Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 08. Jan. 2014 - W 3 K 11.845

bei uns veröffentlicht am08.01.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

Der Antrag der Klägerin, den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Hansen, die Richterin am Verwaltungsgericht Graf und den Richter Diroll wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage im Verfahren W 3 K 11.845 die Aufhebung des Bescheides der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Abteilung Förderwesen und Fachrecht vom 18. Juli 2011 und des Widerspruchsbescheides der Bayerischen Landesanstalt vom 21. September 2011. Sie wendet sich gegen Maßnahmen betreffend das Führen des EU-Bio-Logos. Im Verfahren W 3 K 13.454 begehrt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 517.560,00 EUR zuzüglich Zinsen.

Im Verfahren W 3 K 11.845 beraumte die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg am 1. August 2013 Termin zur mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2013 an. Einen Antrag auf Terminsverlegung vom 15. Oktober 2013 lehnte die 3. Kammer ab. Mit Urteil vom 17. Oktober 2013 wies die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg die Klage der Klägerin im Verfahren W 3 K 11.845 ab.

Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 beantragte die Klägerin, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und einen neuen Hauptverhandlungstermin vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg anzuberaumen. Gleichzeitig stellte sie Befangenheitsantrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht Hansen, der Richterin am Verwaltungsgericht Graf und des Richters Diroll wegen groben Rechtsirrtums, der aus der Sicht der Betroffenen nicht hingenommen werden könne.

Die vom Ablehnungsgesuch betroffenen Richter äußerten sich am 16. Dezember 2013 zu dem Antrag. Die dienstlichen Stellungnahmen wurden der Klägerin zur Kenntnisnahme und etwaigen Stellungnahme übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten der Verfahren W 3 K 11.845 und W 3 K 13.454 Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Gründe, die die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann anzunehmen, wenn ein objektiv vernünftiger Grund glaubhaft gemacht ist, der die Partei von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteilich und sachlich entscheiden. Rein subjektive unvernünftige Vorstellungen der Partei sind unbeachtlich.

Die Klägerin hat keine Gründe für eine Befangenheit i. S. d. § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO vorgetragen, die vom Standpunkt eines verständigen vernünftig abwägenden Prozessbeteiligten aus geeignet wären, Misstrauen gegen Unparteilichkeit der drei abgelehnten Richter zu rechtfertigen.

Die Klägerin hat zur Begründung ihres Befangenheitsantrags nur pauschal auf groben Rechtsirrtum verwiesen, der aus der Sicht der Betroffenen nicht hingenommen werden könne. Damit hat sie indes einen Ablehnungsgrund schon nicht substanziiert dargelegt und glaubhaft gemacht. Das Ablehnungsgesuch ist zu begründen. Die Gründe, die bei dem Verfahrensbeteiligten die Besorgnis der Befangenheit ausgelöst haben, sind zusammen mit dem Gesuch substanziiert darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO; Meissner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Erg. Lieferung 2013, § 54 Rn. 48). Hinreichende objektive Gründe, die vom Standpunkt der Beteiligten aus bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit der Richter zu zweifeln (vgl. BVerwG, B. v. 07.04.2011 - 3 B 10/11 - juris), hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 nicht in der gebotenen Weise dargelegt.

Soweit die Klägerin auf einen groben Rechtsirrtum verweist und damit Rechtsfehler im Urteil vom 17. Oktober 2013 oder bei der Ablehnung ihres Antrags auf Terminverlegung geltend macht, ist festzuhalten, dass Rechtsfehler der Entscheidung grundsätzlich nicht zu einem Ablehnungsgrund führen. Etwas anderes käme nur in Betracht, wenn Rechts- oder Verfahrensverstöße auf einer offensichtlich sachwidrigen Entscheidung der Richter oder auf Willkür beruhten. Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinen denkbaren Gesichtspunkten rechtlich vertretbar oder schlechterdings nicht mehr verständlich wäre und sich daher der Schluss aufdrängte, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist es anhand von objektiven Kriterien festzustellen ist (BVerwG, B. v. 07.04.2011 - 3 B 10/11 - juris m. w. N. zur Rechtsprechung; Schimmel in Beck’scher Online-Kommentar, VwGO, Herausgeber: Posser/Wolff, Stand: 01.10.2013, § 54 Rn. 29b). Dass ein abgelehnter Richter bei der rechtlichen Beurteilung eine andere Rechtsauffassung vertritt als ein Beteiligter, reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht aus, um eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen; dass gilt selbst für irrige Ansichten (BVerwG, B. v. 20.10.2011 - 9 B 82/11 - juris).

Weder hat die Klägerin konkrete Anhaltspunkte substanziiert vorgebracht, noch ist sonst ersichtlich, dass das Urteil der 3. Kammer vom 17. Oktober 2013 offensichtlich sachwidrig oder willkürlich wäre. Die Klägerin hat ihr Ablehnungsgesuch allgemein auf eine aus ihrer Sicht unzutreffenden Rechtsansicht („grober Rechtsirrtum“) gestützt. Dieser pauschale Einwand führt nicht dazu, dass die beteiligten Richter ihre Entscheidung noch einmal im Einzelnen rechtfertigen müssten oder dass im Rahmen der Prüfung eines Befangenheitsantrags - ohne nähere Anhaltspunkte - eine inhaltliche Überprüfung der Entscheidung vorzunehmen wäre. Denn eine nachträgliche inhaltliche Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung kann im Wege der Richterablehnung gerade nicht erreicht werden (BVerwG, B. v. 23.10.2007 - 9 A 50/07 - Buchholz 303 § 43 ZPO Nr. 1). Die von der Klägerin ohne nähere Konkretisierung behaupteten Rechtsverstöße sind im Wege des Antrags auf Zulassung der Berufung dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Überprüfung zu stellen.

Soweit sich die Klägerin mit ihrem Befangenheitsantrag auf die abgelehnte Terminsverlegung beziehen sollte, rechtfertigt dies - abgesehen von den vorstehenden Erwägungen - ebenfalls nicht eine Ablehnung der beteiligten Richter als befangen. Denn ein von der Prozessordnung gedecktes Verhalten eines Richters kann ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht begründen. Die Ablehnung eines Antrags auf Terminsverlegung kann nur ausnahmsweise dann eine berechtigte Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sich aus ihr Anhaltspunkte für die Annahme ergäben, das Gericht sei in seiner Meinung schon festgelegt und werde nicht mehr unvoreingenommen entscheiden (vgl. Meissner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Erg.-Lieferung 2013, § 54 Rn. 44). Dafür ist nichts ersichtlich.

Nachdem keine objektiv nachvollziehbaren Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst erkennbar sind, die eine Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter rechtfertigen könnten, konnte der Antrag keinen Erfolg haben und war abzulehnen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 54


(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend. (2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwal

Zivilprozessordnung - ZPO | § 44 Ablehnungsgesuch


(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. (2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nic

Zivilprozessordnung - ZPO | § 43 Verlust des Ablehnungsrechts


Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

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Tenor Der Antrag der Klägerin, den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Hansen, die Richterin am Verwaltungsgericht Graf und den Richter Diroll wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird abgelehnt. Gründe

Referenzen

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(4) Wird ein Richter, bei dem die Partei sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden sei. Das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen.

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.