Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 23. Mai 2018 - W 2 E 18.616

published on 23/05/2018 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 23. Mai 2018 - W 2 E 18.616
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Gericht

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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Der am … 2012 geborene Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Zurückstellung von der Einschulung in die erste Klasse für das Schuljahr 2018/19.

Anlässlich der Schuleinschreibung bei der für den Antragsteller zuständigen S.schule am 12. März 2018 stellte die – gemeinsam mit dem Vater sorgeberechtigte – Mutter des Antragstellers einen Antrag auf Zurückstellung für die Dauer eines Schuljahres. Der Antragsteller habe zum September 2017 den Kindergarten gewechselt und finde gerade seine Wurzeln. Die Eltern würden ihn dort ungern sofort wieder herausreißen. Auf die der Schule bei der Einschreibung vorgelegte und von beiden Elternteilen unterzeichnete weitere Begründung wird Bezug genommen.

Auf den Rückstellungsantrag hin wurde der Antragsteller aus der zeitgleich abgehaltenen „Schulspielgruppe“ herausgenommen und einer Gruppe zugewiesen, für die ein „vertieftes Screening“ unter Beobachtung u.a. einer Schulpsychologin durchgeführt wurde. Da das Screening zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen hatte, konnten die Bereiche „Formkonstanz“ und „Sprach-Inhaltserfassung“ bei ihm nicht mehr überprüft werden. In den übrigen acht Prüfungsbereichen schnitt der Antragsteller mit 27 von insgesamt möglichen 32 Punkten ab. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Beobachtungsbogen und die Ergebnisübersicht in den Behördenakten Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 11. April 2018 lehnte der Antragsgegner den Rückstellungsantrag der Eltern ab. Der Antragsteller sei aufgrund der Ergebnisse und Erkenntnisse des Screenings schulfähig.

Dagegen ließ der Antragsteller mit Schreiben vom 17. April 2018 Widerspruch einlegen, der der Schule am 19. April 2018 zuging. Der Geburtstag des Antragstellers liege nur knapp vor dem ausschlaggebenden Stichtag des 30. September 2012. Der Antragsteller weise noch erhebliche Defizite im sozial-emotionalen Bereich auf. Er sei noch sehr schüchtern und in Gruppensituationen mit Gleichaltrigen stark gehemmt. Er finde nur sehr langsam Kontakt zu anderen Kindern und spiele im Kindergarten noch überwiegend mit jüngeren Kindern. Er vermeide Konflikte, da sie ihn überfordern und sehr belasten würden. Es fehle ihm an Durchsetzungsvermögen und Belastbarkeit. Es mangle ihm zudem an Zuversicht, da er sich im Vergleich mit älteren Kindern als „unzulänglich“ empfinde. Oftmals versuche er Dinge erst gar nicht, weil er ein Scheitern vermute. Er resigniere vorschnell. Seine Frustrationstoleranz sei noch unzureichend. Enttäuschungen könne er nicht ertragen. Er verweigere sich dann vollständig. Es mangle ihm auch allgemein an Konzentrationsfähigkeit. Er könne sich noch nicht längere Zeit auf Dinge einlassen und könne nicht lange genug still sitzen. Die Probleme setzten sich im kognitiven Bereich fort. Es seien deshalb Lernblockaden und Schulangst zu befürchten. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Widerspruchsschreiben vom 17. April 2018 Bezug genommen.

Zusammen mit dem Widerspruch wurden der Mitteilungsbogen des Gesundheitsamtes zur Schuleingangsuntersuchung vom 12. März 2018, ärztliche Atteste vom 19. März 2018 und – ergänzend – vom 23. April 2018 sowie die Stellungnahme einer Fachlehrerin für Sport- und Bewegungserziehung vom 19. April 2018 vorgelegt, auf die inhaltlich verwiesen wird.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2018, wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Nach nochmaliger eingehender Überprüfung und Rücksprache mit den beteiligten schulischen Experten (Schulpsychologin, Beratungslehrer, Förderlehrerin, Erzieherin) hätten sich keine stichhaltigen Gründe ergeben, dem Widerspruch stattzugeben.

2. Dagegen ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018, vorab als Telefax beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am 9. Mai 2018 eingegangen, Klage erheben (W 2 K 18.615) und zugleich einstweiligen Rechtsschutz beantragen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die Korrespondenz mit dem Gesundheitsamt belege, dass der Antragsteller Probleme mit dem Hören und der Graphomotorik habe und erhebliche sozial-emotionale Probleme aufweise. Auch der Kinderarzt habe Mängel in der sozial-emotionalen Entwicklung hervorgehoben. Im kognitiven und auditiv-sprachlichen Bereich seien Defizite festgestellt und eine Zurückstellung für notwendig erklärt worden. Ausweislich des Attests der Übungsleiterin des vom Antragsteller besuchten Kinderturnens, habe er Angst vor der Gruppe. Er suche den Kontakt zur Bezugsperson. Komme etwas Unerwartetes, verweigere er komplett. Er komme mit Leistungsdruck noch nicht zurecht. Es handle sich dabei nicht um typische Eingewöhnungsprobleme, da er die Gruppe bereits seit 2015 besuche. Auch die Schule habe anlässlich des Schuleignungstest massive Defizite vor allem im sozial-emotionalen Bereich festgestellt. Hinsichtlich der Empfehlungen zur Förderung seien bei den „sozialen Grundkompetenzen“ in drei von sechs Kategorien Mängel festgehalten worden. Im Bereich „Arbeitsverhalten“ und „emotionale Stabilität“ seien alle vier bzw. fünf Voraussetzungen als noch nicht erfüllt angesehen worden. Da der Antragsteller am ersten Teil des Screenings nicht teilgenommen habe, hätten zudem noch mehr Defizite festgestellt werden können. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 7. Mai 2018 Bezug genommen.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lässt der Antragsteller beantragen,

„1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller für das Schuljahr 2018/2019 vorläufig vom Besuch der 1. Klasse der Grundschule Goldbach zurückzustellen.

2. Hilfsweise: Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über den Antrag des Antragstellers, ihn für das Schuljahr 2018/2019 vorläufig vom Besuch der 1. Klasse der Grundschule Goldbach zurückzustellen, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.“

Der Antragsgegner beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller sei nach übereinstimmender Auffassung aller am Screening beteiligten Experten schulfähig. Der Schulleiter habe bei seiner Entscheidung die vorgelegten ärztlichen Atteste, die Aussagen der Mutter und die Stellungnahme der Übungsleiterin des Kinderturnens berücksichtigt. Auch nach der Einschätzung des vom Antragsteller besuchten Kindergartens lägen alle Voraussetzungen für einen gelungenen Schulstart vor. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 17. Mai 2018 Bezug genommen.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, der Akte des Verfahrens W 2 K 18.615 und der beigezogenen Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist demnach das Vorliegen eines Rechts, dessen Sicherung die Anordnung dient (Anordnungsanspruch) sowie die drohende Vereitelung oder Erschwerung dieses Anspruchs (Anordnungsgrund). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind von dem Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Wegen der Eilbedürftigkeit des Anordnungsverfahrens sind die Anforderungen an das Beweismaß und somit auch an den Umfang der Ermittlung von Sach- und Rechtslage geringer als im Hauptsacheverfahren. Es genügt eine nur summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage (Puttler, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, Rn. 87 zu § 123 m.w.N.).

Eine einstweilige Anordnung hat sich nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO und entsprechend dem Sicherungszweck des Anordnungsverfahrens grundsätzlich auf die Regelung eines vorläufigen Zustandes zu beschränken, die der Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren im Hauptsacheverfahren nicht vorgreifen darf. Das Begehren des Antragstellers nimmt vorliegend jedoch faktisch das Ergebnis in der Hauptsache vorweg. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nur ausnahmsweise zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zulässig. Dies setzt voraus, dass andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile drohen, die durch die Hauptsacheentscheidung nicht mehr beseitigt werden können (BVerfG, B. v. 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – BverfGE 79, 69; BVerwG, B.v. 21.3.1997 – 11 VR 3.97 – juris), und dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren erkennbar Erfolg haben muss, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1999 – 2 VR 1.99 – juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Antragsteller hat nach diesen gesteigerten Anforderungen einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsgegner in der Hauptsache zu verpflichten wäre, den Antragsteller von der Aufnahme in die Grundschule zurückzustellen. Der am 14. August 2012 geborene Antragsteller, der zu Beginn des Schuljahres 2018/19 schulpflichtig wird, hat nach summarischer Prüfung keinen Anspruch auf eine Zurückstellung vom Schulbesuch gemäß Art. 37 Abs. 2 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) i.d.F. d. Bek. vom 31. Mai 2000 (GVBl S. 414, ber. S. 632), zuletzt geändert durch Gesetzes vom 19. Dezember 2017 (GVBl. S. 571).

Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 BayEUG werden mit Beginn des Schuljahres alle Kinder schulpflichtig, die bis zum 30. September sechs Jahre alt werden oder bereits einmal von der Aufnahme in die Grundschule zurückgestellt wurden. Ein Kind, das am 30. September mindestens sechs Jahre alt ist, kann für ein Schuljahr von der Aufnahme in die Grundschule zurückgestellt werden, wenn zu erwarten ist, dass das Kind voraussichtlich erst ein Schuljahr später mit Erfolg oder nach Maßgabe von Art. 41 Abs. 5 BayEUG am Unterricht der Grundschule teilnehmen kann (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayEUG). Die Zurückstellung soll vor Aufnahme des Unterrichts verfügt werden; sie ist noch bis zum 30. November eines Jahres zulässig, wenn sich erst innerhalb dieser Frist herausstellt, dass die Voraussetzungen für eine Zurückstellung gegeben sind (Art. 37 Abs. 2 Satz 2 BayEUG). Vor der Entscheidung hat die Schule die Erziehungsberechtigten zu hören (Art. 37 Abs. 2 Satz 4 BayEUG). Die Entscheidung über die Zurückstellung trifft gemäß § 2 Abs. 1 der Bayerischen Schulordnung für schulartübergreifende Regelungen an Schulen in Bayern (Bayerische Schulordnung – BaySchO) v. 1. Juli 2016 (GVBl S. 164, 241, BayRS 2230-1-1-1-K), zuletzt geändert durch V.v. 12. Januar 2018 (GVBl S. 23) die Schulleiterin oder der Schulleiter (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Band 1, Stand: 28.3.2018, 11.37 Rn. 2f.).

Auch wenn Art. 37 Abs. 2 BayEUG einen Antrag der Erziehungsberechtigten nicht vorsieht, ist er gleichwohl zulässig (VG Bayreuth, B.v. 11.9.2015 – B 3 B 15.582 – juris). Die Erziehungsberechtigten haben zwar keinen Anspruch auf Zurückstellung, da es sich um eine Ermessensvorschrift handelt. Sie haben jedoch einen Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Band 1, Stand: 28.3.2018, 11.37 Rn. 3).

Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat in seinem Beschluss vom 11. September 2015 – B 3 E 15.582 – juris, zur Zurückstellung zutreffend ausgeführt:

„Für die Zurückstellung nach Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayEUG ist die Frage der Schulfähigkeit bzw. der Schulreife als materielle Einschulungsvoraussetzung maßgeblich. Insoweit ist eine pädagogischen Prognose über die schulischen Erfolgsaussichten des Kindes zu erstellen (VG Augsburg, B.v. 7.9.2006 – Au 3 K 06.00804 – BeckRS 2006, 33105). Ein Kind ist schulfähig, wenn es körperlich, geistig-seelisch und sozial so weit entwickelt ist, dass es am Unterricht teilnehmen kann. Die inhaltliche Ausprägung des Art. 37 Abs. 2 BayEUG lässt eine breit angelegte Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen und Fähigkeiten des Kindes zu […] (vgl. Dirnaichner, Praxis der Kommunalverwaltung, Stand Juli 2015, Art. 37 BayEUG). Im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Schulfähigkeit steht dem Schulleiter aufgrund des wertenden Charakters der Entscheidung ein relativ großer und gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer (Beurteilungs-)Spielraum zu (Link, Das Schulrecht in Bayern, Band 2, BayEUG, Art. 37 Rn. 3; Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 227). Der Schulleiter ist dabei nicht an die Auffassung der Erziehungsberechtigten gebunden (VG Augsburg, B.v. 7.9.2006 – Au 3 K 06.00804 – BeckRS 2006, 33105). Die aufgrund pädagogischer Einschätzungen und Abwägungen getroffene und auf prognostischen Überlegungen beruhende Entscheidung des Schulleiters über die Schulfähigkeit eines Kindes ist gerichtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob der Schulleiter wesentliche Verfahrensvorschriften oder allgemeine Wertungsmaßstäbe verletzt hat, ob er willkürlich gehandelt hat oder von sachfremden Erwägungen und unrichtigen Tatsachen ausgegangen ist und ob die zugrunde liegenden Tatsachen einer objektiven Überprüfung standhalten (Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 1484, OVG NW, B.v. 10.8.2006 – 19 B 1513/06 – juris).“

Die Zurückstellung vom Schulbesuch ist zudem nur dann zulässig, wenn es innerhalb der Schule keine Möglichkeit gibt, etwaigen Defiziten des einzelnen Schülers durch besondere Fördermaßnahmen gerecht zu werden (umfassend: Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 235 f.).

Daran gemessen hat der Antragsteller unter Zugrundelegung einer summarischen Prüfung keinen Anspruch auf Zurückstellung vom Schulbesuch gemäß Art. 37 Abs. 2 BayEUG. Es bestehen keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die im Bescheid vom 11. April 2018 enthaltene positive Prognose zum Schulbesuch im Schuljahr 2018/2019 fehlerhaft ist. Auch sind keine Ermessensfehler bei der daran anknüpfenden Ablehnung der Rückstellung ersichtlich.

Wie sich zweifelsfrei aus der Stellungnahme des Schulleiters vom 14. Mai 2018 ergibt, hat der Antragsgegner bei der Ablehnung der Zurückstellung die vorgelegten Stellungnahmen, Gutachten und Atteste umfassend zur Kenntnis genommen. Es ist nicht erkennbar, dass der Entscheidung des Antragsgegners sachfremde Erwägungen etwa dahingehend zugrunde lagen, Zurückstellungen generell zu verhindern.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt wurde. Der Antragsgegner stützt seine Einschätzung auf die Zusammenschau der vorgelegten und verfügbaren Unterlagen. Vorhandene Widersprüche und Unterschiede wurden erkannt und mögliche Ursachen auch durch Rücksprache mit dem Gesundheitsamt und dem Kindergarten ermittelt und nachvollziehbar bewertet. Insbesondere ist es vom pädagogischen Beurteilungsspielraum des Schulleiters gedeckt, dass er dabei das geschilderte wie dokumentierte Verhalten des Antragstellers und das ebenfalls aus mehreren Quellen berichtete Verhalten der Mutter sowie die Umstände der jeweils dokumentierten Beobachtungssituation in Beziehung zueinander setzt und daraus Schlüsse zieht, die die vorgetragenen Schulfähigkeitsmängel relativieren. So habe ihm beispielsweise Frau D., die die Schuleingangsuntersuchung für das Gesundheitsamt durchgeführt habe, berichtet, dass die Mutter des Antragstellers sich geweigert habe, den Untersuchungsraum zu verlassen, obwohl die Anwesenheit der Eltern objektive Ergebnisse verfälschen könne. Das Kind habe von der Mutter „gebrieft“ gewirkt. Die in der Schuleingangsuntersuchung festgestellten Schwierigkeiten bei der Ablösung von der Mutter seien beim vertieften Screening nicht aufgetreten. Dort sei jedoch beobachtet worden, dass die Mutter sich nicht habe vom Kind lösen können. Ebenfalls zulässigerweise bezieht der Schulleiter in diesem Zusammenhang die Beobachtung der stellvertretenden Schulleiterin ein, die den Antragsteller auf dem Weg zum vertieften Screening begleitet und gefragt habe, ob es ihm in der Schulspielgruppe gefallen habe. Dieser habe das zunächst spontan bejaht und erst nach einem unsicheren Blick zur Mutter korrigiert, dass es ihm überhaupt nicht gefallen habe. In der neuen Gruppe, ohne Anwesenheit der Mutter, habe sich der Antragsteller völlig normal verhalten, keine Angst gezeigt, konzentriert mitgearbeitet und ein weit überdurchschnittliches Ergebnis erreicht. Vor diesem Hintergrund ist es ebenfalls vom pädagogischen Beurteilungsspielraum des Schulleiters gedeckt, wenn er das im ärztlichen Attest vom 19. März dargestellte Vermeidungsverhalten und die Rückzugstendenzen, die im vertieften Screening nicht verifiziert werden konnten, in Zusammenhang mit einer „Unfähigkeit der Mutter“ sieht, „sich vom Kind zu lösen“. Nachvollziehbar weist er darauf hin, dass die im ergänzenden Attest vom 23. April 2018 aufgeführten Defizite im Bereich der sozial-emotionalen Entwicklung alleine auf den Schilderungen der Mutter beruhen. Auch die Bewertung, dass die Anwesenheit der Mutter beim Kinderturnen der Selbständigkeit des Antragstellers nicht förderlich sei, steht in einem sachlichen Zusammenhang zur Frage der Schulfähigkeit des Antragstellers und ist im Hinblick auf die Einordnung der Stellungnahme der Übungsleiterin nicht sachfremd, sondern eine zulässige pädagogische Wertung. Die bei der Schuleingangsuntersuchung festgestellten Mängel beim Malen von Menschen und dem Zuordnen von Formen seien im vertieften Screening widerlegt worden. Eine Aufmerksamkeitsschwäche sei ebenfalls nicht festgestellt worden.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass der bei der Schuleingangsuntersuchung ausgesprochenen Empfehlung einer ausführlichen Schulreifetestung mit dem vertieften Screening-Verfahren gerade Rechnung getragen wurde. Unschädlich ist dabei, dass es in diesem Rahmen nicht – wie ebenfalls empfohlen – zu einer Wiederholung des Hörtest gekommen ist oder der Schulleiter sich nicht nochmals ausdrücklich mit den in der Schuleingangsuntersuchung festgestellten graphomotorischen Problemen auseinandergesetzt hat. Denn entsprechende Probleme sind im Rahmen des vertieften Screenings offensichtlich nicht aufgetreten, so dass sie – selbst bei tatsächlichem Vorliegen – in der Gesamtschau nicht als so gravierend eingestuft werden dürften.

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Schulleiter dem vertieften Screening-Verfahren insgesamt eine ausschlaggebende Bedeutung zumisst, obwohl dabei – aus organisatorischen Gründen – zwei von insgesamt zehn Bereichen beim Antragsteller nicht überprüft werden konnten. Er legt dabei nachvollziehbar dar, dass es sich bei dem vertieften Screening um ein geeignetes wie erprobtes Beurteilungsverfahren handelt und die Beobachtungsgruppe in der anschließenden Besprechung übereinstimmend die Schulfähigkeit des Antragstellers unbedingt bejaht habe. Soweit der Antragsteller schriftsätzlich vorträgt, beim durchgeführten Schuleignungstest seien massive Defizite beim Antragsteller festgestellt worden, weist der Schulleiter plausibel darauf hin, dass es sich bei den „Empfehlungen zur Förderung“ nicht um die Ergebnisse des vertieften Screenings handle, sondern um allgemeine Empfehlungen, um den Eltern Fördermöglichkeiten an die Hand zu geben. Diese sind mithin nicht geeignet, die Schulfähigkeit des Antragstellers in Frage zu stellen.

Wie sich aus einer in den Akten befindlichen Gesprächsnotiz ergibt, wird der Antragsteller auch von zwei seiner aktuellen Kindergartenbetreuerinnen zwar als teilweise noch schüchtern eingestuft, eine Zurückstellung jedoch werde von ihnen nicht für nötig erachtet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller den Kindergarten nunmehr seit September 2017 besucht, dort das Vorschulprogramm mitmacht und mithin von einer aussagefähigen Beurteilungsbasis der Betreuerinnen ausgegangen werden kann.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass eine Zurückstellung ausnahmsweise noch während des laufenden Schuljahres, d.h. bis zum 30. November 2018 in Betracht kommt, wenn sich innerhalb dieser Frist herausstellt, dass die Voraussetzungen für eine Zurückstellung doch gegeben sind (Art. 37 Abs. 2 Satz 2 BayEUG). Mit dieser Bestimmung wird der Konstellation einer nachträglich widerlegten Prognoseentscheidung Rechnung getragen.

Vor diesem Hintergrund sind auch die von den Eltern vorgetragenen Beobachtungen – auch unter Berücksichtigung der zeitlichen Nähe des Geburtstags zum Stichtag des 30. Septembers 2012 – nicht geeignet, die vom Schulleiter in einer Gesamtschau der verfügbaren und eingeholten Informationen nachvollziehbar getroffenen Prognose zur Schulfähigkeit des Antragstellers zu erschüttern. Die Einschätzung der Eltern hinsichtlich einer erfolgreichen Teilnahme am Unterricht des Antragstellers ist typischerweise von elterlicher Subjektivität geprägt (vgl. VG Würzburg, B.v. 18.8.2008 – W 2 E 08.1768 – juris). Zudem kann eigenen Beobachtungen im Familienkreis keine entscheidende Bedeutung zukommen, da sie sich nicht auf eine breite und vergleichbare fachlich Basis stützen und nicht von dafür ausgebildeten Fachkräften stammen, wie dies bei der Untersuchung eines ganzen Jahrgangs im Rahmen der Einschulung der Fall ist (VG Cottbus, B.v. 10.7.2012 – 1 L 206/12LKV 2012, 381). Daher führt die Einschätzung der Eltern und erst Recht nicht die des von ihnen beauftragten Bevollmächtigten zu keinem anderen Ergebnis.

Da bereits die vom Schulleiter getroffene positive Prognose zum Schulerfolg des Antragstellers im Rahmen des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden ist, kommen auch Ermessensfehler bei der Ablehnung der Rückstellung nicht in Betracht.

Somit war der Antrag in Haupt- und Hilfsantrag abzulehnen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO.

3. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG, wobei die Kammer von einer Halbierung des Auffangstreitwerts ausgeht (vgl. ebenso: VG Würzburg, B.v. 18. August 2016 – W 2 E 16.819 – juris).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 18/08/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozessk
published on 11/09/2015 00:00

Tenor 1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Die a
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.