Arbeitsrecht: Umsetzung aus gesundheitlichen Gründen muss erläutert werden
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So entschied das LAG Baden-Württemberg in einem entsprechenden Fall. Die Richter trafen auch noch zwei weitere wichtige Aussagen zum Arbeitszeugnis:
- Wird nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Änderungskündigung auf Vorschlag der ArbN ein Aufhebungsvertrag gegen Abfindung geschlossen, kann die ArbN verlangen, dass der ArbG ein Ausscheiden auf Wunsch der ArbN im Zeugnis bestätigt.
- Die ArbN hat dagegen keinen Anspruch darauf, dass der ArbG ein Bedauern über das Ausscheiden der ArbN im Zeugnis wiedergibt.
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
LAG Baden-Württemberg Urteil vom 09.02.2012 (Az: 11 Sa 43/11)
Beschäftigt ein Krankenhaus eine Hebamme nach schwerer Erkrankung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gegen ihren Willen nur noch mit administrativen Hilfs- bzw. mit Pflegeaufgaben, darf sie dies im Zeugnis nicht unter Angabe von Datum (von ... bis ...) erwähnen, falls nicht feststeht, dass aus gesundheitlichen Gründen im eigenen Haus aber auch anderswo eine Tätigkeit als Hebamme nicht mehr möglich ist.
Ist die Hebammentätigkeit feststehend nicht mehr möglich, weil die Arbeitnehmerin gesundheitlich dazu nicht mehr in der Lage ist und muss sie deshalb geringerwertig eingesetzt werden, ist der Grund für die Umsetzung anzugeben, um nicht den Anschein der Degradierung aus von der Arbeitnehmerin zu vertretenden Gründen zu erwecken.
Wird nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Änderungskündigung auf Vorschlag der Arbeitnehmerin ein Aufhebungsvertrag gegen Abfindung geschlossen, kann die Arbeitnehmerin verlangen, dass der Arbeitgeber ein Ausscheiden auf Wunsch der Arbeitnehmerin im Zeugnis bestätigt.
Die Arbeitnehmerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ein Bedauern über das Ausscheiden der Arbeitnehmerin im Zeugnis wiedergibt.
Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 19.04.2011 - Az. 1 Ca 25/11 - abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des unter dem 31. März 2010 erteilten Zeugnisses ein Zeugnis folgenden Inhalts zu erstellen:
Zeugnis
Frau E. S., geb. am 14.12.1962 in S1/Polen, war vom 01.04.1994 bis zum 31.03.2010 als Hebamme mit einem Stellenumfang von 100% in der St. E-Krankenhaus gGmbH beschäftigt.
Die St. E-Krankenhaus gGmbH mit 220 Betten verfügt seit 2006 über ein Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, als Perinatalzentrum anerkannt, ein Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe, eine Abteilung für Anästhesie und die Belegabteilungen Urologie und HNO sowie die Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie. Der Träger und Gesellschafter des St. E-Krankenhauses ist der Orden der Barmherzigen Schwestern vom hl. V. von P. mit Sitz in F. Angeschlossen ist in Kooperation mit den Kreiskliniken des Landkreises L. GmbH eine Krankenpflegeschule mit 140 Ausbildungsplätzen.
Das Zentrum für Gynäkologie/Geburtshilfe im St. E-Krankenhaus umfasst derzeit 30 Betten im Bereich der Geburtshilfe sowie 30 Betten im Bereich der Gynäkologie.
Im St. E-Krankenhaus werden seit 2006 pro Jahr etwa 1.350 Kinder geboren. Angeschlossen ist ein Perinatalzentrum (Level 1). Entsprechend wird ein hoher Anteil an Risiko-Schwangerschaften betreut.
Im Bereich des Kreißsaales werden normale sowie regelwidrige Geburten durchgeführt. Bei einer normalen Geburt werden der Entbindenden verschiedenste Möglichkeiten der Entbindungsposition durch die Hebamme angeboten wie Wassergeburten, Entbindung im Vierfüßler-Stand, Hockerentbindungen etc. Die regelwidrigen Geburten umfassen Entbindungen per Saugglocke, Zange sowie die Betreuung der Schwangeren bei einem Kaiserschnitt.
Zu den Aufgaben einer Hebamme gehört die sach- und fachkundige pflegerische Betreuung der Patientinnen vor, während und nach der Geburt unter den besonderen Voraussetzungen unserer konfessionellen Trägerschaft. Fachlich bedeutet dies die pflegerische Versorgung von Mutter und Kind nach dem Prinzip der ganzheitlichen Versorgung einschließlich Beratung und Anleitung der Mutter zum Stillen. Durch das Perinatalzentrum wird eine hohe Anzahl Hochrisikopatientinnen betreut. In der Akutphase erfolgt die Betreuung der Frauen im Kreißsaal durch das Hebammenteam.
In diesen Tätigkeiten war Frau S. im Schichtsystem (Früh-, Zwischen-, Spät- und Nachtdienst) eingesetzt und bewies hierdurch ein hohes Maß an Flexibilität.
Die Betreuung der Schwangeren, der entbundenen Frauen mit ihren Kindern sowie der Patientinnen übernahm Frau S. korrekt und gewissenhaft. Sie ging auf die Wünsche der Patientinnen ein, beriet und unterstützte die jungen Eltern in ihren neuen Aufgaben. Sie schulte die Eltern umfassend in der pflegerischen Versorgung des Neugeborenen.
Im Weiteren übernahm Frau S. administrative Tätigkeiten wie Lagerbestellungen, PC-gestützte Leistungserfassungen und die Versorgung und Entsorgung von Material im Kreißsaal.
Frau S. war in der Lage, die ihr zugeteilten Aufgaben den täglichen sachlichen und räumlichen sowie inhaltlichen Erfordernissen anzupassen. Sie berücksichtigte dabei gleichermaßen die Bedürfnisse aller Beteiligten. Sie bewies dabei Flexibilität und Professionalität.
Frau S. zeigte sich als engagierte und verantwortungsbewusste Mitarbeiterin.
Die ihr als Hebamme übertragenen Aufgaben erledigte Frau S. stets zu unserer vollen Zufriedenheit.
Die Tätigkeiten in den ihr übertragenen Aufgaben im administrativen Bereich erledigte Frau S. ebenfalls stets zu unserer vollen Zufriedenheit.
Ihr Umgang gegenüber Vorgesetzten, Patientinnen und deren Angehörigen war tadellos. Von den Mitarbeitern wurde sie respektiert und geschätzt.
Frau S. verlässt uns zum 31.03.2010 auf eigenen Wunsch.
Für die geleisteten Dienste danken wir Frau S. und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen.
L., den 31.3.2010
A. H. M. M1
Verwaltungsleiter Pflegedienstleiter (stv.)
St. E-Krankenhaus gGmbH
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Inhalt eines Arbeitszeugnisses.
Die Klägerin, ausgebildete Hebamme, war bei der Beklagten vom 01.04.1994 bis zum 30.04.2010 beschäftigt. Im Jahre 2003 erlitt sie eine Subarachnoidalblutung aus einem Aneurysma und wurde nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit von der Beklagten in deren Abteilung Geburtshilfe/Kreißsaal mit einfachen Tätigkeiten betraut. Die Zuweisung dieser Tätigkeiten führte zu einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Lörrach (1 Ca 402/06) der am 28.02.2007 durch Urteil endete, wonach unter anderem die an die Klägerin erteilte Anweisung im Kreißsaal als Praktikantin zu arbeiten unwirksam war.
Mit Änderungskündigung vom 22.08.2007 bot die Beklagte der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Stationshilfe im Kreißsaal an. Der von der Klägerin hiergegen angestrengte Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Lörrach (1 Ca 312/07) wurde auf Initiative der Klägerin durch einen Auflösungsvergleich beendet. Danach schied die Klägerin aufgrund Arbeitgeberkündigung vom 22.08.2007 zum 31.03.2010 aus dem Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 25.000,00 € aus, zugleich verpflichtete sich die Beklagte der Klägerin ein wohlwollendes und qualifiziertes Zeugnis mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung „gut“ und mit einer Dankes/-Schlussformel zu erteilen.
Unter dem 31.03.2010 erhielt die Klägerin sodann nach vorangegangener Korrektur ein Zeugnis dessen Inhalt den Streit des vorliegenden Verfahrens bildet und das wie folgt formuliert war:
Zeugnis
Frau Ewa S., geb. am 14.12.1962 in S1/Polen, war vom 01.04.1994 bis zum 31.03.2010 als Hebamme mit einem Stellenumfang von 100% in der St. E-Krankenhaus gGmbH beschäftigt.
Die St. E-Krankenhaus gGmbH mit 220 Betten verfügt seit 2006 über ein Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, als Perinatalzentrum anerkannt, ein Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe, eine Abteilung für Anästhesie und die Belegabteilungen Urologie und HNO sowie die Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie. Der Träger und Gesellschafter des St. E-Krankenhauses ist der Orden der Barmherzigen Schwestern vom hl. V. von P. mit Sitz in F. Angeschlossen ist in Kooperation mit den Kreiskliniken des Landkreises L. GmbH eine Krankenpflegeschule mit 140 Ausbildungsplätzen.
Das Zentrum für Gynäkologie/Geburtshilfe im St. E-Krankenhaus umfasst derzeit 30 Betten im Bereich der Geburtshilfe sowie 30 Betten im Bereich der Gynäkologie.
Im St. E-Krankenhaus werden seit 2006 pro Jahr etwa 1.350 Kinder geboren. Angeschlossen ist ein Perinatalzentrum (Level 1). Entsprechend wird ein hoher Anteil an Risiko-Schwangerschaften betreut.
Im Bereich des Kreissaales werden normale sowie regelwidrige Geburten durchgeführt. Bei einer normalen Geburt werden der Entbindenden verschiedenste Möglichkeiten der Entbindungsposition durch die Hebamme angeboten wie Wassergeburten, Entbindung im Vierfüßler-Stand, Hockerentbindungen etc. Die regelwidrigen Geburten umfassen Entbindungen per Saugglocke, Zange sowie die Betreuung der Schwangeren bei einem Kaiserschnitt.
Zu den Aufgaben einer Hebamme gehört die sach- und fachkundige pflegerische Betreuung der Patientinnen vor, während und nach der Geburt unter den besonderen Voraussetzungen unserer konfessionellen Trägerschaft. Fachlich bedeutet dies die pflegerische Versorgung von Mutter und Kind nach dem Prinzip der ganzheitlichen Versorgung einschließlich Beratung und Anleitung der Mutter zum Stillen. Durch das Perinatalzentrum wird eine hohe Anzahl Hochrisikopatienten betreut. In der Akutphase erfolgt die Betreuung der Frauen im Kreissaal durch das Hebammen-Team.
In diesen Tätigkeiten war Frau S. bis 2008 im Schichtsystem (Früh-, Zwischen-, Spät- und Nachtdienst) eingesetzt und bewies hierdurch ein hohes Maß an Flexibilität.
Die Betreuung von Schwangeren, der entbundenen Frauen und ihren Kindern sowie der Patientinnen übernahm Frau S. korrekt und gewissenhaft. Sie ging auf die Wünsche der Patientinnen ein, beriet und unterstützte die jungen Eltern in ihren neuen Aufgaben. Sie schulte die Eltern umfassend in der pflegerischen Versorgung des Neugeborenen.
Seit dem 01.04.2008 wurde Frau S. als Stationshilfe eingesetzt und übernahm administrative Tätigkeiten wie Lagerbestellungen, PC-gestützte Leistungserfassungen und die Versorgung und Entsorgung von Material im Kreissaal.
Frau S. war in der Lage, die ihr zugeteilten Aufgaben den täglichen sachlichen und räumlichen sowie inhaltlichen Erfordernissen anzupassen. Sie berücksichtigte dabei gleichermaßen die Bedürfnisse aller Beteiligten. Sie bewies dabei Flexibilität und Professionalität.
Frau S. zeigte sich als engagierte und verantwortungsbewusste Mitarbeiterin.
Die ihr als Hebamme übertragenen Aufgaben erledigte Frau S. stets zu unserer vollen Zufriedenheit.
Die Tätigkeiten in den ihr übertragenen Aufgaben im administrativen Bereich erledigte Frau S. ebenfalls stets zu unserer vollen Zufriedenheit.
Ihr Umgang gegenüber Vorgesetzten, Patientinnen und deren Angehörigen war tadellos. Von den Mitarbeitern wurde sie respektiert und geschätzt.
Frau S. verlässt uns zum 31.03.2010.
Für die geleisteten Dienste danken wir Frau S. und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen.“
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Lörrach eingereichten Klage hat die Klägerin eine Zeugnisberichtigung angestrebt. Ihrer Ansicht nach hat die Beklagte vergleichswidrig kein gutes Zeugnis erteilt, weil die gute Führungs- und Leistungsbeurteilung nicht stringent durchgehalten worden sei, insbesondere im Hinblick auf Arbeitsweise, Arbeitsbereitschaft und Arbeitsbefähigung. Vor allem sei der 8. Absatz des Zeugnisses wegzulassen, da die Darstellung der Degradierung im Jahre 2008 von einer staatlich geprüften Hebamme zu einer Stationshilfe dazu führe, dass sie, die Klägerin, keinerlei Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt habe. Krankheiten und andere Ausfallzeiten seien im Zeugnis nur zu erwähnen, wenn sie mehr als 50% der Beschäftigungszeit ausmachten, die Klägerin habe aber 14 Jahre als Hebamme gearbeitet und sei lediglich 2 Jahre in anderer Funktion eingesetzt worden. Das Ausscheiden sei auf ihren Wunsch zustande gekommen, die Beklagte schulde eine bewertungsangemessene Bedauernsformel und habe das Wort Kreißsaal mit „ß“ zu schreiben. Die Klägerin, die mit ihrer Anlage K1 zur Klageschrift einen eigenen Zeugnisentwurf vorlegte hat deshalb beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des unter dem Datum des 31.03.2010 erteilten Zeugnisses unter demselben Datum ein Zeugnis mit dem als Anlage K1 aufgeführten Inhalt zu erteilen und zu übersenden.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Sie ist von einer vollständigen Verpflichtung aus dem Vergleich vom 01.04.2010 ausgegangen. Sie ist der Meinung, Kreißsaal sei mit „s“ korrekt geschrieben, man habe der Klägerin gute Leistungen bestätigt. Die Klägerin habe nicht darüber hinausgehend sehr gründlich, mit großer Sorgfalt, sehr zuverlässig, gewissenhaft und zügig gearbeitet, auch nicht stets Fleiß, Eifer und Initiative gezeigt. Sie habe keinen Anspruch darauf bestätigt zu bekommen, dass sie über gründliche und abgesicherte Fachkenntnisse verfüge, die sie auch bei schwierigen Aufgaben sicher eingesetzt habe. Bei der Führungsbeurteilung stünden Art, Umfang und Inhalt der bisherigen Formulierung den gewünschten neuen Formulierungen nicht nach. Die Beklagte habe zutreffend und dem Wahrheitsgebot entsprechend ausgeführt, für welchen Zeitraum die Klägerin als Hebamme bei ihr beschäftigt gewesen sei. Die Formulierung „auf eigenen Wunsch“ entspreche nicht dem Vergleich vom 01.04.2010, auf die Schlussformel bestehe kein Anspruch, tatsächlich bedauere die Beklagte das Ausscheiden der Klägerin nicht. Das streitbefangene Zeugnis behindere die Klägerin auch nicht, denn sie habe in einem Anschlussarbeitsverhältnis als Hebamme gestanden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens erster Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt, die letzte Fassung des unter dem 31.03.2010 erteilten Zeugnisses dahingehend zu ändern, dass der 8. Absatz die Fassung erhält:
„vom 01.04.2008 an übernahm Frau S. administrative Tätigkeiten, wie Lagerbestellungen, PC-gestützte Leistungserfassungen und die Versorgung und Entsorgung von Material im Kreißsaal“
sowie der letzte Absatz dahingehend:
„wir bedauern Frau S.’s Ausscheiden und danken für die geleisteten Dienste und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen.“
Ferner wurde die Beklagte verurteilt in ihrem Zeugnis das Wort „Kreißsaal mit einem „ß“ zu schreiben.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Beklagte habe sich in § 5 des Vergleichs vom 01.04.2010 verpflichtet, ein gutes Zeugnis zu erteilen, dem sei sie im Wesentlichen nachgekommen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Leistungsbeurteilung auf deren weitere
Optimierung die Klägerin keinen rechtlichen Anspruch habe. Die Formulierung „stets zur vollen Zufriedenheit sowohl im Hinblick auf die Aufgaben als Hebamme als auch auf die administrativen sei als gute Bewertung zu verstehen, die Tätigkeiten als Hebamme seien umfassend beschrieben, weshalb sich die Beurteilung auf den gesamten Bereich beziehe und nicht noch einmal im Einzelnen wiederholt werden müsse. Darüber hinaus habe die Beklagte der Klägerin Engagement und Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität und Professionalität bestätigt. Auch die Führungsbeurteilung sei nicht zu beanstanden, tadellos sei sogar mehr als gut, außerdem sei der Klägerin bestätigt worden, dass sie eine respektierte und geschätzte Mitarbeitern gewesen sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass ihr Ausscheiden auf eigenen Wunsch erfolgt sei, das sei nicht richtig, da sich aus § 1 des am 01.04.2010 abgeschlossenen Vergleichs ergebe, dass die Beendigung auf der Grundlage der ausgesprochenen Kündigung vom 22.08.2007 erfolgt sei. Der Klage sei aber stattzugeben, soweit die Klägerin die Streichung ihres Einsatzes als Stationshilfe verlange, denn dieser Einsatz sei, wie sich aus der Entscheidung des Gerichts vom 28.02.2007 ergebe, rechtswidrig und nicht durch das Direktionsrecht gedeckt gewesen. Wegen des qualitativen Unterschiedes einer Tätigkeit als Hebamme und als Stationshilfe gewinne der im Übrigen nicht informierte Leser, also ein potentieller neuer Arbeitgeber, den Eindruck, die Klägerin sei degradiert worden, aus von ihr zu vertretenden Gründen, weil eine Hebamme üblicherweise nicht als Stationshilfe eingesetzt werde. Allerdings müsse die Beklagte die andere Beschäftigung der Klägerin im genannten Zeitraum nicht ganz weglassen, denn sie sei von Bedeutung für einen neuen Arbeitgeber, weil er so in die Lage versetzt werde entsprechende Fragen an die Klägerin zu richten. Tatsächlich sei die Klägerin schließlich im fraglichen Zeitraum infolge ihrer Erkrankung nicht als Hebamme einsatzfähig gewesen. Dies aber lasse sich durch Nachweis der vollständigen Gesundung klären. Schließlich schulde die Beklagte auch den Ausdruck des Bedauerns bezüglich des Ausscheidens der Klägerin, weil zu einer Dankes- und Schlussformel bei einem Zeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbeurteilung auch die Bekundung des Bedauerns gehöre. Ansonsten würden Beurteilung- und Schlussformel nicht zueinander passen und das Gesamtzeugnis entwerten.
Mit ihrer am 24.05.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung gegen das ihr am 05.05.2011 zugestellte Urteil, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist vor deren Ablauf am 30.08.2011 begründet hat, verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Als streitig verbleibend sieht sie nach der erstinstanzlichen Formulierung die Tätigkeitsbeschreibung sowie die Formulierung des Beendigungsgrundes. Hinsichtlich der Tätigkeitsbeschreibung sei die vorgenommene Differenzierung in zwei Zeiträume vom 01.04.1994 bis zum 31.03.2008 einerseits und vom 01.04.2008 bis 31.03.2010 andererseits rechtsunwirksam. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Lörrach werde die Klägerin auch durch die Aufnahme des vom Arbeitsgericht formulierten Absatzes in ihrem Grundrecht auf Berufungsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG verletzt. Zu Recht habe das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der nicht informierte Leser durch die Aufnahme eines Einsatzes als Stationshilfe den Eindruck einer Degradierung aus von der Klägerin zu vertretenden Gründen gewinnen könne. Nichts Anderes aber gelte, wenn der Begriff Stationshilfe nicht genannt werde, statt dessen aber die entsprechenden Tätigkeiten beschrieben würden. Gerade die Zuweisung dieser Tätigkeiten sei rechtswidrig gewesen und nicht durch das Direktionsrecht gedeckt. Auch durch die vom Arbeitsgericht gewählte Formulierung des Absatzes 8 des Zeugnisses erhalte der nicht informierte Leser den Eindruck einer Degradierung. Ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht der der Zeugnisaussteller unterliege sei auch bei Weglassen des Absatzes 8 nicht zu erkennen, da Ausfallzeiten wie z. B. bei längeren Erkrankungen erst zeugnisrelevant seien, wenn sie mehr als 50% der Beschäftigungszeit ausmachten. Einer 14jährigen Tätigkeit als Hebamme, gemessen an einer Gesamtbeschäftigungszeit von 16 Jahren liege aber nur ein Zeitraum von 12,5% vor, der nicht erwähnt werden dürfe. Unrichtig sei das Urteil des Arbeitsgerichts auch insoweit, als es die beantragte Formulierung, wonach das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch der Klägerin endete, nicht berücksichtigt habe. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund einer Beendigungskündigung der Beklagten endete. Die Beklagte habe lediglich eine Änderungskündigung ausgesprochen und damit eine Änderung der Arbeitsbedingungen herbeiführen wollen. Der Wunsch nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei aber dann wie schon erstinstanzlich vorgetragen von der Klägerin ausgegangen.
Die Klägerin stellt den Antrag:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des unter dem Datum des 31. März 2010 erteilten Zeugnisses unter demselben Datum ein Zeugnis mit dem als Anlage K 1 aufgeführten Inhalt zu erteilen und zu übersenden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und legt Anschlussberufung ein mit dem Antrag, das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 19.04.2011 zum Az. 1 Ca 25/11 abzuändern, soweit es der Beklagten auferlegt, den letzten Absatz des Zeugnisses mit dem Wortlaut Urteil vom 09.02.12 -11 Sa 43/11 -
„Wir bedauern Frau S.s Ausscheiden, danken für die geleisteten Dienste und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen“ abzufassen;
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und sieht das Zeugnis vom 31.03.2010 dem Wahrheitsgebot entsprechend abgefasst. Ein Zeugnis habe alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen zu enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitsnehmers von Bedeutung und für Dritte von Interesse seien. Die Beklagte dürfe kein Zeugnis ausstellen mit welchem ausschließlich Hebammentätigkeiten attestiert würden. Es wäre gerade in einem so wichtigen Bereich wie dem der Hebammentätigkeit unverantwortlich, wenn ein neuer Arbeitgeber die Klägerin aufgrund eines entsprechend unvollständigen Zeugnisses einstellen würde. Dass die Klägerin im Übrigen im Anschluss an die Beschäftigung bei der Beklagten bereits wieder in einem neuen Arbeitsverhältnis als Hebamme bei einem anderen Arbeitgeber gestanden habe, zeige, dass das streitbefangene Zeugnis der Beklagten die Klägerin in keinster Weise behindert habe, sondern ihrem Fortkommen offensichtlich förderlich gewesen sein müsse. Zu Unrecht habe allerdings das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, das Ausscheiden der Klägerin zu bedauern. Das Fehlen einer solchen Formulierung mache ein Zeugnis nicht unvollständig und entwerte es nicht zwingend. Eine Abwertung der Beurteilung oder das Erregen von Misstrauen beim Leser sei mit dem Ausspruch des Danks für die geleistete Arbeit und guten Wünschen für den weiteren Berufsweg auch ohne den Ausdruck des Bedauerns abgewendet.
Die Klägerin beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen und vertritt die Auffassung, die auch Schlussfloskel genannte Schlussformel bestehe aus drei Aussagen und laute herkömmlich: „Wir bedauern ihr Ausscheiden und danken für die geleistete Arbeit und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.“ Nichts Anderes sei auf Seiten der Beklagten geschuldet und vom erstinstanzlichen Gericht auch zutreffend festgestellt worden.
In ihrem Schriftsatz vom 11.12.2011 weist die Klägerin darauf hin, dass sie auch an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen zu den Beurteilungsbausteinen Arbeitsweise, Arbeitsbereitschaft und Arbeitsbefähigung in der gewünschten Art und Weise wie in der Zeugnisformulierung der Anlage K1 niedergelegt festhalte, weil die dort vorgeschlagenen Parameter sämtlichst eine gute Bewertung wiedergäben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens in der Berufung wird auf deren Begründung, die Erwiderung der Beklagten hierauf einschließlich Anschlussberufung, sowie die Erwiderung der Klägerin auf die Anschlussberufung vom 11.12.2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist teilweise, die Anschlussberufung der Beklagten insgesamt zulässig, die Berufung ist zum Teil begründet, die Anschlussberufung begründet.
Die Berufung ist zulässig unbeschadet der Tatsache, dass die Klägerin ihre Berufung als gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Az. 1 Ca 25/11 vom 19.04.2011 gerichtet bezeichnete. Hierin lag eindeutig und erkennbar ein Schreibversehen, denn gemeint war das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom selben Tag unter dem selben Aktenzeichen. Entscheidend ist, wie das angerufene Berufungsgericht die Berufung verstehen konnte. Dieses hatte zwei Anknüpfungspunkte, um die Berufung dem Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach zuordnen zu können. Zum Einen ergibt sich dies aus der dem Berufungsgericht bekannten Geschäftsverteilung der Arbeitsgerichte Lörrach und Freiburg, aus der ersichtlich ist, dass Klagen gegen eine in L. ansässige Partei beim Arbeitsgericht Lörrach zu erheben sind. Zum Anderen aber und insbesondere hat die Klägerin ihrer Berufung eine Abschrift des Urteils des Arbeitsgerichts Lörrach beigefügt, aus dem unschwer zu entnehmen war, dass diese Entscheidung den Rechtsstreit zwischen den Parteien auch des Berufungsverfahrens betraf.
Unzulässig ist die Berufung der Klägerin allerdings insofern, als sie mit Schriftsatz vom 11.12.2011 erstmals Ausführungen zu einem Begehren hinsichtlich der Umschreibung von Leistungs- und Führungsbeurteilung machte und damit das Begehren auf Erteilung eines Zeugnisses entsprechend der Anlage K1 zur Klageschrift zu rechtfertigen versuchte. Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil überzeugende Ausführungen zur insoweitigen Klagabweisung gemacht, hiermit hat sich die Klägerin in der Berufungsbegründung und auch sonst innerhalb der Begründungsfrist mit keinem Wort auseinander gesetzt. Soweit sie dies im Schriftsatz vom 11.12.2011 nachholen wollte, ist ihr Vorbringen verspätet, entbehrt aber auch insoweit immer noch jeglicher Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil. Damit ist und bleibt die Berufung unzulässig, soweit mehr begehrt wird, als die Streichung der zeitlichen Aufspaltung der Tätigkeit und das Attestieren des Ausscheidens auf eigenen Wunsch. Hinsichtlich dieser beiden letztgenannten Punkte ist die Berufung, weil fristgerecht eingelegt und ausgeführt, zulässig.
Die Anschlussberufung der Beklagten ist zulässig, sie ist innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist eingelegt und zugleich begründet worden.
Soweit die Berufung der Klägerin zulässig ist, ist sie teilweise begründet, teilweise unbegründet. Begründet ist sie insoweit, als die im arbeitsgerichtlichen Urteil belassene zeitliche Einordnung geringer wertiger Tätigkeiten, als der einer Hebamme in Wegfall zu bringen war und als die Beklagte der Klägerin Ausscheiden auf eigenen Wunsch zu attestieren hat. Unbegründet ist die Berufung soweit sie die ersatzlose Streichung der von der Klägerin übernommenen administrativen Tätigkeiten verlangt. Dies ergibt sich in Anwendung der allgemeinen Grundsätze des Zeugnisrechts.
Der gesetzlich geschuldete Inhalt des Zeugnisses bestimmt sich entscheidend nach den mit ihm verfolgten Zwecken. Dem Arbeitnehmer dient das Zeugnis regelmäßig als Bewerbungsunterlage und ist für sein berufliches Fortkommen von großer Bedeutung, Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern dient es als Grundlage für ihre Personalauswahl. Daraus ergeben sich die inhaltlichen Grundanforderungen an jedes Arbeitszeugnis, nämlich das Gebot der Zeugniswahrheit und das Gebot der Zeugnisklarheit.
Der Arbeitgeber ist in der Wahl seiner Formulierungen grundsätzlich frei, es ist seine Sache, ein Zeugnis im Einzelnen zu formulieren, jedoch müssen die Formulierungen klar und verständlich sein, wie § 109 Abs. 2 Gewerbeordnung ausdrücklich bestimmt. Das Zeugnis darf im Hinblick auf das Gebot der Zeugniswahrheit nichts Falsches enthalten, aus dem Gebot der Zeugnisklarheit erfolgt, dass der Zeugnisleser nicht im Unklaren darüber gelassen werden darf, wie der Arbeitgeber die Leistung des Arbeitnehmers einschätzt. Das Zeugnis darf nicht in sich widersprüchlich sein. Im Interesse des beruflichen Fortkommens ist das Zeugnis überdies auch wohlwollend zu fassen. Grundlage des Zeugnisses ist das Verhalten das für den Arbeitnehmer kennzeichnend ist. Einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Arbeitnehmer, seine Führung und Leistung nicht charakteristisch sind, gehören nicht in das Zeugnis.
Im Falle der Klägerin ist ergänzend zu berücksichtigen, dass die Parteien im Vergleich vom 01.04.2010 vereinbart haben, der Klägerin ein wohlwollendes und qualifiziertes Zeugnis mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung „gut“ und mit einer Dankes-/Schlussformel zu erteilen.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze hat die Klägerin Anspruch darauf, dass im Zeugnis der Beklagten vom 31.03.2010 in Abs. 6 die zeitliche Beschränkung „bis 2008“ nicht aufgenommen wird, dass in Absatz 8 des Zeugnisses die Zeitbestimmung „ab 01.04.2010“ entfällt und der Klägerin ein Ausscheiden „auf eigenen Wunsch“ bescheinigt wird.
Absatz 6 des Zeugnisses in der letzten Fassung der Beklagten vom 31.03.2010 verstößt gegen das Gebot der Zeugnisklarheit. Nachdem die Beklagte in Absatz 1 des Zeugnisses der Klägerin bestätigt, sie sei bis 31.03.2010 als Hebamme mit einem Stellenumfang von 100% beschäftigt worden, entsteht durch die Zeitbestimmung in Absatz 6 der Zeugnisfassung der Eindruck, die Klägerin habe ihre Tätigkeiten als Hebamme ab dem Jahre 2008 nicht mehr im Schichtsystem verrichtet, sondern vielmehr in Normalschicht. Aus dem Tatbestand des angegriffenen Urteils ergibt sich jedoch, dass die Beklagte die Klägerin bereits viel früher in der Abteilung Geburtshilfe/Kreißsaal mit einfachen Tätigkeiten betraut hatte, was zu einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Lörrach führte und zu einem Urteil vom 29.02.2007, wonach u. a. die an die Klägerin erteilte Anweisung, in der Abteilung Geburtshilfe im Kreißsaal als Praktikantin zu arbeiten, unwirksam war. Damit birgt die letzte Zeugnisfassung der Beklagten vom 31.03.2010 die Gefahr in sich, dass der unbefangene Zeugnisleser unter anderem den Eindruck gewinnen konnte, aus welchen Gründen auch immer habe die Klägerin in Fortführung ihrer vertraglichen Tätigkeit ab dem Jahre 2008 ihr bis dahin zugesprochenes hohes Maß an Flexibilität nicht mehr bewiesen.
Auch das in Absatz 8 des Zeugnisses in der letzten Fassung vom 31.03.2010 aufgeführte Datum hat die Beklagte bei der Erstellung des Zeugnisses wegzulassen. Dies ergibt sich schon daraus, dass Absatz 8 mit seiner zeitlichen Einordnung in diametralem Widerspruch steht zu Abs. 1 in dem der Klägerin bescheinigt wird, sie sei bis 31.03.2010 als Hebamme mit einem Stellenumfang von100% beschäftigt gewesen. Der Widerspruch zwischen Abs. 1 und Abs. 8 führt zu einem Verstoß gegen den Grundsatz zur Zeugnisklarheit.
Absatz 8 des Zeugnisses in der letzten Fassung der Beklagten verstößt aber auch gegen den Grundsatz, dass ein Zeugnis wohlwollend sein muss und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig beeinträchtigen darf. Auch wenn das Arbeitsgericht mit der ersatzlosen Streichung des Einsatzes als Stationshilfe den Hinweis auf eine Degradierung der Klägerin abgemildert hat, ergibt sich eine solche auch aus der verbliebenen Fassung deshalb, weil die beschriebenen administrativen Tätigkeiten wie Lagerbestellungen, PC-gestützte Leistungserfassungen, die Versorgung und Entsorgung von Material im Kreißsaal deutlich zum Ausdruck bringt, dass der Klägerin Aufgaben übertragen wurden, die bei weitem nicht den Ansprüchen an die Tätigkeit einer Hebamme heranreichen. Selbst wenn dies unabhängig vom rechtlichen Dürfen der Realität entsprochen hat, ist die Aufnahme in das Arbeitszeugnis ohne Erläuterung des Grundes für die Abstufung zwingend Anlass für den zeugnislesenden Dritten zur Spekulation darüber, ob die Klägerin sich im Arbeitsverhältnis unehrenhaft verhalten hat und deshalb gemaßregelt werden musste.
Das Weglassen des Datums, zu dem die Beklagte vom erkennenden Gericht verurteilt wird, widerspricht nicht dem Grundsatz der Zeugniswahrheit. Tatsächlich hat die Klägerin die beschriebenen administrativen Tätigkeiten über einen längeren Zeitraum hinweg auch ausgeübt. Sie waren deshalb in das Zeugnis aufzunehmen, weshalb das Begehren der Klägerin sie ersatzlos zu streichen zurückzuweisen war. Dies auch deshalb, weil die Tätigkeiten im weiteren Verlauf des Zeugnisses auch bewertet wurden. Dem Gebot der Zeugniswahrheit ist aber auch ohne Erwähnung des Datums Genüge getan, weil bereits die Systematik der insoweit nicht angegriffenen Fassung des Zeugnisses vom 31.03.2010 ausreichend deutlich macht, dass es zum Ende des Arbeitsverhältnisses hin zu einem Bruch hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit gekommen ist. In sieben Absätzen beschreibt und bewertet die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin als Hebamme. In einem Absatz werden Neben- und Hilfstätigkeiten beschrieben. Die zusammenfassende Bewertung, die die übliche Formulierung für die Note „gut“ enthält, erfolgt sodann für die Tätigkeit als Hebamme und die Erledigung der Aufgaben im administrativen Bereich in jeweils selbstständigen Sätzen voneinander getrennt, aber in gleichem Bewertungswortlaut. Damit macht die Beklagte auch ohne Benennung von Daten hinreichend deutlich, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durchgehend von der Tätigkeit als Hebamme geprägt war.
Eine deutlichere Trennung der Tätigkeitsabschnitte wäre unter dem Gesichtspunkt der Zeugniswahrheit allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn die Klägerin dauerhaft weder bei der Beklagten noch anderswo mehr als Hebamme hätte arbeiten können und dies festgestanden hätte, in diesem Sonderfall, von dem die Beklagte allerdings nicht ausgeht, weil sie selbst wiederholt darauf hinweist, die Klägerin habe nach ihrem Ausscheiden anderwärts wieder als Hebamme gearbeitet, weshalb ihrer Meinung nach das Zeugnis durchaus im Interesse des beruflichen Fortkommens der Klägerin gestanden habe, wäre die Aufnahme des Umstands im Zeugnis gerechtfertigt gewesen, dann allerdings unter Benennung der hierfür vorliegenden Gründe, um Missverständnisse und Spekulationen zu vermeiden.
Die Klägerin hat Anspruch darauf, im Zeugnis bescheinigt zu bekommen, dass ihr Ausscheiden auf eigenen Wunsch erfolgte. Zwar haben die Parteien im Vergleich vom 01.04.2010 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an die Kündigung der Beklagten vom 22.08.2007 anknüpfen lassen, dies aber wohl lediglich deshalb, um eine Sperrfrist oder einen Ruhenstatbestand beim Arbeitslosengeld zu vermeiden. Bei der Kündigung vom 22.08.2007 handelte es sich nicht um eine Beendigungs- sondern eine Änderungskündigung. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig, die Beklagte hatte damit ihren Wunsch formuliert, das Arbeitsverhältnis zu ändern, nicht aber zu beenden. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten in der Berufungserwiderung war es die Klägerin, die sich Ende 2009 Anfang 2010 um eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses bemühte, wodurch es zum Abfindungsvergleich vom 01.04.2010 kam. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Datum unter Bezugnahme auf eine mehr als zweieinhalb Jahre davor liegende Änderungskündigung macht schon deshalb deutlich, dass nicht die Kündigung zur Beendigung führte, sondern ausweislich des Vortrags der Beklagten der Wunsch der Klägerin auf Beendigung, weil während der mehr als zweieinhalb Jahre nach Ausspruch der Änderungskündigung offensichtlich das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund eines Prozessrechtsverhältnisses, sondern aufgrund der arbeitsvertraglichen Bindung fortgeführt worden war.
Die Anschlussberufung der Beklagten ist begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte im Zeugnis zum Ausdruck bringt, sie bedauere das Ausscheiden der Klägerin. Die Formulierung und Gestaltung des Zeugnisses obliegt dem Arbeitgeber. Zu seiner Gestaltungsfreiheit gehört auch die Entscheidung, ob er das Zeugnis um Schlusssätze anreichert. Wenn das Zeugnis ohne abschließende Formel in der Praxis „oft“ als negativ beurteilt werden sollte, so ist das hinzunehmen. Dem steht auch nicht die in § 5 des Vergleichs vom 01.04.2010 übernommene Verpflichtung der Beklagten entgegen. Dort verpflichtete sich die Beklagte lediglich zur Erteilung eines Zeugnisses mit einer Dankes/Schlussformel. Von einem Bedauern ist hingegen nicht die Rede. Bei Dankes- und Schlussformulierungen handelte es sich um bloße Höflichkeitsbekundungen. Sofern die zum Ausdruck gebrachte Höflichkeitsform keinen Bezug auf die Führung und/oder Leistung des Arbeitnehmers und keine persönlichen Empfindungen zum Ausdruck bringt, hat der Arbeitgeber keine Verpflichtung auf die Gesamtnote abgestimmte Formulierungen zu verwenden. Der Arbeitgeber würde damit nur dazu angehalten, die inhaltliche Richtigkeit des von ihm ausgesellten Zeugnisses durch die Bekundung von Bedauern oder Dank nochmals zu bestätigen, obwohl er nur den allgemeinen Höflichkeitsmaßstäben einer zivilisierten Gesellschaft Rechnung tragen wollte, die gar nicht zum Kern eines Zeugnisinhalts gehören. Auf eine bestimmte Ausgestaltung solcher Höflichkeitsformen aber hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch.
Da die Parteien im Rechtsstreit teils obsiegten, teils unterlagen, hatten sie gemäß § 92 ZPO die Kosten anteilig zu tragen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.