Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 14. Feb. 2014 - 9 S 14.110

bei uns veröffentlicht am14.02.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer I. des Bescheids vom 13. Dezember 2013 wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die für sofort vollziehbar erklärte Feststellung des Nichtbestehens des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet.

Der 1977 geborene ledige Antragsteller ist bulgarischer wie auch türkischer Staatsangehöriger. Er reiste nach Aktenlage erstmals am 20. Februar 2012 zu seiner in R. wohnenden Tante in das Bundesgebiet ein, nachdem er zuletzt in der Türkei gelebt hatte. Aufgrund einer akuten Eigengefährdung wurde der Antragsteller am 13. März 2012 durch die Polizei stationär im Bezirksklinikum R. untergebracht. Am 4. Mai 2012 wurde er wieder entlassen. In der Folge verließ der Antragsteller das Bundesgebiet wieder und reiste am 9. August 2012 erneut ein. Laut seiner Aufenthaltsanzeige vom 27. September 2012 halte er sich zum Zweck der „Arbeitssuche“ im Bundesgebiet auf.

Der Antragsteller wurde jeweils erneut zu stationären Behandlungen

- vom 20. August 2012 bis 25. September 2012,

- vom 9. Oktober 2012 bis 15. Oktober 2012,

- vom 16. Oktober 2012 bis 13. November 2012,

- vom 11. Januar 2013 bis 5. April 2013,

- vom 10. April 2013 bis 25. April 2013,

- vom 26. Mai 2013 bis 29. Mai 2013,

- vom 30. Mai 2013 bis 31. Mai 2013,

- vom 31. Mai bis 1. Juni 2013

im Bezirksklinikum R. aufgenommen. Die stationären Behandlungskosten wurden jeweils von der Sozialverwaltung des Bezirks ... getragen. Zwischen den stationären Aufenthalten wohnte der Antragsteller bei seiner Tante bzw. in einem zu deren Wohnung gehörenden Kellerraum.

Nachdem der Antragsteller bereits einmal bis 27. September 2012 unter Betreuung stand, ordnete das Amtsgericht Regensburg mit Beschluss vom 28. Februar 2013 für den Antragsteller befristet bis zum 28. August 2013 erneut eine Betreuung an.

Mit Bescheiden vom 26. Oktober 2012 und vom 26. April 2013 hatte das Jobcenter Stadt R. die Anträge des Antragstellers auf Leistungen nach SGB II abgelehnt. Soweit ersichtlich stand der Antragsteller während seines Aufenthalts im Bundesgebiet zu keiner Zeit in einem Beschäftigungsverhältnis.

In einem Antrag auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) vom 6. Juni 2013, über den noch nicht entschieden ist, gab der damalige Betreuer des Antragstellers, Herr K., R., unter anderem an, der Antragsteller sei wegen schizophrener Psychose und Alkoholabhängigkeit dauernd voll erwerbsgemindert. Seine Einschätzung einer Erwerbsunfähigkeit des von ihm Betreuten bestätigte er auch nochmals am 8. Oktober 2013 gegenüber dem Amt für Soziales der Stadt R. Laut ärztlichem Attest des Dr. A., Bezirksklinikum R., vom 2. Oktober 2013 leide der Antragsteller an einer Persönlichkeitsstörung infolge schwerer seelischer Traumatisierung. Sein Gesundheitszustand habe sich in den letzten Monaten erfreulich gebessert, bei einer Untersuchung am 1. Oktober 2013 sei er psychopathologisch unauffällig gewesen. Er erscheine aus fachärztlicher Sicht vollzeitig arbeitsfähig. Eine medikamentöse Behandlung erfolge derzeit nicht und sei auch nicht erforderlich.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie davon ausgehe, dass er das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht nicht länger besitze und demnach aus diesem keinen Anspruch mehr auf Aufenthalt im Bundesgebiet ableiten könne, da er bislang scheinbar keine nachhaltige Beschäftigung ausgeübt habe. Die Ausländerbehörde gab dem Antragsteller Gelegenheit, diesem Vorhalt durch Vorlage verschiedener Dokumente zu seinem Beschäftigungsverlauf entgegenzutreten. Der Antragsteller reagierte darauf jedoch nicht.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 teilte die S. GmbH der Tante des Antragstellers mit, dass die früher erteilte Erlaubnis, nach der der Antragsteller bei ihr wohnen dürfe, erloschen sei.

Die Antragsgegnerin stellte mit Bescheid vom 13. Dezember 2013, zugestellt am 18. Dezember 2013, fest, dass ein Recht des Antragstellers auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet nicht bestehe (Ziffer I.) und drohte ihm die Abschiebung nach Bulgarien oder einen anderen Staat an, in den er einreisen dürfe oder zu seiner Übernahme verpflichtet sei, falls er nicht binnen fünf Wochen ab Zustellung des Bescheids das Bundesgebiet verlassen habe (Ziffer II.). In Ziffer III. ordnete sie die sofortige Vollziehbarkeit von Ziffer I. des Bescheids an. In den Bescheidsgründen ist unter anderem ausgeführt, es sei weder die Fünf-Jahres-Frist nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU noch die nach § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erreicht. Der Antragsteller habe von Anfang an kein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 FreizügG erworben, da er zu keiner Zeit einer Beschäftigung nachgegangen sei und keine Schritte zur Aufnahme einer Beschäftigung unternommen habe. Die ernsthafte Absicht, eine Arbeit aufzunehmen bzw. aufnehmen zu wollen, hätte objektivierbar nach außen zum Ausdruck gebracht werden müssen. Sein Lebenslauf im Bundesgebiet mit überwiegendem Aufenthalt in stationärer Behandlung zeige auch, dass er hier noch nie im Stande gewesen sei, einer Beschäftigung nachzugehen. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller bereits bei seiner Einreise erwerbsunfähig gewesen sei. Nach objektiver Betrachtung des gesamten Verhaltens bestehe auch keine nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU, vielmehr sei von dauernder Erwerbsunfähigkeit auszugehen. Ein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 4 FreizügG/EU als nicht erwerbstätiger Unionsbürger habe der Antragsteller ebenfalls nicht erlangt, da er über keinerlei finanzielle Mittel im Bundesgebiet und keinen Krankenversicherungsschutz verfüge. Ein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU scheide ebenfalls aus, da der Antragsteller kein Familienangehöriger im Sinne des § 3 Abs. 2 FreizügG/EU sei. Auch als türkischer Staatsangehöriger habe der Antragsteller kein Aufenthaltsrecht, etwa aus Art. 6 oder 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 (ARB 1/80), erworben, da er sich nicht als Arbeitnehmer oder als Familienangehöriger eines dem deutschen Arbeitsmarktes angehörigen türkischen Staatsangehörigen im Bundesgebiet aufhalte. Im Rahmen der Ermessensentscheidung seien insbesondere die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts sowie schutzwürdige persönliche wirtschaftliche und sonstigen Bindungen des Antragstellers im Bundesgebiet einbezogen. Duldungsgründe seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wurde insbesondere mit dem Ziel der Vermeidung weiterer Kosten für die Allgemeinheit, etwa durch eine weitere stationäre Behandlung, durch eine zu leistende Hilfe zum Lebensunterhalt, und die drohende Obdachlosigkeit begründet.

Der Antragsteller erhob am 14. Januar 2014 zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Gerichts Klage gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2013 (RN 9 K 14.111). Zugleich stellte er einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung verwies er auf ein Schreiben des Herrn N., D., der ebenfalls bereits früher ein Betreuer des Antragstellers war. Darin wird geltend gemacht, dass sich zum 1. Januar 2014 das Gesetz geändert habe und für EU-Bürger aus Bulgarien nunmehr Freizügigkeit bestehe. Bei der Untersuchung des Antragstellers am 1. Oktober 2013 habe sich ergeben, dass erst im Herbst 2013 die bisherige Behandlung den gewünschten Erfolg gehabt habe, nämlich eine Normalisierung im Sinne einer neu gewonnenen Fähigkeit, auf die Bedingungen des Lebens in Deutschland realitätsbezogen zu reagieren. Unverständlich sei deshalb das Insistieren des anderen früheren Betreuers auf dem Antrag auf Grundsicherungsleistungen mit Betonung der irreparablen psychischen Defekte des Antragstellers. Dessen Eltern seien bei einem Unfall gestorben, als er zwei Jahre alt gewesen sei. Er sei zunächst bei seiner Großmutter aufgewachsen, von der er aber misshandelt worden sei. Er sei weggelaufen und habe als obdachloses Straßenkind in der Türkei gelebt. Wegen eines Deliktes sei er neun Jahre in Haft gewesen, wo er auch sexuell missbraucht und schwer misshandelt worden sei. Die in R. lebende Tante des Antragstellers habe sich für ihn verantwortlich gefühlt und ihn bei sich aufnehmen wollen. Allerdings habe auch sie psychische Probleme und stehe selbst unter Betreuung. Sie habe dem Antragsteller daher weder materiell noch seelisch eine Stütze sein können, vielmehr habe die häusliche Gemeinschaft mit ihr eher wieder psychopathologische Reaktionen beim Antragsteller ausgelöst. Den Antragsteller durch die Abschiebung wieder dorthin zu entlassen, wo seine Traumata entstanden seien, würde eine Grausamkeit ohnegleichen bedeuten. Er verdiene es, hier eine Chance zu bekommen. Er sei ja offenbar arbeitsfähig und solle auch so schnell wie möglich eine Arbeitstätigkeit ausüben und nebenher die deutsche Sprache erlernen. Allerdings sei auch aus psychologischen Gründen eine Entflechtung der Wohnsituation bei der Tante unabdingbar.

Es wird sinngemäß beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer I. des Bescheids vom 13. Dezember 2013 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die Anordnung des Sofortvollzugs formal korrekt erfolgt sei. Auf Grundlage einer umfassenden Abwägung sei sie auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass hier ausnahmsweise das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug überwiege. Im Übrigen gehe der Antragsteller zu Unrecht davon aus, dass bulgarische Staatsangehörige erst seit dem 1. Januar 2014 Freizügigkeit genießen würden, dies sei bereits seit dem 1. Januar 2007 der Fall. Aufgrund der zum 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Neuregelung sei ihnen lediglich ein uneingeschränkter Arbeitsmarktzugang ermöglicht. Der Antragsteller erfülle jedoch aufgrund seiner bisherigen Erwerbsbiographie die Voraussetzungen des § 2 FreizügG/EU nicht. Gleiches gelte für § 4 FreizügG/EU. Laut Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters des Sozialamtes vom 22. Januar 2014 habe die Tante des Antragstellers mitgeteilt, dass sich der Antragsteller seit 14. Januar 2014 erneut zur stationären Behandlung im Bezirksklinikum R. befinde. Die erneute stationäre Aufnahme, die durch einen Anruf beim Bezirksklinikum bestätigt worden sei, untermauere die Annahme, dass der Antragsteller nach wie vor krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, eine Beschäftigung auszuüben. Daher sei die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Freizügigkeitsgesetzes nicht anzunehmen.

Mit Schreiben vom 11. Februar 2014 zeigte Herrn N., D., unter Vorlage eines Beschlusses des Amtsgerichts R. vom 20. Januar 2014 an, dass er erneut zum Betreuer des Antragstellers bestellt worden sei und den Antragsteller noch am 11. Februar 2014 melderechtlich abmelden werde, da der Antragsteller nicht mehr unter der bisher angegebenen Anschrift der Tante wohne. Die Betreuung umfasst unter anderem die Aufgabenkreise „Vertretung gegenüber Behörden“, „ausländerrechtliche Angelegenheiten“ sowie „Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise.“ Laut dem Beschluss werde das Amtsgericht spätestens bis zum 20. Januar 2016 über die Aufhebung oder Verlängerung der getroffenen Regelungen entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Vervollständigung der Sachverhaltsdarstellung auf den Inhalt der Gerichtsakten in den Verfahren RO 9 S 14.110 und RO 9 K 14.111 sowie auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer I. des Bescheids vom 13. Dezember 2013 hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er statthaft, weil die Klage gegen Ziffer I. des angefochtenen Bescheids aufgrund der behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Außerdem konnte der seit 20. Januar 2014 wieder unter Betreuung stehende Antragsteller am 14. Januar 2014 den Antrag selbst stellen, zumal ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), der nach § 62 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Fähigkeit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen einschränken könnte (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 62 Rn. 13), nicht einmal im ohnehin erst danach ergangenen Beschluss über die Betreuung angeordnet worden ist.

2. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage - hier gegen die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt - ist auch begründet.

Die zuständige Behörde hat den Sofortvollzug zwar in einer den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Weise begründet. Eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehung einerseits und des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides andererseits unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs ergibt jedoch, dass dem Interesse des Antragstellers, vorläufig von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, Vorrang gebührt. Nach der im Eilverfahren allein gebotenen, aber auch nur möglichen summarischen Prüfung der Sachlage stellt sich die angefochtene Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts zum gegenwärtigen Stand als voraussichtlich rechtswidrig dar, so dass überwiegende Erfolgsaussichten für die Hauptsacheklage des Antragstellers bestehen. Dabei ist bei der gerichtlichen Überprüfung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber Unionsbürgern auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 3.8.2004 - 1 C 30.02 - juris Rn. 28 ff.).

a) Die Ausländerbehörde kann auf der Rechtsgrundlage des § 5 Abs. 4 FreizügG/EU den Verlust des Freizügigkeitsrechts feststellen, wenn die Freizügigkeitsberechtigung eines ursprünglich Berechtigten innerhalb von fünf Jahren nach Begründung seines ständigen Aufenthalts entfällt. Auch ein von Anfang an nicht freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger wird erst ausreisepflichtig, wenn festgestellt worden ist, dass ein Freizügigkeitsrecht nicht besteht; diese Feststellung wird auch für ursprünglich nicht Freizügigkeitsberechtigte in § 7 Abs. 1 FreizügG/EU vorausgesetzt, ohne dass sie ausdrücklich geregelt wäre. Daher ist insoweit § 5 Abs. 4 FreizügG/EU für die Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts analog anzuwenden (vgl. Hoppe in HTK-AuslR, § 5 Abs. 4 FreizügG/EU, Stand 08/2013, Nr. 5 und Kurzidem in Beck’scher Online-Kommentar AuslR, § 5 FreizügG/EU, Stand 1.9.2013, Rn. 13).

b) Diese Feststellung wird als formell rechtmäßig anzusehen sein, insbesondere wird im Schreiben der Ausländerbehörde vom 8. Oktober 2013 eine den Anforderungen genügende Anhörung zu sehen sein.

c) Die Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts stellt sich voraussichtlich aber als materiell rechtswidrig dar.

aa) Die Voraussetzungen für die Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts liegen zwar offensichtlich vor:

Der Antragsteller reiste erstmals am 20. Februar 2012 und nach vorübergehender Abwesenheit zuletzt am 9. August 2012 in das Bundesgebiet ein. Selbst wenn man unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 4a Abs. 6 Nr. 1 FreizügG/EU von einem ständigen Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet bereits vom Zeitpunkt seiner Ersteinreise am 20. Februar 2012 an ausgeht, ist die in § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU enthaltene Fünf-Jahres-Frist für eine Feststellung nicht erreicht.

Mit der Ausländerbehörde ist auch davon auszugehen, dass der Antragsteller von Anfang an nicht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt war.

Zunächst kann sich der Antragsteller nicht auf ein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU berufen, da er kein Daueraufenthaltsrecht erworben hat. Insbesondere ist eine auch im Rahmen des § 4a Abs. 1 FreizügG/EU maßgebliche Fünf-Jahres-Frist wie bereits aufgezeigt nicht erreicht. Dies gilt ungeachtet der nur bei § 4a Abs. 1 FreizügG/EU (und nicht auch bei § 5 Abs. 4 FreizügG/EU) relevanten Frage, ob der Aufenthalt überhaupt rechtmäßig war. Selbst die in § 4a Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 3 FreizügG/EU geregelten Drei-Jahres-Fristen sind nicht erreicht, so dass der Antragsteller abgesehen vom Fehlen der sonstigen Voraussetzungen auch danach kein Daueraufenthaltsrecht erworben hat. Der Antragsteller hat ein Daueraufenthaltsrecht bereits vor Ablauf von fünf Jahren auch nicht nach § 4a Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU erworben, da er im Bundesgebiet überhaupt schon keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, die er infolge voller Erwerbsminderung aufgegeben hat.

Ein Freizügigkeitsrecht ergibt sich auch nicht aus anderen Bestimmungen, insbesondere hat sich der Antragsteller nach Aktenlage eben zu keinem Zeitpunkt als Arbeitnehmer oder als Auszubildender (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 und 3 FreizügG/EU), als selbstständig Erwerbstätiger (§ 2 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 FreizügG/EU) oder als freizügigkeitsberechtigter Empfänger von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU) im Bundesgebiet aufgehalten. Zwar befindet er sich immer wieder als Patient im Bezirksklinikum R. und nimmt mit der medizinischen Behandlung tatsächlich Dienstleistungen in Anspruch, allerdings steht ihm deswegen noch nicht als Dienstleistungsempfänger Freizügigkeit zu, da er dafür auf Sozialleistungen angewiesen ist (vgl. VG Ansbach, B. v. 22.10.2008 - AN 19 K 08.1106 - juris).

Der Antragsteller kann auch kein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU als Arbeitssuchender geltend machen. Dies liegt nicht etwa daran, dass insoweit gerade für bulgarische Staatsangehörige Einschränkungen bestünden. Zwar war für diese bis Ende 2013 die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Weise ausgestaltet, dass sie eine Beschäftigung nur mit Zustimmung der Arbeitsverwaltung ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden durften, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen; auch ohne eine Arbeitsgenehmigung konnten diese Unionsbürger aber ihr Freizügigkeitsrecht zur Arbeitssuche (etwa für Bewerbungen, Vorstellungsgespräche etc.) nutzen (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 2 FreizügG/EU Rn. 60). Nachdem allerdings davon auszugehen ist, dass sich der Antragsteller tatsächlich nicht zur Arbeitssuche im Bundesgebiet aufgehalten hat oder aufhält, stand ihm bisher schon und steht ihm auch weiterhin kein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU zu. Seine bloße Behauptung in der Aufenthaltsanzeige vom 27. September 2012, wonach er sich zum Zweck der „Arbeitssuche“ im Bundesgebiet aufhalte, genügt insoweit jedenfalls nicht. Vielmehr hat der Antragsteller die ernstliche Absicht, eine Beschäftigung auch tatsächlich aufnehmen zu wollen, bisher nicht objektivierbar nach außen erkennen lassen, wie es aber erforderlich wäre (vgl. BayVGH, U. v. 16.1.2009 - 19 C 08.3271 - juris). Auch auf das Anhörungsschreiben der Ausländerbehörde vom 8. Oktober 2013 hin hat er nicht aufgezeigt, dass er sich beispielsweise bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet, Vorstellungsgespräche wahrgenommen, Unternehmen besucht oder überhaupt wenigstens auf Stellenanzeigen reagiert hat (vgl. zu den Beispielen Tewocht in Beck’scher Online-Kommentar AuslR, § 2 FreizügG/EU, Stand 1.9.2013, Rn. 25). Zugleich kann nicht zuletzt angesichts der psychischen Probleme des Antragstellers, die ihn zu wiederholten, überwiegend längerfristigen Aufenthalten im Bezirksklinikum veranlassten, nicht vom Bestehen einer „begründeten Aussicht“ auf einen Arbeitsplatz ausgegangen werden (vgl. hierzu auch Art. 14 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG - FreizügigkeitsRL). Weder ist es ihm bisher gelungen, eine Arbeit aufzunehmen, noch ist davon auszugehen, dass ihm dies in absehbarer Zeit gelingen wird. Dabei mag nach den Gesamtumständen schon zweifelhaft erscheinen, ob die im fachärztlichen Attest vom 2. Oktober 2013 erfolgte Einschätzung einer (allenfalls erst aufgrund der angenommenen Besserung des Gesundheitszustandes wieder erlangten) vollzeitigen Arbeitsfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt überhaupt bestanden hat. Sie hat sich aber jedenfalls in der Folge zumindest nicht als nachhaltig bestätigt. Seit 14. Januar 2014 befindet sich der Antragsteller erneut in stationärer Behandlung im Bezirksklinikum R. Hierzu weist die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 28. Januar 2014 darauf hin, „die stationäre Aufnahme untermauert die Annahme“, dass der Antragsteller krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, eine Beschäftigung auszuüben, und folglich sei eine Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Freizügigkeitsgesetzes nicht anzunehmen. Mit der Ausländerbehörde kann jedenfalls inzwischen nicht (mehr) von einer nachhaltigen Besserung der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung des Antragstellers ausgegangen werden, aufgrund der für ihn eine begründete Aussicht auf die Erlangung eines Arbeitsplatzes bestehen könnte. Derzeit spricht auch nichts für eine nur vorübergehende Minderung der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers, die nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 FreizügG/EU ein entstandenes Freizügigkeitsrecht unberührt lassen könnte, immerhin ordnete das Amtsgericht die Betreuung des Antragstellers nunmehr für einen längeren Zeitraum mit der Maßgabe an, spätestens bis 20. Januar 2016 über die Aufhebung oder Verlängerung zu entscheiden. Ungeachtet dessen ist - wie oben bereits angemerkt - für den Antragsteller schon kein Freizügigkeitsrecht entstanden, das von einer vorübergehenden Erwerbsminderung unberührt bleiben könnte.

Schließlich hat der Antragsteller kein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 4 FreizügG/EU erworben, da er offensichtlich nicht über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügt. Immerhin musste jeweils der Bezirk ... als Sozialleistungsträger die stationären Behandlungskosten tragen. Zudem verfügt der Antragsteller über keine eigenen Einkünfte oder eigenes Vermögen, inzwischen auch nicht einmal mehr über eine Wohnung, und auch seine Tante ist offensichtlich nicht in der Lage, ihm ausreichende Existenzmittel zur Verfügung zu stellen.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 4 FreizügG/EU liegen damit vor.

bb) Allerdings hat die Ausländerbehörde das durch § 5 Abs. 4 FreizügG/EU eröffnete Ermessen, in dessen Rahmen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist (vgl. Hoppe in HTK-AuslR, § 5 Abs. 4 FreizügG/EU, Stand 08/2013, Nr. 4), nicht ordnungsgemäß ausgeübt.

Bei der Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU sind insbesondere Umstände, die nach § 55 Abs. 3 AufenthG zugunsten eines Ausländers auch bei einer Ausweisungsentscheidung zu berücksichtigen sind, einzubeziehen und gegen die öffentlichen Interessen an der Ausreise des Antragstellers abzuwägen. Die in § 55 Abs. 3 AufenthG enthaltene Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Bei der Ermessensentscheidung muss immer die gesamte Situation des Ausländers berücksichtigt werden und es ist eine umfassende Abwägung sämtlicher Gesichtspunkte des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. Hoppe in HTK-AuslR, § 5 Abs. 4 FreizügG/EU, Stand 08/2013 Nr. 4 und Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG, zu Abs. 3 - Ermessen, Stand 01/2013 Nr. 3).

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Ermessensentscheidung die Dauer des Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet (wenngleich sie diesen fälschlicherweise mit zweieinhalb Jahren errechnet und damit zugunsten des Antragstellers sogar einen längeren Aufenthalt als tatsächlich bestehend zugrunde gelegt hat) sowie die Frage nach möglichen (hier: fehlenden) persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet eingestellt. Zudem hat sie durchaus die Möglichkeit des Vorliegens von Duldungsgründen und hier insbesondere die Frage nach einer Reisefähigkeit erwogen. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin darauf abgestellt, dass beim Antragsteller keine derartige Entfremdung von seinen Heimatländern Bulgarien und Türkei eingetreten sei, die eine Rückkehr dorthin unmöglich erscheinen lasse. Die Ausländerbehörde hat damit im Rahmen der Ermessenserwägungen zwar durchaus zu Recht die Rückkehrsituation des Antragstellers in den Blick genommen. Sie hat dabei aber nicht mögliche Eingliederungsschwierigkeiten einbezogen, die sich gerade aus der gesundheitlichen Situation und dem Fehlen einer Erwerbsfähigkeit des Antragstellers, das von ihr auf der Tatbestandsseite noch angenommen worden war, ergeben werden. Bei ihrer Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen ist die Antragsgegnerin ja selbst letztlich davon ausgegangen, der Antragsteller habe „eindrucksvoll belegt, dass er nicht in der Lage ist und sich auch künftig nicht in der Lage sieht, eine Beschäftigung aufzunehmen“ bzw. „dass hier, so wie dies der frühere Betreuer gegenüber dem Sozialamt dargelegt hat, eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit vorliegt“ (vgl. Seite 5 des Bescheids). Anlässlich der zum 14. Januar 2014 erneut erfolgten stationären Aufnahme des Antragstellers in das Bezirksklinikum R. weist die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 28. Januar 2014 wie oben bereits aufgezeigt zudem darauf hin, „die stationäre Aufnahme untermauert die Annahme“, dass der Antragsteller „nach wie vor krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, eine Beschäftigung auszuüben.“ Im Gegensatz dazu ist bei der im Bescheid enthaltenen Begründung der Ermessensausübung lediglich die Rede davon, dass der Antragsteller „den Ausführungen des behandelnden Psychologen nach voll erwerbsfähig“ sei, was auch positive Rückschlüsse auf seine Reisefähigkeit erlaube; dem Gutachten des Arztes müsse „insofern Glauben geschenkt werden, dass - auch wenn die Einschätzung zur Erwerbsfähigkeit durchaus als ungeklärt anzusehen ist - an der Reisefähigkeit keine Zweifel bestehen.“ Während die Antragsgegnerin bei der Auseinandersetzung mit den Tatbestandsvoraussetzungen also von einer „dauerhaften Erwerbsunfähigkeit“ des Antragstellers ausgeht, die schon bei Bescheidserlass bestand bzw. „nach wie vor krankheitsbedingt“ bestehe und durch den erneuten stationären Klinikaufenthalt „untermauert“ werde, nahm sie diese Umstände bei der Frage nach der Rückkehrsituation, in der sich der Antragsteller im Fall seiner Ausreise bzw. Abschiebung befinden wird, nicht mehr konkret in den Blick. Die Ausländerbehörde hat sich weder damit auseinandergesetzt, welche Art und welches Ausmaß etwaige daraus resultierende Eingliederungsschwierigkeiten haben werden, noch welches Gewicht diesen im Rahmen der Abwägung zukommen. Soweit hierfür erforderlich kann sie beispielsweise auf die zielstaatsbezogenen Erkenntnisse des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge oder des Auswärtigen Amtes und seiner Auslandsvertretungen zurückgreifen. Abgesehen davon trifft der im Bescheid enthaltene Argumentationsansatz hinsichtlich der von der Ausländerbehörde angenommenen Reisefähigkeit inzwischen nicht mehr ohne weiteres zu, immerhin befindet sich der Antragsteller nunmehr wieder stationär im Bezirksklinikum, so dass die auf das ärztliche Attest vom 2. Oktober 2013 gestützte Annahme überholt sein dürfte. Wie oben bereits aufgezeigt, ist bei der gerichtlichen Überprüfung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber Unionsbürgern aber auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen. Insoweit trifft die Ausländerbehörde eine Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (vgl. BVerwG, U. v. 3.8.2004 - 1 C 30.02 - juris Rn. 30). Gegebenenfalls bedarf es daher noch der behördlichen Abklärung, ob oder welche Vorkehrungen für eine Rückreise im Hinblick auf die Erkrankung des Antragstellers möglicherweise zu treffen sind, und der Auseinandersetzung im Rahmen des Ermessens. Ohne Berücksichtigung dieser Umstände liegen aber Ermessensfehler vor, die jedenfalls im bisherigen gerichtlichen Verfahren nicht durch ein etwaiges Nachschieben von relevanten Ermessenserwägungen behoben worden sind, soweit dies überhaupt möglich ist.

Nachdem sich die angefochtene Feststellung des Nichtbestehens eines Freizügigkeitsrechts zumindest nach gegenwärtigem Stand wegen der Ermessensfehler als voraussichtlich rechtswidrig darstellt, kommen der Hauptsacheklage gegen Ziffer I. des angefochtenen Bescheids zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz überwiegende Erfolgsaussichten zu.

Nach allem war im gegenständlichen Verfahren die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer I. des Bescheids vom 13. Dezember 2013 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin hat als unterliegende Partei gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 14. Feb. 2014 - 9 S 14.110 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 62


(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind1.die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,2.die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den G

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,
2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.