Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 18. März 2015 - 12 K 2931/13

bei uns veröffentlicht am18.03.2015

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger weitere Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR zu gewähren.

Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 24.07.2013 und dessen Widerspruchbescheid vom 30.07.2013 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist bei dem Beklagten mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Am 16.05.2013 verordnete der Arzt Dr. K. dem Kläger eine Fernbrille mit Kunststoffgläsern. Dabei sollte das linke Brillenglas den sphärischen Wert 0,00 Dioptrien und den zylindrischen Wert -2,00 Dioptrien haben. Das rechte Brillenglas sollte den sphärischen Wert +1,25 Dioptrien und den zylindrischen Wert -4,50 Dioptrien erhalten. Die Verordnung enthielt die Bemerkung, dass die Werte nach den subjektiven Angaben des Klägers refraktioniert worden seien. Jedoch sei eine Anpassung der Refraktionswerte durch den Optiker an das jeweilige Brillengestell und die gewählten Gläser nötig. Der Optiker G. erstellte nach einer weiteren subjektiven Refraktionierung eine Fernbrille mit Kunststoffgläsern. Dabei erhielt das rechte Brillenglas einen sphärischen Wert von -0,25 Dioptrien und einen zylindrischen Wert von -2,00 Dioptrien. Das linke Brillenglas bekam einen sphärischen Wert von +0,25 Dioptrien und einen zylindrischen Wert von -4,00 Dioptrien. Der Optiker G. stellte dem Kläger für jedes Brillenglas 174 EUR in Rechnung. Insgesamt wies die Rechnung einen Betrag von 530 EUR für die Brille aus.
Mit Erstattungsantrag vom 14.07.2013 machte der Kläger beim Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) des Beklagten unter anderem die Aufwendungen für die genannte Brille geltend.
Mit Bescheid vom 24.07.2013 hielt das LBV die Aufwendungen in Bezug auf die Brillengläser in der Höhe von 40 EUR pro Brillenglas für beihilfefähig.
Mit Schreiben vom 24.07.2013, zugegangen am 26.07.2013, erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 24.07.2013 Widerspruch und konkretisierte diesen auf die Beihilfe bezüglich der Brillengläser. Er trug im Wesentlichen vor, dass Mehraufwendungen für Kunststoffgläser bei bestimmten Indikationen ohne Beschränkung auf einen Höchstsatz beihilfefähig seien. Eine solche Indikation sei unter anderem bei einem Brechkraftunterschied ab 2 Dioptrien gegeben. Diese Voraussetzung sei bei ihm in Bezug auf die zylindrischen Werte gegeben. Durch die Entspiegelung der Gläser seien keine Mehrkosten entstanden, weil der Hersteller hierfür keine Kosten berechne.
Das LBV wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2013 als unbegründet zurück. Es führte hierbei im Wesentlichen aus, dass sich die Beihilfefähigkeit von Sehhilfen nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO i.V.m. dem Hilfsmittelverzeichnis nach Nr. 2 der Anlage zur BVO sowie den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften richte. Hinsichtlich der Angemessenheit für Brillengläser enthalte weder die BVO noch das Hilfsmittelverzeichnis derselben eine Höchstbetragsregelung. Über die Angemessenheit habe daher das LBV gemäß § 5 Abs. 1 BVO nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die Beihilfestelle könne daher nach Erfahrungswerten Höchstbeträge festsetzen. Das LBV habe einen Höchstbetrag von 40 EUR pro zylindrischem Brillenglas festgelegt. Dieser Höchstbetrag gelte nicht, wenn bezüglich der sphärischen Werte der Brillengläser ein Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien bestehe. Dann seien die Aufwendungen für die Brillengläser im vollem Umfang beihilfefähig. Eine solche Indikation liege beim Kläger jedoch nicht vor, weil sein rechtes Brillenglas laut der Rechnung des Optikers einen sphärischen Wert von -0.25 und das Linke einen Wert von +0,25 aufweise.
Hiergegen hat der Kläger am 20.08.2013 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Er trägt über seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren hinausgehend im Wesentlichen vor, dass das LBV laut einer Informationsbroschüre Mehraufwendungen für Kunststoffgläser bei einem Brechkraftunterschied der beiden Brillengläser ab 2 Dioptrien vollständig ersetzte. Dass dies nur für die sphärischen Werte gelte, sei aus der Broschüre nicht ersichtlich. Dies würde auch der Sache nach keinen Sinn machen, weil die Brillengläser auch bei einem Brechkraftunterschied in den zylindrischen Werten unterschiedlich dick und schwer seien. Der Sinn der Indikation liege darin, den Gewichtsunterschied der Brillengläser bei einem zu hohen Brechkraftunterschied erträglicher zu machen. Der kommunale Versorgungsverband Baden-Württemberg stelle im Übrigen auch auf die zylindrischen Werte ab. Dass das LBV aufgrund einer internen Regelung nur auf die sphärischen Werte abstelle und sich hieraus eine bessere Verwaltungspraktikabilität ergebe, könne kein tragendes Argument sein. Es liege ein Ermessensfehlgebrauch vor. Die vom LBV angeführten Regelungen würden auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen und seien daher vorliegend nicht anwendbar. Die Hilfsmittel-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung des Bundes würden aus dem Jahr 2005 stammen und seien veraltet.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihm weitere Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR zu gewähren und den Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 24.07.2013 und dessen Widerspruchsbescheid vom 30.07.2013 aufzuheben, soweit diese dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Das LBV trägt über den Vortrag im Verwaltungsverfahren hinaus vor, dass die Anschaffung von Kunststoffgläsern beim Kläger nicht notwendig bzw. angemessen sei. Das LBV des Beklagten stelle aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität in ständiger Verwaltungspraxis für die Ermittlung des Brechkraftunterschieds auf die sphärischen Werte der Brillengläser ab. Dies sei mit dem Augenoptikerverband auch so abgesprochen worden. Eine Verpflichtung, auch auf zylindrische Werte abstellen zu müssen, bestehe nicht. Nach den Hilfsmittel-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung des Bundes werde die Anschaffung von Kunststoffgläsern erst ab 3 Dioptrien als notwendig angesehen. In der aktuellen Bundesbeihilfeverordnung liege die Grenze zwar bei 2 Dioptrien. Allerdings seien die zusätzlichen Aufwendungen hier durch einen Höchstbetrag von 21 EUR pro Brillenglas begrenzt. In der vorliegend maßgeblichen Bundesbeihilfeverordnung aus dem Jahre 2013 sei eine andere Regelung vorhanden als in der jetzt aktuellen Bundesbeihilfeverordnung. Die Verwaltungsvorschriften des kommunalen Versorgungsverbandes hätten für die Auslegung des § 5 Abs. 1 BVO durch den Beklagten keine Bedeutung.
12 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
13 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR. Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 24.07.2013 und dessen Widerspruchsbescheid vom 30.07.2013 sind, soweit sie angefochten wurden, rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
15 
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO vom 01.11.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 18.12.2012 (GBl. 677, 683) i.V.m. Nrn. 2.1, 2.2.2 Satz 1 der Anlage zur BVO in der Fassung vom 18.12.2012 (GBl. 677, 683).
16 
Dabei ist die Beihilfeverordnung anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen galt, weil beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird, zu beurteilen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12).
17 
Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO i.V.m. Nrn. 2.1 und 2.2.2 Satz 1 der Anlage zur BVO sind vorliegend erfüllt, weil die Brillengläser des Klägers nach der Verordnung des Augenarztes Dr. K. vom 16.05.2013 und der Anpassung der Refraktionswerte durch den Optiker G. erstellt wurden.
18 
Auch die Voraussetzungen der Notwendigkeit und der Angemessenheit der Aufwendungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, die als allgemeine Voraussetzungen immer vorliegen müssen, sind vorliegend gegeben. Dabei ist es unter den Beteiligten unstreitig, dass bei dem Kläger Brillengläser mit den von dem Optiker G. festgelegten Werten notwendig sind.
19 
Die Aufwendungen für die Erstellung der Kunststoffgläser sind bei einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien in den zylindrischen Werten auch in vollem Umfang als angemessen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO anzusehen. Dabei steht der Festsetzungsstelle - hier dem LBV des Beklagten - hinsichtlich der Angemessenheit kein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zu. Es kann auch, soweit die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, keine Höchstbeträge festsetzen, die in der Beihilfeverordnung nicht geregelt sind (vgl. zu Festbeträgen BVerwG, Urteil vom 08.11.2012 - 5 C 4.12 – juris Rn. 17). Zwar entscheidet die Beihilfestelle gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO über die Notwendigkeit und die Angemessenheit. Dies soll jedoch nur verdeutlichen, dass die Notwendigkeit und die Angemessenheit nicht abschließend von dem jeweiligen Arzt bestimmt werden, sondern der objektiven behördlichen Kontrolle unterliegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.07.2009 - 10 S 465/09 - juris Rn. 20). Die behördliche Entscheidung ist dann der vollen Überprüfung durch das Verwaltungsgericht unterworfen. Denn die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe wie der Notwendigkeit und der Angemessenheit muss das Verwaltungsgericht eigenständig vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 10.95 - juris Rn. 20; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.07.2009 - 10 S 465/09 - juris Rn. 20).
20 
Nach der Rechtsauffassung des Gerichts sind die Aufwendungen für die Erstellung von Kunststoffgläsern bei einem Brechkraftunterschied der Gläser von mindestens 2 Dioptrien als angemessen anzusehen (a.A. erst ab 3 Dioptrien Brechkraftunterschied nach § 14 Abs. 3 lit. d der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung in der Fassung vom 21.12.2011/ 15. März 2012, BAnz AT 10.04.2012 B2). Angemessen sind die Aufwendungen dann, wenn und soweit keine gleich wirksame preisgünstigere Behandlung zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.11.2012 - 5 C 4.12 – juris Rn. 15). Dies ist bei Brillengläsern mit einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien der Fall. Denn preisgünstigere Brillengläser aus herkömmlichen Glas wären hier nicht gleich wirksam, weil sie zu einem signifikanten Dicken- und Gewichtsunterschied der Brillengläser führen würden. Dies belegt zum einen der Optiker G., weil er in seinem Schreiben vom 11.06.2013 als Begründung für die Verwendung von Kunststoffgläsern bei dem Kläger angab, dass hierdurch der Dicken- und Gewichtsunterschied aufgrund der Anisometropie in Sphäre und Zylinder ausgeglichen werden soll. Zudem geht auch die Bundesbeihilfeverordnung vom 13.02.2009 (BGBl. I 2009, 326) in der hier maßgeblichen Fassung vom 12.12.2012 (BGBl. I 2012, 2657) in Nr. 4 lit. a) bb) des Abschnitts 4 der Anlage 11 davon aus, dass Aufwendungen für Kunststoffgläser bei einer Anisometropie ab 2 Dioptrien grundsätzlich angemessen sind. Dieser Ansicht ist die Beklagte im Übrigen selbst, weil sie bei einem Brechkraftunterschied der Brillengläser ab 2 Dioptrien in ihren sphärischen Werten in ständiger Verwaltungspraxis von der Angemessenheit der Erstattung der Aufwendungen für Kunststoffgläsern ausgeht.
21 
Dabei müssen nach der Rechtsauffassung des Gerichts bei der Feststellung eines Brechkraftunterschiedes von mindestens 2 Dioptrien sowohl die sphärischen als auch die zylindrischen Werte der Brillengläser in gleicher Weise berücksichtigt werden. Denn beide Brechkraftunterschiede führen nach der überzeugenden Einlassung des Klägers sowie den glaubhaften Stellungnahmen des Optikers G. in vergleichbarer Weise zu einem Unterschied in der Dicke und im Gewicht der Brillengläser. Dass diese Auffassung richtig ist, lässt sich auch daran ablesen, dass die Bundesbeihilfeverordnung in Nr. 4 a) bb) des Abschnitts 4 der Anlage 11 nur von einer Anisometropie ab 2 Dioptrien spricht und nicht zwischen sphärischen und zylindrischen Werten unterscheidet. Auch der Optikerverband geht in dem von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ausschnitt aus dessen Glossar davon aus, dass ein Brechkraftunterschied auch bei torischen Brillengläsern zu einem Dickenunterschied derselben führt.
22 
Keinesfalls kann ein reines Abstellen auf die sphärischen Werte mit dem Argument der Praktikabilität gerechtfertigt werden. Zum einen ist es nicht ersichtlich, weshalb das Abstellen auf beide Werte einen weitaus höheren Verwaltungsaufwand zur Folge hätte. Zum anderen würden hierdurch Menschen die, wie der Kläger, einen Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien nur aufgrund der zylindrischen Werte ihrer Brillengläser haben, gegenüber solchen, die diesen Brechkraftunterschied in den sphärischen Werten aufweisen, benachteiligt, obwohl in beiden Fällen ein vergleichbarer Gewichts- und Dickenunterschied bei den Brillengläsern auftritt.
23 
Nach der Rechnung des Optikers G. liegt die Voraussetzung eines Brechkraftunterschiedes von mindestens 2 Dioptrien in den zylindrischen Werten bei dem Kläger vor. Denn das rechte Brillenglas weißt einen zylindrischen Wert von -2,00 Dioptrien und das linke Brillenglas einen solchen von -4,00 Dioptrien auf. Dies ergibt einen unterschiedswert von 2 Dioptrien.
24 
Eine Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf zusätzliche 21 EUR pro Brillenglas, wie sie beispielsweise die Bundesbeihilfeverordnung vorsieht, kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn eine solche Beschränkung auf einen Höchstbetrag ist in der Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg nicht vorgesehen ist. Dabei ist die Bundesbeihilfeverordnung bzw. deren Höchstbetrag auch nicht über § 5 Abs. 1 Satz 4 BVO anwendbar, weil die Bundesbeihilfeverordnung keine Rechtsvorschrift über Preise und Gebührend darstellt. Im Übrigen ist weder dargelegt, noch erkennbar, dass bei einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien in den sphärischen oder zylindrischen Werten die Anerkennung eines geringeren Betrages als des vollständigen Rechnungsbetrages als beihilfefähig angemessen wäre. Vielmehr geht der Beklagte selbst in ständiger Verwaltungspraxis davon aus, dass bei einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien in den sphärischen Werten der Rechnungsbetrag für die Kunststoffbrillengläser als angemessen und beihilfefähig anzusehen ist.
25 
Nach alledem muss der Beklagte dem Kläger weitere Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR gewähren. Denn er hat dem Kläger in Bezug den beihilfefähigen Betrag für die beiden Brillengläser in der Höhe von 243,60 EUR bisher einen Betrag in der Höhe von 56 EUR gezahlt.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO.
27 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil die Frage, ob bei einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien in den zylindrischen Werten die Aufwendungen für Kunststoffgläser angemessen sind, grundsätzliche Bedeutung hat.

Gründe

 
14 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR. Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 24.07.2013 und dessen Widerspruchsbescheid vom 30.07.2013 sind, soweit sie angefochten wurden, rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
15 
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO vom 01.11.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 18.12.2012 (GBl. 677, 683) i.V.m. Nrn. 2.1, 2.2.2 Satz 1 der Anlage zur BVO in der Fassung vom 18.12.2012 (GBl. 677, 683).
16 
Dabei ist die Beihilfeverordnung anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen galt, weil beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird, zu beurteilen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12).
17 
Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO i.V.m. Nrn. 2.1 und 2.2.2 Satz 1 der Anlage zur BVO sind vorliegend erfüllt, weil die Brillengläser des Klägers nach der Verordnung des Augenarztes Dr. K. vom 16.05.2013 und der Anpassung der Refraktionswerte durch den Optiker G. erstellt wurden.
18 
Auch die Voraussetzungen der Notwendigkeit und der Angemessenheit der Aufwendungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, die als allgemeine Voraussetzungen immer vorliegen müssen, sind vorliegend gegeben. Dabei ist es unter den Beteiligten unstreitig, dass bei dem Kläger Brillengläser mit den von dem Optiker G. festgelegten Werten notwendig sind.
19 
Die Aufwendungen für die Erstellung der Kunststoffgläser sind bei einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien in den zylindrischen Werten auch in vollem Umfang als angemessen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO anzusehen. Dabei steht der Festsetzungsstelle - hier dem LBV des Beklagten - hinsichtlich der Angemessenheit kein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zu. Es kann auch, soweit die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, keine Höchstbeträge festsetzen, die in der Beihilfeverordnung nicht geregelt sind (vgl. zu Festbeträgen BVerwG, Urteil vom 08.11.2012 - 5 C 4.12 – juris Rn. 17). Zwar entscheidet die Beihilfestelle gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO über die Notwendigkeit und die Angemessenheit. Dies soll jedoch nur verdeutlichen, dass die Notwendigkeit und die Angemessenheit nicht abschließend von dem jeweiligen Arzt bestimmt werden, sondern der objektiven behördlichen Kontrolle unterliegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.07.2009 - 10 S 465/09 - juris Rn. 20). Die behördliche Entscheidung ist dann der vollen Überprüfung durch das Verwaltungsgericht unterworfen. Denn die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe wie der Notwendigkeit und der Angemessenheit muss das Verwaltungsgericht eigenständig vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 10.95 - juris Rn. 20; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.07.2009 - 10 S 465/09 - juris Rn. 20).
20 
Nach der Rechtsauffassung des Gerichts sind die Aufwendungen für die Erstellung von Kunststoffgläsern bei einem Brechkraftunterschied der Gläser von mindestens 2 Dioptrien als angemessen anzusehen (a.A. erst ab 3 Dioptrien Brechkraftunterschied nach § 14 Abs. 3 lit. d der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung in der Fassung vom 21.12.2011/ 15. März 2012, BAnz AT 10.04.2012 B2). Angemessen sind die Aufwendungen dann, wenn und soweit keine gleich wirksame preisgünstigere Behandlung zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.11.2012 - 5 C 4.12 – juris Rn. 15). Dies ist bei Brillengläsern mit einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien der Fall. Denn preisgünstigere Brillengläser aus herkömmlichen Glas wären hier nicht gleich wirksam, weil sie zu einem signifikanten Dicken- und Gewichtsunterschied der Brillengläser führen würden. Dies belegt zum einen der Optiker G., weil er in seinem Schreiben vom 11.06.2013 als Begründung für die Verwendung von Kunststoffgläsern bei dem Kläger angab, dass hierdurch der Dicken- und Gewichtsunterschied aufgrund der Anisometropie in Sphäre und Zylinder ausgeglichen werden soll. Zudem geht auch die Bundesbeihilfeverordnung vom 13.02.2009 (BGBl. I 2009, 326) in der hier maßgeblichen Fassung vom 12.12.2012 (BGBl. I 2012, 2657) in Nr. 4 lit. a) bb) des Abschnitts 4 der Anlage 11 davon aus, dass Aufwendungen für Kunststoffgläser bei einer Anisometropie ab 2 Dioptrien grundsätzlich angemessen sind. Dieser Ansicht ist die Beklagte im Übrigen selbst, weil sie bei einem Brechkraftunterschied der Brillengläser ab 2 Dioptrien in ihren sphärischen Werten in ständiger Verwaltungspraxis von der Angemessenheit der Erstattung der Aufwendungen für Kunststoffgläsern ausgeht.
21 
Dabei müssen nach der Rechtsauffassung des Gerichts bei der Feststellung eines Brechkraftunterschiedes von mindestens 2 Dioptrien sowohl die sphärischen als auch die zylindrischen Werte der Brillengläser in gleicher Weise berücksichtigt werden. Denn beide Brechkraftunterschiede führen nach der überzeugenden Einlassung des Klägers sowie den glaubhaften Stellungnahmen des Optikers G. in vergleichbarer Weise zu einem Unterschied in der Dicke und im Gewicht der Brillengläser. Dass diese Auffassung richtig ist, lässt sich auch daran ablesen, dass die Bundesbeihilfeverordnung in Nr. 4 a) bb) des Abschnitts 4 der Anlage 11 nur von einer Anisometropie ab 2 Dioptrien spricht und nicht zwischen sphärischen und zylindrischen Werten unterscheidet. Auch der Optikerverband geht in dem von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ausschnitt aus dessen Glossar davon aus, dass ein Brechkraftunterschied auch bei torischen Brillengläsern zu einem Dickenunterschied derselben führt.
22 
Keinesfalls kann ein reines Abstellen auf die sphärischen Werte mit dem Argument der Praktikabilität gerechtfertigt werden. Zum einen ist es nicht ersichtlich, weshalb das Abstellen auf beide Werte einen weitaus höheren Verwaltungsaufwand zur Folge hätte. Zum anderen würden hierdurch Menschen die, wie der Kläger, einen Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien nur aufgrund der zylindrischen Werte ihrer Brillengläser haben, gegenüber solchen, die diesen Brechkraftunterschied in den sphärischen Werten aufweisen, benachteiligt, obwohl in beiden Fällen ein vergleichbarer Gewichts- und Dickenunterschied bei den Brillengläsern auftritt.
23 
Nach der Rechnung des Optikers G. liegt die Voraussetzung eines Brechkraftunterschiedes von mindestens 2 Dioptrien in den zylindrischen Werten bei dem Kläger vor. Denn das rechte Brillenglas weißt einen zylindrischen Wert von -2,00 Dioptrien und das linke Brillenglas einen solchen von -4,00 Dioptrien auf. Dies ergibt einen unterschiedswert von 2 Dioptrien.
24 
Eine Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf zusätzliche 21 EUR pro Brillenglas, wie sie beispielsweise die Bundesbeihilfeverordnung vorsieht, kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn eine solche Beschränkung auf einen Höchstbetrag ist in der Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg nicht vorgesehen ist. Dabei ist die Bundesbeihilfeverordnung bzw. deren Höchstbetrag auch nicht über § 5 Abs. 1 Satz 4 BVO anwendbar, weil die Bundesbeihilfeverordnung keine Rechtsvorschrift über Preise und Gebührend darstellt. Im Übrigen ist weder dargelegt, noch erkennbar, dass bei einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien in den sphärischen oder zylindrischen Werten die Anerkennung eines geringeren Betrages als des vollständigen Rechnungsbetrages als beihilfefähig angemessen wäre. Vielmehr geht der Beklagte selbst in ständiger Verwaltungspraxis davon aus, dass bei einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien in den sphärischen Werten der Rechnungsbetrag für die Kunststoffbrillengläser als angemessen und beihilfefähig anzusehen ist.
25 
Nach alledem muss der Beklagte dem Kläger weitere Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR gewähren. Denn er hat dem Kläger in Bezug den beihilfefähigen Betrag für die beiden Brillengläser in der Höhe von 243,60 EUR bisher einen Betrag in der Höhe von 56 EUR gezahlt.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO.
27 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil die Frage, ob bei einem Brechkraftunterschied von mindestens 2 Dioptrien in den zylindrischen Werten die Aufwendungen für Kunststoffgläser angemessen sind, grundsätzliche Bedeutung hat.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Juli 2009 - 10 S 465/09

bei uns veröffentlicht am 09.07.2009

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Februar 2009 - 6 K 492/08 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Februar 2009 - 6 K 492/08 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Beihilfe für die Impfung seiner Tochter T. gegen Humane Papillomaviren (HPV).
Der Kläger ist Beamter des beklagten Landes und für seine am 24.07.1985 geborene Tochter T. beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 80 v.H.. Am 18.05. und 23.07.2007 wurde die Tochter von einer Fachärztin für Gynäkologie mit dem Präparat Gardasil gegen HPV geimpft. Vorausgegangen war eine von der Fachärztin im März 2007 veranlasste Untersuchung eines Abstrichs auf eine HPV-Infektion. Die Laboruntersuchung erstreckte sich auf verschiedene Low-Risk- und High-Risk-HPV-Typen; der Befund war negativ.
Am 22.01.2008 beantragte der Kläger u.a. Beihilfe für die Kosten der beiden Gardasil-Fertigspritzen in Höhe von jeweils 159,06 EUR sowie für die Kosten der Impfmaßnahmen selbst, die in den Arztrechnungen jeweils mit 10,72 EUR berechnet waren.
Mit Beihilfebescheid vom 23.01.2008 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) die Bewilligung von Beihilfe für die durch die HPV-Impfungen entstandenen Kosten ab. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2008 zurück und führte zur Begründung aus, Aufwendungen für Schutzimpfungen seien zwar im Rahmen des § 10 Abs. 4 BVO beihilfefähig; dabei würden aber nur solche Schutzimpfungen als medizinisch notwendig angesehen, die vom Gesundheitsministerium Baden-Württemberg im Einvernehmen mit den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) öffentlich empfohlen würden. Mit Datum vom 23.03.2007 habe die STIKO die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs in die offizielle Impfempfehlung aufgenommen, jedoch nur für Mädchen vom Beginn des 12. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Die Tochter des Klägers habe zum Zeitpunkt der Impfung aber bereits das 18. Lebensjahr vollendet gehabt. Inwieweit Krankenkassen die Impfkosten übernähmen, sei unerheblich. Die Gewährung von Beihilfe habe einen die Eigenvorsorge des Beamten ergänzenden Charakter. Der Verordnungsgeber habe bei der Ausgestaltung der beihilferechtlichen Regelungen einen weiten Ermessensspielraum. Die Fürsorgepflicht erfordere nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in vollem Umfang. Die vorliegende Fallgestaltung möge zwar zu einer gewissen Härte führen, diese sei aber hinzunehmen.
Am 13.03.2008 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs sei nicht nur sinnvoll, notwendig und angemessen, sondern darüber hinaus von der Ständigen Impfkommission ab März 2007 für junge Frauen ausdrücklich öffentlich empfohlen. Auch seine private Krankenkasse gewähre Versicherungsschutz für die Impfung gegen HPV für alle Mädchen und jungen Frauen im Alter zwischen 9 und 26 Jahren. Seine Tochter habe sich auf Anraten der behandelnden Frauenärztin nach einer entsprechenden Laboruntersuchung impfen lassen. Es bestehe ein Gleichbehandlungsanspruch mit dem Personenkreis, der unter die Empfehlungen der STIKO falle. Die Impfung liege letztlich auch im Kosteninteresse des Beihilfeträgers, da im Krankheitsfall wesentlich höhere Kosten entstünden.
Der Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf die ergangenen Bescheide entgegengetreten.
Durch Urteil vom 12.02.2009 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten unter entsprechender Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Bewilligung von Beihilfe in Höhe von 271,65 EUR verpflichtet. In den Gründen ist ausgeführt, auch bei der gebotenen Anlegung eines objektiven Maßstabs sei die Impfung der Tochter des Klägers im Sinne der Beihilfevorschriften notwendig gewesen. Dies ergebe sich bei zutreffender Würdigung der Ausführungen der STIKO im Epidemiologischen Bulletin vom 23.03.2007 (12/2007) sowie der Kurzfassung im Bulletin vom 25.07.2008 (30/2008). Danach könnten auch junge Frauen, die im Alter von 12 bis 17 Jahren noch nicht gegen HPV geimpft worden seien, von der Impfung profitieren, wenn noch keine HPV-Infektion vorliege. Auch die Bundesregierung habe in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage zur „Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen“ vom 28.05.2008 ausgeführt, in zwei Hauptstudien zu Gardasil seien ca. 15.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren mit der endgültigen Impfstoffformulierung untersucht worden; bereits bei einem kurzen Beobachtungszeitraum von 24 Monaten habe eine klinische Wirksamkeit von 100 % nachgewiesen werden können. Dass die STIKO eine allgemeine Impfempfehlung nur für Frauen ausgesprochen habe, die nicht älter als 17 Jahre seien, beruhe im Wesentlichen darauf, dass die Datenlage nur für diese Gruppe eine hinreichende epidemiologische Risiko-Nutzen-Abwägung ermöglicht habe. Dies bedeute hingegen nicht, dass eine Impfung für junge Frauen über 17 Jahren im Einzelfall nicht beihilferechtlich notwendig sein könne. Aus den Bulletins der STIKO ergebe sich gerade, dass auch Frauen über 17 Jahren je nach individueller Lebensführung von einer Impfung profitieren könnten. Es liege deshalb in der Verantwortung des betreuenden Arztes, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seine Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen. Eine solche individuelle Prüfung mit vorheriger Untersuchung auf eine etwaige HPV-Infektion habe die Gynäkologin im vorliegenden Fall vorgenommen. Wenn sie sich sodann zur Impfung entschlossen habe, so sei vor dem Hintergrund der Ausführungen der STIKO die Impfung im konkreten Fall als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 BVO anzusehen. Eine ausdrückliche Regelung, dass nur öffentlich empfohlene Schutzimpfungen beihilfefähig seien, enthalte die Beihilfeverordnung nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene, vom Beklagten am 20.02.2009 eingelegte und am 06.03.2009 begründete Berufung. Der Beklagte verweist darauf, dass sich die Empfehlung der STIKO ausdrücklich nur auf Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren beziehe. Eine medizinische Auseinandersetzung mit den Begründungen der STIKO und eine individuelle Untersuchung, ob Frauen jenseits dieser Altersgrenze infiziert bzw. ob und in welchem Maße sie sexuell aktiv seien, verbiete sich wegen des damit verbundenen unzumutbaren Eingriffs in die Privatsphäre. Eine individuelle Prüfung könne auch im Hinblick auf Verwaltungspraktikabilität, Verwaltungsökonomie und auf das Prinzip der sparsamen Verwendung von Steuermitteln nicht verlangt werden. Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen die Differenzierung zwischen medizinischer Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit nicht zutreffend erfasst. Die STIKO, die eine vom Gesetzgeber in § 20 Abs. 2 des Infektionsschutzgesetzes - IfSG - übertragene Aufgabe wahrnehme und deren Zusammensetzung die Gewähr für überragenden Sachverstand biete, habe als Ergebnis umfassender Untersuchungen, Prüfungen und Bewertungen die Impfung gegen HPV nur für Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren für medizinisch notwendig gehalten. An dieser als antizipiertes Sachverständigengutachten zu wertenden Empfehlung müssten sich auch Verwaltung und Gerichte im Rahmen des Beihilferechts orientieren. Diese Auffassung sei zwischenzeitlich auch vom OVG Rheinland-Pfalz bestätigt worden.
Der Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12.02.2009 - 6 K 492/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil, in dem die individuelle Notwendigkeit der Schutzimpfung auch im beihilferechtlichen Sinne folgerichtig begründet worden sei.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Freiburg sowie auf die dem Senat vorliegende Verwaltungsakte des Landesamts (1 Heft) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 125 Abs.1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO.
16 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
17 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die HPV-Schutzimpfung seiner Tochter T.
18 
Rechtsgrundlage des Beihilfeanspruchs ist § 10 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Beihilfeverordnung in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung der Verordnung vom 28.07.1995 (GBl. S. 561), zuletzt geändert durch Art. 10 HaushaltsstrukturG 2004 v. 17.02.2004 (GBl. S. 66) - BVO a.F. -. Nach § 10 Abs. 4 BVO a.F. sind beihilfefähig Aufwendungen für Schutzimpfungen, ausgenommen jedoch solche aus Anlass von Reisen in Gebiete außerhalb Europas und solche aus beruflichen Gründen. Im Hinblick auf den gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BVO (a. und n.F.) maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen ist der durch die Änderungsverordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407) mit Wirkung vom 01.01.2009 novellierte § 10 Abs. 4 BVO n.F. im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar; nach dieser Novellierung sind nur noch Aufwendungen für Schutzimpfungen beihilfefähig, die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes angeordnet oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlen sind.
19 
Dass die bei der Tochter des Klägers durchgeführte Schutzimpfung von dem hier noch einschlägigen § 10 Abs. 4 BVO a.F. erfasst wird, ist offensichtlich und wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Die Schutzimpfung erfüllt aber auch die weitere, grundsätzlich für alle Beihilfeleistungen geltende allgemeine Voraussetzung der Notwendigkeit und Angemessenheit nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 BVO a.F.. Danach sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie - was hier nicht streitig ist - der Höhe nach angemessen sind. Nach Satz 2 der Vorschrift entscheidet über die Notwendigkeit und die Angemessenheit die Beihilfestelle.
20 
Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v 20.03.2008 - 2 C 19/06 -, NVwZ-RR 2008, 713). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts anderes. Diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall gerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind daher Erwägungen zu einer Typisierungs- oder Gestaltungsbefugnis der Beihilfestelle verfehlt. Eine solche mag dem Verordnungsgeber bei der normativen Ausgestaltung der Beihilfe zukommen, nicht aber der mit dem Verwaltungsvollzug betrauten Behörde bei der Anwendung der Beihilfevorschriften, sofern diese nicht ihrerseits, wofür im vorliegenden Zusammenhang indes nichts ersichtlich ist, eine Beurteilungs- oder Ermessensermächtigung für die Verwaltungsbehörde enthalten. Soweit dem vom Beklagten herangezogenen, zum rheinland-pfälzischen Beihilferecht ergangenen Urteil des OVG Rheinland-Pfalz eine gegenteilige Auffassung zu entnehmen sein sollte, teilt der Senat diese nicht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.02.2009 - 2 A 11125/08.OVG -, juris). Dementsprechend müssen sich auch zu den Beihilfevorschriften ergangene Anwendungshinweise und sonstige Erlasse gemäß ihrer Rechtsnatur als untergesetzliche Bestimmungen im Rahmen des normativen Programms halten und können bei unbestimmten Rechtsbegriffen nur norminterpretierend - ohne Bindungswirkung für das Verwaltungsgericht - Zweifelsfälle im Sinne einer einfachen und gleichartigen Handhabung der Beihilfevorschriften durch die Verwaltungsbehörde klären oder im Falle etwa normativ eingeräumter Beurteilungs- oder Ermessensspielräume deren Wahrnehmung - ggf. mit durch Art. 3 Abs. 1 GG vermittelter Bindungswirkung - lenken. Sie können aber nicht selbständig neue Leistungsausschlüsse schaffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008 - 2 C 9.07 -, NVwZ-RR 2008, 711).
21 
Die Beihilfevorschriften enthalten keine nähere Umschreibung dessen, was unter Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. zu verstehen ist. Allerdings kennt die Beihilfeverordnung, insbesondere in Anlage 3, Positivlisten, Einschränkungen sowie Ausschlusstatbestände für die Beihilfefähigkeit in bestimmten Fällen. Insofern könnte erwogen werden, ob § 10 Abs. 4 BVO a.F. nicht bereits eine in ähnlicher Weise abschließende Regelung zu entnehmen ist, dass Schutzimpfungen bzw. die für solche entstehenden Aufwendungen vom Verordnungsgeber selbst dem Grunde nach als notwendig anerkannt werden, ebenso wie umgekehrt § 10 Abs. 4 BVO n.F. auf den generellen Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht angeordneter oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlener Schutzimpfungen abzielt (zur Bedeutung von Positiv- bzw. Negativlisten vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008, a.a.O.). Dies kann hier aber dahinstehen. Selbst wenn § 10 Abs. 4 BVO a.F. keine so weitreichende, die Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO ohne Weiteres begründende Bedeutung beigemessen wird, ist § 10 Abs. 4 BVO a.F. jedenfalls die normative Aussage zu entnehmen, dass Schutzimpfungen dem Grunde nach als notwendige Aufwendungen auslösende medizinische Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind und nicht etwa wegen ihres Vorsorgecharakters von vornherein als lediglich nützlich oder sinnvoll einzustufen sind. Insoweit kann, anders als möglicherweise nach § 10 Abs. 4 BVO n.F., auch nicht eine öffentliche Empfehlung der obersten Landesbehörde oder einer besonders sachverständigen Stelle wie der STIKO zur unverzichtbaren Voraussetzung der Anerkennung der Notwendigkeit erhoben werden, wie es in der Argumentation des Beklagten anklingt. § 10 Abs. 4 BVO n.F. ist im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, gerade noch nicht anwendbar, sein Regelungsgehalt darf daher auch nicht im Wege der Interpretation in den Begriff der Notwendigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO vorverlagert werden.
22 
Spricht bereits die hier noch einschlägige Regelung des § 10 Abs. 4 BVO a.F. somit keinesfalls gegen, sondern eher für die Einbeziehung von Schutzimpfungen in den Kreis der dem Grunde nach notwendige Aufwendungen verursachenden medizinischen Maßnahmen, so kommt es darauf an, ob im Einzelfall Gründe vorliegen, die die Annahme der Notwendigkeit der Impfung weiter stützen oder aber ihr entgegenstehen. Insoweit ist nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu medizinischen Behandlungen zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen. Ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2008, a.a.O.; v. 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801; Senatsbeschl. v. 05.05.2009 - 10 S 494/09 -). Eine Ausnahme gilt für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.06.1995 -a.a.O.).
23 
Diese Grundsätze können für Schutzimpfungen, so auch im vorliegenden Fall, entsprechend herangezogen werden mit dem Ergebnis, dass die von der Frauenärztin - nach Durchführung eines HPV-Infektionstests bei der Tochter des Klägers - vorgenommene Schutzimpfung aufgrund dieser ärztlichen Verordnung als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. anzuerkennen ist. Denn die Frauenärztin ist damit nicht etwa einer wissenschaftlich nicht anerkannten Methode gefolgt. Vielmehr trifft das Gegenteil zu: An der wissenschaftlichen Anerkennung der Schutzimpfung gegen HPV-Viren als solcher besteht nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Impfung bis heute kein vernünftiger Zweifel, mögen auch weitere Studien bzw. Untersuchungen diesen Kenntnisstand noch ausbauen. Insoweit folgt der Senat der Auffassung - auch des Beklagten -, dass den einschlägigen Verlautbarungen der STIKO wegen deren durch § 20 Abs. 2 IfSG vom Gesetzgeber besonders herausgehobener Stellung als sachverständigem Gremium maßgebliches Gewicht zukommt, jedenfalls im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens. Die insbesondere im Epidemiologischen Bulletin der STIKO vom 23.03.2007 (Nr. 12/2007) getroffenen Feststellungen belegen aber die hohe Wirksamkeit der Schutzimpfung als solche mit dem (bei der Tochter des Klägers angewendeten) Präparat „Gardasil“, ebenso wie bei dem Konkurrenzprodukt „Cervarix“. In dem Bulletin wird insoweit ausgeführt (S. 99), dass nach Studien mit über 20.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren die Wirksamkeit des Impfstoffs „Gardasil“ bei HPV-negativen Probanden die Wirksamkeit gegen die Virustypen HPV-16 bzw. -18 bei 95,2 % gelegen habe; bei einer modifizierten Probandengruppe von Frauen desselben Alters, die ohne Berücksichtigung des HPV-Status vor Impfung mindestens eine Dosis von „Gardasil“ erhalten hätten, habe sich eine Wirksamkeit von (immerhin noch) 46,4 % gezeigt. Für „Cervarix“ hätten die Studienergebnisse gezeigt, dass eine Impfung von HPV-negativen Probanden zu annähernd 100 % vor einer persistierenden Infektion schütze. Diese Angaben werden im Wesentlichen bestätigt in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen (BT-Drs. 16/9302 v. 28.05.2008).
24 
Die Feststellungen der STIKO zum Grad der Wirksamkeit der Impfung differenzieren also lediglich danach, ob eine Vorinfektion mit HPV-Viren vorlag oder nicht; dem entspricht die im Bulletin vom 23.07.2007 enthaltene Folgerung der STIKO, dass Frauen, die innerhalb des empfohlenen Zeitraums (Alter 12 bis 17 Jahre) keine Impfung gegen HPV erhalten haben, ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren könnten, und es in der Verantwortung des betreuenden Arztes liege, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seiner Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen (a.a.O. S. 1). Von diesen Aussagen zur Wirksamkeit, für die die Altersunterschiede zwischen 12 und 26 Jahren keine Rolle spielen, sondern allein das Bestehen oder Fehlen einer Vorinfektion, ist zu unterscheiden die von der STIKO verlautbarte, auch auf andere Gesichtspunkte als allein die Wirksamkeit gestützte allgemeine altersgruppenspezifische Impfempfehlung. Auf diese erforderliche Differenzierung hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht abgehoben. In Bezug auf die Altersgrenzen wurden von der STIKO nämlich zusätzlich zu den klinischen Studienergebnissen über Immunogenität und Verträglichkeit der HPV-Impfung verschiedene weitere Aspekte berücksichtigt, nämlich der Zeitpunkt der ersten sexuellen Kontakte, Synergieeffekte der Inanspruchnahme bereits bestehender Impfempfehlungen, Bereitschaft der Mädchen zur Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten, der Zeitpunkt des ersten Frauenarztbesuches, also die Erreichbarkeit der Zielgruppe. Mit diesen heterogenen Erwägungen hat die STIKO ihre vorausgegangenen Feststellungen zur medizinischen Wirksamkeit der Schutzimpfung gerade nicht in Frage gestellt.
25 
Kommt es für die Beurteilung der Notwendigkeit der fachärztlich verordneten Impfung bzw. der Aufwendungen für diese aber allein auf die mutmaßliche Wirksamkeit der Impfung an, so ist diese hier bereits deshalb anzunehmen, weil bei der Tochter des Klägers ausweislich der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der bei der Impfung tätig gewordenen Frauenärztin zuvor ein HPV-Test mit negativem Ergebnis durchgeführt worden ist. Damit ist auch vom Ausgangspunkt des Bulletins der STIKO her mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Wirksamkeit der Impfung bei der Tochter des Klägers auszugehen. Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, ein Nachweisverlangen in Bezug auf das (Nicht-)Vorliegen einer HPV-Vorinfektion bzw. sexueller Aktivität führe zu einem unzumutbaren Eingriff in die Intimsphäre, ist jedenfalls im vorliegenden Verfahren unerheblich. Er geht daran vorbei, dass die Tochter des Klägers von sich aus den entsprechenden Negativbefund vorgelegt hat, von einem unzumutbaren Nachweisverlangen im vorliegenden Fall somit nicht die Rede sein kann. Welche Bedeutung der Führung eines solchen Nachweises bzw. seinem Fehlen allgemein zukommen kann, bedarf mithin im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat bekräftigt insoweit mit Blick auf noch anhängige Parallelverfahren allerdings, dass grundsätzlich, wie dargelegt, von der Beurteilung des behandelnden Arztes hinsichtlich der Notwendigkeit einer Behandlung bzw. Schutzimpfung auszugehen ist. Hiervon ausgehend wäre bei entsprechender Fallgestaltung sodann auch der Umstand zu würdigen, dass die STIKO bzw. der Beklagte für die Altersgruppe der 12- bis 17-jährigen Mädchen die Impfempfehlung bzw. die Annahme der beihilferechtlichen Notwendigkeit der Impfung nicht von einem Nachweis des Fehlens einer HPV-Vorinfektion abhängig macht, obwohl nach den von der STIKO referierten einschlägigen Untersuchungen Mädchen bis zum Alter 17 bereits zu 73 % sexuelle Erfahrungen haben, also eine mögliche Vorinfektion in diesen Fällen nicht als Hinderungsgrund für die Empfehlung bzw. die Anerkennung der beihilferechtlichen Notwendigkeit angesehen wird.
26 
Soweit der Beklagte noch die Aspekte Verwaltungspraktikabilität und -ökonomie gegen eine individuelle Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen im Einzelfall ins Feld führt, bewegt er sich außerhalb des normativen Bezugsrahmens des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.. Diese Vorschrift setzt bei Fehlen einer expliziten abschließenden (positiven oder negativen) Bestimmung des Verordnungsgebers zur beihilferechtlichen Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen oder Hilfsmittel (vgl. z.B. Anlage 3 zur Beihilfeverordnung), wie (unterstellt) hier, gerade eine solche Prüfung voraus. An diese normative Vorgabe hat sich die Beihilfestelle, unbeschadet der Möglichkeit interner Steuerung durch (insoweit lediglich norminterpretierende) Verwaltungsvorschriften, im Außenverhältnis zum Beihilfeberechtigten zu halten.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
28 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
29 
Beschluss vom 9. Juli 2009
30 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 GKG auf 271,65 EUR festgesetzt.
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
15 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 125 Abs.1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO.
16 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
17 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die HPV-Schutzimpfung seiner Tochter T.
18 
Rechtsgrundlage des Beihilfeanspruchs ist § 10 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Beihilfeverordnung in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung der Verordnung vom 28.07.1995 (GBl. S. 561), zuletzt geändert durch Art. 10 HaushaltsstrukturG 2004 v. 17.02.2004 (GBl. S. 66) - BVO a.F. -. Nach § 10 Abs. 4 BVO a.F. sind beihilfefähig Aufwendungen für Schutzimpfungen, ausgenommen jedoch solche aus Anlass von Reisen in Gebiete außerhalb Europas und solche aus beruflichen Gründen. Im Hinblick auf den gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BVO (a. und n.F.) maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen ist der durch die Änderungsverordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407) mit Wirkung vom 01.01.2009 novellierte § 10 Abs. 4 BVO n.F. im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar; nach dieser Novellierung sind nur noch Aufwendungen für Schutzimpfungen beihilfefähig, die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes angeordnet oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlen sind.
19 
Dass die bei der Tochter des Klägers durchgeführte Schutzimpfung von dem hier noch einschlägigen § 10 Abs. 4 BVO a.F. erfasst wird, ist offensichtlich und wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Die Schutzimpfung erfüllt aber auch die weitere, grundsätzlich für alle Beihilfeleistungen geltende allgemeine Voraussetzung der Notwendigkeit und Angemessenheit nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 BVO a.F.. Danach sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie - was hier nicht streitig ist - der Höhe nach angemessen sind. Nach Satz 2 der Vorschrift entscheidet über die Notwendigkeit und die Angemessenheit die Beihilfestelle.
20 
Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v 20.03.2008 - 2 C 19/06 -, NVwZ-RR 2008, 713). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts anderes. Diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall gerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind daher Erwägungen zu einer Typisierungs- oder Gestaltungsbefugnis der Beihilfestelle verfehlt. Eine solche mag dem Verordnungsgeber bei der normativen Ausgestaltung der Beihilfe zukommen, nicht aber der mit dem Verwaltungsvollzug betrauten Behörde bei der Anwendung der Beihilfevorschriften, sofern diese nicht ihrerseits, wofür im vorliegenden Zusammenhang indes nichts ersichtlich ist, eine Beurteilungs- oder Ermessensermächtigung für die Verwaltungsbehörde enthalten. Soweit dem vom Beklagten herangezogenen, zum rheinland-pfälzischen Beihilferecht ergangenen Urteil des OVG Rheinland-Pfalz eine gegenteilige Auffassung zu entnehmen sein sollte, teilt der Senat diese nicht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.02.2009 - 2 A 11125/08.OVG -, juris). Dementsprechend müssen sich auch zu den Beihilfevorschriften ergangene Anwendungshinweise und sonstige Erlasse gemäß ihrer Rechtsnatur als untergesetzliche Bestimmungen im Rahmen des normativen Programms halten und können bei unbestimmten Rechtsbegriffen nur norminterpretierend - ohne Bindungswirkung für das Verwaltungsgericht - Zweifelsfälle im Sinne einer einfachen und gleichartigen Handhabung der Beihilfevorschriften durch die Verwaltungsbehörde klären oder im Falle etwa normativ eingeräumter Beurteilungs- oder Ermessensspielräume deren Wahrnehmung - ggf. mit durch Art. 3 Abs. 1 GG vermittelter Bindungswirkung - lenken. Sie können aber nicht selbständig neue Leistungsausschlüsse schaffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008 - 2 C 9.07 -, NVwZ-RR 2008, 711).
21 
Die Beihilfevorschriften enthalten keine nähere Umschreibung dessen, was unter Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. zu verstehen ist. Allerdings kennt die Beihilfeverordnung, insbesondere in Anlage 3, Positivlisten, Einschränkungen sowie Ausschlusstatbestände für die Beihilfefähigkeit in bestimmten Fällen. Insofern könnte erwogen werden, ob § 10 Abs. 4 BVO a.F. nicht bereits eine in ähnlicher Weise abschließende Regelung zu entnehmen ist, dass Schutzimpfungen bzw. die für solche entstehenden Aufwendungen vom Verordnungsgeber selbst dem Grunde nach als notwendig anerkannt werden, ebenso wie umgekehrt § 10 Abs. 4 BVO n.F. auf den generellen Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht angeordneter oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlener Schutzimpfungen abzielt (zur Bedeutung von Positiv- bzw. Negativlisten vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008, a.a.O.). Dies kann hier aber dahinstehen. Selbst wenn § 10 Abs. 4 BVO a.F. keine so weitreichende, die Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO ohne Weiteres begründende Bedeutung beigemessen wird, ist § 10 Abs. 4 BVO a.F. jedenfalls die normative Aussage zu entnehmen, dass Schutzimpfungen dem Grunde nach als notwendige Aufwendungen auslösende medizinische Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind und nicht etwa wegen ihres Vorsorgecharakters von vornherein als lediglich nützlich oder sinnvoll einzustufen sind. Insoweit kann, anders als möglicherweise nach § 10 Abs. 4 BVO n.F., auch nicht eine öffentliche Empfehlung der obersten Landesbehörde oder einer besonders sachverständigen Stelle wie der STIKO zur unverzichtbaren Voraussetzung der Anerkennung der Notwendigkeit erhoben werden, wie es in der Argumentation des Beklagten anklingt. § 10 Abs. 4 BVO n.F. ist im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, gerade noch nicht anwendbar, sein Regelungsgehalt darf daher auch nicht im Wege der Interpretation in den Begriff der Notwendigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO vorverlagert werden.
22 
Spricht bereits die hier noch einschlägige Regelung des § 10 Abs. 4 BVO a.F. somit keinesfalls gegen, sondern eher für die Einbeziehung von Schutzimpfungen in den Kreis der dem Grunde nach notwendige Aufwendungen verursachenden medizinischen Maßnahmen, so kommt es darauf an, ob im Einzelfall Gründe vorliegen, die die Annahme der Notwendigkeit der Impfung weiter stützen oder aber ihr entgegenstehen. Insoweit ist nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu medizinischen Behandlungen zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen. Ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2008, a.a.O.; v. 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801; Senatsbeschl. v. 05.05.2009 - 10 S 494/09 -). Eine Ausnahme gilt für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.06.1995 -a.a.O.).
23 
Diese Grundsätze können für Schutzimpfungen, so auch im vorliegenden Fall, entsprechend herangezogen werden mit dem Ergebnis, dass die von der Frauenärztin - nach Durchführung eines HPV-Infektionstests bei der Tochter des Klägers - vorgenommene Schutzimpfung aufgrund dieser ärztlichen Verordnung als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. anzuerkennen ist. Denn die Frauenärztin ist damit nicht etwa einer wissenschaftlich nicht anerkannten Methode gefolgt. Vielmehr trifft das Gegenteil zu: An der wissenschaftlichen Anerkennung der Schutzimpfung gegen HPV-Viren als solcher besteht nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Impfung bis heute kein vernünftiger Zweifel, mögen auch weitere Studien bzw. Untersuchungen diesen Kenntnisstand noch ausbauen. Insoweit folgt der Senat der Auffassung - auch des Beklagten -, dass den einschlägigen Verlautbarungen der STIKO wegen deren durch § 20 Abs. 2 IfSG vom Gesetzgeber besonders herausgehobener Stellung als sachverständigem Gremium maßgebliches Gewicht zukommt, jedenfalls im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens. Die insbesondere im Epidemiologischen Bulletin der STIKO vom 23.03.2007 (Nr. 12/2007) getroffenen Feststellungen belegen aber die hohe Wirksamkeit der Schutzimpfung als solche mit dem (bei der Tochter des Klägers angewendeten) Präparat „Gardasil“, ebenso wie bei dem Konkurrenzprodukt „Cervarix“. In dem Bulletin wird insoweit ausgeführt (S. 99), dass nach Studien mit über 20.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren die Wirksamkeit des Impfstoffs „Gardasil“ bei HPV-negativen Probanden die Wirksamkeit gegen die Virustypen HPV-16 bzw. -18 bei 95,2 % gelegen habe; bei einer modifizierten Probandengruppe von Frauen desselben Alters, die ohne Berücksichtigung des HPV-Status vor Impfung mindestens eine Dosis von „Gardasil“ erhalten hätten, habe sich eine Wirksamkeit von (immerhin noch) 46,4 % gezeigt. Für „Cervarix“ hätten die Studienergebnisse gezeigt, dass eine Impfung von HPV-negativen Probanden zu annähernd 100 % vor einer persistierenden Infektion schütze. Diese Angaben werden im Wesentlichen bestätigt in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen (BT-Drs. 16/9302 v. 28.05.2008).
24 
Die Feststellungen der STIKO zum Grad der Wirksamkeit der Impfung differenzieren also lediglich danach, ob eine Vorinfektion mit HPV-Viren vorlag oder nicht; dem entspricht die im Bulletin vom 23.07.2007 enthaltene Folgerung der STIKO, dass Frauen, die innerhalb des empfohlenen Zeitraums (Alter 12 bis 17 Jahre) keine Impfung gegen HPV erhalten haben, ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren könnten, und es in der Verantwortung des betreuenden Arztes liege, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seiner Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen (a.a.O. S. 1). Von diesen Aussagen zur Wirksamkeit, für die die Altersunterschiede zwischen 12 und 26 Jahren keine Rolle spielen, sondern allein das Bestehen oder Fehlen einer Vorinfektion, ist zu unterscheiden die von der STIKO verlautbarte, auch auf andere Gesichtspunkte als allein die Wirksamkeit gestützte allgemeine altersgruppenspezifische Impfempfehlung. Auf diese erforderliche Differenzierung hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht abgehoben. In Bezug auf die Altersgrenzen wurden von der STIKO nämlich zusätzlich zu den klinischen Studienergebnissen über Immunogenität und Verträglichkeit der HPV-Impfung verschiedene weitere Aspekte berücksichtigt, nämlich der Zeitpunkt der ersten sexuellen Kontakte, Synergieeffekte der Inanspruchnahme bereits bestehender Impfempfehlungen, Bereitschaft der Mädchen zur Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten, der Zeitpunkt des ersten Frauenarztbesuches, also die Erreichbarkeit der Zielgruppe. Mit diesen heterogenen Erwägungen hat die STIKO ihre vorausgegangenen Feststellungen zur medizinischen Wirksamkeit der Schutzimpfung gerade nicht in Frage gestellt.
25 
Kommt es für die Beurteilung der Notwendigkeit der fachärztlich verordneten Impfung bzw. der Aufwendungen für diese aber allein auf die mutmaßliche Wirksamkeit der Impfung an, so ist diese hier bereits deshalb anzunehmen, weil bei der Tochter des Klägers ausweislich der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der bei der Impfung tätig gewordenen Frauenärztin zuvor ein HPV-Test mit negativem Ergebnis durchgeführt worden ist. Damit ist auch vom Ausgangspunkt des Bulletins der STIKO her mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Wirksamkeit der Impfung bei der Tochter des Klägers auszugehen. Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, ein Nachweisverlangen in Bezug auf das (Nicht-)Vorliegen einer HPV-Vorinfektion bzw. sexueller Aktivität führe zu einem unzumutbaren Eingriff in die Intimsphäre, ist jedenfalls im vorliegenden Verfahren unerheblich. Er geht daran vorbei, dass die Tochter des Klägers von sich aus den entsprechenden Negativbefund vorgelegt hat, von einem unzumutbaren Nachweisverlangen im vorliegenden Fall somit nicht die Rede sein kann. Welche Bedeutung der Führung eines solchen Nachweises bzw. seinem Fehlen allgemein zukommen kann, bedarf mithin im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat bekräftigt insoweit mit Blick auf noch anhängige Parallelverfahren allerdings, dass grundsätzlich, wie dargelegt, von der Beurteilung des behandelnden Arztes hinsichtlich der Notwendigkeit einer Behandlung bzw. Schutzimpfung auszugehen ist. Hiervon ausgehend wäre bei entsprechender Fallgestaltung sodann auch der Umstand zu würdigen, dass die STIKO bzw. der Beklagte für die Altersgruppe der 12- bis 17-jährigen Mädchen die Impfempfehlung bzw. die Annahme der beihilferechtlichen Notwendigkeit der Impfung nicht von einem Nachweis des Fehlens einer HPV-Vorinfektion abhängig macht, obwohl nach den von der STIKO referierten einschlägigen Untersuchungen Mädchen bis zum Alter 17 bereits zu 73 % sexuelle Erfahrungen haben, also eine mögliche Vorinfektion in diesen Fällen nicht als Hinderungsgrund für die Empfehlung bzw. die Anerkennung der beihilferechtlichen Notwendigkeit angesehen wird.
26 
Soweit der Beklagte noch die Aspekte Verwaltungspraktikabilität und -ökonomie gegen eine individuelle Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen im Einzelfall ins Feld führt, bewegt er sich außerhalb des normativen Bezugsrahmens des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.. Diese Vorschrift setzt bei Fehlen einer expliziten abschließenden (positiven oder negativen) Bestimmung des Verordnungsgebers zur beihilferechtlichen Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen oder Hilfsmittel (vgl. z.B. Anlage 3 zur Beihilfeverordnung), wie (unterstellt) hier, gerade eine solche Prüfung voraus. An diese normative Vorgabe hat sich die Beihilfestelle, unbeschadet der Möglichkeit interner Steuerung durch (insoweit lediglich norminterpretierende) Verwaltungsvorschriften, im Außenverhältnis zum Beihilfeberechtigten zu halten.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
28 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
29 
Beschluss vom 9. Juli 2009
30 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 GKG auf 271,65 EUR festgesetzt.
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Februar 2009 - 6 K 492/08 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Beihilfe für die Impfung seiner Tochter T. gegen Humane Papillomaviren (HPV).
Der Kläger ist Beamter des beklagten Landes und für seine am 24.07.1985 geborene Tochter T. beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 80 v.H.. Am 18.05. und 23.07.2007 wurde die Tochter von einer Fachärztin für Gynäkologie mit dem Präparat Gardasil gegen HPV geimpft. Vorausgegangen war eine von der Fachärztin im März 2007 veranlasste Untersuchung eines Abstrichs auf eine HPV-Infektion. Die Laboruntersuchung erstreckte sich auf verschiedene Low-Risk- und High-Risk-HPV-Typen; der Befund war negativ.
Am 22.01.2008 beantragte der Kläger u.a. Beihilfe für die Kosten der beiden Gardasil-Fertigspritzen in Höhe von jeweils 159,06 EUR sowie für die Kosten der Impfmaßnahmen selbst, die in den Arztrechnungen jeweils mit 10,72 EUR berechnet waren.
Mit Beihilfebescheid vom 23.01.2008 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) die Bewilligung von Beihilfe für die durch die HPV-Impfungen entstandenen Kosten ab. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2008 zurück und führte zur Begründung aus, Aufwendungen für Schutzimpfungen seien zwar im Rahmen des § 10 Abs. 4 BVO beihilfefähig; dabei würden aber nur solche Schutzimpfungen als medizinisch notwendig angesehen, die vom Gesundheitsministerium Baden-Württemberg im Einvernehmen mit den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) öffentlich empfohlen würden. Mit Datum vom 23.03.2007 habe die STIKO die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs in die offizielle Impfempfehlung aufgenommen, jedoch nur für Mädchen vom Beginn des 12. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Die Tochter des Klägers habe zum Zeitpunkt der Impfung aber bereits das 18. Lebensjahr vollendet gehabt. Inwieweit Krankenkassen die Impfkosten übernähmen, sei unerheblich. Die Gewährung von Beihilfe habe einen die Eigenvorsorge des Beamten ergänzenden Charakter. Der Verordnungsgeber habe bei der Ausgestaltung der beihilferechtlichen Regelungen einen weiten Ermessensspielraum. Die Fürsorgepflicht erfordere nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in vollem Umfang. Die vorliegende Fallgestaltung möge zwar zu einer gewissen Härte führen, diese sei aber hinzunehmen.
Am 13.03.2008 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs sei nicht nur sinnvoll, notwendig und angemessen, sondern darüber hinaus von der Ständigen Impfkommission ab März 2007 für junge Frauen ausdrücklich öffentlich empfohlen. Auch seine private Krankenkasse gewähre Versicherungsschutz für die Impfung gegen HPV für alle Mädchen und jungen Frauen im Alter zwischen 9 und 26 Jahren. Seine Tochter habe sich auf Anraten der behandelnden Frauenärztin nach einer entsprechenden Laboruntersuchung impfen lassen. Es bestehe ein Gleichbehandlungsanspruch mit dem Personenkreis, der unter die Empfehlungen der STIKO falle. Die Impfung liege letztlich auch im Kosteninteresse des Beihilfeträgers, da im Krankheitsfall wesentlich höhere Kosten entstünden.
Der Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf die ergangenen Bescheide entgegengetreten.
Durch Urteil vom 12.02.2009 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten unter entsprechender Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Bewilligung von Beihilfe in Höhe von 271,65 EUR verpflichtet. In den Gründen ist ausgeführt, auch bei der gebotenen Anlegung eines objektiven Maßstabs sei die Impfung der Tochter des Klägers im Sinne der Beihilfevorschriften notwendig gewesen. Dies ergebe sich bei zutreffender Würdigung der Ausführungen der STIKO im Epidemiologischen Bulletin vom 23.03.2007 (12/2007) sowie der Kurzfassung im Bulletin vom 25.07.2008 (30/2008). Danach könnten auch junge Frauen, die im Alter von 12 bis 17 Jahren noch nicht gegen HPV geimpft worden seien, von der Impfung profitieren, wenn noch keine HPV-Infektion vorliege. Auch die Bundesregierung habe in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage zur „Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen“ vom 28.05.2008 ausgeführt, in zwei Hauptstudien zu Gardasil seien ca. 15.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren mit der endgültigen Impfstoffformulierung untersucht worden; bereits bei einem kurzen Beobachtungszeitraum von 24 Monaten habe eine klinische Wirksamkeit von 100 % nachgewiesen werden können. Dass die STIKO eine allgemeine Impfempfehlung nur für Frauen ausgesprochen habe, die nicht älter als 17 Jahre seien, beruhe im Wesentlichen darauf, dass die Datenlage nur für diese Gruppe eine hinreichende epidemiologische Risiko-Nutzen-Abwägung ermöglicht habe. Dies bedeute hingegen nicht, dass eine Impfung für junge Frauen über 17 Jahren im Einzelfall nicht beihilferechtlich notwendig sein könne. Aus den Bulletins der STIKO ergebe sich gerade, dass auch Frauen über 17 Jahren je nach individueller Lebensführung von einer Impfung profitieren könnten. Es liege deshalb in der Verantwortung des betreuenden Arztes, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seine Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen. Eine solche individuelle Prüfung mit vorheriger Untersuchung auf eine etwaige HPV-Infektion habe die Gynäkologin im vorliegenden Fall vorgenommen. Wenn sie sich sodann zur Impfung entschlossen habe, so sei vor dem Hintergrund der Ausführungen der STIKO die Impfung im konkreten Fall als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 BVO anzusehen. Eine ausdrückliche Regelung, dass nur öffentlich empfohlene Schutzimpfungen beihilfefähig seien, enthalte die Beihilfeverordnung nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene, vom Beklagten am 20.02.2009 eingelegte und am 06.03.2009 begründete Berufung. Der Beklagte verweist darauf, dass sich die Empfehlung der STIKO ausdrücklich nur auf Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren beziehe. Eine medizinische Auseinandersetzung mit den Begründungen der STIKO und eine individuelle Untersuchung, ob Frauen jenseits dieser Altersgrenze infiziert bzw. ob und in welchem Maße sie sexuell aktiv seien, verbiete sich wegen des damit verbundenen unzumutbaren Eingriffs in die Privatsphäre. Eine individuelle Prüfung könne auch im Hinblick auf Verwaltungspraktikabilität, Verwaltungsökonomie und auf das Prinzip der sparsamen Verwendung von Steuermitteln nicht verlangt werden. Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen die Differenzierung zwischen medizinischer Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit nicht zutreffend erfasst. Die STIKO, die eine vom Gesetzgeber in § 20 Abs. 2 des Infektionsschutzgesetzes - IfSG - übertragene Aufgabe wahrnehme und deren Zusammensetzung die Gewähr für überragenden Sachverstand biete, habe als Ergebnis umfassender Untersuchungen, Prüfungen und Bewertungen die Impfung gegen HPV nur für Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren für medizinisch notwendig gehalten. An dieser als antizipiertes Sachverständigengutachten zu wertenden Empfehlung müssten sich auch Verwaltung und Gerichte im Rahmen des Beihilferechts orientieren. Diese Auffassung sei zwischenzeitlich auch vom OVG Rheinland-Pfalz bestätigt worden.
Der Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12.02.2009 - 6 K 492/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil, in dem die individuelle Notwendigkeit der Schutzimpfung auch im beihilferechtlichen Sinne folgerichtig begründet worden sei.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Freiburg sowie auf die dem Senat vorliegende Verwaltungsakte des Landesamts (1 Heft) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 125 Abs.1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO.
16 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
17 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die HPV-Schutzimpfung seiner Tochter T.
18 
Rechtsgrundlage des Beihilfeanspruchs ist § 10 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Beihilfeverordnung in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung der Verordnung vom 28.07.1995 (GBl. S. 561), zuletzt geändert durch Art. 10 HaushaltsstrukturG 2004 v. 17.02.2004 (GBl. S. 66) - BVO a.F. -. Nach § 10 Abs. 4 BVO a.F. sind beihilfefähig Aufwendungen für Schutzimpfungen, ausgenommen jedoch solche aus Anlass von Reisen in Gebiete außerhalb Europas und solche aus beruflichen Gründen. Im Hinblick auf den gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BVO (a. und n.F.) maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen ist der durch die Änderungsverordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407) mit Wirkung vom 01.01.2009 novellierte § 10 Abs. 4 BVO n.F. im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar; nach dieser Novellierung sind nur noch Aufwendungen für Schutzimpfungen beihilfefähig, die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes angeordnet oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlen sind.
19 
Dass die bei der Tochter des Klägers durchgeführte Schutzimpfung von dem hier noch einschlägigen § 10 Abs. 4 BVO a.F. erfasst wird, ist offensichtlich und wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Die Schutzimpfung erfüllt aber auch die weitere, grundsätzlich für alle Beihilfeleistungen geltende allgemeine Voraussetzung der Notwendigkeit und Angemessenheit nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 BVO a.F.. Danach sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie - was hier nicht streitig ist - der Höhe nach angemessen sind. Nach Satz 2 der Vorschrift entscheidet über die Notwendigkeit und die Angemessenheit die Beihilfestelle.
20 
Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v 20.03.2008 - 2 C 19/06 -, NVwZ-RR 2008, 713). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts anderes. Diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall gerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind daher Erwägungen zu einer Typisierungs- oder Gestaltungsbefugnis der Beihilfestelle verfehlt. Eine solche mag dem Verordnungsgeber bei der normativen Ausgestaltung der Beihilfe zukommen, nicht aber der mit dem Verwaltungsvollzug betrauten Behörde bei der Anwendung der Beihilfevorschriften, sofern diese nicht ihrerseits, wofür im vorliegenden Zusammenhang indes nichts ersichtlich ist, eine Beurteilungs- oder Ermessensermächtigung für die Verwaltungsbehörde enthalten. Soweit dem vom Beklagten herangezogenen, zum rheinland-pfälzischen Beihilferecht ergangenen Urteil des OVG Rheinland-Pfalz eine gegenteilige Auffassung zu entnehmen sein sollte, teilt der Senat diese nicht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.02.2009 - 2 A 11125/08.OVG -, juris). Dementsprechend müssen sich auch zu den Beihilfevorschriften ergangene Anwendungshinweise und sonstige Erlasse gemäß ihrer Rechtsnatur als untergesetzliche Bestimmungen im Rahmen des normativen Programms halten und können bei unbestimmten Rechtsbegriffen nur norminterpretierend - ohne Bindungswirkung für das Verwaltungsgericht - Zweifelsfälle im Sinne einer einfachen und gleichartigen Handhabung der Beihilfevorschriften durch die Verwaltungsbehörde klären oder im Falle etwa normativ eingeräumter Beurteilungs- oder Ermessensspielräume deren Wahrnehmung - ggf. mit durch Art. 3 Abs. 1 GG vermittelter Bindungswirkung - lenken. Sie können aber nicht selbständig neue Leistungsausschlüsse schaffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008 - 2 C 9.07 -, NVwZ-RR 2008, 711).
21 
Die Beihilfevorschriften enthalten keine nähere Umschreibung dessen, was unter Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. zu verstehen ist. Allerdings kennt die Beihilfeverordnung, insbesondere in Anlage 3, Positivlisten, Einschränkungen sowie Ausschlusstatbestände für die Beihilfefähigkeit in bestimmten Fällen. Insofern könnte erwogen werden, ob § 10 Abs. 4 BVO a.F. nicht bereits eine in ähnlicher Weise abschließende Regelung zu entnehmen ist, dass Schutzimpfungen bzw. die für solche entstehenden Aufwendungen vom Verordnungsgeber selbst dem Grunde nach als notwendig anerkannt werden, ebenso wie umgekehrt § 10 Abs. 4 BVO n.F. auf den generellen Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht angeordneter oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlener Schutzimpfungen abzielt (zur Bedeutung von Positiv- bzw. Negativlisten vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008, a.a.O.). Dies kann hier aber dahinstehen. Selbst wenn § 10 Abs. 4 BVO a.F. keine so weitreichende, die Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO ohne Weiteres begründende Bedeutung beigemessen wird, ist § 10 Abs. 4 BVO a.F. jedenfalls die normative Aussage zu entnehmen, dass Schutzimpfungen dem Grunde nach als notwendige Aufwendungen auslösende medizinische Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind und nicht etwa wegen ihres Vorsorgecharakters von vornherein als lediglich nützlich oder sinnvoll einzustufen sind. Insoweit kann, anders als möglicherweise nach § 10 Abs. 4 BVO n.F., auch nicht eine öffentliche Empfehlung der obersten Landesbehörde oder einer besonders sachverständigen Stelle wie der STIKO zur unverzichtbaren Voraussetzung der Anerkennung der Notwendigkeit erhoben werden, wie es in der Argumentation des Beklagten anklingt. § 10 Abs. 4 BVO n.F. ist im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, gerade noch nicht anwendbar, sein Regelungsgehalt darf daher auch nicht im Wege der Interpretation in den Begriff der Notwendigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO vorverlagert werden.
22 
Spricht bereits die hier noch einschlägige Regelung des § 10 Abs. 4 BVO a.F. somit keinesfalls gegen, sondern eher für die Einbeziehung von Schutzimpfungen in den Kreis der dem Grunde nach notwendige Aufwendungen verursachenden medizinischen Maßnahmen, so kommt es darauf an, ob im Einzelfall Gründe vorliegen, die die Annahme der Notwendigkeit der Impfung weiter stützen oder aber ihr entgegenstehen. Insoweit ist nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu medizinischen Behandlungen zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen. Ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2008, a.a.O.; v. 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801; Senatsbeschl. v. 05.05.2009 - 10 S 494/09 -). Eine Ausnahme gilt für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.06.1995 -a.a.O.).
23 
Diese Grundsätze können für Schutzimpfungen, so auch im vorliegenden Fall, entsprechend herangezogen werden mit dem Ergebnis, dass die von der Frauenärztin - nach Durchführung eines HPV-Infektionstests bei der Tochter des Klägers - vorgenommene Schutzimpfung aufgrund dieser ärztlichen Verordnung als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. anzuerkennen ist. Denn die Frauenärztin ist damit nicht etwa einer wissenschaftlich nicht anerkannten Methode gefolgt. Vielmehr trifft das Gegenteil zu: An der wissenschaftlichen Anerkennung der Schutzimpfung gegen HPV-Viren als solcher besteht nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Impfung bis heute kein vernünftiger Zweifel, mögen auch weitere Studien bzw. Untersuchungen diesen Kenntnisstand noch ausbauen. Insoweit folgt der Senat der Auffassung - auch des Beklagten -, dass den einschlägigen Verlautbarungen der STIKO wegen deren durch § 20 Abs. 2 IfSG vom Gesetzgeber besonders herausgehobener Stellung als sachverständigem Gremium maßgebliches Gewicht zukommt, jedenfalls im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens. Die insbesondere im Epidemiologischen Bulletin der STIKO vom 23.03.2007 (Nr. 12/2007) getroffenen Feststellungen belegen aber die hohe Wirksamkeit der Schutzimpfung als solche mit dem (bei der Tochter des Klägers angewendeten) Präparat „Gardasil“, ebenso wie bei dem Konkurrenzprodukt „Cervarix“. In dem Bulletin wird insoweit ausgeführt (S. 99), dass nach Studien mit über 20.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren die Wirksamkeit des Impfstoffs „Gardasil“ bei HPV-negativen Probanden die Wirksamkeit gegen die Virustypen HPV-16 bzw. -18 bei 95,2 % gelegen habe; bei einer modifizierten Probandengruppe von Frauen desselben Alters, die ohne Berücksichtigung des HPV-Status vor Impfung mindestens eine Dosis von „Gardasil“ erhalten hätten, habe sich eine Wirksamkeit von (immerhin noch) 46,4 % gezeigt. Für „Cervarix“ hätten die Studienergebnisse gezeigt, dass eine Impfung von HPV-negativen Probanden zu annähernd 100 % vor einer persistierenden Infektion schütze. Diese Angaben werden im Wesentlichen bestätigt in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen (BT-Drs. 16/9302 v. 28.05.2008).
24 
Die Feststellungen der STIKO zum Grad der Wirksamkeit der Impfung differenzieren also lediglich danach, ob eine Vorinfektion mit HPV-Viren vorlag oder nicht; dem entspricht die im Bulletin vom 23.07.2007 enthaltene Folgerung der STIKO, dass Frauen, die innerhalb des empfohlenen Zeitraums (Alter 12 bis 17 Jahre) keine Impfung gegen HPV erhalten haben, ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren könnten, und es in der Verantwortung des betreuenden Arztes liege, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seiner Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen (a.a.O. S. 1). Von diesen Aussagen zur Wirksamkeit, für die die Altersunterschiede zwischen 12 und 26 Jahren keine Rolle spielen, sondern allein das Bestehen oder Fehlen einer Vorinfektion, ist zu unterscheiden die von der STIKO verlautbarte, auch auf andere Gesichtspunkte als allein die Wirksamkeit gestützte allgemeine altersgruppenspezifische Impfempfehlung. Auf diese erforderliche Differenzierung hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht abgehoben. In Bezug auf die Altersgrenzen wurden von der STIKO nämlich zusätzlich zu den klinischen Studienergebnissen über Immunogenität und Verträglichkeit der HPV-Impfung verschiedene weitere Aspekte berücksichtigt, nämlich der Zeitpunkt der ersten sexuellen Kontakte, Synergieeffekte der Inanspruchnahme bereits bestehender Impfempfehlungen, Bereitschaft der Mädchen zur Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten, der Zeitpunkt des ersten Frauenarztbesuches, also die Erreichbarkeit der Zielgruppe. Mit diesen heterogenen Erwägungen hat die STIKO ihre vorausgegangenen Feststellungen zur medizinischen Wirksamkeit der Schutzimpfung gerade nicht in Frage gestellt.
25 
Kommt es für die Beurteilung der Notwendigkeit der fachärztlich verordneten Impfung bzw. der Aufwendungen für diese aber allein auf die mutmaßliche Wirksamkeit der Impfung an, so ist diese hier bereits deshalb anzunehmen, weil bei der Tochter des Klägers ausweislich der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der bei der Impfung tätig gewordenen Frauenärztin zuvor ein HPV-Test mit negativem Ergebnis durchgeführt worden ist. Damit ist auch vom Ausgangspunkt des Bulletins der STIKO her mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Wirksamkeit der Impfung bei der Tochter des Klägers auszugehen. Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, ein Nachweisverlangen in Bezug auf das (Nicht-)Vorliegen einer HPV-Vorinfektion bzw. sexueller Aktivität führe zu einem unzumutbaren Eingriff in die Intimsphäre, ist jedenfalls im vorliegenden Verfahren unerheblich. Er geht daran vorbei, dass die Tochter des Klägers von sich aus den entsprechenden Negativbefund vorgelegt hat, von einem unzumutbaren Nachweisverlangen im vorliegenden Fall somit nicht die Rede sein kann. Welche Bedeutung der Führung eines solchen Nachweises bzw. seinem Fehlen allgemein zukommen kann, bedarf mithin im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat bekräftigt insoweit mit Blick auf noch anhängige Parallelverfahren allerdings, dass grundsätzlich, wie dargelegt, von der Beurteilung des behandelnden Arztes hinsichtlich der Notwendigkeit einer Behandlung bzw. Schutzimpfung auszugehen ist. Hiervon ausgehend wäre bei entsprechender Fallgestaltung sodann auch der Umstand zu würdigen, dass die STIKO bzw. der Beklagte für die Altersgruppe der 12- bis 17-jährigen Mädchen die Impfempfehlung bzw. die Annahme der beihilferechtlichen Notwendigkeit der Impfung nicht von einem Nachweis des Fehlens einer HPV-Vorinfektion abhängig macht, obwohl nach den von der STIKO referierten einschlägigen Untersuchungen Mädchen bis zum Alter 17 bereits zu 73 % sexuelle Erfahrungen haben, also eine mögliche Vorinfektion in diesen Fällen nicht als Hinderungsgrund für die Empfehlung bzw. die Anerkennung der beihilferechtlichen Notwendigkeit angesehen wird.
26 
Soweit der Beklagte noch die Aspekte Verwaltungspraktikabilität und -ökonomie gegen eine individuelle Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen im Einzelfall ins Feld führt, bewegt er sich außerhalb des normativen Bezugsrahmens des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.. Diese Vorschrift setzt bei Fehlen einer expliziten abschließenden (positiven oder negativen) Bestimmung des Verordnungsgebers zur beihilferechtlichen Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen oder Hilfsmittel (vgl. z.B. Anlage 3 zur Beihilfeverordnung), wie (unterstellt) hier, gerade eine solche Prüfung voraus. An diese normative Vorgabe hat sich die Beihilfestelle, unbeschadet der Möglichkeit interner Steuerung durch (insoweit lediglich norminterpretierende) Verwaltungsvorschriften, im Außenverhältnis zum Beihilfeberechtigten zu halten.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
28 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
29 
Beschluss vom 9. Juli 2009
30 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 GKG auf 271,65 EUR festgesetzt.
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
15 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 125 Abs.1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO.
16 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
17 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die HPV-Schutzimpfung seiner Tochter T.
18 
Rechtsgrundlage des Beihilfeanspruchs ist § 10 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Beihilfeverordnung in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung der Verordnung vom 28.07.1995 (GBl. S. 561), zuletzt geändert durch Art. 10 HaushaltsstrukturG 2004 v. 17.02.2004 (GBl. S. 66) - BVO a.F. -. Nach § 10 Abs. 4 BVO a.F. sind beihilfefähig Aufwendungen für Schutzimpfungen, ausgenommen jedoch solche aus Anlass von Reisen in Gebiete außerhalb Europas und solche aus beruflichen Gründen. Im Hinblick auf den gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BVO (a. und n.F.) maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen ist der durch die Änderungsverordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407) mit Wirkung vom 01.01.2009 novellierte § 10 Abs. 4 BVO n.F. im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar; nach dieser Novellierung sind nur noch Aufwendungen für Schutzimpfungen beihilfefähig, die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes angeordnet oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlen sind.
19 
Dass die bei der Tochter des Klägers durchgeführte Schutzimpfung von dem hier noch einschlägigen § 10 Abs. 4 BVO a.F. erfasst wird, ist offensichtlich und wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Die Schutzimpfung erfüllt aber auch die weitere, grundsätzlich für alle Beihilfeleistungen geltende allgemeine Voraussetzung der Notwendigkeit und Angemessenheit nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 BVO a.F.. Danach sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie - was hier nicht streitig ist - der Höhe nach angemessen sind. Nach Satz 2 der Vorschrift entscheidet über die Notwendigkeit und die Angemessenheit die Beihilfestelle.
20 
Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v 20.03.2008 - 2 C 19/06 -, NVwZ-RR 2008, 713). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts anderes. Diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall gerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind daher Erwägungen zu einer Typisierungs- oder Gestaltungsbefugnis der Beihilfestelle verfehlt. Eine solche mag dem Verordnungsgeber bei der normativen Ausgestaltung der Beihilfe zukommen, nicht aber der mit dem Verwaltungsvollzug betrauten Behörde bei der Anwendung der Beihilfevorschriften, sofern diese nicht ihrerseits, wofür im vorliegenden Zusammenhang indes nichts ersichtlich ist, eine Beurteilungs- oder Ermessensermächtigung für die Verwaltungsbehörde enthalten. Soweit dem vom Beklagten herangezogenen, zum rheinland-pfälzischen Beihilferecht ergangenen Urteil des OVG Rheinland-Pfalz eine gegenteilige Auffassung zu entnehmen sein sollte, teilt der Senat diese nicht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.02.2009 - 2 A 11125/08.OVG -, juris). Dementsprechend müssen sich auch zu den Beihilfevorschriften ergangene Anwendungshinweise und sonstige Erlasse gemäß ihrer Rechtsnatur als untergesetzliche Bestimmungen im Rahmen des normativen Programms halten und können bei unbestimmten Rechtsbegriffen nur norminterpretierend - ohne Bindungswirkung für das Verwaltungsgericht - Zweifelsfälle im Sinne einer einfachen und gleichartigen Handhabung der Beihilfevorschriften durch die Verwaltungsbehörde klären oder im Falle etwa normativ eingeräumter Beurteilungs- oder Ermessensspielräume deren Wahrnehmung - ggf. mit durch Art. 3 Abs. 1 GG vermittelter Bindungswirkung - lenken. Sie können aber nicht selbständig neue Leistungsausschlüsse schaffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008 - 2 C 9.07 -, NVwZ-RR 2008, 711).
21 
Die Beihilfevorschriften enthalten keine nähere Umschreibung dessen, was unter Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. zu verstehen ist. Allerdings kennt die Beihilfeverordnung, insbesondere in Anlage 3, Positivlisten, Einschränkungen sowie Ausschlusstatbestände für die Beihilfefähigkeit in bestimmten Fällen. Insofern könnte erwogen werden, ob § 10 Abs. 4 BVO a.F. nicht bereits eine in ähnlicher Weise abschließende Regelung zu entnehmen ist, dass Schutzimpfungen bzw. die für solche entstehenden Aufwendungen vom Verordnungsgeber selbst dem Grunde nach als notwendig anerkannt werden, ebenso wie umgekehrt § 10 Abs. 4 BVO n.F. auf den generellen Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht angeordneter oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlener Schutzimpfungen abzielt (zur Bedeutung von Positiv- bzw. Negativlisten vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008, a.a.O.). Dies kann hier aber dahinstehen. Selbst wenn § 10 Abs. 4 BVO a.F. keine so weitreichende, die Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO ohne Weiteres begründende Bedeutung beigemessen wird, ist § 10 Abs. 4 BVO a.F. jedenfalls die normative Aussage zu entnehmen, dass Schutzimpfungen dem Grunde nach als notwendige Aufwendungen auslösende medizinische Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind und nicht etwa wegen ihres Vorsorgecharakters von vornherein als lediglich nützlich oder sinnvoll einzustufen sind. Insoweit kann, anders als möglicherweise nach § 10 Abs. 4 BVO n.F., auch nicht eine öffentliche Empfehlung der obersten Landesbehörde oder einer besonders sachverständigen Stelle wie der STIKO zur unverzichtbaren Voraussetzung der Anerkennung der Notwendigkeit erhoben werden, wie es in der Argumentation des Beklagten anklingt. § 10 Abs. 4 BVO n.F. ist im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, gerade noch nicht anwendbar, sein Regelungsgehalt darf daher auch nicht im Wege der Interpretation in den Begriff der Notwendigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO vorverlagert werden.
22 
Spricht bereits die hier noch einschlägige Regelung des § 10 Abs. 4 BVO a.F. somit keinesfalls gegen, sondern eher für die Einbeziehung von Schutzimpfungen in den Kreis der dem Grunde nach notwendige Aufwendungen verursachenden medizinischen Maßnahmen, so kommt es darauf an, ob im Einzelfall Gründe vorliegen, die die Annahme der Notwendigkeit der Impfung weiter stützen oder aber ihr entgegenstehen. Insoweit ist nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu medizinischen Behandlungen zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen. Ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2008, a.a.O.; v. 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801; Senatsbeschl. v. 05.05.2009 - 10 S 494/09 -). Eine Ausnahme gilt für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.06.1995 -a.a.O.).
23 
Diese Grundsätze können für Schutzimpfungen, so auch im vorliegenden Fall, entsprechend herangezogen werden mit dem Ergebnis, dass die von der Frauenärztin - nach Durchführung eines HPV-Infektionstests bei der Tochter des Klägers - vorgenommene Schutzimpfung aufgrund dieser ärztlichen Verordnung als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. anzuerkennen ist. Denn die Frauenärztin ist damit nicht etwa einer wissenschaftlich nicht anerkannten Methode gefolgt. Vielmehr trifft das Gegenteil zu: An der wissenschaftlichen Anerkennung der Schutzimpfung gegen HPV-Viren als solcher besteht nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Impfung bis heute kein vernünftiger Zweifel, mögen auch weitere Studien bzw. Untersuchungen diesen Kenntnisstand noch ausbauen. Insoweit folgt der Senat der Auffassung - auch des Beklagten -, dass den einschlägigen Verlautbarungen der STIKO wegen deren durch § 20 Abs. 2 IfSG vom Gesetzgeber besonders herausgehobener Stellung als sachverständigem Gremium maßgebliches Gewicht zukommt, jedenfalls im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens. Die insbesondere im Epidemiologischen Bulletin der STIKO vom 23.03.2007 (Nr. 12/2007) getroffenen Feststellungen belegen aber die hohe Wirksamkeit der Schutzimpfung als solche mit dem (bei der Tochter des Klägers angewendeten) Präparat „Gardasil“, ebenso wie bei dem Konkurrenzprodukt „Cervarix“. In dem Bulletin wird insoweit ausgeführt (S. 99), dass nach Studien mit über 20.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren die Wirksamkeit des Impfstoffs „Gardasil“ bei HPV-negativen Probanden die Wirksamkeit gegen die Virustypen HPV-16 bzw. -18 bei 95,2 % gelegen habe; bei einer modifizierten Probandengruppe von Frauen desselben Alters, die ohne Berücksichtigung des HPV-Status vor Impfung mindestens eine Dosis von „Gardasil“ erhalten hätten, habe sich eine Wirksamkeit von (immerhin noch) 46,4 % gezeigt. Für „Cervarix“ hätten die Studienergebnisse gezeigt, dass eine Impfung von HPV-negativen Probanden zu annähernd 100 % vor einer persistierenden Infektion schütze. Diese Angaben werden im Wesentlichen bestätigt in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen (BT-Drs. 16/9302 v. 28.05.2008).
24 
Die Feststellungen der STIKO zum Grad der Wirksamkeit der Impfung differenzieren also lediglich danach, ob eine Vorinfektion mit HPV-Viren vorlag oder nicht; dem entspricht die im Bulletin vom 23.07.2007 enthaltene Folgerung der STIKO, dass Frauen, die innerhalb des empfohlenen Zeitraums (Alter 12 bis 17 Jahre) keine Impfung gegen HPV erhalten haben, ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren könnten, und es in der Verantwortung des betreuenden Arztes liege, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seiner Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen (a.a.O. S. 1). Von diesen Aussagen zur Wirksamkeit, für die die Altersunterschiede zwischen 12 und 26 Jahren keine Rolle spielen, sondern allein das Bestehen oder Fehlen einer Vorinfektion, ist zu unterscheiden die von der STIKO verlautbarte, auch auf andere Gesichtspunkte als allein die Wirksamkeit gestützte allgemeine altersgruppenspezifische Impfempfehlung. Auf diese erforderliche Differenzierung hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht abgehoben. In Bezug auf die Altersgrenzen wurden von der STIKO nämlich zusätzlich zu den klinischen Studienergebnissen über Immunogenität und Verträglichkeit der HPV-Impfung verschiedene weitere Aspekte berücksichtigt, nämlich der Zeitpunkt der ersten sexuellen Kontakte, Synergieeffekte der Inanspruchnahme bereits bestehender Impfempfehlungen, Bereitschaft der Mädchen zur Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten, der Zeitpunkt des ersten Frauenarztbesuches, also die Erreichbarkeit der Zielgruppe. Mit diesen heterogenen Erwägungen hat die STIKO ihre vorausgegangenen Feststellungen zur medizinischen Wirksamkeit der Schutzimpfung gerade nicht in Frage gestellt.
25 
Kommt es für die Beurteilung der Notwendigkeit der fachärztlich verordneten Impfung bzw. der Aufwendungen für diese aber allein auf die mutmaßliche Wirksamkeit der Impfung an, so ist diese hier bereits deshalb anzunehmen, weil bei der Tochter des Klägers ausweislich der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der bei der Impfung tätig gewordenen Frauenärztin zuvor ein HPV-Test mit negativem Ergebnis durchgeführt worden ist. Damit ist auch vom Ausgangspunkt des Bulletins der STIKO her mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Wirksamkeit der Impfung bei der Tochter des Klägers auszugehen. Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, ein Nachweisverlangen in Bezug auf das (Nicht-)Vorliegen einer HPV-Vorinfektion bzw. sexueller Aktivität führe zu einem unzumutbaren Eingriff in die Intimsphäre, ist jedenfalls im vorliegenden Verfahren unerheblich. Er geht daran vorbei, dass die Tochter des Klägers von sich aus den entsprechenden Negativbefund vorgelegt hat, von einem unzumutbaren Nachweisverlangen im vorliegenden Fall somit nicht die Rede sein kann. Welche Bedeutung der Führung eines solchen Nachweises bzw. seinem Fehlen allgemein zukommen kann, bedarf mithin im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat bekräftigt insoweit mit Blick auf noch anhängige Parallelverfahren allerdings, dass grundsätzlich, wie dargelegt, von der Beurteilung des behandelnden Arztes hinsichtlich der Notwendigkeit einer Behandlung bzw. Schutzimpfung auszugehen ist. Hiervon ausgehend wäre bei entsprechender Fallgestaltung sodann auch der Umstand zu würdigen, dass die STIKO bzw. der Beklagte für die Altersgruppe der 12- bis 17-jährigen Mädchen die Impfempfehlung bzw. die Annahme der beihilferechtlichen Notwendigkeit der Impfung nicht von einem Nachweis des Fehlens einer HPV-Vorinfektion abhängig macht, obwohl nach den von der STIKO referierten einschlägigen Untersuchungen Mädchen bis zum Alter 17 bereits zu 73 % sexuelle Erfahrungen haben, also eine mögliche Vorinfektion in diesen Fällen nicht als Hinderungsgrund für die Empfehlung bzw. die Anerkennung der beihilferechtlichen Notwendigkeit angesehen wird.
26 
Soweit der Beklagte noch die Aspekte Verwaltungspraktikabilität und -ökonomie gegen eine individuelle Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen im Einzelfall ins Feld führt, bewegt er sich außerhalb des normativen Bezugsrahmens des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.. Diese Vorschrift setzt bei Fehlen einer expliziten abschließenden (positiven oder negativen) Bestimmung des Verordnungsgebers zur beihilferechtlichen Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen oder Hilfsmittel (vgl. z.B. Anlage 3 zur Beihilfeverordnung), wie (unterstellt) hier, gerade eine solche Prüfung voraus. An diese normative Vorgabe hat sich die Beihilfestelle, unbeschadet der Möglichkeit interner Steuerung durch (insoweit lediglich norminterpretierende) Verwaltungsvorschriften, im Außenverhältnis zum Beihilfeberechtigten zu halten.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
28 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
29 
Beschluss vom 9. Juli 2009
30 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 GKG auf 271,65 EUR festgesetzt.
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.