffentlichung abwarte, um sich gegebenenfalls erst im Anschluss daran zu den darin enthaltenen, ihn betreffenden Behauptungen öffentlich zu äußern.
Die gegen das Urteil des Landgerichts gerichtete Berufung der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht mit angegriffenem Urteil vom 3. Februar 2015 zurück. Es sei nicht rechtsmissbräuchlich, wenn ein Betroffener, wie hier der Antragsteller, mit einer Stellungnahme erreichen wolle, dass jegliche Veröffentlichung über einen Gegenstand unterbleibe, ihre Verwendung dem Verbreiter daher untersage, und sich nach einer gleichwohl erfolgten Veröffentlichung gegen diese wende. Denn mit seinem Verhalten vor der Veröffentlichung vertrete der Betroffene zulässigerweise einen Rechtsstandpunkt, woraus ihm im späteren Streit mit dem Verbreiter kein Nachteil erwachsen dürfe. Dieser Vorgehensweise könne im Übrigen schon deshalb kein Moment des Rechtsmissbrauchs oder der Widersprüchlichkeit bei einer späteren Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Verbreiter innewohnen, weil der Verbreiter auf Grundlage dieses Verhaltens nicht darauf vertrauen könne, dass der Betroffene die beabsichtigte Berichterstattung hinnehmen werde. Er werde vielmehr bereits im Vorfeld seiner Veröffentlichung davor gewarnt, dass er bei ihrem Vollzug damit rechnen müsse, dass - und bezogen auf welchen Gegenstand - er von dem Betroffenen äußerungsrechtlich in Anspruch genommen werde. Die Annahme einer Obliegenheit zur Stellungnahme zu einer bevorstehenden Veröffentlichung die im Falle des Schweigens damit sanktioniert werde, dass die betroffene Person ihr Recht auf eine Gegendarstellung verlöre, würde die gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Person erheblich einschränken, ohne dass ein tragfähiger Grund für eine solche Einschränkung vorläge. Der Verbreiter werde dadurch auch nicht rechtlos gestellt, zumal er nach dem Hamburger Pressegesetz berechtigt sei, sich zu der Gegendarstellung mit Tatsachen zu äußern.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Der Durchsetzung eines Gegendarstellungsanspruchs stehe in der vorliegenden Konstellation das fehlende Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen entgegen. Die Fachgerichte ignorierten, dass das Gegendarstellungsrecht dem von einer Berichterstattung Betroffenen lediglich das Recht vermitteln solle, hinreichend zu Wort zu kommen, falls dies in der Erstberichterstattung nicht in angemessener Weise geschehen sein sollte. Der nach Auffassung der Fachgerichte pauschal geltende Grundsatz, demzufolge ein bewusstes Schweigen auf eine Vorabanfrage niemals zu einem Verlust des Gegenleistungsrechts führen könne, schließe jede Möglichkeit der Berücksichtigung der Einzelfallumstände aus und eröffne einem Betroffenen die Möglichkeit, das Gegendarstellungsrecht in verfassungswidriger Weise als Sanktionsinstrument gegen eine unliebsame Berichterstattung zu missbrauchen. Die Rechtsprechung der Fachgerichte laufe faktisch auf ein Wahlrecht des Betroffenen hinaus, ob er sich vorab in Form einer Stellungnahme oder nachträglich in Form einer Gegendarstellung zu Wort melden möge. Die Annahme eines solchen Wahlrechts werde der im Gegendarstellungsrecht auszutarierenden grundrechtlichen Interessenkollision nicht gerecht, weil damit der Missbrauch des mit einem erheblichen Imageschaden für die Presse verbundenen Gegendarstellungsrechts zum Zwecke der Einschüchterung der Presseorgane legitimiert werde.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Sie ist unbegründet.
Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen Fragen zum Gegendarstellungsrecht bereits geklärt.
Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung der Normen zum Gegendarstellungsrecht die durch die Pressefreiheit gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die in den Gesetzen zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Persönlichkeitsrechtsschutz des Betroffenen ebenso wie die damit konkurrierende Pressefreiheit im Wege praktischer Konkordanz beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet. Nur die Beachtung dieser Anforderungen wird vom Bundesverfassungsgericht nachgeprüft. Demgegenüber ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben.
Die Regelungen zum Gegendarstellungsrecht sollen den Einzelnen vor Gefahren schützen, die ihm durch die Erörterung seiner persönlichen Angelegenheiten in der Presse drohen. Sie sind ein Gegenstück zur Freiheit der Presseberichterstattung, der der Betroffene, dem seine Angelegenheiten unzutreffend dargestellt scheinen, in der Regel nicht mit Aussicht auf dieselbe publizistische Wirkung entgegentreten kann. Zum Ausgleich dieses Gefälles obliegt dem Gesetzgeber eine aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgende Schutzpflicht, den Einzelnen wirksam gegen Einwirkungen der Medien auf seine Individualsphäre zu schützen. Dazu gehört, dass der von einer Darstellung in den Medien Betroffene die rechtlich gesicherte Möglichkeit hat, ihr mit seiner eigenen Darstellung entgegenzutreten.
Gemessen an diesen Grundsätzen bewegen sich die angegriffenen Entscheidungen im fachgerichtlichen Wertungsrahmen.
Die von den Fachgerichten angestellten Erwägungen, warum eine vorherige Stellungnahme zu einer geplanten Berichterstattung keine Obliegenheit des Betroffenen darstellt, sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie stützen sich mit tragfähigen Gründen darauf, dass eine solche Obliegenheit die Möglichkeiten zur Geltendmachung eines Gegendarstellungsanspruchs weitgehend leerlaufen ließe oder jedenfalls unzumutbar erschwerte, weil sich Medienunternehmen dann Gegendarstellungsansprüchen weitestgehend dadurch entziehen könnten, dass sie die jeweils Betroffenen vorab um Stellungnahmen baten. Den Betroffenen bliebe dann kaum mehr eine Möglichkeit zu einer eigenen Darstellung des streitigen Sachverhalts - entweder weil sie sich auf die indirekte Wiedergabe ihrer Sicht durch die Presseartikel verweisen lassen müssten oder weil sie des Rechts mangels Antwort verlustig gegangen seien. Zudem würde eine solche Obliegenheit den von einer Berichterstattung Betroffenen letztlich dazu verpflichten, an einer gegen seinen Willen geplanten Berichterstattung mitzuwirken, indem er zu den darin vorgesehenen Themen Stellung nimmt. Diese Erwägungen sind tragfähig.
Ebenfalls von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist die Argumentation der Gerichte, dass die Verweigerung einer Stellungnahme von dem Betroffenen nicht im Einzelfall gerechtfertigt werden müsse. Die Wahrnehmung berechtigter Interessen, vorliegend etwa des Rechts, auf Vorhaltungen seitens der Presse zu schweigen oder zu erklären, man lehne eine derartige Berichterstattung insgesamt ab, muss nicht gerechtfertigt werden und kann nicht als Grund für einen grundsätzlichen oder auch nur regelhaften Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses an einer späteren Gegendarstellung angesehen werden. Daraus folgt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht, dass jede Möglichkeit einer Berücksichtigung von Einzelfallumständen ausgeschlossen wäre. Über das Kriterium des „berechtigten Interesses“ können nach wie vor Fälle ausgeschlossen werden, in denen die Einräumung von Gegendarstellungsansprüchen unbillig oder rechtsmissbräuchlich erscheint. Nach der jedenfalls gut vertretbaren Auffassung der Fachgerichte gehören die streitgegenständlichen Fälle jedoch nicht dazu.
Die Annahme der Fachgerichte, eine von dem Betroffenen selbst verfasste Gegendarstellung und die indirekte Berücksichtigung einer Stellungnahme des Betroffenen in der Berichterstattung der Presse hätten eine unterschiedliche „Wertigkeit“, ist verfassungsrechtlich tragfähig. Denn der Gegendarstellung kommt eine weitaus größere publizistische Wirkung zu als einer - im Zweifel kurzen - Erwähnung der Stellungnahme des Betroffenen im ursprünglichen Artikel. Letztlich wird die nach den verfassungsrechtlichen Maßstäben geforderte „gleiche publizistische Wirkung“ in der Regel nur über eine Gegendarstellung hergestellt, deren Geltendmachung die Publikationsorgane zum Ausgleich der kollidierenden Grundrechte hinzunehmen haben. Die Beschwerdeführerin verkennt den Schutzzweck des Gegendarstellungsrechts, wenn sie behauptet, dieses solle dem von einer Berichterstattung Betroffenen lediglich das Recht vermitteln, „hinreichend zu Wort zu kommen, falls dies in der Erstberichterstattung nicht in angemessener Weise geschehen sein sollte“. Zwar schließt die neutrale Darstellung des vom Betroffenen geäußerten Standpunktes in der Regel die spätere Geltendmachung eines Gegendarstellungsanspruchs aus, jedoch kann dies nicht bedeuten, dass der Betroffene zu einer Vorab-Stellungnahme gleichsam gezwungen wäre, um eine gleiche publizistische Wirkung seiner Äußerung zu erreichen. Dabei ist die in § 11 Abs. 3 HbgPrG vorgesehene Möglichkeit einer redaktionellen Anmerkung zu der Gegendarstellung ein Mittel des Ausgleichs, das es dem Medienunternehmen ermöglicht, auf den Eingriff in seine Pressefreiheit zu erwidern und damit faktisch das „letzte Wort“ zu haben. Damit ist auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt, da das Gegendarstellungsrecht in § 11 HbgPrG einen verfassungsgemäßen Ausgleich der betroffenen Grundrechtspositionen darstellt.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist es auch nicht erforderlich, die Einräumung eines Gegendarstellungsrechts stets von einer einzelfallbezogenen Abwägung der kollidierenden Grundrechte abhängig zu machen. Vielmehr ist dem Spannungsverhältnis zwischen den Grundrechten aus Art. 5 Abs.1 GG auf der einen Seite und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG auf der anderen Seite vom Grundsatz her bereits durch die jeweiligen einfachrechtlichen Regelungen der Bundesländer und im Rundfunkstaatsvertrag Rechnung getragen. Der Vorbehalt einer Einzelfallabwägung als generelle Voraussetzung eines Gegendarstellungsanspruchs würde die im Rahmen gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende geschaffene gesetzliche Regelung, hier des § 11 HbgPrG, unterlaufen. Über das Erfordernis des „berechtigten Interesses“ kann besonderen Konstellationen im Einzelfall Rechnung getragen werden.
Die Argumentation der Fachgerichte, dass auch die Abgabe der geforderten Stellungnahme bei gleichzeitigem Verbot von deren Berücksichtigung in der geplanten Berichterstattung nicht zu einem Fortfall des Gegendarstellungsanspruchs führt, da es sich dabei lediglich um ein - dem Betroffenen nicht vorwerfbares - Agieren mit offenen Karten handelt, begegnet gleichfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen liegt in dieser Ankündigung der Gegenwehr schon deshalb nicht, weil es sich dabei um die Wahrnehmung berechtigter Interessen handelt. Es ist keine illegitime „Einschüchterung“, wenn die Presse daraufhin entscheiden muss, ob sie den entsprechenden Bericht - möglicherweise auch mit dem Risiko, Gegendarstellungsansprüchen ausgesetzt zu sein - verfasst.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.
(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,
- a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt, - b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.
(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.
(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.
(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.