Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Okt. 2017 - M 8 K 16.5207

bei uns veröffentlicht am16.10.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Unter dem 26. Juni 2014 erteilte die Beklagte dem Kläger die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von einer Gaststätte/Café zu zwei Gaststätten im vereinfachten Verfahren unter Einstufung als Gebäudeklasse 5 gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BayBO.

Unter anderem wurde folgende Auflage verfügt:

Legen Sie spätestens mit der Baubeginnsanzeige die Bescheinigung „Standsicherheitsnachweis I“ (Vollständigkeit und Richtigkeit des Standsicherheitsnachweises nach Art. 62 Abs. 3 BayBO i.V.m. § 13 Abs. 4 PrüfVBau) vor. Mit der Anzeige der Nutzungsaufnahme muss die Bescheinigung „Standsicherheitsnachweis II“ (ordnungsgemäße Bauausführung nach Art. 77 Abs. 2 BayBO i.V.m. § 13 Abs. 5 PrüfVBau) vorgelegt werden.

Die Baugenehmigung vom 26. Juni 2014, die dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 1. Juli 2014 zugestellt wurde, beinhaltete im Wesentlichen die Änderung, dass aus 2 Gasträumen mit 14,70 m² und 28,50 m² einer Gaststätte zwei Gaststätten gemacht wurden.

Mit Schreiben vom 1. März 2016, dem Kläger gegen Postzustellungsurkunde am 5. März 2016 zugestellt, wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Nutzungsaufnahme 2 Wochen vor Beginn anzuzeigen sei und mit der Anzeige der „Standsicherheitsnachweis II“ vorzulegen sei. Bei einer Ortskontrolle sei festgestellt worden, dass die Nutzung bereits aufgenommen worden sei, weshalb der Kläger aufgefordert werde, die fehlende Bescheinigung „Standsicherheit II“ bis spätestens 31. März 2016 vorzulegen.

Nachdem keine Reaktion der Klagepartei erfolgte, erließ die Beklagte unter dem 18. April 2016 folgende Verfügung:

1. Folgende Verpflichtung ist unverzüglich, spätestens innerhalb von 1 Monat nach Unanfechtbarkeit dieser Verfügung zu erfüllen:

Die Bescheinigung „Standsicherheit II“ (ordnungsgemäße Bauausführung nach Art. 77 Abs. 2 BayBO i.V.m. § 13 Abs. 5 PrüfVBau) ist bei der Lokalbaukommission … vorzulegen.

2. Für den Fall, dass die in Ziff. 1. aufgeführte Verpflichtung nicht fristgerecht erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR angedroht.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Rechtsgrundlage der Verfügung sei Art. 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBO; mit Anzeige der Nutzungsaufnahme sei die Bescheinigung „Standsicherheit II“ vorzulegen. Darauf sei bereits in der Baugenehmigung vom 26. Juni 2014 unter Ziff. 2 hingewiesen worden. Bei einem Gebäude der Gebäudeklasse 5 sei stets die Überprüfung des Standsicherheitsnachweises erforderlich, selbst wenn die Baugenehmigung keine baulichen Veränderungen beinhalte. Bei einer Ortskontrolle sei festgestellt worden, dass die Nutzung bereits aufgenommen worden sei. Auf die festgestellte Beanstandung habe die Klagepartei nicht reagiert.

Der Bescheid vom 18. April 2016 wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 20. April 2016 zugestellt.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2016 stellte die Beklagte das in der Verfügung vom 18. April 2016 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR fällig.

Gleichzeitig erließ sie folgenden Bescheid:

1. Für den Fall, dass der Verfügung vom 18. April 2016 nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 1 Monat nach Zustellung des Bescheides Folge geleistet werde, wird hiermit erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 750,- EUR angedroht.

Das Schreiben/der Bescheid vom 28. Juni 2016 wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 30. Juni 2016 zugestellt.

Unter dem 26. Juli 2016 findet sich auf Bl. 67 der Akten ein Aktenvermerk der Beklagten, wonach der Architekt des Klägers - Herr … - am 26. Juli 2016 angerufen und erklärt habe, dass er im März 2016 einen Antrag auf Verzicht der Prüfung des Standsicherheitsnachweises gestellt habe, über den die Statikabteilung zu entscheiden habe. Er habe hierüber aber nichts mehr gehört, weshalb die nun verfügte Zwangsgeldfälligkeit und Neuandrohung nicht nachvollziehbar sei. Auch gebe es bei der Beklagten inzwischen eine Linie, wonach bei Nutzungsänderungen im Bestand ohne große bauliche Änderungen in der Regel auf einen Statiknachweis verzichtet werde. Dies hätte auch das Verwaltungsgericht in einem ähnlichen Fall so „eingefordert“. Es sei Herrn … erklärt worden, dass weder ein Antrag auf Verzicht der Prüfung der Standsicherheit bekannt sei, noch die Haltung der Lokalbaukommission bzw. des Verwaltungsgerichts zu diesem Thema. Letztlich bleibe es immer eine Einzelfallentscheidung. Es sei vereinbart worden, dass die Unterlagen vom März 2016 noch einmal vorgelegt werden würden, um sie dann der Statikabteilung zuzuleiten.

Auf Bl. 68 der Akten der Beklagten findet sich ein Schreiben des „Bauingenieurbüros …“ vom 26. März 2016 ohne Eingangsstempel, in dem der Antrag auf Verzicht der Prüfung der Standsicherheit nach § 1 Abs. 5 BauVorlV und den damit zusammenhängenden Bescheinigungen - insbesondere auch auf die Bestätigung des Standsicherheitsnachweises II - gestellt wurde.

Eine Begründung für diesen Antrag sei auf S. 203 der Bewertung der konstruktiven Situation der örtlichen Gegebenheiten der Liegenschaft an der …str. 2 durch das Bauingenieurbüro … - das in Auszügen vorgelegt wurde - angeführt.

Mit Schreiben vom 28. September 2016 beantwortete die Beklagte das auf den 26. März 2016 datierte Schreiben gegenüber dem Architekten … dahingehend, dass bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5 die Prüfung des Standsicherheitsnachweises durch einen Prüfsachverständigen zu erfolgen habe. Eine solche Bestätigung sei bisher nicht vorgelegt, sondern im Gegenteil ein Antrag auf Verzicht gestellt worden, weshalb die Beklagte weiterhin an der Vorlage der Bescheinigung „Standsicherheit II“ festhalten müsse.

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger das mit Bescheid vom 28. Juni 2016 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 750,- EUR fällig.

Gleichzeitig drohte sie für den Fall, dass der Verfügung vom 18. April 2016 nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 1 Monat nach Zustellung dieses Bescheides Folge geleistet werde, erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- EUR an.

Für den Bescheid wurden Kosten in Höhe von 827,19 EUR (einschließlich des fällig gestellten Zwangsgeldes) erhoben.

Das Schreiben/der Bescheid vom 18. Oktober 2016 wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 20. Oktober 2016 zugestellt.

Mit E-Mail vom 28. Oktober 2016 stellte sich der Architekt des Klägers - Herr … - auf den Standpunkt, dass die Einbeziehung der Statikabteilung nach dem Schreiben vom 28. September 2016 offensichtlich auf rein rechtlicher, nicht aber – wie gewünscht – auf fachlicher Basis erfolgt sei. Weiterhin wurde darauf hingewiesen, dass das Schreiben vom 28. September 2016 direkt an den Bauherren hätte gerichtet werden müssen, da Herr … nur noch beratend tätig sei und seit 2014 nicht mehr als Bauherrenvertreter stehe.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 17. November 2016 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage mit dem Antrag,

  • 1.Es wird festgestellt, dass entgegen der Mitteilung im Schreiben der Beklagten vom 18. Oktober 2016 das Zwangsgeld aus der Verfügung vom 28. Juni 2016 nicht fällig geworden sei.

  • 2.Die in Ziff. II/1 des Bescheides vom 18. Oktober 2016 enthaltene weitere Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,- EUR wird aufgehoben.

  • 3.Die in Ziff. II/2 des Bescheides vom 18. Oktober 2016 betreffend die Festsetzung von Gebühren und Auslagen für die Fälligkeitsmitteilung und weitere Zwangsgeldandrohung wird aufgehoben.

Mit Schreiben vom 25. September 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe den Ausgangsbescheid vom 18. April 2016 nicht angegriffen, und dieser sei mit Ablauf des 18. Mai 2016 bestandskräftig geworden. Hinsichtlich der erneuten Androhung eines Zwangsgeldes sei festzustellen, dass diese keine selbständige Rechtsverletzung enthalte, die der erneuten Zwangsgeldandrohung zugrunde liegende Verfügung vom 18. April 2016 aber bestandskräftig sei.

Der Kläger sei damit bestandskräftig zur Vorlage der „Standsicherheit II“ verpflichtet.

Im Übrigen sei auch die Grundverfügung hinsichtlich der Vorlagepflicht der Bescheinigung „Standsicherheit II“ rechtmäßig. Eine Ausnahme im Sinne der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichts München (U.v. 21.9.2016 - M 8 K 14.1638) komme vorliegend nicht in Betracht, da die mit Bescheid vom 26. Juni 2016 genehmigte Nutzungsänderung mit einer baulichen Veränderung - dem Einzug einer Mauer - verbunden gewesen sei.

Abgesehen davon werde ergänzend auf Folgendes hingewiesen:

Die Beklagte habe die materielle statische Prüfung mit dem Ziel eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits zu erreichen, mittlerweile durchgeführt. Das Team „Statik und bautechnische Sonderverfahren“ komme grundsätzlich nur bei der Beurteilung der Standsicherheit im Zusammenhang mit Sonderbauten zum Einsatz; dieses habe aber vorliegend die statische Prüfung gemäß dem beiliegenden Schreiben vom 18. August 2017 durchgeführt, weshalb der Kläger im Ergebnis sein Ziel erreicht und seine Verpflichtungen aus Art. 62 und 72 BayBO auf die Beklagte „abgewälzt“ habe.

Dem beigefügten Schreiben des Teams „Statik“ vom 18. August 2017 ist zu entnehmen, dass der Einbau einer nicht tragenden Trennwand im vorliegenden Fall als geringfügige Maßnahme beurteilt werden könne; die Situation sei vor Ort von Herrn … - vom Baubüro …, Anm. der Verfasserin - begutachtet und bewertet worden. Demnach sei der Antragsteller seiner Pflicht nach Art. 51 Abs. 2 BayBO nachgekommen und habe einen geeigneten Fachplaner hinzugezogen. In diesem Fall könne aus Sicht des „Teams …“ aufgrund der ergänzenden Stellungnahme des Nachweisberechtigten für Standsicherheit zum Kriterienkatalog dem Verzicht auf die Prüfung des Standsicherheitsnachweises stattgegeben werden.

Auf eine Prüfung des Standsicherheitsnachweises im Sinne von § 1 Abs. 5 BauVorlV könne daher aus Sicht des Teams … verzichtet werden.

Die Verwaltungsstreitsache wurde am 16. Oktober 2017 mündlich verhandelt.

Der Vertreter der Beklagten erklärte ausdrücklich, dass aufgrund der Stellungnahme des Teams … vom 18. August 2016 die Forderung zur Vorlage des Standsicherheitsnachweises II nicht mehr aufrechterhalten werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre bereits schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache insgesamt keinen Erfolg.

A.

Der Feststellungsantrag unter Ziff. 1 im Schriftsatz vom 17. November 2016 ist zulässig, insbesondere ist die Feststellungsklage nach § 43 VwGO der statthafte Rechtsbehelf gegen eine Zwangsgeldfälligstellung (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2010 - 1 CS 10.1389 - juris).

Die Feststellungsklage ist aber nicht begründet, da das mit Bescheid vom 28. Juni 2016 angedrohte und mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 750,- EUR fällig geworden ist.

I. Nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG wird eine Zwangsgeldforderung fällig, wenn die nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG festgesetzte Pflicht nicht bis zum Ablauf der nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG bestimmten Frist erfüllt wird. Die Fälligkeitsmitteilung der Behörde hat dabei aufgrund der Regelung des Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG insoweit nur deklaratorischen Charakter.

Vorliegend bestand die nach der bestandskräftigen Grundverfügung vom 18. April 2016 zu erfüllende Pflicht darin, die Bescheinigung „Standsicherheitsnachweis II“ vorzulegen. Dieser Pflicht ist der Kläger weder innerhalb der im Bescheid vom 18. April 2016 innerhalb 1 Monats nach Zustellung des Bescheides - das heißt bis zum 20. April 2016 - noch der im Bescheid vom 28. Juni 2016 gesetzten Frist - innerhalb 1 Monats nach Zustellung des Bescheides, das heißt bis zum 1. August 2016 - nachgekommen, weshalb die Beklagte mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 das im Bescheid vom 28. Juni 2016 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 750,- EUR zu Recht für fällig erklärt hat.

II. Dem steht auch nicht der Einwand der Klagepartei entgegen, dass die bestandskräftige Verpflichtung aus den Bescheiden vom 18. April 2016 und 28. Juni 2016, die Bescheinigung „Standsicherheit II“ vorzulegen, ein nicht durchsetzbares Verlangen der Beklagten sei, da der Kläger den „Standsicherheitsnachweis I“ bislang nicht vorgelegt habe und dies von ihm auch nicht verlangt worden sei.

Zwar ist insoweit richtig, dass der „Standsicherheitsnachweis II“ - nämlich die ordnungsgemäße Bauausführung nach Art. 77 Abs. 2 BayBO i.V.m. § 13 Abs. 5 PrüfVBau - auf der Grundlage der Bescheinigung der „Standsicherheit I“ (Vollständigkeit und Richtigkeit des Standsicherheitsnachweises nach Art. 62 Abs. 3 BayBO i.V.m. § 13 Abs. 4 PrüfVBau) erfolgt. Die Tatsache, dass der Kläger pflichtwidrig der Auflage in der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 26. Juni 2014 mit Baubeginnsanzeige die Bescheinigung „Standsicherheitsnachweis I“ vorzulegen nicht nachgekommen ist, kann - da die Prüfung des „Standsicherheitsnachweises gem. § 13 Abs. 4 PrüfVBau“ ohne weiteres jederzeit vom Kläger veranlasst werden konnte und noch kann - nicht dazu führen, dass nunmehr der „Standsicherheitsnachweis II“ von ihm nicht verlangt werden kann. Eine Unmöglichkeit, die Bescheinigung „Standsicherheitsnachweis II“ zu erbringen, ist nicht gegeben, auch wenn der Kläger nunmehr für die Erbringung des „Standsicherheitsnachweises II“ zunächst die Grundlage durch Prüfung des Standsicherheitsnachweises schaffen muss.

Es ist nicht ersichtlich, weshalb dem Kläger dies nicht möglich sein sollte. Insoweit kann an der Bestandskraft der mit Bescheiden vom 18. Oktober 2016 und 28. Juni 2016 festgesetzten Verpflichtung kein Zweifel bestehen. Diese könnte allenfalls dann in Frage gestellt sein, wenn die Beklagte - entsprechend dem in diese Richtung zielenden Vorbringen des Bevollmächtigten des Klägers - von diesem eine unmögliche Leistung verlangt hätte. Davon kann vorliegend aber keine Rede sein.

Damit hat der Kläger die im Bescheid vom 28. Juni 2016 bestandskräftig fest-gelegte Verpflichtung - innerhalb der ihm gesetzten Frist - nicht erfüllt, weshalb die Beklagte zu Recht das in diesem Bescheid angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 750,- EUR mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 für fällig erklärt hat.

Die nunmehr ohne Notwendigkeit erklärte Bereitschaft der Beklagten auf die Vorlage des Standsicherheitsnachweises II zu verzichten kann daran - zumal rückwirkend - nichts ändern (vgl. auch unter B.3).

B.

Auch die Klage gegen die erneute Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 18. Oktober 2016 bleibt erfolglos.

1. Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG kann in den Fällen, in denen eine Zwangsmittelandrohung nicht mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden und dieser unanfechtbar geworden ist, die Zwangsmittelandrohung nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird.

Der hier zugrunde liegende Verwaltungsakt - die Verfügungen vom 18. April 2016 und 28. Juni 2016 - ist vom Kläger nicht angefochten worden und damit bestandskräftig.

Hinsichtlich des Einwandes der Klagepartei, von dem Kläger werde eine ihm nicht mögliche Leistung verlangt, gilt das unter A. II. Festgestellte.

2. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können Zwangsmittel so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist eine neue Androhung dabei erst dann zulässig, wenn die voraus-gegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Dies bedeutet nicht, dass ein weiteres Zwangsgeld erst dann angedroht werden darf, wenn das vorher festgesetzte Zwangsgeld beigetrieben bzw. ein Beitreibungsversuch gemacht worden ist; die Zwangsvollstreckungsbehörde muss vielmehr nur abwarten, dass das angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist (BayVGH, B.v. 29.7.2002 - 20 ZB 02.1265 - juris).

Diese Voraussetzungen für eine erneute Zwangsgeldandrohung sind bzw. waren vorliegend gegeben, da - wie oben unter A. ausgeführt - das mit Bescheid vom 28. Juni 2016 angedrohte Zwangsgeld fällig geworden ist.

3. Der Umstand, dass die Beklagte nunmehr aufgrund einer hauseigenen Prüfung - zu der sie nicht verpflichtet gewesen wäre - auf die Vorlage des „Standsicherheitsnachweises II“ verzichtet, kann rückwirkend weder etwas an der Fälligkeit des im Bescheid vom 28. Juni 2016 angedrohten Zwangsgeldes noch an der Rechtmäßigkeit der erneuten Androhung im Bescheid vom 18. Oktober 2016 ändern.

Abgesehen davon, dass die im Urteil der erkennenden Kammer vom 21. September 2015 (M 8 K 14.1638) geäußerte Rechtsauffassung im Hinblick auf die Vorlagepflicht von Standsicherheitsnachweisen bei bloßer Nutzungsänderung keinen Einfluss auf die bestandskräftige Vorlagepflicht haben kann, ist dieser Fall mit dem Vorliegenden nicht vergleichbar, da es in dem, dem Verfahren M 8 K 14.1638 zugrunde liegenden Fall um eine bloße Nutzungsänderung ohne bauliche Veränderung ging, eine solche der Baugenehmigung vom 26. Juni 2014 jedoch nicht zugrunde lag.

Auf der Grundlage der Baugenehmigung vom 26. Juni 2014 wurde zwischen den ehemaligen Gasträumen 1 und 2 zur Herstellung zweier eigenständiger Gaststätten eine Trennwand eingefügt, die eine bauliche Veränderung darstellt, bei der auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass das statisch-konstruktive Gefüge berührt wird.

4. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes im Bescheid vom 18. Oktober 2016 ist auch nicht unangemessen.

Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,- EUR und höchstens 50.000,- EUR. Nach Satz 2 dieser Norm soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterlassen der Handlung hat, erreichen, wobei nach Satz 4 dieser Vorschrift das wirtschaftliche Interesse nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen ist.

Um den nötigen Nachdruck zu erzielen, soll das Zwangsgeld so bemessen werden, dass der Pflichtige keinen Vorteil aus der Nichterfüllung der Anordnung ziehen kann. Hierbei steht der Behörde innerhalb des gesetzlichen Rahmens ein weiter Ermessensspielraum zu, bei dem die Umstände des Einzelfalles sowie die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen zu berücksichtigen sind. Eine Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regel-mäßig nicht erforderlich (BayVGH, B.v. 16.9.2010 - 1 CS 10.1803 - juris).

Gemessen an diesen Vorgaben ist eine Zwangsgeldandrohung in Höhe von 1.000,- EUR rechtlich nicht zu beanstanden. Mit einem Zwangsgeld dieser Höhe wird der gesetzliche Rahmen nur zu 1/50 ausgeschöpft, was auch im Hinblick auf die vorangegangenen ergebnislosen Androhungen in keiner Weise unangemessen erscheint.

C.

Gemäß den oben getroffenen Feststellungen ist auch der Klageantrag Ziff. 3 im Schriftsatz vom 17. November 2016 abzuweisen. Die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in der Kostenrechnung entspricht den gesetzlichen Grundlagen und ist nicht zu beanstanden.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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Verwaltungsgericht München Urteil, 21. Sept. 2015 - M 8 K 14.1638

bei uns veröffentlicht am 21.09.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 8 K 14.1638 Im Namen des Volkes Urteil vom 21. September 2015 8. Kammer Sachgebiets-Nr. 920 Hauptpunkte: - isolierte Anfechtung von Neb

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 14.1638

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 21. September 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

- isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen einer Baugenehmigung;

- Ermittlung der Zahl der nach der Stellplatzsatzung der ... erforderlichen Stellplätze;

- Anrechnung fiktiver Stellplätze bei einer Nutzungsänderung;

- Entbehrlichkeit der Vorlage der Bescheinigungen für Standsicherheit bei einer Nutzungsänderung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen Aufl. Baugenehmigung ...-str. 4 FlNr. ... Gem. ...

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer,

durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2015 am 21. September 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Auflage Ziff. 2 der Baugenehmigung vom ... April 2014, Az.: ..., zweiter und vierter Spiegelstrich (Standsicherheitsnachweis I und II) wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 5/7 und die Beklagte 2/7 zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer eines mit Vorder- und Rückgebäude bebauten Grundstücks Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., ...-straße 4. Mit seiner Klage begehrt er die Aufhebung von Nebenbestimmungen der ihm am ... April 2014 erteilten Baugenehmigung für die Nutzungsänderung im 1. Obergeschoss seines Rückgebäudes.

Das Vordergebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück wurde in den 1950er Jahren wiederaufgebaut. Für den Wiederaufbau des Vordergebäudes an der ...-straße wurde am ... Dezember 1950 eine Baugenehmigung erteilt. Mit der Tekturgenehmigung vom ... Juni 1951 nach Plan-Nr. ... wurde die Errichtung eines rückwärtigen Gebäudeteils mit einer Wohneinheit im 1. Obergeschoss bestehend aus einer Küche, einem WC und einem Schlafzimmer genehmigt. Das zweigeschossige rückwärtige Gebäude ist über einen erdgeschossigen Zwischenbau mit dem viergeschossigen Vordergebäude verbunden. Zwischen dem Vorder- und Rückgebäude liegt ein Innenhof, von dem über eine Außentreppe der Eingang zu der im 1. Obergeschoss des Rückgebäudes befindlichen Wohneinheit erfolgte. Im Erdgeschoss des Vordergebäudes waren insgesamt vier Läden und im erdgeschossigen Zwischenbau und im Erdgeschoss des rückwärtigen Gebäudeteils jeweils ein Lagerraum genehmigt. Im 1. Obergeschoss des Vordergebäudes befand sich Wohnnutzung.

Mit Bescheid vom ... Oktober 1994 genehmigte die Beklagte eine Büro-, Laden- und Lagernutzung im Erdgeschoss, sowie eine Büronutzung mit Teeküche im 1. Obergeschoss des Vordergebäudes des streitgegenständlichen Anwesens. In den genehmigten Plänen sind in dem östlichen Teil des Erdgeschosses zwei kleinere Lagerräume und ein größerer Lagerraum im Bereich des erdgeschossigen Zwischenbaus und des Rückgebäudes, der über einen separaten Eingang von dem Innenhof verfügt, dargestellt. Im vorderen Bereich ist ein 42,64 m² großer Verkaufsraum dargestellt. Im westlichen Teil des Vordergebäudes wurden drei Lagerräume und ein Büroraum genehmigt. Im 1. Obergeschoss des rückwärtigen Anbaus ist in den Plänen ein 25,55 m² großer Aufenthaltsraum mit einem Abstellraum und WC dargestellt.

In der Betriebsbeschreibung vom 17. Juli 1994 ist dargelegt, dass sich in dem Objekt ...-straße 4, Erdgeschoss bis 1. Obergeschoss, seit den 1950er Jahren ein Eisenwerkzeug- und Beschlägeverkauf befinde. Läden 1 und 2 würden zu einem Verkaufsraum für Beschläge und Läden 3 und 4 würden als Lager mit Schaufensterfront genutzt. Im 1. Obergeschoss befänden sich die dazugehörigen Büroräume der Beschlagsfirma.

Am ... Dezember 2003 erteilte die Beklagte eine weitere Baugenehmigung, die u. a. eine Nutzungsänderung von zwei Lagerräumen in einen Laden im Erdgeschoss des Anwesens ...-straße 4 erfasste. Im westlichen Teil des Vordergebäudes wurde ein 65,83 großer Laden anstelle der ursprünglich genehmigten Lagerräume genehmigt.

Mit Bauantrag vom 4. Februar 2013 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines „Personalraumes (Gewerbe) zu Praxis“ im 1. Obergeschoss des Rückgebäudes nach Plan-Nr. .... Geplant war die Umnutzung des ursprünglich mit der Baugenehmigung vom ... Oktober 1994 genehmigten Aufenthaltsraums in einen Praxisraum für einen Heilpraktiker. Nach den zur Genehmigung eingereichten Plänen sollte die Größe des umgenutzten Raumes mit 25,55 m² unverändert bleiben. Bauliche Veränderungen waren für die beantragte Nutzungsänderung nicht vorgesehen.

Mit Bescheid vom ... April 2014, dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 8. April 2014 zugestellt, erteilte die Beklagte die beantragte Baugenehmigung. Auf Seite 1 des Bescheids wurde die erteilte Baugenehmigung mit der Auflage Nr. 1 verbunden, für das Bauvorhaben sei 1 Stellplatz für Kraftfahrzeuge erforderlich, der gemäß Vertrag vom 3. März 2014 abgelöst werde. Auf Seite 2 des Bescheids wird mit der Auflage Nr. 2, Spiegelstriche zwei und vier, die Vorlage der Bescheinigungen Standsicherheit I und II gefordert.

Zur Begründung der ermittelten Zahl der Stellplätze für Kraftfahrzeuge wird auf das Schreiben der Beklagten vom 1. August 2013 verwiesen, in dem ausführt wurde, es sei zuletzt im Vordergebäude ein Laden und nicht mehr eine Büronutzung genehmigt worden. In einem Büro seien die Flächen für Personalräume in die Stellplatzberechnung einzubeziehen, bei einem Laden hingegen zähle nur die reine Verkaufsfläche. Daher könne für den Personalraum, der zuletzt einem Laden zugeordnet gewesen sei, kein Stellplatzguthaben aus dem Bestand angenommen werden.

Zur Begründung der Vorlagepflicht für die Standsicherheitsnachweise I und II wurden in dem Bescheid jeweils die einschlägigen Rechtsgrundlagen angegeben.

Mit Schriftsatz vom 16. April 2014, beim Verwaltungsgericht eingegangen am 17. April 2014, erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage und beantragten:

I.

Die Auflage Ziff. 1 der Baugenehmigung vom ... April 2014, Az.: ... wird aufgehoben.

II.

Die Auflage Ziff. 2 der Baugenehmigung vom ... April 2014, Az.: ..., zweiter und vierter Spiegelstrich (Standsicherheitsnachweis I und II), wird aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 23. September 2014 führten die Bevollmächtigten des Klägers zur Begründung der Klage im Wesentlichen aus, dass entgegen der Auffassung der Beklagten die genehmigte Nutzungsänderung keinen zusätzlichen Stellplatzbedarf auslöse. Die Beklagte sei der Auffassung, dass durch die Nutzungsänderung von Wohnen in einen Personalaufenthaltsraum ein - ggf. fiktiv vorhandener - Stellplatz untergegangen sei. Dies sei unzutreffend und beruhe auf einer unrichtigen Auslegung des § 2 Abs. 5 Satz 1 der Stellplatzsatzung. Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 der Satzung erfolge die Ermittlung der Zahl der notwendigen Stellplätze für jede Nutzungseinheit gesondert. Es sei somit bei der Berechnung der (fiktiv) anzusetzenden Stellplätze auf die jeweilige Nutzungseinheit und den dieser Einheit zuzuordnenden Stellplatzbedarf abzustellen. In den Fällen, in denen seit jeher eine baulich selbstständige Nutzungseinheit vorliege und diese bauliche Selbstständigkeit auch ununterbrochen erhalten bleibe, könne eine Nutzungsänderung nicht dazu führen, dass diese Flächen als unselbstständige Nebenflächen und damit als stellplatzneutrale Nebennutzung zu einer Hauptnutzung einzustufen seien.

Bei den streitgegenständlichen Praxisflächen handele es sich seit jeher um eine selbstständige Nutzungseinheit im Sinne von § 2 Abs. 5 Satz 1 der Stellplatzsatzung. In den genehmigten Bauplänen vom ... Juni 1951 sei dieser Bereich als gesonderte Wohneinheit mit einem lediglich teilweise durch nicht tragende Wandteile gegliederten großen Raum (im Plan mit Küche und Schlafzimmer bezeichnet) sowie einem WC und einem Abstellraum dargestellt. Die Wohneinheit befinde sich zudem räumlich getrennt von dem übrigen Gebäude im Hinterhof im 1. Obergeschoss über einer Lagerfläche. Sie verfüge über einen eigenen Treppenzugang welcher ausschließlich der Erschließung der Wohnung diene. An dieser räumlichen Trennung von den übrigen Nutzungen und der gesonderten Zugänglichkeit und damit dem Vorliegen einer selbstständigen Nutzungseinheit habe sich bei der von der Beklagten ausgeführten Nutzungsänderung in einen Personalaufenthaltsraum nichts geändert. Wie sich den Planunterlagen für die jetzige Nutzungsänderung entnehmen lasse, seien aus dem großen Raum lediglich die nicht tragenden Wandteile entfernt worden, das WC und der Nebenraum seien erhalten geblieben, an der Art der wegemäßigen Erschließung sei keine Änderung erfolgt. Die räumliche Trennung von den übrigen Nutzungen und die gesonderte Zugangsmöglichkeit, welche allein der Erschließung dieser Räume diene, seien maßgebliche Kriterien für das Vorliegen einer - gesondert zu betrachtenden - Nutzungseinheit.

Der Verwaltungsgerichtshof München habe in seiner aktuellen Entscheidung vom 23. Dezember 2013 (15 CS 13.1445) darüber hinaus eine Nutzungseinheit wie folgt definiert: „Nutzungseinheit in diesem Sinn sei aber auch eine in sich abgeschlossene Folge von Aufenthaltsräumen einschließlich der Einheit zugeordneter Nebenräume.“

Die streitgegenständlichen Räume erfüllten die vorgenannten Voraussetzungen für eine eigenständige Nutzungseinheit. Unabhängig von der Frage, ob und durch welche der in dem Vordergebäude ansässigen Firmen die streitgegenständlichen Räume als Aufenthaltsraum genutzt worden seien, habe eine gesonderte Nutzungseinheit seit jeher und ununterbrochen vorgelegen. Die besondere räumliche Trennung vom Vordergebäude, die alleinige und in sich abgeschlossene Lage im Obergeschoss des Gebäudes, die Erschließung mittels eines eigenen Treppenaufgangs und das Erfordernis des Durchquerens der gesamten rückwärtigen Hoffläche und der Durchfahrt zur Erreichbarkeit des Vordergebäudes und der dort ausgeübten Nutzung schlössen die Bildung einer Einheit mit den Räumen des Vordergebäudes - unabhängig von der Art der jeweils ausgeübten Nutzungen - aus.

Gemäß § 2 Abs. 1 der Stellplatzsatzung in Verbindung mit der Anlage 1 sei für diese Räume für den Zeitraum der Wohnnutzung gemäß Nummer 1.1 ein Stellplatz nachzuweisen gewesen.

Im vorliegenden Fall werde durch die Nutzungsänderung kein Mehrbedarf an Stellplätzen ausgelöst, weil ein rechnerischer Vergleich zwischen dem genehmigten Altbestand und dem jetzigen Stellplatzbedarf ergebe, dass ein Erfordernis eines zusätzlichen Stellplatzes nicht geschaffen werde (VG München, U. v. 30.01.2012 - M 8 K 10.5020). Für die ausgeübten Altnutzungen sei ein fiktiver Stellplatz anzurechnen. Für die jetzt genehmigte Nutzung als Therapieraum für einen Heilpraktiker sei bei einer Nutzfläche von ca. 25 m² gemäß Nummer 2.2 der Anlage zur Stellplatzsatzung ebenfalls nur ein Stellplatz nachzuweisen. Die Nutzungsänderung sei somit Stellplatzneutral.

Die Forderung der Beklagten zur Vorlage der Bescheinigungen Standsicherheit I und Standsicherheit II sei rechtswidrig. Die Kommentarliteratur verneine die Erforderlichkeit bautechnischer Nachweise in den Fällen, in denen bei der Änderung bzw. Nutzungsänderung einer bereits errichteten Anlage die bautechnische Frage nicht neu aufgeworfen werde. Dies sei dann der Fall, wenn an die neue Nutzung keine anderen bautechnischen Anforderungen zu stellen seien als an die bisherige Nutzung. Als Beispiel werde dabei auf eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung in einem Gebäude der Gebäudeklasse 5 verwiesen, bei welcher die Nutzungsänderung keinen Einfluss auf die Standsicherheit des Gebäudes habe. Ein solcher Fall sei vorliegend gegeben. Bei dem Gebäude handele es sich ausweislich der Baugenehmigung um ein solches der Gebäudeklasse 5. Mit der streitgegenständlichen Nutzungsänderung werde in den Räumlichkeiten selbst keinerlei bauliche Veränderung vorgenommen, sondern lediglich eine gewerbliche Nutzung in eine freiberufliche Nutzung geändert. Aufgrund der geringen Größe der Nutzungseinheit bestehe auch nicht die Gefahr, dass sich die Beurteilung der Standsicherheit durch eine geänderte Nutzungsintensität ändere. Die Räume würden im Ergebnis in dem bautechnischen Zustand belassen und mit einer vergleichbaren Intensität genutzt, wie dies bereits seit Jahren erfolgte, weshalb die geforderten Nachweise unter keinem bautechnischen Gesichtspunkt erforderlich seien.

Mit Schreiben vom 29. Juli 2015 stellte die Beklagte den Antrag,

die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung des Antrags verwies die Beklagte auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids.

Mit Schriftsatz vom 10. August 2015 ergänzten und vertieften die Bevollmächtigten des Klägers ihre Ausführungen und führten aus, aus den Unterlagen zur Baugenehmigung 1994 ergebe sich gerade nicht, dass der streitgegenständliche Raum im 1. Obergeschoss des Rückgebäudes als Personal-Aufenthaltsraum genehmigt worden sei. Darüber hinaus sei dieser Eintragung auch keine Zuordnung zu den Laden- oder Lagerflächen im Erdgeschoss zu entnehmen. Genehmigt sei ein Aufenthaltsraum - für welche Aufenthaltszwecke auch immer - der durch die Firma ... & Partner GmbH genutzt worden sei, welche im Übrigen auch die Räume im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des Vordergebäudes zu unterschiedlichen Zwecken (Lager, Verkaufsraum, Büro) genutzt habe.

Zwar sei zutreffend, dass die Stellplatzsatzung der Beklagten Büroflächen mit der Stellplatzberechnung vollumfänglich berücksichtige, bei einer Ladennutzung jedoch nur die Verkaufsnutzflächen. Aus den Unterlagen sei jedoch gerade nicht ersichtlich, dass der Aufenthaltsraum den Ladenflächen im Erdgeschoss zugeordnet gewesen sei. Zudem werde dieser in den Plänen gerade nicht als Personalaufenthaltsraum bezeichnet. Dass es an einer Zuordnung zu den Ladenflächen im Erdgeschoss fehle, bestätigten auch die Pläne zur Baugenehmigung 2003, in denen die Flächen im rückwärtigen Gebäude nicht dargestellt seien.

Mit Schreiben vom 24. August 2015 verwiesen die Bevollmächtigten des Klägers auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 26. Juni 1998 (BRS 60. 124) zum Vergleich des Stellplatzbedarfes vor und nach der Nutzungsänderung. Es sei entgegen der Auffassung der Beklagten allein auf die letzte genehmigte Nutzung abzustellen. Mit Bescheid vom ... Juli 1994 sei die Nutzungsänderung in „Aufenthaltsraum“ genehmigt worden. Hier gehe auch die Beklagte noch davon aus, dass diese Nutzung einen Stellplatzbedarf von einem Stellplatz auslöse (siehe Schreiben der Beklagten vom 26. März 2013).

Entgegen der Annahme der Beklagten habe eine weitere formell genehmigte Nutzungsänderung der streitgegenständlichen Räume nicht stattgefunden. Ins-besondere lasse sich aus den Genehmigungsunterlagen aus dem Jahr 2003 eine solche neuerliche Nutzungsänderung nicht entnehmen. Der durch die vorherigen Nutzungen der Räume als Hausmeisterwohnung und „Aufenthaltsraum“ bereits ausgelöste Stellplatzbedarf von einem Stellplatz sei somit anzurechnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegten Behördenakten sowie das schriftliche Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die erhobene Anfechtungsklage die statthafte Klageart.

Gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsaktes ist die Anfechtungsklage gegeben. Ob diese zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (BVerwG, U. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 - BayVBl. 2001, 632 - juris Rn. 25). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

II.

Die Klage hat in der Sache nur im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Soweit sich die Klage gegen die Nebenbestimmung in Ziffer 1 der Baugenehmigung vom ... April 2014 richtet, hat sie in der Sache keinen Erfolg, da die angegriffene Nebenbestimmung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Beklagte hat zu Recht für die streitgegenständliche Nutzungsänderung einen zusätzlichen Stellplatz für die Kraftfahrzeuge gefordert.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO sind bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen Stellplätze in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze die durch die Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können. Ermittelt wird der durch eine Nutzungsänderung verursachte Mehrbedarf durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem Stellplatzbedarf der geänderten Anlage (sog. Sollbedarf) und des genehmigten Altbestandes. Bei der rechnerischen Ermittlung des Bedarfs ist dabei auch im Hinblick auf den Altbestand auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag (bzw. der letzten mündlichen Verhandlung) abzustellen (vgl. BayVGH, U. v. 18.9.1995 - 1 B 92.1423 - n. v.; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Mai 2013, Art. 47 Rn. 63).

Für die Ermittlung des Stellplatzbedarfs ist vorliegend die Stellplatzsatzung der Beklagten vom ... Dezember 2007 (StPlS) maßgeblich (MüABl. 2008, Sondernummer 1, S. 1), Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBO.

1.1 Der notwendige Bedarf an Stellplätzen beim streitgegenständlichen Bauvorhaben ergibt sich rechnerisch aus der Nutzfläche, wobei ein Stellplatz je 30 m² angesetzt wird (Ziff. 2.2 der Anlage 1 zur Stellplatzsatzung). Bei einer Nutzfläche von 25,55 m² ergibt sich somit ein Bruchteil von 0,75. Gemäß § 2 Abs. 6 der Stellplatzsatzung wird dieser Bruchteil auf 1 Stellplatz aufgerundet, so dass sich ein Stellplatzbedarf von einem Stellplatz für das streitgegenständliche Vorhaben ergibt.

1.2 Als Folge des Bestandsschutzes, den die bisherigen Nutzungen genießen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit bei der Ermittlung der Zahl der tatsächlich herzustellenden bzw. abzulösenden Stellplätze die tatsächlich vorhandenen oder auch nur fiktiven Stellplätze, die auf die bisherige Nutzung entfallen, auf den Stellplatzbedarf anzurechnen (vgl. BayVGH, B. v. 22.4.2004 - 20 B 03.2531 - juris Rn. 19).

1.2.1 Vorliegend kommt - entgegen der Ansicht des Klägers - die Anrechnung eines fiktiven Stellplatzes nicht in Betracht, da ein solcher nicht mehr vorhanden ist.

Mit Baugenehmigung vom ... Juni 1951 (Plan-Nr. ...) wurde im 1. Obergeschoss des rückwärtigen Gebäudeteils eine gesonderte Wohneinheit genehmigt. Diese Wohnung löste einen Stellplatzbedarf von 1 Stellplatz aus (vgl. Art. 47 Abs. 2 BayBO i. V. m. § 2 Abs. 1 Punkt 1.1 der Anlage der Stellplatzsatzung).

Im Erdgeschoss wurden im östlichen und im westlichen Bereich des Vordergebäudes jeweils zwei Läden und im Bereich des rückwärtigen Teils des Gebäudes ein Lager genehmigt.

1.2.2 Durch die mit der Baugenehmigung vom ... Oktober 1994 genehmigte Nutzungsänderung ist der auf die Wohneinheit im 1. Obergeschoss des rückwärtigen Gebäudeteils entfallene fiktive Stellplatz ersatzlos weggefallen.

Im Rahmen der Nutzungsänderung ist die Wohnnutzung zugunsten der Nutzung als „Aufenthaltsraum“ aufgegeben worden. Die Nutzung des streitgegenständlichen Raumes als ein „Aufenthaltsraum“ löste dagegen keinen zusätzlichen Stellplatz aus, der an die streitgegenständliche Nutzung als Praxis eines Heilpraktikers weitergereicht werden könnte. Entgegen der Auffassung des Klägers handelte es sich bei der Nutzung als „Aufenthaltsraum“ um keine selbstständige Nutzungseinheit, sondern lediglich um eine betrieblich erforderliche Nebennutzung, die gemäß § 2 Abs. 5 der Stellplatzsatzung der jeweiligen Hauptnutzung zuzuordnen ist. Zwar erfolgt nach § 2 Abs. 4 der Stellplatzsatzung die Ermittlung der Zahl der notwendigen Stellplätze bei baulichen Anlagen mit unterschiedlichen Nutzungsarten nach der jeweiligen Nutzungsart. Bei der Nutzung eines Raums als „Aufenthaltsraum“ liegt jedoch kein gesonderter Nutzungstyp vor. Der Begriff „Aufenthaltsraum“ ist als Oberbegriff für Räume zu verstehen, die generell für den Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Aufenthaltsräume können verschiedenen Nutzungstypen zugeordnet werden. Eine Nutzung als Aufenthaltsraum ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keine selbstständige Hauptnutzung sondern lediglich eine Nebeneinrichtung zu einem bestimmten Nutzungstyp, die in der Regel der Erholung des beschäftigten Personals dient. Damit handelte es sich bei der Nutzung als „Aufenthaltsraum“ nicht um eine gesonderte (Haupt-)Nutzungsart im Sinne des § 2 Abs. 4 der Stellplatzsatzung.

1.2.3 An dieser Beurteilung ändert auch die Argumentation des Klägers, der im Jahr 1994 genehmigte Aufenthaltsraum sei von den übrigen Nutzungen des streitgegenständlichen Anwesens baulich getrennt, nichts. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass insbesondere die räumliche Trennung des streitgegenständlichen Raumes von den übrigen Nutzungseinheiten eine Selbstständigkeit des Aufenthaltsraumes gegenüber anderen Nutzungen im Gebäude begründet. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Dezember 2013 (15 CS 13.1445), in der das Gericht den Begriff einer gesonderten Nutzungseinheit aus brandschutzrechtlicher Sicht definiert hat. Ein entsprechendes Verständnis des Begriffs der Nutzungseinheit im Sinne der Stellplatzsatzung der Beklagten würde jedoch der Zielsetzung der Stellplatzpflicht widersprechen. Grundsätzlich soll das Verkehrsaufkommen, das von dem jeweiligen Grundstück ausgeht, von diesem selbstständig aufgenommen werden können. Ist die Nutzung bestimmter Flächen oder Räume grundsätzlich nicht geeignet, ein Verkehrsaufkommen auszulösen, erscheint die Einbeziehung solcher Flächen in die Stellplatzpflicht nicht gerechtfertigt. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen erscheint die Bestimmung der Stellplatzpflicht allein nach dem Kriterium der baulichen Abgeschlossenheit nicht sachgerecht. Schließlich grenzt § 2 Abs. 5 Satz 2 der Stellplatzsatzung eine stellplatzpflichtige Hauptnutzung von einer stellplatzneutralen untergeordneten Nebennutzung nach dem Kriterium der betrieblichen Zusammengehörigkeit ab und spielt die konkrete bauliche Ausgestaltung nur eine untergeordnete Rolle. Aus diesen Gründen kann die von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vorgenommene Definition des Begriffs einer Nutzungseinheit im Sinne des Brandschutzes für den Bereich des Stellplatzrechts nicht entsprechend herangezogen werden.

1.2.4 Der im Jahr 1994 als Aufenthaltsraum genehmigte Raum war als notwendiger Personalraum der Hauptnutzung als Ladennutzung zugeordnet, § 2 Abs. 5 Satz 2 der Stellplatzsatzung. Mit der Baugenehmigung vom ... Oktober 1994 wurden im Erdgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens eine Büronutzung und eine Ladennutzung mit den jeweils dazugehörigen Lagerräumen genehmigt. Im 1. Obergeschoss des vorderen Gebäudeteils wurden ebenfalls zwei Büroräume mit einer Teeküche genehmigt. Für die Zuordnung des genehmigten Aufenthaltsraumes zu der Ladennutzung spricht zum einen die Situierung des Aufenthaltsraumes über dem der Ladennutzung zugeordneten Lagerraum. Der rückwärtige Lagerraum verfügte über einen Hinterausgang, über den auf dem kürzesten Wege über eine Außentreppe der Aufenthaltsraum im 1. Obergeschoss erreicht werden konnte. Diese Zuordnung wird zum anderen durch die Regelung des § 29 der Arbeitsstättenverordnung 1975 bekräftigt, wonach den Arbeitnehmern - wenn die Art der ausgeübten Tätigkeit es erforderte - ein leicht erreichbarer Pausenraum zur Verfügung gestellt werde musste. Dies galt nach § 29 Abs. 1 Satz 2 der Arbeitsstättenverordnung nicht, wenn die Arbeitnehmer in Büroräumen oder vergleichbaren Arbeitsräumen beschäftigt waren und dort die Voraussetzungen für eine gleichwertige Erholung während der Pausen gegeben waren. Diese Bestimmung zeigt, dass für eine Büronutzung in der Regel keine zusätzlichen Pausen- bzw. Aufenthaltsräume erforderlich waren, für eine Ladennutzung dagegen musste ein Personalraum eingerichtet werden.

1.2.5 Ein der Ladennutzung betrieblich zugeordneter Aufenthaltsraum löste keine zusätzliche Stellplatzpflicht aus. Nach § 2 Abs. 5 Satz 2 der Stellplatzsatzung sind betrieblich erforderliche Nebennutzungen der Hauptnutzung zuzuordnen. Dies bedeutet vorliegend, dass für die Bestimmung der Zahl der erforderlichen Stellplätze auf die reine Verkaufsfläche der Ladennutzung abzustellen ist. Die Verkaufsfläche ist dabei als eine Nutzfläche aller dem Kundenverkehr dienenden Räume zu verstehen. Da ein Personalaufenthaltsraum regelmäßig nicht dem Kundenverkehr dient, ist dieser bei der Bestimmung der notwendigen Stellplatzzahl nicht zu berücksichtigen. Aus diesem Grund liegt für die Nutzung des streitgegenständlichen Raumes als Aufenthaltsraum kein fiktives Stellplatzguthaben vor, der auf die neue Nutzung übertragen werden könnte.

1.3 Dieses Ergebnis wird schließlich auch dadurch bekräftigt, dass bei der Ermittlung des Gesamtbestades der Stellplätze im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens im Jahr 2003 betreffend einen Laden im Erdgeschoss der Aufenthaltsraum im 1. Obergeschoss des rückwärtigen Gebäudeteils nicht gesondert angesetzt wurde.

2. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Aufhebung der in Ziffer 2 der Baugenehmigung vom ... April 2014 - zweiter und vierter Spiegelstrich - ausgesprochenen Verpflichtung zur Vorlage der Bescheinigungen über die Standsicherheit I und II begehrt, hat die Klage Erfolg.

2.1 Die Rechtsgrundlagen für die Vorlagepflicht von Standsicherheitsnachweisen finden sich in den Art. 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Art. 2 Abs. 3 Nr. 5 BayBO (Standsicherheitsnachweis Gebäudeklasse 5) und Art. 78 Abs. 2 Nr. 1 BayBO (Bescheinigung über die Standsicherheit II).

Nach diesen Vorschriften ist der Bauherr grundsätzlich zur Vorlage des von einem Prüfsachverständigen bescheinigten Standsicherheitsnachweises sowie der Bescheinigung des Prüfsachverständigen über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich der Standsicherheit verpflichtet. Diese Verpflichtungen gelten grundsätzlich gleichermaßen auch bei der Durchführung einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung. Jedoch folgt aus dem Rechtsgedanken des Art. 57 Abs. 4 BayBO, der eine Nutzungsänderung der Verfahrensfreiheit unterstellt, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Betracht kommen, dass auch die Vorlage der Standsicherheitsnachweise nur dann in Frage kommt, wenn an die nutzungsgeänderte Anlage andere bautechnische Anforderungen zu stellen sind als zuvor (vgl. Schirvani, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand 120. EL Mai 2015, Art. 62 Rn. 28). Wenn die Vorgänge bei der Nutzungsänderung das statisch-konstruktive Gefüge der Anlage unberührt lassen, insbesondere, wenn die neue Nutzung zu geringeren Lasten als die ursprüngliche Nutzung führt, ist die Vorlage der bautechnischen Nachweise nicht erforderlich. Dies wird auch durch die Regelung des § 1 Abs. 5 BauVorlV bestätigt. Nach dieser Vorschrift soll die Bauaufsichtsbehörde auf die bautechnischen Nachweise einschließlich deren Prüfung und deren Bescheinigung durch Prüfsachverständigen verzichten, soweit diese zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens nicht erforderlich sind. Da die Vorschrift des § 1 Abs. 5 BauVorlV als eine „Soll-Vorschrift“ formuliert ist, stellt der Verzicht auf die Vorlage der bautechnischen Nachweise beim Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen den Regelfall dar. Der Beklagten bleibt es unbenommen, in besonderen, sich von dem Regelfall abweichenden Fällen, die Vorlage dieser Unterlagen ausnahmsweise dennoch zu verlangen.

Ein Fall, bei dem auf die Vorlage eines Standsicherheitsnachweises verzichtet werden soll, liegt insbesondere dann vor, wenn die durch die Nutzungsänderung entstandene Lastenverteilung gegenüber den ursprünglichen Lasten nicht nur unverändert geblieben ist, sondern sich sogar verringert. In einem solchen Fall verändern sich durch die Nutzungsänderung offensichtlich nicht die bautechnischen Anforderungen an die bauliche Anlage, so dass die Pflicht zur Vorlage der Standsicherheitsnachweise nicht gerechtfertigt erscheint.

2.2 So liegt der Fall hier. Durch die Nutzungsänderung des Aufenthaltsraums in den Praxisraum eines Heilpraktikers haben sich die bautechnischen Anforderungen an die bauliche Anlage offensichtlich nicht geändert, weil vorliegend davon auszugehen ist, dass sich die durch die neue Nutzung ausgelösten Lasten gegenüber den Lasten der ursprünglichen Nutzung verringert haben. In Anbetracht der geringen Größe des Raumes von nur 25.55 m² ist bei der genehmigten Nutzung des Raums als Praxisraum eines Heilpraktikers mit einer gleichzeitigen Nutzung des Raums durch maximal 2 bis 3 Personen auszugehen. Dagegen halten sich in einem Aufenthaltsraum regelmäßig weitaus mehr Mitarbeiter auf. Die Möblierung der Praxisräume eines Heilpraktikers besteht in der Regel nur aus einem Tisch und 3 bis 4 Stühlen. Die Aufenthaltsräume werden dagegen zusätzlich für die Ablage von persönlichen Gegenständen der Mitarbeiter genutzt, was die Aufstellung von Schränken bzw. Regalen erfordert. Auch bauliche Veränderungen im Inneren des Raumes fanden im Rahmen der Nutzungsänderung nicht statt.

Jedenfalls ist vorliegend davon auszugehen, dass sich die Lastenverteilung durch die Nutzungsänderung nicht nachteilig geändert hat. Ein besonderer Ausnahmefall, der eine von dem § 1 Abs. 5 BauVorlV abweichende Vorgehensweise rechtfertigen würde, ist vorliegend nicht ersichtlich.

Die Argumentation der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, insbesondere bei älteren Gebäuden könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Bausubstanz in einem derartig schlechten Zustand sei, dass die ursprünglich gegebene Standsicherheit auch bei einer vermeintlich standsicherheitsneutralen Nutzungsänderung überprüft werden müsse, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen ist die streitgegenständliche Nutzungsänderung schon wegen der Geringfügigkeit der damit verbundenen Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Nutzung nicht geeignet, als Anlass für eine umfassende Untersuchung der gesamten Bausubstanz des streitgegenständlichen Gebäudes zu dienen. Zum anderen können bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen gemäß Art. 54 Abs. 4 BayBO nachträgliche Anforderungen nur zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit gestellt werden. Eine Überprüfung der bestandsgeschützten Bausubstanz eines alten Gebäudes durch die Beklagte über den Umweg der Vorlage einer Standsicherheitsbescheinigung durch den Bauherren aus Anlass einer Nutzungsänderung, die offensichtlich keine Veränderung der bautechnischen Anforderungen mit sich bringt, stünde im Widerspruch zu der Regelung des Art. 54 Abs. 4 BayBO, die Eingriffe in den Bestandsschutz nur unter engen Voraussetzungen des Bestehens einer Gefahr für Leben und Gesundheit ermöglicht. Ohne die streitgegenständliche Nutzungsänderung lägen die oben genannten Voraussetzungen für die Einleitung der bauaufsichtlichen Maßnahmen zur Prüfung der Standsicherheit des Gebäudes nicht vor. Eine hinsichtlich der bautechnischen Anforderungen offensichtlich neutrale Nutzungsänderung ist grundsätzlich nicht geeignet, eine Überprüfung des alten Gebäudebestands auf seine Standsicherheit zu ermöglichen.

III.

Nach alledem war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben. Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 17.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.