Der Kläger begehrt die Änderung seines Namens in den Namen „Oliver Simon Silas Twist“, die ihm seitens der Beklagten abgelehnt wurde.
Bereits am 13. Juli 2004 hat der Kläger gegenüber der Beklagten beantragt gehabt, seinen Namen wegen schwerer psychischer und physischer Probleme im Zusammenhang mit seiner Familie in den Namen „Romeo Nelson Kasimir Kasematte“ zu ändern. In dem Zusammenhang wurde ein fachärztlich psychiatrisch-psychotherapeutisches Gutachten von Frau Dr. med. … vom 21. April 2004 vorgelegt. Darin wird die Änderung von Familiennamen und Vornamen nach Wunsch des Klägers ärztlicherseits „ganz dringend“ befürwortet. Es seien die Voraussetzungen im Sinne des Gesetzes hierfür gegeben. Der beim Kläger vorhandene seelische Schaden aufgrund einer näher beschriebenen familiären Kausalität sei eindeutig.
Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 6. Oktober 2004 mit, dass der knappen Antragsbegründung unter Umständen Belange für eine Namensänderung entnommen werden könnten, benannte jedoch Unzuträglichkeiten bei den gewählten Namen.
Nach einigem E-Mail-Verkehr zwischen dem Kläger und der Beklagten beantragte der Kläger sodann mit Schreiben vom 6. März 2005 eine Namensänderung auf den Namen „Oliver … Twist“. Diesbezüglich verwies die Beklagte mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 auf Nr. 53 Abs. 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Namensänderungsgesetz (NamÄndVwV), wonach ein Familienname, der durch frühere Träger bereits eine Bedeutung, z.B. auf historischem, literarischem oder politischem Gebiet erhalten habe, im allgemeinen nicht gewährt werden solle. Besondere Gründe, die für die Gewährung des Namens der bekannten Romanfigur sprechen würden, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger wurde daher gebeten, die Namenswahl noch einmal zu überdenken.
Nachdem der Kläger und sein damaliger Bevollmächtigter das Verfahren nicht weiter betrieben, wurde das Namensänderungsverfahren gemäß Verfügung der Beklagten vom 6. November 2007 nicht fortgeführt.
Am 8. Oktober 2015 beantragte der Kläger nach Akteneinsicht in das zuvor betriebene Namensänderungsverfahren und einem Gespräch mit der Beklagten erneut die Namensänderung, nunmehr auf den Namen „Oliver Simon Silas Twist“, und begründete die Namensänderung mit E-Mail vom 20. Dezember 2015 und der darin befindlichen Anlage. Die Geschichte von Oliver Twist begleite ihn nunmehr ein Leben lang und habe viele Parallelen zu seinem eigenen Leben. Die Überlegung zu diesem Namen sei über die Jahre zu einer Größe in ihm geworden, an der er gewachsen und gereift sei. Der Name „Twist“ bedeute drehen, winden. Dies habe er oft in seinem Leben gehabt, ob er wollte oder nicht, einsam und alleine. Der Vorname „Oliver“ sei für ihn persönlich unbelastet und ohne Makel. „Silas“ sei ein Held seiner Jugend, an den er schöne Erinnerungen habe, und „Simon“ jahrelang sein Künstlername. Bezüglich seiner Vornamen „… …“ führte der Kläger aus:
„Der Name … … ist für mich eine Katastrophe, der Familienname […] ebenso. Die beiden Vornamen sind für mich von übelster Natur, insbesondere der Vorname …!! So hieß der Dreckstall, sprich das Kinderheim […]. Auch …, der heilige Schutzpatron des Feuers. Am Namenstag waren die Mitglieder der katholischen Kirche besonders nett zu mir, so dass es schon an unerträglicher Heuchelei grenzte. Und wenn ich daran denke, wie meine Familie, sprich vor allem meine Eltern oder Stiefmutter mich im Suff immer wieder „…“ gerufen haben, weil ich ihnen etwas bringen sollte oder für etwas bestraft wurde, wo ich oft nicht mal wusste warum, bekomme ich nachträglich noch Pusteln am Arsch.“
Nach telefonischer Vorankündigung teilte die Beklagte mit Schreiben vom 1. Februar 2016 dem Kläger mit, dass eine positive Entscheidung im Sinne des Klägers nicht möglich sei, falls dieser an dem Namenswunsch festhalte. Hierzu wurde des Weiteren in den Behördenakten vermerkt, das aufgrund des Gutachtens und der Begründung vom 20. Dezember 2015 ein wichtiger Grund für eine Vor- und Familiennamensänderung grundsätzlich gegeben sei. Allein die Wahl des Familiennamens sei gemäß Nr. 53 NamÄndVwV nicht zulässig.
Auf eine E-Mail des Klägers vom 7. März 2016 mit dem Inhalt „machen sie was sie machen müssen ich werde endstehende kosten nicht tragen und gehe wen es nötig ist auch hinter Gitter!!“, erließ die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid am 12. Mai 2016.
Darin wird der Antrag auf Namensänderung des Vornamens „… …“ in die Vornamen „Oliver Simon Silas“ und seines Familiennamens in den Familiennamen „Twist“ zu ändern, abgelehnt (Nr. 1) und dem Kläger eine Gebühr von 200,00 € auferlegt (Nr. 2). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass eine fachärztliche Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie … … vom 30. Juni 2015 den Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine Namensänderung gerecht werde, soweit es um die Führung des Familiennamens gehe. Aufgrund der diagnostizierten Dysthymia (ICD 10 F34.1) und der posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10 F43.21), die in direktem Zusammenhang mit den traumatischen Erfahrungen und der Führung des Familiennamens stünde, werde danach neben einer begleitenden psychotherapeutischen Behandlung die Namensänderung zur Neubegründung einer eigenen Identität des Klägers nachvollziehbar befürwortet. Die fachärztliche Stellungnahme verhalte sich allerdings weder zu der Belastungslage, die beim Kläger mit der Führung der Vornamen „… …“ verbunden sein könnte, noch zu dem, was es mit dem außergewöhnlichen Namenswunsch des Klägers und dem davon herrührenden Beitrag zu seiner Identitätsfindung auf sich haben könnte, die angesichts seines fortgeschrittenen Lebensalters weitgehend abgeschlossen sein werde. Einen wichtigen Grund im Sinne des Namensänderungsgesetzes könnte der Kläger von der fachärztlichen Stellungnahme demnach allenfalls dafür herleiten, nicht länger an der Führung des Familiennamens festgehalten zu werden. In Bezug auf die Namenswahl der bekannten Romanfigur Oliver Twist wurde auf Nr. 53 NamÄndVwV Bezug genommen. Etwaige Gründe, um von der Regel der Nichtgewährung eines solchen Namens abzurücken, seien weder vorgetragen noch ergäben sie sich aus der nachgewiesenen seelischen Belastungslage des Klägers. Gleiches gelte für den ohnehin nur mehr lapidar begründeten Wunsch zur Aufnahme des Vornamens „Silas Simon“. Die dazu vorgetragenen „schönen Erinnerungen“ des Klägers seien als rein subjektive Erwägung unbeachtlich. Auch bestehe kein Anspruch darauf, die Führung eines Künstlernamens, die vorliegend nicht nachgewiesen sei, im Wege der öffentlich-rechtlichen Namensänderung zu verrechtlichen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten, insbesondere zur Begründung der Kostenverfügung wird auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.
Gegen den am 14. Mai 2016 zugestellten Bescheid erhob der Kläger zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 10. Juni 2016 Klage und stellte folgende Anträge, die er in der mündlichen Verhandlung am 20. September 2017 wiederholte:
1. Der Bescheid der Landeshauptstadt München vom 12. Mai 2016, Az.: …, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, entsprechend dem Antrag vom 8. Oktober 2015 meine Vornamen „… …“ in die Vornamen „Oliver Simon Silas“ und meinen Familiennamen „…“ in den Familiennamen „Twist“ zu ändern.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Zur Begründung wurde auf die Angaben im Verwaltungsverfahren Bezug genommen. Aus den dargelegten Gründen sei ihm wichtig, sich von seiner Vergangenheit und seiner Familie zu distanzieren.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 beantragte die Beklagte,
die Klage vom 10. Juni 2016 abzuweisen und dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Klage sei unbegründet. Neue Gesichtspunkte ergäben sich nicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wurde auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 legte die Beklagte auf richterliche Nachfrage die im Bescheid genannte fachärztliche Stellungnahme vom 30. Juni 2015 vor. Darin wird ausgeführt, dass der Antrag auf Namensänderung aus psychiatrischer Sicht als nachvollziehbar erachtet werde. Die Führung des Familiennamens erinnere den Kläger auch in der Gegenwart immer wieder an die erlittenen Traumata in der Herkunftsfamilie. Es bestehe keine Möglichkeit mehr, sich mit den Eltern darüber auseinanderzusetzen, da diese verstorben seien. Auf den Boden der leidvollen Erfahrungen habe sich beim Kläger eine starke andauernde depressive Verstimmung (Dysthymia) entwickelt. Die Konstruktion der eigenen Identität aufgrund der biographischen Erfahrungen sei geprägt von äußerst schwierigen familiären Erlebnissen, die sich äußerlich im Tragen des Familiennamens zeigten. Mit der Veränderung des Namens werde somit auch der Versuch einer Neukonstruktion der eigenen Identität angestrebt.
Bezüglich der mündlichen Verhandlung am 20. September 2017 wird auf die Niederschrift verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beiden vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Die zulässige Verpflichtungsklage auf Änderung des klägerischen Namens in den Namen „Oliver Simon Silas Twist“ ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Änderung seines Namens in der gewünschten Weise. Der ablehnende Bescheid der Beklagten auf Namensänderung ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Eine Namensänderung kommt nach den § 3 Abs. 1, § 11 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndG) i.V.m. der NamÄndVwV nur in Betracht, wenn ein wichtiger Grund die Änderung gerechtfertigt. Dabei ist angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Beibehaltung des bisherigen Namens ein strenger Maßstab anzulegen und ein wichtiger Grund nur dann zu bejahen, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers in der Ablegung seines bisherigen Namens unter Führung eines neuen Namens dieses öffentliche Interesse überwiegt.
Auf der Grundlage der fachärztlichen Stellungnahme im vorangegangenen Namensänderungsverwaltungsverfahren von Dr. … vom 21. April 2004, der fachärztlichen Stellungnahme von … …, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vom 30. Juni 2015 sowie der eigenen Angaben des Klägers kam und kommt für die Beklagte eine Änderung des Nachnamens des Klägers zwar in Betracht, aber nicht hinsichtlich des gewählten Nachnamens.
Soweit die Beklagte die konkrete Wahl des Nachnamens „Twist“ bezugnehmend auf Nr. 53 Abs. 3 NamÄndVwV ablehnt, nach der ein Familienname, der durch frühere Träger bereits eine Bedeutung, z.B. auf historischem, literarischem oder politischem Gebiet erhalten habe, im allgemeinen nicht gewährt werden solle, ist dies insoweit nicht zu beanstanden, als die Wahl des Nachnamens „Twist“ beim Kläger in unmittelbaren Zusammenhang mit der Vornamenswahl „Oliver“ steht und begehrt wird. Auch in der mündlichen Verhandlung ist deutlich geworden, dass es dem Kläger um die Namenswahl „Oliver Twist“ geht. Es kann daher dahinstehen, ob die Nachnamenswahl „Twist“ mit einem anderen Vornamen als „Oliver“ zulässig wäre.
Bei Oliver Twist handelt es sich um die berühmte Romanfigur des gleichnamigen Romans von Charles Dickens, der mehrfach für Theater, Kino, Fernsehen, Hörspiele und Comics adaptiert wurde. Der Roman erzählt die Geschichte des Findelkindes und Waisenkindes Oliver Twist. Nr. 53 Abs. 3 NamÄndVwV beinhaltet insofern eine deutliche Vorgabe, dass die Namen bekannter Romanfiguren bei Namensänderungen keine Verwendung finden sollen. Ein Grund, hiervon abzuweichen, ist nicht erkennbar. Dass der Kläger zwischen dem beschriebenen Leben von Oliver Twist zu seinem Leben Parallelen sieht, reicht insofern nicht aus.
Allerdings folgt das Gericht der Beklagten insoweit nicht, als für eine Vornamensänderung kein ausreichender wichtiger Grund angenommen wird. Die Stellungnahme von … vom 30. Juni 2015 mag zwar keine Notwendigkeit auch einer Vornamensänderung erkennen lassen, im Gutachten vom 21. April 2004 von … wird hingegen ausdrücklich auch die Änderung des Vornamens aus ärztlicher Sicht dringend befürwortet. Es ist angesichts der Stellungnahme … nicht erkennbar, dass sich daran etwas geändert hat. Auch findet sich auf Blatt 20 der Behördenakte ein Vermerk unter einer E-Mail vom 26. Januar 2016, dass ein wichtiger Grund für eine Vor- und Familiennamensänderung grundsätzlich gegeben sei. Allein die Wahl des Familiennamens sei nicht zulässig, Nr. 53 NamÄndVwV.
Gegen die Wahl der Namen „Oliver Silas Simon“ sprechen an sich keine durchgreifenden Bedenken. Die in der Bescheidsbegründung vom 12. Mai 2016 enthaltene Ablehnung der Vornamen „Silas Simon“ ist nicht überzeugend.
Da aber den Akten und der mündlichen Verhandlung nach der Namenswunsch des Klägers mit Vor- und Nachnamen bezugnehmend auf die Romanfigur eine Einheit bildet, kommt eine Verpflichtung der Beklagten auf isolierte Vornamensänderung nicht in Betracht, auch wenn die konkrete Antragstellung dies vermuten ließe. Den Akten ist zu entnehmen und es ist in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden, dass es nicht dem Willen des Klägers entspricht, nur seinen Vornamen entsprechend zu ändern, wenn nicht auch der Name wie beantragt in „Twist“ geändert wird.
Die Ablehnung des Namensänderungsantrags im Ganzen ist somit wegen des Bezugs zur Romanfigur rechtlich nicht zu beanstanden, die Klage daher unbegründet und mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.