Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 11. Sept. 2015 - B 3 E 15.582

bei uns veröffentlicht am11.09.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die am ... 2009 in ... geborene Antragstellerin, vertreten durch die Eltern, begehrt die Zurückstellung von der Schulpflicht um ein (Schul-)Jahr gemäß Art. 37 Abs. 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesens - BayEUG -. Ihre Einschulung für das Schuljahr 2015/2016 steht derzeit unmittelbar bevor. Zwischen den Eltern der Antragstellerin und dem Antragsgegner besteht aber Streit darüber, ob die Antragstellerin (bereits) schulfähig ist.

Ausgangspunkt für diese Streitigkeit ist ein Kita-Vorsorgebogen vom 07.10.2014 zur Vorlage bei der Vorsorgeuntersuchung zur U8 und U9. Darin wird festgestellt, dass die Antragstellerin sehr leicht ablenkbar und unkonzentriert sei. Außerdem ist diesem Vorsorgebogen zu entnehmen, dass die Antragstellerin sehr undeutlich spreche, beim Sprechen nur wenige Wörter angemessenen verwende und sprachlich inaktiv sei. Sie habe deutliche Schwierigkeiten zu verstehen, was ihr gesagt werde. Zudem sei auffällig, dass die Antragstellerin nicht in vollständigen Sätzen spreche.

Unter dem 21.01.2015 erstellte die Fachärztin für Kinderheilkunde, Frau Dr. med. ..., ein knapp gehaltenes ärztliches Attest. Darin empfiehlt sie, die Antragstellerin von der Einschulung aus sozialen und emotionalen Gründen sowie aufgrund von Sprachentwicklungsverzögerungen zurückzustellen. Eine weitere und vertiefende Begründung erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 22.01.2015 befürwortete auch die Leiterin der evangelischen Kindertageseinrichtung ..., Frau ..., die Zurückstellung der Antragstellerin vom Schulbesuch für das Schuljahr 2015/2016. Die Antragstellerin weise neben sprachlichen Defiziten (Probleme bei der Satzbildung, Vergessen von Artikeln, Fehler beim Beugen der Verben) auch sonstige Auffälligkeiten auf („Verspieltheit“, zu langsames Arbeitstempo, wenig Selbstbewusstsein in der Gesamtgruppe, Konzentrationsprobleme, geringe Anstrengungsbereitschaft, Arbeitsaufträge werden nicht korrekt verstanden).

Zur Feststellung der Schulfähigkeit ließ der Antragsgegner am 23.03.2015 von erfahrenen Grundschullehrkräften ein Screening im Rahmen eines Schulspiels durchführen. Dabei sind nach Einschätzung des Antragsgegners insbesondere im sozial-emotionalen Bereich keine Auffälligkeiten der Antragstellerin sichtbar geworden. Darüber hinaus hat der Antragsgegner am 25.03.2015 einen Schulreifetest (Reutlinger Test für Schulanfänger) durchgeführt, wobei in erster Linie der momentane geistige, sprachliche und motorische Entwicklungsstand der Antragstellerin getestet wurde. Bei dieser in zehn Untertests gegliederten Testreihe hat die Antragstellerin von 40 möglichen Punkten 30 erreicht, weshalb der Antragsgegner die Schulfähigkeit der Antragstellerin für eindeutig als festgestellt erachtete.

Einer Mitteilung der Logopädin, Frau ..., vom 29.03.2015 ist zu entnehmen, dass diese mit der Antragstellerin in der Zeit vom 23.01.2015 bis 27.03.2015 eine logopädische Therapie durchgeführt hat. Die Antragstellerin leide an Artikulationsstörungen, multipler Dyslalie sowie Störungen in der Laut- und Lautverbindungsbildung. Die Logopädin halte die Fortsetzung der Therapie für notwendig, um die bisherigen Fortschritte weiter zu festigen.

Mit Schreiben vom 19.06.2015 beantragten die Eltern der Antragstellerin, diese für ein Schuljahr von der Aufnahme in die Grundschule ... zurückzustellen. Die Antragstellerin sei nicht genügend entwickelt, um mit Aussicht auf Erfolg am Unterricht der Grundschule teilnehmen zu können.

Der Antragsgegner lehnte den Antrag vom 19.06.2015 mit Bescheid vom 24.07.2015 ab. Mit der Antragstellerin sei am 25.03.2015 ein Schulreifetest durchgeführt worden, bei dem die Schulfähigkeit der Antragstellerin eindeutig festgestellt worden sei. Auch die Beobachtungen der bei diesem Test anwesenden Lehrkräfte hätten dies bestätigt. Die Antragstellerin habe gut mitgearbeitet und die Aufgaben selbstständig sowie konzentriert bewältigt. Meist sei sie sogar von den insgesamt sechs Testkindern als Erste mit der geforderten Arbeit fertig geworden. Die Antragstellerin freue sich auf die Schule. Das habe sie sogar im März bei der Einschreibung geäußert. Dies sei u. a. ein deutliches Zeichen für ein schulfähiges Kind. Sie habe beim Schulspiel am 23.03.2015 und beim Test am 25.03.2015 die Fähigkeiten und Fertigkeiten bewiesen, die ein Schulanfänger brauche. Durch eine Zurückstellung könnten diese Fähigkeiten nicht entsprechend gefördert werden, was zur Folge haben könne, dass sich die Antragstellerin demotiviert und weniger leistungsbereit verhalte. Aus pädagogischer und psychologischer Sicht sei es nicht zu verantworten, die Antragstellerin ein weiteres Jahr im Kindergarten zu belassen.

Hiergegen ließen die Eltern der Antragstellerin mit Schreiben vom 30.07.2015 Widerspruch einlegen. Sie machen geltend, dass die Antragstellerin entgegen der Ergebnisse der durchgeführten Tests noch nicht ausreichend schulreif sei und verweisen auf eine aktuelle ärztliche Bescheinigung der Kinderärztin Dr. med. ... vom 30.07.2015, welche der vom 21.01.2015 entspricht.

Unter dem 14.08.2015 fertigte die Förderlehrerin, Frau ..., die die Antragstellerin als Vorkurslehrerin von September 2014 bis Juli 2015 zur Förderung der deutschen Sprache regelmäßig mit drei Wochenstunden unterrichtet hatte, eine schriftliche Einschätzung über den Entwicklungs- und Leistungsstand der Antragstellerin. Dieser Stellungnahme ist zu entnehmen, dass sich die Antragstellerin nach anfänglichen Motivationsproblemen zusehends gut entwickelt habe. Sie leiste ihrem Altersstand entsprechend gute Sprachbeiträge und sei im Laufe des Jahres immer mehr zu einem richtig guten und aufgeschlossenen Vorschulkind geworden. In den letzten Wochen des Vorkurses habe die Antragstellerin die unterschiedlichsten Arbeitsanweisungen sofort verstanden und die Aufgaben zielstrebig, konzentriert, schnell und richtig ausgeführt. Auch habe sie den anderen Gruppenmitgliedern souverän helfen und ihnen genau erklären können, was gemacht werden müsse. Die Antragstellerin sei somit schulreif.

Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 25.08.2015,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache im Schuljahr 2015/2016 von der Einschulung zurückzustellen.

Bei der Antragstellerin sei sowohl durch die betreuende Erzieherin als auch durch die Kinderärztin festgestellt worden, dass die Antragstellerin im Vergleich zu Gleichaltrigen insbesondere im Rahmen des Verständnisses von Arbeitsaufträgen und in der sprachlichen Entwicklung Defizite aufweise. Vor diesem Hintergrund habe die Leiterin der evangelischen Kindertageseinrichtung ..., Frau ..., unbedingt zur Zurückstellung der Antragstellerin von der Schulpflicht geraten, da aufgrund der festgestellten Beeinträchtigungen der Antragstellerin damit zu rechnen sei, dass diese nicht mit Erfolg am Unterricht teilnehmen werde können. Auch die Kinderärztin Frau Dr. med. ... befürworte aus emotionalen und sozialen Gründen sowie aufgrund von Sprachentwicklungsstörungen eine Zurückstellung der Antragstellerin. Da es der Antragstellerin insbesondere in der Gesamtgruppe laut Aussage der Leiterin der Kindertagesstätte noch an Selbstbewusstsein sowie am Verständnis von konkreten Arbeitsaufträgen mangele, sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin sich insbesondere im Klassenverband nicht zutrauen werde, Arbeitsaufträge, welche sie nicht richtig verstehe, zu hinterfragen. Schon vor diesem Hintergrund sei zu befürchten, dass die Antragstellerin dem Unterricht nicht ausreichend folgen können werde. Auch das konstatierte zu langsame Arbeitstempo werde dazu führen, dass die Antragstellerin den Anschluss verlieren werde und damit nicht erfolgreich am Unterricht teilnehmen könne. Zudem schmälere sowohl die geringe Konzentrationsfähigkeit als auch der bei der Antragstellerin im Vergleich zu Gleichaltrigen noch vorhandene erhöhte Spieltrieb die Aufnahmefähigkeit der Antragstellerin. Schließlich mangele es der Antragstellerin noch am ausreichenden Verständnis für die deutsche Sprache, was sich daran zeige, dass sie Wörter nicht angemessen verwende und nicht in vollen Sätzen spreche. Aufgrund dessen verhalte sich die Antragstellerin sprachlich inaktiv und spreche nur sehr undeutlich. Diese Unsicherheit werde wiederum dazu führen, dass sich die Antragstellerin am Unterrichtsgeschehen nicht beteiligen werde und sich damit wiederum im Klassenverband nicht behaupten könne. Deshalb werde die Antragstellerin bei einer Einschulung bereits zum Schuljahr 2015/2016 nicht mit Erfolg am Unterricht teilnehmen können. Daran ändere auch die Einschätzung der Förderlehrerin, Frau ..., vom 14.08.2015 nichts, weil sie die Antragstellerin nicht annähernd so gut kenne, wie die Leiterin der Kindertagesstätte, die die Antragstellerin langjährig betreut habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2015 wies das Staatliche Schulamt in der Stadt Bayreuth den Widerspruch der Eltern der Antragstellerin vom 30.07.2015 zurück. Ein fehlerhafter Ermessensgebrauch der Schulleitung sei nicht zu erkennen. Die Schulreifetests vom 23.03.2015 und 25.03.2015 hätten die Aussagen der Kindergartenleitung und die Beobachtungen der Kinderärztin nicht bestätigt, so dass seitens der Schulleitung die Schulfähigkeit der Antragstellerin festzustellen gewesen sei. Auch die Förderlehrerin des Vorkurses für Migrationskinder habe in ihrer Stellungnahme vom 14.08.2015 ausdrücklich die Schulreife der Antragstellerin bestätigt.

Mit Telefax vom 07.09.2015 legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin eine aktuelle Stellungnahme der Leiterin der evangelischen Kindertageseinrichtung ... ... vom 04.09.2015 vor. Aus der Stellungnahme geht hervor, dass die Antragstellerin zu wenig Selbstbewusstsein habe und sich bei komplexen Anforderungen von der Stofffülle verunsichern lasse. Sie benötige des Öfteren bei der Erstellung einer Arbeitsplanung noch Hilfe. Es falle ihr schwer, eigene Leistungen richtig einzuschätzen. Sie habe Schwierigkeiten bei Entscheidungen systematisch vorzugehen. Außerdem benötige sie beim Treffen von Entscheidungen häufig noch Zuspruch und traue sich nicht, die eigene Meinung nachdrücklich zu vertreten. Es werde daher der Kita-Besuch für ein weiteres Jahr befürwortet. Die Antragstellerin müsse in ihrer Entwicklung noch unterstützt und gestärkt werden, um ihre Persönlichkeit zu stabilisieren und um dann kompetenter mit allen schulischen Anforderungen umgehen zu können.

Mit Schriftsatz vom 09.09.2015 beantragt der Antragsgegner,

den Antrag abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Behörden- und die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Eine einstweilige Anordnung ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden, nötig erscheint (Regelungsanordnung). § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO.

Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Über den Erfolg des Antrags ist grundsätzlich aufgrund einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung zu entscheiden. Ein Anordnungsgrund setzt voraus, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 123 Rn. 26 m. w. N.). Ergibt die überschlägige rechtliche Beurteilung auf der Grundlage der verfügbaren und vom Antragsteller glaubhaft zu machenden Tatsachenbasis, dass von überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszugehen ist, besteht regelmäßig ein Anordnungsanspruch. Eine einstweilige Anordnung ist daher in aller Regel zu erlassen, sofern durch die Veränderung des bestehenden Zustandes eine Rechtsvereitelung oder sonst nicht abwendbare Rechtsbeeinträchtigungen drohen.

a) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Dringlichkeit der begehrten Anordnung ergibt sich daraus, dass das Schuljahr 2015/2016 bereits in der nächsten Kalenderwoche beginnt.

b) Ein Anordnungsanspruch ist jedoch nicht glaubhaft gemacht worden.

Nach summarischer Prüfung hat die Antragstellerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Zurückstellung vom Schulbesuch gemäß Art. 37 Abs. 2 BayEUG.

aa) Die sechs Jahre alte Antragstellerin ist mit Beginn des Schuljahres 2015/2016 grundsätzlich schulpflichtig, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 BayEUG.

bb) Nach Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayEUG kann ein Kind, das am 30. September mindestens sechs Jahre alt ist, für ein Schuljahr von der Aufnahme in die Grundschule zurückgestellt werden, wenn zu erwarten ist, dass das Kind voraussichtlich erst ein Schuljahr später mit Erfolg am Unterricht der Grundschule teilnehmen kann. Die Entscheidung hierüber trifft gemäß § 4 Abs. 3 der Grundschulordnung - GrSO - die Schulleiterin oder der Schulleiter. Auch wenn Art. 37 Abs. 2 BayEUG einen Antrag der Erziehungsberechtigten nicht vorsieht, so ist ein solcher doch zulässig. Die Erziehungsberechtigten haben zwar keinen Anspruch auf Zurückstellung, weil es sich um eine Ermessensentscheidung handelt („kann“). Sie haben jedoch einen Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (Carl Link, Das Schulrecht in Bayern, Band 2, BayEUG, Art. 37 Rn. 3). Für die Zurückstellung i. S. v. Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayEUG kommt es entscheidend auf die Frage der Schulfähigkeit bzw. der Schulreife als materielle Einschulungsvoraussetzung an. Insoweit ist eine pädagogische Prognose über die schulischen Erfolgsaussichten eines Kindes zu erstellen (VG Augsburg, B. v. 7.9.2006 - Au 3 K 06.00804 - BeckRS 2006, 33105). Ein Kind ist schulfähig, wenn es körperlich, geistig-seelisch und sozial so weit entwickelt ist, dass es am Unterricht erfolgreich teilnehmen kann. Die inhaltliche Ausprägung des Art. 37 Abs. 2 BayEUG lässt eine breit angelegte Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen und Fähigkeiten des Kindes zu. Faktoren, die den Schulerfolg maßgeblich bestimmen, sind beispielsweise soziale Reife und Sozialfähigkeit (Ansprechbarkeit, Kontaktaufnahme zu anderen Kindern in der Gruppe), Sprache (Sprach- und Sprechverhalten, Sprach- und Anweisungsverständnis), Emotionalität (Spannungen, Ängstlichkeit), psychische Stabilität, Selbstvertrauen, Motorik, Wahrnehmung, Logik, Denkfähigkeit, Gedächtnis, Selbstständigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Anstrengungsbereitschaft, Belastbarkeit, Ausdauer, Gliederungsfähigkeit und Arbeitstempo (vgl. Udo Dirnaichner, Praxis der Kommunalverwaltung, Stand Juli 2015, Art. 37 BayEUG). Im Hinblick auf die Beurteilung des Tatbestandsmerkmals der Schulfähigkeit steht dem Schulleiter aufgrund des wertenden Charakters der Entscheidung ein relativ großer und gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer (Beurteilungs-)Spielraum zu (Carl Link, Das Schulrecht in Bayern, Band 2, BayEUG, Art. 37 Rn. 3; Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, S. 65, Rn. 227). Der Schulleiter ist dabei an die Auffassung der Erziehungsberechtigten nicht gebunden (VG Augsburg, B. v. 7.9.2006 - Au 3 K 06.00804 - a. a. O.). Die aufgrund pädagogischer Einschätzungen und Abwägungen getroffene und auf prognostischen Überlegungen beruhende Entscheidung des Schulleiters über die Schulfähigkeit eines Kindes ist gerichtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob der Schulleiter wesentliche Verfahrensvorschriften oder allgemeine Wertmaßstäbe verletzt hat, ob er willkürlich gehandelt hat oder von sachfremden Erwägungen und unrichtigen Tatsachen ausgegangen ist und ob die zugrunde liegenden Tatsachen einer objektiven Überprüfung standhalten (Rux/Niehues, Schulrecht, S. 379, Rn. 1484; OVG NRW, B. v. 10.08.2006 - 19 B 1513/06 - juris Rn. 6).

Gemessen an diesem Maßstab hat die Antragstellerin allen Anhaltspunkten nach keinen Anspruch auf Zurückstellung vom Schulbesuch gemäß Art. 37 Abs. 2 BayEUG. Der Antragsgegner hat im Rahmen seines Beurteilungsspielraums eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zur Schulfähigkeit der Antragstellerin getroffen. Er ist dabei von zutreffenden Tatsachen ausgegangen.

Die Antragstellerin kann die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nicht dadurch infrage stellen, dass sie sich auf den Inhalt des Kita-Vorsorgebogens vom 07.10.2014 zur Vorlage bei der Vorsorgeuntersuchung zur U8 und U9 beruft. Darin ist zwar ausgeführt, dass die Antragstellerin sehr leicht ablenkbar und unkonzentriert sei und zudem unter Sprachentwicklungsstörungen leide. Diese Feststellungen sind aber in zeitlicher Hinsicht gesehen längst überholt und hatten deshalb bei der Entscheidung des Antragsgegners vom 24.07.2015 über die Schulfähigkeit nahezu kein Gewicht mehr. Denn die Antragstellerin hat in der Zeit von September 2014 bis Juli 2015 an einem Vorkurs für Vorschulkinder mit Migrationshintergrund zur Förderung der deutschen Sprache mit wöchentlich drei Schulstunden teilgenommen. Aufgrund dieser insbesondere sprachlichen Vorschulförderung ist die betreuende Förderlehrerin, Frau ..., in dem aktuellen Schreiben vom 14.08.2015 zu der Einschätzung gelangt, dass die Antragstellerin mittlerweile „ihrem Altersstand entsprechend gute Sprachbeiträge“ leiste und ihre Aufgaben konzentriert ausführe. Diese Feststellung deckt sich mit der ebenfalls aktuellen Stellungnahme der Leiterin der Kindertagestätte, Frau ..., vom 04.09.2015, in der sie - anders als in ihrer Stellungnahme vom 22.01.2015 - der Antragstellerin weder Konzentrationsprobleme noch sprachliche Defizite attestiert. Zu diesem offensichtlichen sprachlichen Fortschritt der Antragstellerin dürfte wohl auch die logopädische Therapie beigetragen haben, die mit der Antragstellerin in der Zeit vom 23.01.2015 bis zum 27.03.2015 durchgeführt worden ist. Nach Auffassung des Gerichts zeigt die Gesamtschau dieser Tatsachen, dass das Sprachverhalten der Antragstellerin mittlerweile altersgerecht ausgeprägt ist. Außerdem darf nicht verkannt werden, dass das sprachliche Leistungsniveau der Vorschulkinder, die die Schulreife erreicht haben, einer großen Bandbreite unterliegt. Nicht bei jedem Kind, das sprachliche Defizite aufweist, ist damit zugleich die Prognose verbunden, dass es nicht mit Erfolg am Unterricht teilnehmen wird. Dementsprechend steht der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Antragsgegners unter Beachtung der allgemeinen Wertmaßstäbe auch nicht entgegen, dass die behandelnde Logopädin, Frau ..., in ihrer Stellungnahme vom 29.03.2015 eine Fortsetzung der logopädischen Therapie für notwendig erachtet hat. Denn aus ihrer Stellungnahme wird zugleich deutlich, dass sie die Fortsetzung der Therapie auch deshalb befürwortet hat, um die bisher erzielten Ergebnisse der Antragstellerin „weiter zu festigen“. Daraus wird deutlich, dass die Antragstellerin durch die erfolgte logopädische Therapie sprachliche Fortschritte erzielte. Dies wird auch durch das (positive) Ergebnis der Antragstellerin bei den Schulreifetests vom 23.03.2015 und 25.03.2015 bestätigt. Es ist insoweit weder vorgetragen worden, noch den Behördenakten zu entnehmen, dass den anwesenden und pädagogisch geschulten Lehrkräften bei diesen Schulreifetest sprachliche Defizite der Antragstellerin aufgefallen sind (siehe hierzu auch die Ausführungen im Bescheid vom 24.07.2015). Aufgrund dieser Entwicklung der Antragstellerin ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner bei seiner Entscheidung vom 24.07.2015 dem Kita-Vorsorgebogen vom 07.10.2014 kein Gewicht beigemessen hat und sich deshalb mit diesem nicht explizit auseinander gesetzt hat.

Ein Ermessensfehlgebrauch liegt auch nicht darin, dass der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 24.07.2015 nicht näher und vertieft auf die ärztliche Bescheinigung der Frau Dr. med. ... vom 21.01.2015 und die schriftliche Empfehlung der Leiterin der Kindertagestätte, Frau ..., vom 22.01.2015 eingegangen ist. Der Antragsgegner hat diese Stellungnahmen bereits dadurch ausreichend gewürdigt, dass er sie zum Anlass genommen hat, mit der Antragstellerin Schulreifetests durchzuführen, um das Vorliegen der Schulfähigkeit abschließend beurteilen zu können. Angesichts der positiven und eindeutigen Ergebnisse der Schulreifetests vom 23.03.2015 und 25.03.2015, die die Befunde aus den Stellungnahmen in keiner Weise bestätigen konnten, ist es auch nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen, dass der Antragsgegner die ärztliche Bescheinigung vom 21.01.2015 nicht für derart gewichtig gehalten hat, die Antragstellerin vom Schulbesuch zurückzustellen.

Im Übrigen verhelfen der Antragstellerin die ärztlichen Bescheinigungen der Frau Dr. med. ... vom 21.01.2015 und 30.07.2015 auch sonst nicht zum Erfolg des Eilantrages. Insbesondere hält das Gericht beide Bescheinigungen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung für nicht bzw. nicht mehr aussagekräftig. Die Bescheinigung vom 21.01.2015 ist durch die aktuelle Bescheinigung vom 30.07.2015 zeitlich überholt und im Hinblick auf die bereits oben beschriebenen Fortschritte im Entwicklungsstand der Antragstellerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr aussagekräftig. Der aktuellen Bescheinigung vom 30.07.2015 fehlt es an Aussagekraft, weil sie angesichts der bisherigen Entwicklungen zu knapp gehalten ist und keine Begründung enthält. Es ist nicht nachvollziehbar, warum in der aktuellen ärztlichen Bescheinigung vom 30.07.2015 eine Zurückstellung vom Schulbesuch nach wie vor aufgrund von Sprachentwicklungsverzögerungen angeraten wird. Zu dieser Einschätzung kommen weder die Leiterin der Kindertagestätte, Frau ..., in ihrer aktuellen Stellungnahme vom 04.09.2015 noch die Förderlehrerin, Frau ..., in der Stellungnahme vom 14.08.2015, die beide die Antragstellerin intensiv betreut haben und bestens pädagogisch geschult sind. Angesichts dieser Umstände drängt sich dem Gericht der Verdacht auf, dass es sich bei der ärztlichen Bescheinigung der Frau Dr. med. ... vom 30.07.2015 eher um eine - sachlich wenig aussagefähige - Gefälligkeitsbescheinigung handelt. Dieser Verdacht wird dadurch bestätigt, dass es außerdem nicht nachvollziehbar ist, warum Frau Dr. med. ... aus sozialen und emotionalen Gründen eine Zurückstellung vom Schulbesuch „dringend“ befürwortet. Emotionale Gründe für eine Zurückstellung ergeben sich schon nicht aus dem Kita-Vorsorgebogen vom 07.10.2014. Aus diesem Vorsorgebogen ergibt sich nämlich, dass die Antragstellerin z. B. weder ängstlich noch auffällig oft traurig oder weinerlich gewesen ist. Auch das Vorliegen von erheblichen sozialen Gründen ist von Frau Dr. med. ... nicht begründet worden, obwohl Frau ... in ihrer Stellungnahme vom 14.08.2015 z. B. ausgeführt hat, dass die Antragstellerin „den anderen Gruppenmitgliedern souverän helfen und ihnen genau erklären [konnte], was gemacht werden muss“. Insoweit bestehen keinerlei Bedenken dahingehend, dass der ärztlichen Bescheinigung der Frau Dr. med. ... vom 30.07.2015 im Widerspruchsbescheid vom 26.08.2015 keine gewichtige Bedeutung beigemessen wurde.

Eine Entscheidung zugunsten der Antragstellerin ergibt sich auch nicht aus den Stellungnahmen der Leiterin der Kindertagestätte ... vom 22.01.2015 und 04.09.2015. Ein Vergleich beider Stellungnahmen zeigt deutlich, dass sich der Entwicklungs- und Leistungsstand der Antragstellerin erheblich verbessert hat. In ihrer aktuellen Stellungnahme vom 04.09.2015 hat Frau ... der Antragstellerin weder Konzentrationsprobleme, „Verspieltheit“, langsames Arbeitstempo oder geringe Anstrengungsbereitschaft, noch sprachliche Defizite attestiert. Die in der aktuellen Stellungnahme vom 04.09.2015 aufgezählten Defizite sind auch nicht derart gravierend, dass sich dem Gericht aus pädagogischer Sicht eine Zurückstellung vom Schulbesuch offenkundig aufdrängen müsste. Vielmehr handelt sich dabei nach Auffassung des Gerichts um nur noch relativ geringfügige Defizite, die in der Bandbreite der zur Beurteilung der Schulfähigkeit zu berücksichtigenden Fähigkeiten nicht ausschlaggebend sein müssen und die auch schulreife Kinder aufweisen können.

2. Nach alledem ist der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Auffangstreitwert nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu halbieren ist.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.